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13. März 2017

Taxi Driver

One of these days I’m gonna get organiz-ized!

Ich bin kein Fan von Martin Scorsese. Nicht von seinen vermeintlichen Klassikern und von den Filmen aus diesem Jahrhundert schon gar nicht. Was im Umkehrschluss nicht heißt, dass all seine Werke schlecht sind, nur fehlt mir wohl der rechte Zugang zu ihren Inhalten. So sind die Goodfellas und Co. vielleicht eher auf formaler Ebene die Meisterwerke, als die sie erachtet werden – zu diesen zählt wiederum auch der von Paul Schrader geschriebene Taxi Driver. “One of the best and most powerful of all films”, pries einst Filmkritik-Guru Roger Ebert und hob die Einsamkeit der Figur Travis Bickle, gespielt von Robert De Niro, als Hauptthema des Films hervor. “We have all felt as alone as Travis. Most of us are better at dealing with it”, so Ebert.

Wenn über Taxi Driver gesprochen wird, fällt in der Regel ein Hinweis zum Vietnam-Krieg. Travis hat in ihm gedient und die Narben, um dies zu untermauern. Dies ist abgesehen von einer späteren Szene, in der Travis das Gespräch mit einem Secret Service Agenten sucht aber auch schon der einzige Bezug zum Krieg in Asien. Die Handlung selbst bezieht sich nicht darauf, der zeitliche Kontext allenfalls bedingt. Travis beginnt am Anfang der Geschichte eine Tätigkeit als Taxifahrer. “I just wanna work long hours”, sagt der Veteran. Und erklärt sich bereit “anytime, anywhere” zu fahren. Als Folge deckt er die Stadtteile New Yorks ab, die seine Kollegen gerne meiden. Wo Drogendealer und Prostituierte ihrem nächtlichen Geschäft nachgehen.

“All the animals come out at night”, ätzt Travis und verweist auf die Junkies, Huren und Schwulen in den Straßen. “Some day a real rain will come and wash all this scum of these streets”, hofft er. Die Handlung spielt in einer Phase einer anstehenden Präsidentschaftswahl, New York City ist bepflastert mit Plakaten der Kandidaten Goodwin (mit dem Trumpschen Slogan “A return to greatness”) sowie Senator Palantine (Leonard Harris). Wer auch immer Präsident wird “should clean this city up”, wobei New York wohl pars pro toto für das Post-Vietnam-Amerika stehen soll. Travis’ Interesse an Palantine resultiert aus dem an seiner Wahlkampfhelferin Betsy (Cybill Shepherd), die er kurz darauf zu einem fatalen Pornokino-Date einlädt.

Als eines der Motive des Films wird der Aspekt gesehen, dass Travis es nicht schafft, eine Verbindung zu seiner Umwelt und Mitmenschen aufzubauen. Er ist ein Außenseiter, losgelöst von der übrigen Gesellschaft. Gegenüber Palantine erwähnt Travis, er folge nicht wirklich der Politik, gegenüber Betsy wiederum, er verfolge nicht wirklich Musik. “I believe that someone should become a person like other people”, äußert Travis in einer Szene seine Überzeugung. Vermag ihr jedoch selbst nicht zu folgen. Die Hintergründe bleiben unklar. Travis’ Misanthropie wird von ihm selbst befeuert und zudem nicht einmal wirklich von den Bildern unterfüttert. Inwieweit – und ob überhaupt – New York sein Gesicht gewandelt hat, ist nicht einzuschätzen.

Vielleicht war die Stadt auch schon vor Travis’ Militärdienst so wie sie ist. Drogenkonsum ist wie Prostitution keine Erfindung der 1970er Jahre, zumal die Ablehnung der Figur gegen New York etwas verwundert, da Travis zweifellos in Vietnam schlimmeren Abschaum gesehen haben muss. Von Mord und Vergewaltigung bis hin zur Prostitution in Saigon – wie in nahezu jedem Genrefilm zum Vietnam-Krieg zu sehen. New York muss da nach seiner Rückkehr fast schon geordnet wirken. Auch wenn man sicher argumentieren kann, dass die Erlebnisse in Asien dazu geführt haben, dass die Augen der Figur in der Heimat nun offener für das sind, was wohl schon immer oder zumindest schon länger gegenwärtig war und falsch gelaufen ist.

Die Entfernung dieses gesellschaftlichen Geschwürs schreibt sich die Hauptfigur im Verlaufe des Film nun selbst zu. “I got some bad ideas in my head”, gesteht Travis und macht sein Poster-Motto wahr, von dem er eine Stunde zuvor noch Betsy in einem Diner erzählt hat: One of these days I’m gonna get organiz-ized! Der Körper wird gestählt, ein Waffenarsenal besorgt und modifiziert. Es ist aber keineswegs Travis, der seine eigene Forderung (“clean this city up”) in die Tat umsetzt. Auch wenn die Figur später einen Ladenüberfall tödlich beendet. Travis Bickle verkommt nicht zum Rächer der Straße, belässt den Abschaum wo er ist und arbeitet eher auf ein vermeintliches Attentat an Palantine hin. Offen ist, aus welchem Grund.

