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28. September 2018

Barry Lyndon

How do you do?

Jeder ist seines Glückes Schmied, heißt es so schön. Oder umgekehrt sicher auch seines Unglückes. Letzteres dürfte in der Person von Redmond Barry (Ryan O’Neal) zutreffend sein, der zwar spät das Glück fand, es dann aber nicht zu nutzen wusste. Stanley Kubrick erzählt in Barry Lyndon seine Geschichte, die sich in der Mitte und zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts abspielt. Und, wie es Filmkritiker Geoffrey O’Brien im Essay der Criterion Edition des Films trefflich beschreibt, von einem “nobody who wants to be somebody” handelt. Vom armen irischen Jüngling Redmond Barry, der den Siebenjährigen Krieg in zwei unterschiedlichen Armeen überlebte und später zum wohlhabenden Barry Lyndon avancierte, ehe er alles wieder verlor.

Kubrick adaptierte den Kern der Geschichte aus dem Roman The Luck of Barry Lyndon von William Makepeace Thackerey aus dem Jahr 1844. Barry Lyndon mag in gewisser Weise eine Art Vorläufer von Robert Zemeckis’ Forrest Gump sein, begleiten beide Filme doch über viele Jahrzehnte hinweg den Aufstieg ihrer Figur inmitten verschiedener historischer Ereignisse. Im Fall von Redmond Barry nimmt seine Geschichte nach einer unglücklichen Romanze ihren Lauf. Redmonds Liaison mit seiner Cousine Nora (Gay Hamilton) wird von deren Familie für eine Ehe mit dem englischen Captain Quin (Leonard Rossiter) und dessen Einkommen geopfert. Die finanzielle Absicherung steht über der Emotion – daraus wird Redmond später lernen.

Ein inszeniertes Duell vertreibt den jungen Nebenbuhler, der nach einem Raubüberfall des Vater-Sohn-Gespanns um Captain Feeny (Arthur O’Sullivan) ohne Geld und Pferd selbst als Soldat in der Armee seiner Majestät anheuert. In Captain Grogan (Godfrey Quigley) findet er dort zwar eine väterliche Figur, die jedoch kurz darauf in einem Gefecht des Siebenjährigen Krieges verstirbt. Redmond nimmt sein Glück selbst in die Hand, desertiert und landet am Ende doch nur im Dienst der preußischen Alliierten, als ihn deren Hauptmann Potzdorf (Hardy Krüger) überführt. Vom Regen in die Traufe geraten, macht Redmond das Beste aus der Lage. Ähnlich wie er es die nächsten Jahrzehnte des Öfteren tun wird – oder es zumindest versucht.

“He seems to me little more than a common opportunist”, erkennt der 10-jährige Lord Bullingdon (Dominic Savage). Mit seiner verwitweten Mutter Lady Lyndon (Marisa Berenson) ging Redmond zuvor die Ehe ein – reich und adelig, finanzielle Absicherung vor Emotionen. Redmond geht nun denselben Weg wie Nora. Kubrick inszeniert die Begegnung der Figuren subtil romantisch – insofern man bei Kubrick von Romantik sprechen mag. Beide sind jung und hübsch – doch Redmonds Avancen Kalkül. “Lady Lyndon was soon destined to occupy a place in Barry’s life, not very much more important than the elegant carpets and pictures which would form the pleasant background of his existence”, verrät der Erzähler (Michael Hordern).

Redmond scheint am Ziel angelangt, erhält vom König die Erlaubnis, als “Barry Lyndon” den Namen seiner Frau anzunehmen. Ist der Ruf erst generiert, lebt es sich ganz ungeniert – zwar zeugt Barry mit Lady Lyndon einen Nachfahren, frönt ansonsten aber dem Glücksspiel und Alkohol in offenkundiger Untreue gegenüber seiner Gattin. Immerhin verhätschelt er seinen Sohn in derartiger Weise, wie sie ihm selbst stets verwehrt geblieben ist. Die einzige zur Schau gestellte Zuneigung neben jenen Gefühlen für Nora zuvor. Lord Bullingdon (Leon Vitali) als eigentlicher Erbe des Nachlasses seines Vaters verkommt zur tolerierten Randerscheinung. Und erkennt selbst, dass er seines Glückes – und das seiner Mutter – Schmied sein muss.

