Selten lässt sich über einen Hollywood-Film sagen, dass er intelligent ist. Und sicherlich darf darüber gestritten werden, ob Kino nicht zum Abschalten dienen soll nach einem harten Arbeitstag. Anstatt die Köpfe mit geopolitischen Ränkespielen zum Rauchen zu bringen. Wozu stumpfes „Glotzen“ verkommen kann, hat Bernward Wember vor drei Jahrzehnten mit seiner Bild-Text-Schere zu warnen versucht. Umso verdienstvoller gerät also Syriana, der Polit-Thriller von Stephen Gaghan (Traffic). Sicherlich auch dank seiner hochkarätigen Besetzung mit George Clooney und Matt Damon gelang es dem Film in den USA sogar seine Kosten wieder einzuspielen. Was angesichts seiner Thematik durchaus erstaunt.
Denn gut drei Jahre nach dem Ende des Irakkriegs übt Gaghan ganz unsubtil an der Politik seiner Heimat, die Strukturen im Mittleren Osten nach ihrem Gusto umzumodellieren. Als Episodenfilm lässt Syriana hierbei vier Handlungsstränge parallel und bisweilen auch zusammenlaufen. Im Zentrum steht dabei ein fiktives Emirat im persischen Golf, das über Erdöl verfügt und in dem sich ein Machtwechsel anbahnt. Auf der einen Seite steht Prinz Nasir (Alexander Siddig), der progressive Sohn des Emirs, der den Fortschritt seines Landes zum Ziel hat und sich hierbei vom Energie-Analytiker Bryan Woodman (Matt Damon) beraten lässt, nachdem dessen Sohn bei einer Privatfeier von Nasirs Vater unglücklich zu Tode kam.
Auf der anderen Seite steht Nasirs jüngerer Bruder Meshal (Akbar Kurthaas), den eher Luxusgüter als Politik interessieren. Weil Nasir Bohrungsrechte an die Chinesen vergeben will, zieht er sich den Zorn der US-Lobby auf sich. Der Fernost-Agent Bob Barnes (George Clooney) soll das Nasir-Problem aus der Welt schaffen, während in der Heimat der Anwalt Bennett Holiday (Jeffrey Wright) versucht, die Fusion des Öl-Unternehmens Connex Oil mit Jimmy Popes (Chris Cox) Firma Killen durch potentielle Korruptionsvorwürfe zu schiffen. Die Entscheidung von Connex wiederum, eine Ölraffinerie im Mittleren Osten lahmzulegen, hat für pakistanische Arbeitsmigranten wie Wasim (Mazhar Munir) Folgen.
Gaghans Film ist bevölkert von dutzenden Figuren und jede von ihnen hat ihr eigenes Päckchen zu schultern. Da ist Julie Woodman (Amanda Peet), die den Tod ihres Sohnes betrauert und plötzlich auch ihren Mann zu verlieren scheint, der in den Reuebekundungen des Emirats die Chance auf eine historische Wende und zugleich privaten Reichtum für seine Firma sieht. Und außerdem Danny Dalton (Tim Blake Nelson), ein korrupter Lobbyist, dessen Vergangenheit die Fusion von Conney und Killen gefährden könnte, was nicht zuletzt der verantwortlichen Anwaltskanzlei von Dean Whiting (Christopher Plummer) ein Dorn im Auge wäre, die so wie alle amerikanischen Figuren ein Stück vom Kuchen haben will.
Fortan bewegt sich Syriana wie ein politischer Strom. Von Teheran wandern wir nach Washington, von dort nach Genf über Marbella bis nach Beirut. Die Protagonisten sind global player, Vermittler zwischen dem Öl im Osten und den Interessenten im Westen. Und alles dazwischen verkommt zu Kollateralschaden. Der tote Sohn avanciert zum subversiven Druckmittel, eine an Ägypter verkaufte Rakete wird zum Stolperstein für einen aufmerksamen CIA-Agenten. In dieser geopolitischen und von ökonomisch-industriellen Werten geprägten Welt kommt derjenige weiter, der zuerst an sich denkt. Und dadurch lebt er auch länger, wie Außendienst-Agent Barnes später im Libanon feststellten muss.