Sei es eine Art Trotzreaktion auf Betsys Abweisung oder ein Äußern der Unzufriedenheit des Volksvertreters an die zuständige Politik – das Attentat misslingt jedenfalls und die Motivation der Figur verabschiedet sich so schnell wie sie zuvor auftauchte. Es gibt keine Fixierung auf Palantine als Charakter, der Zuschauer lernt den Senator und seine Politik nicht einmal kennen. So amüsant zwar Travis’ Versuche sind, sich mit dem Secret Service Agenten anzufreunden, der Handlungsstrang, eine Art Nachgeburt aus den Avancen gegenüber Betsy, wirkt etwas halbgar. Runder kommt da schon Travis’ anschließendes Bemühen daher, die Kinderprostituierte Iris (Jodie Foster) aus den Fängen ihres Zuhälters ‚Sport‘ (Harvey Keitel) zu retten.

Mit Iris erhält die Handlung einen gewissen Fokus, nicht zuletzt, da sich Travis ihr intensiver widmet, sodass eine Homogenität entsteht. Seine Versuche, dem Mädchen mit Worten zu helfen, wollen nicht fruchten, eine gewalttätige Intervention scheint angesichts der Psyche des Protagonisten unausweichlich. Das Finale ist kurz und schmerzvoll, von Scorsese desaturiert inszeniert, um trotz des dargestellten Gewaltexzesses ein R-Rating zu erhalten. Der visuelle Wechsel ist überraschend, funktioniert aber ganz gut als Repräsentant der explosiven Klimax. Passend, wenn auch nicht wirklich ausgearbeitet, ist da der Epilog, der Travis zum Helden verklärt – ungeachtet ob dies nun Realität ist oder doch nur Fiebertraum der Figur.

Womöglich würde Taxi Driver – zumindest für mich – besser funktionieren, wenn das Iris-Element den Film zu Lasten der Betsy-Palantine-Passagen stärker durchzogen hätte. Oder alternativ jene Passagen etwas tiefer thematisiert worden wären respektive der Niedergang der Stadt (darunter im Cameo des Regisseurs als stalkender Ehemann). Alles zusammen wirkt jedoch nicht vollends rund und gibt wenig Einblicke in die Figur und ihr Handeln – da helfen auch die halbherzigen Voice-Over-Tagebucheinträge wenig bis gar nichts. Dessen ungeachtet will für mich das alles mit Vietnam wenig zu tun haben, bestenfalls mit dem Isolationsfaktor innerhalb der Gesellschaft und den Folgen von missglückten sozialen Interaktionen.

Was diese Thematik angeht, funktioniert ein Film wie Scorseses Bringing Out the Dead sehr viel besser – sowohl in seinen Charakteren, Motivation und Mise en Scène. Laut der letzten Kritikerumfrage von Sight & Sound gibt es nur 30 Filme in der Geschichte des Kinos, die noch besser sein sollen als Taxi Driver – selbst wenn mir seine kulturelle und narrative Signifikanz nicht gewahr wird. Es ist ein solider Film, vielleicht etwas zu lang, aber mit interessanten Ansätzen, die Martin Scorsese nicht vollends zu einem überzeugenden Ganzen verbindet. Makellos ist dafür das Ensemble, die junge Jodie Foster insbesondere sowie Robert De Niro, als er noch engagiert bei der Sache war. Das kann man schätzen, auch wenn man kein Fan ist.

6/10

5. Juni 2013

Classic Scene: Heat - “That’s the discipline.”

DIE SZENE: Der ermittelnde Mord-Detektiv Lieutenant Vincent Hanna (Al Pacino) hat den verdächtigen schwerkriminellen Räuber Neil McCauley (Robert De Niro) bei einem vermeintlichen Routinestop auf der Schnellstraße zu dessen Überraschung auf einen Kaffee eingeladen. Im folgenden Gespräch führt Hanna seinem Gegenüber die Ausweglosigkeit seines Unterfangens vor, während beide Männer mit offenen Karten spielen und ihre Motive einander darlegen. Aus Neugier wird Respekt.

EXT. DINER - HANNA + NEIL AT A TABLE
- NIGHT


HANNA: Seven years in Folsom. In the hole for three. McNeil before that.

NEIL nods agreement.

HANNA: McNeil as tough as they say?

NEIL: You looking to become a penologist?

HANNA: You looking to go back? You know, I chase down some crews... guys just looking to fuck up, get busted back. That you?

NEIL: You must’ve worked some dipshit crews.

HANNA: I worked all kinds.

NEIL (pause): You see me doing thrill-seeking liquor-store holdups with a “Born to Lose” tattoo on my chest?

HANNA: No, I do not.

NEIL: Right. I am never going back.

The adversarial intensity is eye-to-eye.

HANNA: Then don’t take down scores.

NEIL: I do what I do best, I take scores. You do what you do best, trying to stop guys like me.

HANNA: So you never wanted a regular-type life?

NEIL: What the fuck is that? Barbecues and ball games?

HANNA (smiles): Yeah.

NEIL: This regular-type life like your life?

HANNA: My life? No, my life... No, my life’s a disaster zone. I got a stepdaughter so fucked up... because her real father is this large-type asshole. I got a wife. We’re passing each other on the down slope of a marriage... my third... because I spent all my time chasing guys like you around the block. That’s my life.

NEIL: A guy told me one time: “Don’t let yourself get attached to anything you are not willing to walk out on in 30 seconds flat if you feel the heat around the corner”. Now, if you’re on me, and you gotta move when I move... how do you expect to keep a -- A marriage?

HANNA: Well, that’s an interesting point. What are you, a monk?

NEIL: I have a woman.

HANNA: What do you tell her?

NEIL: I tell her I’m a salesman.

HANNA: So then, if you spot me coming around that corner... you’re just gonna walk out on this woman? Not say goodbye?