Dabei ähneln sich Redmond und Bullingdon zumindest dahingehend, dass beide überwiegend passive Figuren sind, die eher reagieren als agieren. So erreicht Redmond selbst relativ wenig im Leben, als ihm die Dinge eher zufallen. Stets unternimmt er lediglich die geringsten Anstrengungen für seine Ziele, beispielsweise das Werben um Lady Lyndons Gunst. Als ein Vertreter des Adels ist es Lord Bullingdon wiederum nicht gewöhnt, selbst aktiv zu werden, um sich seine Wünsche zu erfüllen. Indem Barry Lyndon beide Charaktere denselben Raum teilen lässt, wird deutlich, dass eine Konfrontation unausweichlich ist. Was eine glückliche Patchwork-Familie hätte werden können, scheitert an Redmonds egoistischer Sichtweise.

Das Ensemble um O’Neal, Berenson oder Patrick Magee als Chevalier du Balibari fügt sich mit oft ausdruckslosem, reservierten Spiel in diese augenscheinlich lieblose Welt. Jene Welt, die Barry Lyndon für seine Figuren erschafft, fasziniert dabei mehr als diese selbst. Der Film profitiert hier von Kubricks Anspruch an Perfektion: Ausstattung, Kostüme und Maske sind auf den Punkt genau, die Kameraarbeit und Inszenierung mit vielen Totalen und Outzooms sowie den Dreharbeiten bei Kerzenlicht (dank für die NASA produzierter Zeiss-Linsen) berühmt. Die aus klassischen Stücken bestehende musikalische Untermalung, allen voran durch Georg Friedrich Händels „Sarabande“, bildet die Krönung. Barry Lyndon ist ein audiovisueller Traum.

Die Geschichte von Redmond Barry erscheint da zweitrangig. Wie so oft vermittelt Kubrick keinen wirklichen Zugang zu seinen Figuren (auch das eint den Film mit einem Forrest Gump). „Wer ist Redmond und wie tickt er?“ sind Fragen, die ebenso wie das Innenleben und die Gefühlswelt von Lady Lyndon – Marisa Berenson spricht nur gut ein Dutzend Zeilen – auf der Strecke bleiben (müssen). Ähnlich einem Werk wie Paths of Glory wirken die Charaktere primär als Spielbälle eines Schicksals, das sie nicht beeinflussen können. Letzten Endes sind sie somit austauschbar, erscheinen willkürlich. “Good or bad, handsome or ugly, rich or poor – they are all equal now”, informiert die finale Texttafel passend in Hinblick auf ihr Nachleben.

Barry Lyndon erzählt dabei weniger vom Aufstieg und Fall des Redmond Barry, berücksichtigt man, dass die Hochphase von Redmond nur einen kurzen Zeitraum in der Filmmitte ausmacht. Vielmehr gerät die Figur von einer Bredouille in die nächste, ehe sie sich plötzlich wider Erwarten am Ziel angelangt findet, nur um sich selbst letzten Endes im Weg zu stehen. “In my profession we hear many such stories. Yours is one of the most intriguing and touching I’ve heard in many weeks”, unkt Captain Feeny über Redmonds Misere. Genauso wie es sich gut auf die drei Soldaten in Paths of Glory, Humphrey Humphrey in Lolita oder Alex in A Clockwork Orange münzen ließe. Und da soll noch einer sagen, Kubrick liege nichts an seinen Figuren.

9/10

27. Februar 2010

A Clockwork Orange [Uhrwerk Orange]

What’s it going to be then, eh?

