Neben The Godfather zählt Goodfellas zu den besten Mobster-Filmen aller Zeiten. 1990 hatte es Martin Scorsese mal wieder verpasst, den Oscar für die beste Regie zu gewinnen - der ging stattdessen an Kevin Costner (Dances With Wolves). Ebenso wie 2004, wo er mit The Aviator versagte - gegen Clint Eastwood (Million Dollar Baby), 2002 mit Gangs of New York gegen Roman Polanski (The Pianist) oder 1980 mit Raging Bull gegen Robert Redford (Ordinary People). Immer verlor Scorsese gegen Schauspieler. Für Taxi Driver (1976) und Casino (1995) wurde er nicht einmal nominiert. Eine schreiende Ungerechtigkeit, das gebe ich zu. Ihm dann den Oscar für The Departed (2006) zu geben, ist auch eine schreiende Ungerechtigkeit, hat Scorsese in dem Film doch nichts anderes getan, als ein echtes Meisterwerk Szene für Szene mit teilweise denselben Einstellungen nachzudrehen.
Goodfellas erzählt die auf wahren Begebenheiten beruhende Geschichte des Gangsters Henry Hill (Ray Liotta), welcher zusammen mit Tommy DeVito (Joe Pesci) in der Mafia-Hierarchie unter Jimmy Conway (Robert De Niro) aufsteigt. Mit den Jahren wird Tommy allerdings immer unberechenbarer und Jimmy paranoider, was Henrys Familiendasein zu gefährden droht. Von einem wahren Aufstieg und Fall eines Mafiosi lässt sich hierbei nicht wirklich sprechen, inszeniert Scorsese den Fall von Hill doch innerhalb von nur einer Viertelstunde. Vielmehr geht es um die Entwicklung dieser drei goodfellas, die sich im Laufe der Jahrzehnte voneinander entfernen, sodass am Ende jeder seinen eigenen Kampf zu kämpfen hat. In dieser Hinsicht ähneln sich Goodfellas und Casino erstaunlich stark.
Die Kameraarbeit von Michael Ballhaus ist perfekt, daran gibt es nichts zu mäkeln, ebenfalls die Regie von Scorsese oder die Darstellerleistungen – auch wenn Liotta an mancher Stelle nicht mit de Niro und Pesci mithalten kann. Scorsese zeichnete mit Goodfellas ein Bild der Mafia, welches einem fast noch mehr im Gedächtnis bleibt als das von The Godfather. Den Eindruck den man von den Gangstern gewinnt, die einfach alles haben und wie Superstars behandelt werden, lässt einen in mancher Szene gar neidisch werden. Wenn man aber die Todesrate begutachtet, auch wieder nicht. Scorsese zeichnet eine eigene Welt, in der eigene Gesetze gelten (falls man überhaupt von Gesetzen sprechen kann). Begleitet wird durch diese drei Jahrzehnte dauernde Geschichte durch die Figur bzw. Ehe des Henry Hill.
Mobsterfilme sind das, worauf sich Scorsese versteht, so etwas kann er gut inszenieren. Meiner persönlichen Ansicht nach ging der Oscar 1990 damals dennoch zu Recht an Costner, dessen Film einfach runder im Vergleich zu Goodfellas ist. Dieser verliert sich besonders in der letzten halben Stunde viel zu oft auf Nebenkriegsschauplätzen und stellt eigentlich nur eine Aneinanderreihung verschiedener erwähnenswerter Mafia-Erlebnisse dar, sodass er fast hinter Casino zurücksteht. Dazu müsste ich letzteren aber nochmals sehen. Goodfellas ist also eine alltägliche Darstellung des Mafia-Lebens und hat Pate gestanden für die erfolgreiche HBO-Serie The Sopranos. Für ein wahres Meisterwerk fehlt ihm jedoch die in sich geschlossene Handlung und ein Schluss-Viertel, dass mit dem Anfang mithalten kann.
7.5/10
Aha, der Rudi kann also etwas mit modernen Gangstern anfangen ;-)
AntwortenLöschenLeiser Widerspruch zum von dir kritisierten Ende: Ich finde, Scorsese schafft es gerade in der letzten halben Stunde dem Zuschauer (ohne derartige Drogenerfahrungen) ganz deutlich werden zu lassen, wie es ist, wenn man zugekokst ist: Großartiges Schauspiel von Liotta verbunden mit Ballhaus' von dir zurecht gelobter Kameraarbeit und dem formidablen Schnitt lassen die Hektik Henrys auf den Zuschauer überspringen. Für mich eine der größten Sequenzen in Scorseses Schaffen!