NEIL: That’s the discipline.

HANNA: That’s pretty vacant, no?

NEIL: Yeah, it is what it is. It’s that, or we both better go do something else, pal.

HANNA: I don’t know how to do anything else.

NEIL: Neither do I.

HANNA: I don’t much want to either.

NEIL: Neither do I.

Both of these guys look at each other and recognize the mutuality of their condition. Hanna’s light laughter.

HANNA: You know, I have this, uh, recurring dream. I’m sitting at this big banquet table and all the victims of all the murders I ever worked are sitting at this table and they’re staring at me with these black eyeballs... because they got eight-ball hemorrhages from the head wounds. And there they are these big balloon people... because I found them two weeks after they’d been under the bed. The neighbours reported the smell and there they are, all of them just sitting there.

NEIL: What do they say?

HANNA: Nothing.

NEIL: No talk?

HANNA: None. Just... They don’t have anything to say. See, we just look at each other. They look at me. And that’s it, that’s the dream.

NEIL: I have one where I’m drowning. And I gotta wake myself up and start breathing, or I’ll die in my sleep.

HANNA: You know what that’s about?

NEIL: Yeah. Having enough time.

HANNA: Enough time to do what you wanna do?

NEIL: That’s right.

HANNA: You doing it now?

NEIL: No, not yet.

HANNA: You know, we’re sitting here... you and I, like a couple regular fellows. You do what you do, and I do what I gotta do. And now that we’ve been face to face... if I’m there and I gotta put you away, I won’t like it. But I’ll tell you... if it’s between you and some poor bastard whose wife you’re gonna turn into a widow... brother, you are going down.

NEIL: There’s a flip side to that coin. What if you do get me boxed in and I gotta put you down? Because no matter what, you will not get in my way. We’ve been face to face, yeah... but I will not hesitate. Not for one second.

HANNA: Maybe that’s the way it’ll be. Or who knows?

NEIL: Or maybe we’ll never see each other again.

They look at each other for a moment. Neil’s wry smile.

1. November 2010

Machete

Als Quentin Tarantino und Robert Rodriguez vor drei Jahren mit ihrem Partner-Projekt GrindHouse einem ganzen Genre huldigen wollten, klappte dies nur bedingt. Sehr viel gelungener fielen dagegen die begleitenden Fake-Trailer aus, speziell der zu Machete. Durch steigende Nachfrage gab Rodriguez nun nach und drehte eine 105-Minuten-Version des 160-Sekunden-Trailers mit einem illustren Ensemble. Leider weiß jedoch auch Machete wie schon sein Planet Terror aufgrund des erzwungenen Trash-Faktors nicht wirklich zu überzeugen. Zu wenig hat der Mexikaner zu erzählen, zu viele unnötige Figuren versucht er in seinen Film zu integrieren. Eine etwas ausführlichere Besprechung gibt es bei evolver.

4.5/10

3. Januar 2009

Righteous Kill

You do it because you get respect.

Sie sind Filmlegenden und sie sind Freunde. Nachdem Al Pacino und Robert De Niro zwar beide 1974 in The Godfather: Part II aufgetreten sind, jedoch nicht gemeinsam vor der Kamera stehen konnten, vereinte Michael Mann die beiden Oscarpreisträger 1995 in seinem Actionthriller Heat. Wie schon der Coppola ist auch der Film von Mann mit den beiden zum Kultfilm avanciert. Ein Grund mehr für die beiden italienisch-stämmigen „Greise“ erneut vor eine Kamera zu treten. Seit Jahren haben sie nach einem passenden Skript gefunden. Gefunden haben sie es schließlich in Russell Gewirtz’ Righteous Kill über einen Serienmörder innerhalb der Polizei. Inszeniert wurde das ganze dann von Jon Avnet, der mit Pacino bereits 88 Minutes gedreht hat. Jener Echtzeitthriller, der mit Ach und Krach weltweit seine Kosten wieder eingespielt hat und bei Rotten Tomatoes starke 5% hält hat bei Pacino scheinbar bessere Eindrücke hinterlassen als beim Rest der Welt. Insofern dürfte er auch mit Righteous Kill ziemlich zufrieden sein.

Das amerikanische Justizsystem ist eine Sache für sich. Über die Eigenheiten kann man Enzyklopädien schreiben und gerecht geht es in den seltensten Fällen zu. Daher werden auch oft Verbrecher laufen gelassen, weil die Beweislage zu gering ist. Das gefällt dem polizeilichen Ermittler Turk (Robert De Niro) nicht sonderlich. Ohnehin ist er ein Hitzkopf und sein aggressionsgeiles Betthäschen, die Leichenbeschauerin Karen (Carla Gugino), macht es auch nicht grade besser. Daher macht Turk Jagd auf die zu Unrecht nicht vom Recht belangten Kriminellen. Vierzehn Stück habe er getötet, lässt er zu Beginn des Filmes auf einer Videoaufzeichnung verlauten, während Avnet beginnt die Geschichte vom Gedichtskiller aufzurollen. Jener Killer, der Verbrecher jagt und zur Strecke bringt, hinterlässt stets ein Gedicht. Gemeinsam mit seinem langjährigen Partner Rooster (Al Pacino) ermittelt Turk in dem Fall. Bald schon stellt sich heraus, dass jener Killer auch in den Arbeitsbereich der Kollegen Riley (Donnie Wahlberg) und Perez (John Leguizamo) fällt. Als das Quartet entdeckt, dass der Killer ein Cop ist, beginnt sich für Turk die Schlinge enger zu ziehen.