Es vergeht kaum eine Woche ohne dass in Deutschland Jugendliche andere Menschen auf offener Straße oder in Bus und Bahn krankenhausreif prügeln. Dank der Medien ein allgegenwärtiges Thema, aber kein rein aktuelles. So erzählte Stanley Kubricks A Clockwork Orange vor fast 40 Jahren bereits die Geschichte gewaltgeiler junger Delinquenten. Der Film selbst basierte dabei auf dem gleichnamigen Roman von Anthony Burgess, der gut zehn Jahre zuvor erschien, ein Jahr nach den Jugend-Gangs in West Side Story. Auch Rebel Without a Cause zeigt, dass Jugendgewalt schon 1955 ihren Weg ins Kino fand. Zwar erklärt das Bundesamt für Statistik, dass die Zahl jugendlicher Straftäter seit 1990 kontinuierlich gestiegen ist, ein neues Phänomen ist die Gewaltbereitschaft junger Menschen deshalb keineswegs. So wenig Jugendgewalt in dieser Hinsicht aktuell ist, desto aktueller ist aber vielleicht gerade Burgess’ Kultroman über die Katharsis des jungen Alex.

Burgess präsentiert seinem Leser mit Alex, der selbst als “your humble narrator” gelegentlich die vierte Wand durchbricht, einen durchweg unsympathischen Charakter. Einen 15-jährigen Delinquenten, in Kubricks Film vom damals 27-jährigen Malcolm McDowell kongenial porträtiert, der sein Elternhaus sowie die unmittelbare Umgebung terrorisiert. Alex und seine Freunde leben in ihrer eigenen Welt mit ihrer eigenen Sprache. “Nadsat“ nannte Burgess sein Mischmasch aus Russisch und Englisch, das von “droogs” (Kumpel), “tolchocks” (Schlägen), “twenty-to-one” (Gewalt) und anderen “veshches” (Dingen) erzählt. Was in der Reclam-Ausgabe mittels Fußnoten funktioniert, steht im Film für sich. Verständlich, dass Kubrick nicht unentwegt in “nadsat” verfällt, mehr als löblich, dass er dieses dennoch unkommentiert in A Clockwork Orange integriert hat. Wie ohnehin der Film weitestgehend perfekt Anthony Burgess’ literarische Vorlage adaptiert.

“The night belonged to me and my droogs and all the rest of the nadsats, (…) but the day was for the starry ones”, erklärt Alex im Buch an einer Stelle. Es gibt also eine Aufspaltung in Tag und Nacht, während Letzterer man sich am besten nicht nach draußen traut (was auch Alex’ Vater bestätigt). Die Nacht gehört den Jugendlichen, die ihr Unheil treiben, von Diebstahl über “twenty-to-one” bis hin zur “ultra-violence” (Vergewaltigung). Ein durchschnittlicher Abend für Alex und seine “droogs”, die sich in billigen Kneipen von alten Alkoholikerinnen ein Alibi durch Freigetränke erkaufen. Kubrick adaptiert einen solchen Abend zu Beginn nahezu identisch aus Burgess’ Roman, der die gesamte Palette der Grausamkeiten beinhaltet. Selbst andere Jugendbanden wie die von Billyboy werden aufgemischt, sodass Alex in jener Szene sogar wie ein Ritter in schillernder Rüstung wirkt, wenn er Billyboys “devotchka” (Mädchen) vor dessen “ultra-violence” rettet.

Seiner Zeit war A Clockwork Orange ein Skandalfilm, der für den britischen Markt erst 2000 wieder zugänglich gemacht als Nachahmer ihr Unwesen im Königreich getrieben hatten. Dabei ist der Film selbst sehr viel entschärfter als Burgess’ Roman, angefangen mit der Vergewaltigung von Mrs. Alexander in der Mitte des ersten Teils. Diese wird lediglich angedeutet, jedoch vollkommen ausgeblendet. Hinzu kommt Alex’ Bekanntschaft im Plattenladen, in der zum einen die beiden “devotchkas” nicht 10 Jahre alt sind, sondern eher im selben Alter wie Alex selbst. Zugleich erscheint ihre Ménage à trois einvernehmlich und nicht wie die Vergewaltigung zweier unschuldiger Kinder. Später wird Kubrick zudem Alex’ zweiten und im Gefängnis verübten Mord aussparen, wie der Film auch im weiteren Verlauf was die Gewalt angeht – man denke an Alex’ Aufeinandertreffen mit Dim und Pete – nie wirklich schockieren kann, geschweige denn dies überhaupt will.