Adaptieren ist das Schlagwort für die Figuren. So ist der Auftragskiller Mussawi (Mark Strong) inzwischen zu den Iranern übergewandert (“This is a war!“), wie sich auch Barnes’ Vorgesetzte (u.a. Tom McCarthy) stets danach richten, wo aktuell der Wind herweht. Ähnlich verhält es sich für Bennett Holiday, der zwar sympathische Züge trägt, letztlich jedoch zu merken scheint, dass man als Hai im Fischbecken sicherer schwimmt (“Our real client, is, after all, us, the American people“). Zur Säule der Loyalität und Stimme der Räson verkommt da - neben Amanda Peets Gattin – lediglich Alexander Siddigs Prinz, der schon allein aufgrund seiner Progression zum Scheitern verurteilt scheint. Und das ist die Tragik.
Wenn man so will, liefert Syriana den (oberflächlichen) Hintergrund für den Irakkrieg, für all die politischen Tumulte im arabischen Raum. Die USA wollen Öl, die Arbeiter im Persischen Golf wollen Jobs und jeder will mehr Macht und Geld. Als Folge drohen Mord und Totschlag, Terror, Folter und Tragödien. Ein Intrigenspiel, bei dem Gutmenschentum nicht belohnt, sondern bestraft wird. Denn der Kampf um das Öl hat begonnen. “It’s running out. And ninety percent of what’s left is in the Middle East”, erklärt Woodman einem (ver-)zweifelnden Prinzen. “This is a fight to the death.” Und als solchen inszeniert Gaghan seinen Film auch – allerdings mit amerikanischen Figuren in der Rolle als Bösewichter und Henker.
Dass Syriana derart überzeugend ausfällt, verdankt sich nicht nur seinem komplexen und informationslastigen Drehbuch, sondern auch dem Ensemble, das seine Figuren zum Leben erweckt. Zwar wurde lediglich Clooney für einen Oscar nominiert (den er auch gewann), aber die Damons, Peets, Siddigs und Co. müssen sich nicht hinter ihm verstecken. Gaghan gelingt es, uns einen Plot zu servieren, der konventionell genug ist, damit wir ihm folgen, und smart genug, damit wir von ihm möglicherweise sogar noch etwas lernen. Oder um sich der Szene zwischen Holiday und dem Justizministerium zu bedienen: “I used to think there’s something wrong here. Now I know there’s something wrong here”.
Denn gut drei Jahre nach dem Ende des Irakkriegs übt Gaghan ganz unsubtil an der Politik seiner Heimat, die Strukturen im Mittleren Osten nach ihrem Gusto umzumodellieren. Als Episodenfilm lässt Syriana hierbei vier Handlungsstränge parallel und bisweilen auch zusammenlaufen. Im Zentrum steht dabei ein fiktives Emirat im persischen Golf, das über Erdöl verfügt und in dem sich ein Machtwechsel anbahnt. Auf der einen Seite steht Prinz Nasir (Alexander Siddig), der progressive Sohn des Emirs, der den Fortschritt seines Landes zum Ziel hat und sich hierbei vom Energie-Analytiker Bryan Woodman (Matt Damon) beraten lässt, nachdem dessen Sohn bei einer Privatfeier von Nasirs Vater unglücklich zu Tode kam.
Auf der anderen Seite steht Nasirs jüngerer Bruder Meshal (Akbar Kurthaas), den eher Luxusgüter als Politik interessieren. Weil Nasir Bohrungsrechte an die Chinesen vergeben will, zieht er sich den Zorn der US-Lobby auf sich. Der Fernost-Agent Bob Barnes (George Clooney) soll das Nasir-Problem aus der Welt schaffen, während in der Heimat der Anwalt Bennett Holiday (Jeffrey Wright) versucht, die Fusion des Öl-Unternehmens Connex Oil mit Jimmy Popes (Chris Cox) Firma Killen durch potentielle Korruptionsvorwürfe zu schiffen. Die Entscheidung von Connex wiederum, eine Ölraffinerie im Mittleren Osten lahmzulegen, hat für pakistanische Arbeitsmigranten wie Wasim (Mazhar Munir) Folgen.