Avnets Film hält sich für ungemein schlau, speziell dann, wenn er zum Schluss seine dramatische Wendung nimmt, mit der – so hoffen sie Macher – wohl keiner gerechnet hat. Dabei ist das gesamte Geschehen von vorne bis hinten unglaubwürdig und ohne Hintersinn inszeniert. Ein wohlhabender Vergewaltiger wird in seinem Appartmenthaus, das über einen Concierge verfügt erschossen. Dem Täter ist es dabei gelungen an den Videokameras vorbei zur Wohnung vorzudringen. Auch die übrigen Toten fallen allesamt eher unergründlichen Umständen zum Opfer. Ein pädophiler Priester wird ermordet, doch die Ursache dafür, dass dies erst jetzt, nach all den Jahren geschieht, löst der Film nicht auf. Ohnehin gibt sich Gewirtz’ Drehbuch keine sonderliche Mühe auf Ausarbeitung weder der Charaktere noch der Handlung. Die Dialoge sind bisweilen flacher als Keira Knightleys Brust und schmerzen ob ihrem Dilettantismus (beispielsweise die Brady-Bunch-Referenzen).

Die Irrelevanz der Filmhandlung kommt am besten durch die überflüssige Figur von Spider (Curtis „50 Cent“ Jackson) zum Ausdruck, ergänzt durch die nicht minder unnotwendige Anwältin Jessica (Trilby Glover). Glover war ebenfalls an dem Avnet-Pacino-Vehikel 88 Minutes beteiligt. Im Grunde lässt sich für das gesamte Schauspielensemble kaum ein gutes Wort finden, lediglich Wahlberg sticht etwas hervor. Weder Pacino noch De Niro wissen zu irgendeinem Zeitpunkt ihr (ehemaliges) Potential abzurufen. Vielmehr begnügen sie sich mit einer Mindestanzahl an Gesichtsmimiken die von „böse dreinschauen“ (Turk) bis zu „verschmitzt lachen“ (Rooster) reicht. Bedenkt man dass sowohl der Eine (Dog Day Afternoon, The Godfather) als auch der Andere (Brazil, Raging Bull) früher in Filmen mit starken Drehbüchern auftrat, ist man geradezu schockiert, für was sich die beiden Altstars hier im Grunde prostituieren. Beide warten in den vergangen Jahren mit zahlreichen miesen Filmen auf und scheinen auf Teufel komm raus weiterhin auf der Leinwand präsent sein zu wollen. Mit diesem spannungsarmen, inhaltsschwachen und schlecht gespielten Thriller haben sich De Niro und Pacino weder selbst einen Gefallen getan, noch dem Publikum.

1.5/10

30. November 2008

The Godfather: Part II. An Essay

Keep your friends close. But your enemies closer.

Eine alte Hollywoodregel besagt, dass Fortsetzungen zwei Drittel des Originalfilmes einspielen (vgl. Weyandt, S. 89). Bedenkt man, dass Regisseur Francis Ford Coppola für seine Adaption von Mario Puzos The Godfather etliche Aspekte der Handlung ausgelassen hatte, verwundert die Entscheidung von Paramount Pictures nicht, die übriggebliebenen Teile des Werkes weiter zu verwerten. Neben etlichen Merchandise-Artikeln war The Godfather zugleich der erfolgreichste Film der frühen siebziger Jahre. Der Wunsch diese Kuh weiter zu melken ergibt sich somit von selbst und jenes Geschäftselement schlägt sich bis in unsere heutige Zeit. Doch bei Regisseur Coppola stieß das Studio auf taube Ohren. „Initially, the idea of a sequel seemed horrible to me“, gestand der Oscarpreisträger (vgl. Johnson, S. 147). Die Mutmaßungen, weshalb sich der Italo-Amerikaner anders entschied, sind vielfältig. Seinen eigenen Äußerungen zufolge erhielt er in San Fransisco Besuch von einigen russischen Filmproduzenten, die nachfragte, wann denn The Godfather: Part II erscheinen würde. „It seemed such a terrible idea that I began to be intrigued by the thought of pulling it off“, erläuterte der Regisseur seinen Gedankengang (vgl. Johnson, S. 147). Zwar behauptete Coppola, er müsse aus finanziellen Gründen keinen Film mehr drehen, doch seine anderen, kleineren Projekte verlangten auch nach ihrer Finanzierung. Also sagte er zu und stellte zugleich Forderungen. Die Position hierzu hatte er sich durch den Erfolg des Vorgängerfilmes erarbeitet. Der Titel des Filmes sollte den Zusatz „Part II“ tragen und nach einigen Widerstrebungen von Seiten Paramounts markiert The Godfather: Part II schließlich die erste Fortsetzung in der Geschichte Hollywoods, die nach dem Muster der (römischen) Ziffer funktioniert. Eine weitere Forderung beinhaltete, dass der Großteil der ursprünglichen Besetzung wieder an Bord geholt werden würde. Ein Unterfangen, was sich zum Teil als schwierig erweisen sollte.