Schockierender als die explizite Darstellung der Gewalt scheint also allein ihre Thematisierung zu sein, selbst wenn Kubrick sie nicht mit der Kamera einfängt. Eine Selbstreflexion der Jugendlichen findet nicht statt, weder im Film, noch im Roman. “They don’t go into what is the cause of goodness, so why of the other shop?”, ist Alex das Thema im Buch auch leid. Was er und seine “droogs” verbrechen, machen sie aus Spaß an der Freude. Der Konsequenzen sind sie sich dabei bewusst. “If I get loveted, well, too bad for me”, meint Alex dort. Woher der Spaß am Leid der Anderen kommt, wird nicht erörtert. Eine perverse Befriedigung, wie man sie eben in jüngeren Jahren gelegentlich verspüren mag. Die Ironie ist, dass sich Alex im ersten Teil der Handlung gar nicht bewusst ist, dass ihm die Sympathie seiner Leser beziehungsweise Zuschauer fehlt. Die Wendung, die Burgess betreibt, ist die, dass sich dies im Laufe der nächsten beiden Kapitel ändern wird.

Es ist Alex’ Liebe zur klassischen Musik, die ihn von seinen “droogs” abhebt und letztlich den weiteren Verlauf seines Lebens bestimmt. Ein Zwist mit Dim & Co. führt zu jenem Überfall, der eine alte “ptitsa” (Frau) das Leben und Alex durch den Verrat seiner “droogs” die Freiheit kosten wird. Er hat sein Glück ausgereizt, es kommt, was kommen musste und absehbar war. Dem Aufenthalt im Gefängnis widmet sich Kubrick nur sporadisch. In wenigen Szenen wird die Brücke zum Ludovico-Programm geschlagen. Einer Idee des neuen Innenministers, die – und darauf kommt es Alex an – Straferlass gewährt. Hier beginnt die Moralitätsfrage der Geschichte einzusetzen, wenn Burgess und Kubrick das Konditionierungsprogramm der Ludovico-Technik vorstellen. Eine ungewollte Auseinandersetzung mit Gewaltdarstellungen und ein Serum sollen zu einem korrigierten Verhalten führen. Was Alex im Begriff ist für seine Freiheit aufzugeben, ist nichts weniger, als seine Menschlichkeit.

“Goodness comes from within (..) Goodness is something chosen. When a man cannot choose, he ceases to be a man”, erklärt der Gefängniskaplan Alex, als dieser zum ersten Mal das Ludovico-Programm zur Sprache bringt. Bevor Alex dank seiner Bestrebungen ins Programm aufgenommen wird, erneuert der Kaplan seine Warnung: “What does God want? Does God want goodness or the choice of goodness? Is a man who chooses the bad perhaps in some way better than a man who has the good imposed upon him?” Wenn ein Mensch sich nun gut verhält, weil er so konditioniert ist, ist er dann noch ein Mensch, da sich dieser ja durch die Eigenschaft seines freien Willens auszeichnet? Heiligt der Zweck der sozialen Integration die Mittel, die dazu nötig sind? Alex denkt natürlich nicht soweit, sieht lediglich die Freiheit als Folge all dieser medizinischen Experimente. Dass er infolgedessen seine geliebte Musik opfern muss, ahnt er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Die vermeintliche Resozialisierung geschieht und nach einer öffentlichen Demütigung als Demonstration ist Alex äußerlich frei, sein Wille bleibt jedoch eingesperrt. Damit er nun endlich merkt, in welcher Lage er sich befindet, wiederholen sich im dritten Teil der Geschichte die Ereignisse des Beginns. Zu Hause ist Alex nicht mehr willkommen, bemitleidenswert in die Ferne starrend wird er von einem ehemaligen Opfer wiedererkannt und muss selbst “tolchocks” einstecken. Gewalt erzeugt Gegengewalt, das machen nicht nur der Obdachlose und seine Kumpanen deutlich, sondern auch Dim und Pete, die inzwischen bei der Polizei gelandet sind und nun ihrem ehemaligem Peiniger gegenüberstehen. Am deutlichsten wird dies in der Darstellung von Mr. Alexander (Patrick Magee), der vom Opfer zum Täter mutiert und Alex vice versa. Ein Kreislauf, den Kubrick zum Schluss abschließt, auch wenn die eigentliche Geschichte von Burgess im Roman hier noch gar nicht endet.