Gaghans Film ist bevölkert von dutzenden Figuren und jede von ihnen hat ihr eigenes Päckchen zu schultern. Da ist Julie Woodman (Amanda Peet), die den Tod ihres Sohnes betrauert und plötzlich auch ihren Mann zu verlieren scheint, der in den Reuebekundungen des Emirats die Chance auf eine historische Wende und zugleich privaten Reichtum für seine Firma sieht. Und außerdem Danny Dalton (Tim Blake Nelson), ein korrupter Lobbyist, dessen Vergangenheit die Fusion von Conney und Killen gefährden könnte, was nicht zuletzt der verantwortlichen Anwaltskanzlei von Dean Whiting (Christopher Plummer) ein Dorn im Auge wäre, die so wie alle amerikanischen Figuren ein Stück vom Kuchen haben will.
Fortan bewegt sich Syriana wie ein politischer Strom. Von Teheran wandern wir nach Washington, von dort nach Genf über Marbella bis nach Beirut. Die Protagonisten sind global player, Vermittler zwischen dem Öl im Osten und den Interessenten im Westen. Und alles dazwischen verkommt zu Kollateralschaden. Der tote Sohn avanciert zum subversiven Druckmittel, eine an Ägypter verkaufte Rakete wird zum Stolperstein für einen aufmerksamen CIA-Agenten. In dieser geopolitischen und von ökonomisch-industriellen Werten geprägten Welt kommt derjenige weiter, der zuerst an sich denkt. Und dadurch lebt er auch länger, wie Außendienst-Agent Barnes später im Libanon feststellten muss.
Adaptieren ist das Schlagwort für die Figuren. So ist der Auftragskiller Mussawi (Mark Strong) inzwischen zu den Iranern übergewandert (“This is a war!“), wie sich auch Barnes’ Vorgesetzte (u.a. Tom McCarthy) stets danach richten, wo aktuell der Wind herweht. Ähnlich verhält es sich für Bennett Holiday, der zwar sympathische Züge trägt, letztlich jedoch zu merken scheint, dass man als Hai im Fischbecken sicherer schwimmt (“Our real client, is, after all, us, the American people“). Zur Säule der Loyalität und Stimme der Räson verkommt da - neben Amanda Peets Gattin – lediglich Alexander Siddigs Prinz, der schon allein aufgrund seiner Progression zum Scheitern verurteilt scheint. Und das ist die Tragik.
Wenn man so will, liefert Syriana den (oberflächlichen) Hintergrund für den Irakkrieg, für all die politischen Tumulte im arabischen Raum. Die USA wollen Öl, die Arbeiter im Persischen Golf wollen Jobs und jeder will mehr Macht und Geld. Als Folge drohen Mord und Totschlag, Terror, Folter und Tragödien. Ein Intrigenspiel, bei dem Gutmenschentum nicht belohnt, sondern bestraft wird. Denn der Kampf um das Öl hat begonnen. “It’s running out. And ninety percent of what’s left is in the Middle East”, erklärt Woodman einem (ver-)zweifelnden Prinzen. “This is a fight to the death.” Und als solchen inszeniert Gaghan seinen Film auch – allerdings mit amerikanischen Figuren in der Rolle als Bösewichter und Henker.
Dass Syriana derart überzeugend ausfällt, verdankt sich nicht nur seinem komplexen und informationslastigen Drehbuch, sondern auch dem Ensemble, das seine Figuren zum Leben erweckt. Zwar wurde lediglich Clooney für einen Oscar nominiert (den er auch gewann), aber die Damons, Peets, Siddigs und Co. müssen sich nicht hinter ihm verstecken. Gaghan gelingt es, uns einen Plot zu servieren, der konventionell genug ist, damit wir ihm folgen, und smart genug, damit wir von ihm möglicherweise sogar noch etwas lernen. Oder um sich der Szene zwischen Holiday und dem Justizministerium zu bedienen: “I used to think there’s something wrong here. Now I know there’s something wrong here”.
8/10
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