Zwei Figuren wird man vermissen. Beide Male aus finanziellen Gründen. Nachdem Paramount während der ersten Dreharbeiten stets gegen die Besetzung von Marlon Brando war, wollte man diesem nicht die Vergütung zukommen lassen, die er für einen erneuten Auftritt verlangt hatte. Ähnlich verhielt es sich bei Richard S. Castellano, der zudem die Forderung stellte, dass ein Freund von ihm seine Dialoge schreiben dürfe. Auf beide verzichtete Coppola und machte sich mit Puzo an das Abfassen des Drehbuches. Nach drei Monaten war man bereits fertig und die Eckdaten von Paramount gesetzt. Zuvor musste jedoch Francis Ford Coppola noch umgestimmt werden, die Regie zu übernehmen. Denn eigentlich wollte dieser sich auf die Produktion beschränken, die Arbeit hinter der Kamera sollte der aufstrebende Regisseur Martin Scorsese leiten. Paramount widersetzte sich. Scorsese – dessen Mutter in einer Gastrolle zu sehen ist – würde Jahre später mit Goodfellas und Casino seine eigenen Mafiafilme drehen. Die Positionen für die Produktion wurden besetzt, die Termine festgelegt. Im März 1974 sollte die Fortsetzung in den Kinos starten, an jenem Tag, an dem zuvor schon der erste Teil erfolgreich gestartet war. Aber es kam alles anders. „Within three weeks the shoot was running badly over budget and seriously behind schedule“, schildern Goodman und Wise (vgl. Goodman/Wise, S. 166). Coppola sah Außendrehs in Lake Tahoe, Las Vegas, New York, Miami, Sizilien und in der Karibik vor. Besonders die Karibik würde seinen Planungen hier ein Bein stellen. Zum einen wollte das Wetter nicht mitspielen, die Sonne nicht scheinen, und zum anderen machte Al Pacinos Gesundheit diesem einen Strich durch die Rechnung. Die Darstellung des Michael Corleone verlangte Pacino einiges ab, sodass er überfordert zusammenbrach. Obschon für März ´74 die Premiere geplant war, liefen im Januar noch die Kameras.

Money isn’t everything.

Der Film war folglich zwei Monate überfällig. Was drei Jahre zuvor für Coppolas Rauswurf gesorgt hätte, verkam nun zu einer Kleinigkeit. Zwar wurden einige Stimmen bei Paramound laut, doch verstummten diese, als American Graffiti den Golden Globe als Bester Film und zudem fünf Oscarnominierungen erhalten hatte. Man ließ Coppola gewähren und nach neun Monaten Drehzeit schloss dieser den Film letztlich ab. Die Arbeit endete jedoch noch lange nicht. Unzählige Minuten musste Coppola aus dem Film schneiden, speziell Szenen in Little Italy, an denen das Herz des Italo-Amerikaners hing. Der Kinostart wurde auf Dezember festgelegt, im Oktober wurde zu einem neuen Höchstpreis der erste Teil im Fernsehen ausgestrahlt. Das Land sollte erneut in ein Godfather-Fieber fallen. Zur selben Zeit besaß der zweite Teil noch eine Lauflänge von fünf Stunden, als Coppola seinem Geschäftspartner und Freund George Lucas schließlich den Film präsentierte, fiel die erste Kritik. „You have two movies. Throw one away. It doesn’t work“, so Lucas (vgl. Goodman/Wise, S. 181). Letztlich stutzte Coppola sein Werk noch auf eine Laufzeit von 200 Minuten herunter, das von Lucas angesprochene Problem ließ sich dadurch jedoch nicht vollends beseitigen. Als der Film zu Weihnachten anlief, konnte er die Erwartungen der Produzenten nicht wirklich erfüllen. Die Faustregel Hollywoods versagte, der Film spielt nur ein Drittel des ersten Teiles (etwa 100 Millionen Dollar) ein. Zwar immer noch das Fünffache seiner Kosten, aber nicht die Summe, die man sich erhofft hatte. Als Ursachen ließen sich das unstimmige Ende und der unsympathische Held der Geschichte ausmachen. Während das Publikum an den Kinokassen etwas bieder reagierte, feierte der Großteil der Presse den Regisseur. Im Frühjahr erhielt The Godfather: Part II elf Oscarnominierungen und wurde mit sechs Auszeichnungen bedacht. Darunter in den Kategorien „Bester Film“, „Beste Regie“ und „Bestes Drehbuch“ – alle drei Preise gingen somit auch an Coppola selbst. Inzwischen hatte er fünf Trophäen gewonnen. Die Medien „treated Coppola like a prince of filmdom“ (vgl. Goodman/Wise, S. 183). Er war in der Tat „on top of the world“ (ebd.) und mit dem Jahr 1974 sollte die Karriere von Francis Ford Coppola ihren Höhepunkt erreichen.