Kubrick verwehrt uns die Moral von der Geschichte, scheint Alex nach seinem Suizidversuch wieder „normal“, womit das Dilemma im Grunde von vorne startet. In Burgess’ 21. Kapitel beginnt derweil Alex’ Metanoia: Vom Staat wird er mit einem ansprechenden Arbeitsplatz versehen, wo er nicht nur gut verdient, sondern auch seine geliebte Musik hören kann. Als er dann mit seinen neuen “droogs” in seiner alten Bar sitzt, realisiert Alex, dass er dieses Lebens überdrüssig wird. Bei den “tolchocks” schaut er nur noch zu und auf Raubzüge möchte er auch nicht gehen. Seine Katharsis vollzieht sich schließlich vollends, als er in Pete einen seiner alten “droogs” in einem Cafe trifft. “I was like growing up”, resümiert Alex, nachdem in ihm plötzlich die innere Sehnsucht nach einer Familie angefacht wird. “Youth must go”, reinterpretiert er im Grunde die Worte Paulus’ aus dem 1. Kor., Kapitel 13, Vers 11 („Als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war“).

Mit dem Alter kommt die Weisheit. So erklärt das Bundesamt für Statistik, dass die Gewaltverbrechen der Jugendlichen im Alter zurückgehen. Und nicht von ungefähr umfasst Burgess’ Geschichte 21 Kapitel, ist dies doch jenes Alter, in dem weithin der Reifeprozess als abgeschlossen erachtet wird. Eine hoffnungsvolle Note, die sicher nicht für alle betroffenen Jugendlichen zutrifft, aber doch bei einigen. Im jugendlichen Akt der Rebellion gegen die Eltern und das System muss die Einsicht von selbst erfolgen, dass Letzteres notwendig und sinnvoll ist. “Goodness is something chosen”, sagte der Kaplan. Mit Güte wird man nicht geboren, sondern sie ist etwas, das man wählt. Nicht grundsätzlich, sondern immer wieder. Nicht alle Jugendliche, die gegenwärtig Leute in öffentlichen Verkehrsmitteln schlagen, werden in zehn Jahren ganz „normal“ leben. Aber einige. Wie auch in zehn Jahren vermutlich noch Jugendgewalt ein Thema sein wird. Und weitere zehn Jahre danach.

Ein Kreislauf, dessen sich auch Alex bewusst wird und den Kubrick der Figur in seiner Adaption versagt. Er stellt ihn vielmehr als unbelehrbar dar. So gelungen A Clockwork Orange bis dahin auch war, ist das Ende des Filmes doch fehlgeleitet und seiner eigentlichen Botschaft beraubt. Zugleich reflektiert Alex auch bei Burgess nicht über sein Handeln, sieht nicht ein, dass er sich falsch verhalten hat. Er ist bloß seiner Handlungen überdrüssig. Ein wirklicher Zugang zur Figur scheint somit weder bei Kubrick noch bei Burgess möglich. Letztlich bleibt es vermutlich ein reines Problem der Pubertät, das heute so aktuell ist, wie es schon immer war. Schließlich soll bereits Sokrates gesagt haben: „Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“ Und wieso sollte sich ändern, was bereits vor 2.400 Jahren Gültigkeit besaß?

8.5/10