Eigentlich lässt sich The Godfather: Part II schön in einem Satz zusammenfassen: der Film ist eine „Orestie, das Echo des Bösen aus der Vergangenheit hallt in die Zukunft nach“ (vgl. Weyand, S. 91). Während Coppola und Puzo einerseits die Geschichte des Aufstieges von Vito Andolini aus dem sizilianischen Dorf Corleone erzählen, folgen sie damit jenen Aspekten des Romans, die keinen Einzug in The Godfather gefunden hatten. Andererseits spinnt Coppola die Geschichte jedoch weiter und erzählt parallel dazu den vermeintlichen Niedergang des Michael Corleone. Somit ist der Film schließlich Sequel und Prequel zugleich. „I want to show how two men, father and son, were … corrupted by this Sicilian waltz of vengeance“, erklärte Coppola (vgl. Johnson, S. 155). Nach einer Einstiegseinblendung von Michael Corleone (Al Pacino) beginnt auch gleich die eigentliche Geschichte. Anfang des 20 Jahrhunderts findet in Sizilien eine Beerdigung statt. Einer der Dörfler hatte sich gegen die Mafia und ihren Don Francesco „Ciccio“ (Giuseppe Sillato) aufgelehnt und dies mit seinem Leben bezahlt. Um der Rache der Söhne zuvor zu kommen, will Ciccio diese ebenfalls liquidieren. Als der Ältere der beiden erschossen aufgefunden wird, bittet die Mutter (Maria Carta) bei Don Francesco um das Leben ihres verbliebenen Sohnes Vito (Oreste Baldini). Doch Ciccio lehnt ab und es ist dem wagemutigen und zugleich dummen Verhalten seiner Mutter geschuldet, dass Vito mit dem Leben davon kommt. Früh präsentiert Coppola hier eine atmosphärisch dichte Sequenz, die sinnbildlich für einige andere, kommende Szenen stehen kann. Das Verhalten der Figuren ist unglaubwürdig, die Szene selbst kaum authentisch. Inmitten von Ciuccis Männern zückt Mutter Andolini ein Messer und ermuntert Vito die Flucht zu ergreifen. Ein wenig nachvollziehbares Verhalten, das nur dadurch gesteigert wird, dass es dem Jungen anschließend tatsächlich gelingt, die erwachsenen und bewaffneten Leibwächter hinter sich zu lassen.

This must all end.

Die Dorfbewohner von Corleone nehmen Vitos an, schmuggeln diesen zum Hafen. Warum jene Bewohner ihr eigenes Wohl aufs Spiel setzen, um das Leben dieses Jungen zu retten und wie sie überhaupt die Schifffahrt nach New York bezahlen konnten, wird nicht erläutert. Vito landet letztlich in der neuen Welt, wird jedoch auf Ellis Island erst einmal gezwungen in Quarantäne zu gehen. „This sequence must have been close to the filmmaker’s heart, remembering his own childhood bond with disease and the long months of isolation“ (vgl. Goodman/Wise, S. 182). Eine Analogie zwischen Vito Andolini, nunmehr Corleone genannt, und Francis Ford Coppola drängt sich auf, war der Regisseur als Kind doch selbst Monate lang an sein Bett gefesselt. Hatte Coppola beim ersten Teil noch den Ausspruch geprägt, es sei ein Film über eine Familie von einer Familie, so verkommt The Godfather: Part II zu einem Film von einem Mann über seine Familie. Vitos Isolation macht hier nur den Anfang. „The demons of my own life weren’t serving me well“, erzählt Coppola retrospektiv in seinem Audiokommentar. Zwar verlief die Produktion beim zweiten Teil der Reihe gut, dafür ging es dem Privatleben des Regisseurs immer schlechter. Parallel zur gescheiterten Ehe von Michael und Kay (Diane Keaton) kriselte es auch in der Beziehung zwischen Coppola und seiner Frau Eleanor. Auch die Beziehungen zu seinem älteren Bruder August und seinem Vater Carmine (s. The Godfather) erhielten Einzug in die Handlung. In der Fortsetzung werden nicht nur die Eheprobleme innerhalb der Familie Corleone thematisiert, sondern auch die brüderliche Rivalität und das Gefühl eines Sohnes, seinem Vater gegenüber minderwertig zu sein. „It’s easy to imagine that Coppola might have been facing similar conflicts“ (vgl. Goodwin/Wise, S. 163). Am Ende des Filmes ist Michael Corleone auf dem Höhepunkt seiner Karriere und doch allein von der Frau, die er einst liebte. Während Außenstehende Coppola zu Füßen lagen, litt seine eigene Frau und somit seine Ehe unter seinem Erfolg.

Was Coppola am ersten Teil gestört hatte, war die Tatsache, dass die Zuschauer Michael nicht wirklich verurteilen konnten. Das ging einher mit dem Vorurteil, The Godfather sei ein Euphemismus der amerikanischen Mafia. Was Michael tat, geschah aus dem Interesse der Familie heraus. Diesem positiven Bild von Michael wollte Coppola nun entgegenwirken. Gelungen ist ihm dies nicht wirklich, dafür sorgen die etablierten Antagonisten. Der hinterhältige Hyman Roth (Lee Strasberg) reicht Michael bei der Kommunionsfeier seines Sohnes die rechte Hand, während er ihm mit der linken praktisch ins Gesicht schlägt. Ein Anschlag auf Leib und Leben wird folgen und das in seinem eigenen Schlafzimmer, in Anwesenheit seiner Frau. Nevadas Senator Geary (G.D. Spradlin) hingegen beleidigt bei seinem ersten Treffen mit Michael nicht nur diesen selbst, sondern die gesamte italo-amerikanische Gemeinde. „It is just too much.“, fasst Johnson (vgl. Johnson, S. 153) zusammen. In der ersten Hälfte des Filmes hat sich somit nicht wirklich etwas an Michaels Darstellung geändert. Die Wende geschieht erst auf Kuba. Hier entdeckt Michael den Verrat seines Bruders Fredo (John Cazale) – von Coppola eingebettet in die sozialistische Revolution Fidel Castros. Für sich genommen markiert die Kuba-Sequenz jedoch den negativen Schwachpunkt des Filmes. Nicht nur ist sie langatmig und redundant, sondern sie hat noch nicht einmal etwas zu erzählen. Auch hier setzen sich die inhaltlichen Mängel fort. Aus unerfindlichen Gründen marschiert das Militär in das Krankenzimmer von Hyman Roth. Gerade dann, als sich Michaels Attentäter an diesem vergeht. Genauso verwundert Fredos plötzliche Flucht in die nächtlichen Wirren Habanas während des Regierungssturzes. Ähnlich unplausibel wird später Vitos (Robert De Niro) Rache an Ciucci gezeigt, wenn er im Sommer mit Mantel diesen ersticht und anschließend problemlos vom Anwesen fliehen kann. Johnson hat durchaus Recht, wenn er sagt, dass „every sequence, even the weakest, rewards the viewer for his attentiveness“ (vgl. Johnson, S. 154), doch die narrative Schwäche bleibt.

I know it was you, Fredo. You broke my heart.

Die Stärken von The Godfather: Part II finden sich ohnehin in den Vito-Szenen, im Herzen von New York City. Obschon Vito Sizilien und somit der Mafia vermeintlich entflohen ist, begegnet er ihr erneut in einem Theaterstück. Der rücksichtlose Don Fanucci (Gastone Moschin) herrscht über die Straßen von Little Italy und sorgt kurz darauf, wenn auch nicht absichtlich, dafür dass Vito seinen Job verliert. Coppola skizziert hier die Flucht vor der Kriminalität, die kein Ende finden will. Zwar wartet Daheim eine liebende und verständnisvolle Frau auf ihn, doch damit ist es um das Wohl der Familie nicht bestellt. Eine gute Tat gegenüber dem Nachbarn Clemenza (Bruno Kirby) wird schließlich zum Wendepunkt der Geschichte. Als Dankeschön will Clemenza Vito einen Teppich schenken. Zuvor muss dieser jedoch erst einmal gestohlen werden – eine Aktion, die fast in einem Polizistenmord endet. Mit der Akzeptanz des Teppichs öffnet Vito letztlich der Gewalt und der Kriminalität symbolisch die Tür zu seinem Leben. Er hat es auf ehrliche Art und Weise versucht, doch man – oder manifestiert: die Mafia – wollte ihm den Erfolg nicht gönnen. Zur Verbesserung seiner Lebenssituation dient nunmehr Diebstahl. Als Fanucci (s)ein Stück vom Kuchen abhaben möchte, zieht Vito die Konsequenz und entledigt sich des Problems auf profane Art und Weise. Als das Publikum Vito das nächste Mal begegnet, verkörpert er die beste Definition eines Paten. Eine arme Frau soll aus ihrer Wohnung vertrieben werden. Sie wendet sich an Vito, der inzwischen die angesehenste Person im Viertel ist. Als sein Ruf auch den Vermieter ereilt, wird der Konflikt schnell beseitigt. Ihr Ende findet die Geschichte um Vito in dem Mord an Ciucci und somit der Beseitigung alles Bösen aus dem Leben dieses Mannes. Verkörpert wird Vito hierbei von dem damals unbekannten Robert De Niro, der den Part zufriedenstellen spielt, jedoch nicht die Präsenz eines Marlon Brando zu erzeugen vermag. Trotz alledem wurde er von der Academy mit einem Oscar ausgezeichnet und markierte damit ein Novum. Zum ersten Mal erhielten zwei Schauspieler einen Oscar dafür, dass sie dieselbe Rolle spielten und eine identische Figur verkörperten.

Während die Szenen mit Vito in hellen, nostalgischen Sepiatönen gefasst sind, wirken die Einstellungen um Michael kalt und steril. Coppola und Kameramann Gordon Willis zelebrieren hier bildhaft die Abgrenzung dieser beiden Männer. In Parallelmontagen führt der Regisseur die Unterschiede zwischen Vater und Sohn hervor. Während „Vitos Taten (…) den Gestus des Selbstschutz [haben], [werden] Michaels Handlungen hingegen (…) ausschließlich von geschäftlichen Interessen bestimmt“ (vgl. Weyand, S. 95). Vito ermordet Fanucci und Ciucci, um zum einen seine Position und damit die Ernährung seiner Familie sicher zu stellen und zum anderen um Rache für den Mord an seiner Familie zu nehmen. Ehrenhafte Taten, ähnlich denen, wie sie Michael selbst in The Godfather verübt hat. Michael hingegen eliminiert seine Gegner, um seine geschäftliche Position zu verbessern. Hierzu ist er ständig unterwegs, Nevada, Florida, Kuba. Fernab von seiner Familie fühlt sich diese eingesperrt in einen goldenen Käfig. Vito hingegen verbringt die meiste Zeit in New York, selbst als er das Land verlässt, nimmt er seine Familie mit sich mit. „Michael [erscheint] negativ, Vito aber äußerst positiv. Coppola inszeniert ihn wie einen modernen Heiligen“ (vgl. Weyand, S. 94). Durch das Gegenüberstellen der beiden Corleones übt Coppola zugleich Kritik an der zweiten Generation von Immigranten. Diese zeichnet sich meist dadurch aus, dass sie versucht sich so stark anzupassen, dass die traditionellen Werte verloren gehen. Erst die dritte Generation kehrt letztlich zu den alten Werten zurück. Es versteht sich von selbst, dass Coppola zu jener dritten Generation zu zählen ist. Michael hingegen verkörpert den „modernen Kapitalismus amerikanischer Prägung, in dem ausschließlich der Gewinn zählt“ (vgl. Weyand, S. 96). Es wird sein Sohn Anthony sein, der im dritten Teil der Trilogie dem familiären Geschäft den Rücken zuwendet und stattdessen eine Gesangskarriere in Sizilien anstrebt. Die Botschaft von Coppola ist klar: Michael verliert sich, „weil er die Traditionen missachtet, die alten Werte ignoriert“ (vgl. Weyand, S. 97).

This is the business we chose.

„In a funny way, the story to take it further, repeats itself“, gab Coppola in seinem Audiokommentar unumwunden zu, dass seine Fortsetzung sich letztlich derselben Stilmittel bedient, wie bereits der Vorgänger (und auch der Nachfolger). Und in der Tat handelt es sich bei The Godfather: Part II um keine sonderliche Weiterentwicklung der Geschichte des Vorgängers. Coppola verfügt hier über zwei Filme, das Prequel und das Sequel. Weitaus besser wäre er gefahren, wenn er sich auf die Vorgeschichte von Vito konzentriert hätte, denn alle Szenen um Michael rufen nur in Erinnerung, was man aus dem ersten Teil bereits kennt. Eröffnet wird die Geschichte mit einer religiösen Zeremonie, gefolgt von der familiären Feier. Nach einer halben Stunde schließlich erfolgt der Anschlag auf den Paten, nachdem man seine Gegenspieler zuvor in der persönlichen Audienz vorgestellt bekam. Fredo ist der tollpatschige Bruder innerhalb der Familie, das merkte man bereits beim Anschlag auf Vito im Vorgänger. Dass Tom Hagen (Robert Duvall) nicht mehr der consigliere der Corleones ist, abgesetzt und des Vertrauens entzogen, etablierte Coppola gegen Ende von The Godfather. Hier findet sich auch bereits die Entfremdung zwischen Michael und Kay, äußerst harmonisch abgeschlossen in der Abgrenzung der Ehefrau durch das Verschließen der Tür. Auch im Sequel wird ihr erneut die Tür verschlossen, die Botschaft ist jedoch identisch mit der des ersten Teiles. Was will Coppola mit seiner Fortsetzung vermitteln? Michael macht das falsch, was sein Vater richtig gemacht hat. Er korrumpiert die Wertvorstellungen von Vito und verurteilt somit die Familie zum Scheitern, besiegelt seine eigene Isolation. Doch dies ist nichts Neues, ruft man sich in Erinnerung, dass Michael extra bis nach Vitos Begräbnis gewartet hat, um den vier New Yorkern Familien den Kampf anzusagen und somit die Wünsche des Vaters – der zuvor über Sonnys Ermordung aus genau diesen Gründen hinweg gesehen hatte- zu missachten. Wenn Michael seiner Frau in die Augen schaut und sie bezüglich des Mordes an einem Familienmitglied anlügt, nur um dann die Tür vor ihr und somit ihrer Liebe zu verschließen, isoliert ihn das bereits zu jenem Zeitpunkt. Somit ist The Godfather: Part II zu großen Teilen tatsächlich nichts anderes als das Echo des ersten Filmes.

Die Parallelmontage mutet zwar durchaus als nette Idee an, wird jedoch durch die Redundanz der Michael-Episode getrübt. Während der Film technisch gesehen durchaus meisterhaft inszeniert ist – die Musik von Nino Rota und Carmine Coppola wurde verdientermaßen mit dem Oscar ausgezeichnet -, hapert es in der Fortsetzung zum Meisterwerk The Godfather speziell inhaltlich. Dies mag an den zahlreichen entfernten Szenen liegen oder auch lediglich daran, dass einfach versucht wurde zuviel in zu wenig Zeit zu erzählen. „(…) there’s a hopelessly disorganized plot with narrative leaps and loose ends galore“, befindet auch Tookey (vgl. Tookey, S. 306). Da passt dann auch das etwas gezwungene Ende hinein. Nachdem Michael seinen Bruder ermorden lässt, schwelgt er in einer Rückblende. Beim Geburtstag von Vito erklärt Michael seine Bestrebung, in den Zweiten Weltkrieg einzutreten und sein Jurastudium zu unterbrechen. Die Stimmung kocht hoch, schließlich handelt der Jüngste nicht im besten Interesse für die Familie. Konträr dazu platziert Coppola die Schlusseinstellung des Filmes. „Now, ironically, he [Michael, d. Red.] is alone not because he chose to act outside the interest of the family, but because he has relentlessly acted in the best interest of the family” (vgl. Johnson, S. 162). Die Schauspieler agieren überzeugend, wirklich hervorstechen vermag jedoch nur John Cazale. Recht eindimensional erscheint Michael V. Gazzos Interpretation von Frankie Pentangeli, Duvall und Keaton sind aufgrund der fehlenden Präsenz ihrer Figuren unterfordert. De Niro spielt wie gesagt überzeugend, jedoch ohne das Charisma eines Marlon Brando evozieren zu können. Al Pacino hingegen ruft lediglich in der Szene, als Kay die Abtreibung gesteht, wirklich sei Potential ab. Im Nachhinein „scheitert“ die Fortsetzung wohl daran, dass Coppola sich zu sehr auf die Ideale des ersten Teiles zu stützen versuchte. So ist The Godfather: Part II zwar ein vielfältigerer Film geworden, jedoch nicht so umwerfend wie sein Vorgänger.

8.5/10 – in anderer Form erschienen bei Wicked-Vision


Quellen und Literatur:

• Audiokommentar von Francis Ford Coppola, The Godfather: Part II –The Coppola Restoration, Paramount Pictures 2008.
• Goodwin, Michael/Wise, Naomi: On the Edge. The Life and Times of Francis Coppola, New York 1989.
• Johnson, Robert K.: Francis Ford Coppola, Boston 1977.
• Tookey, Christopher: The Critic’s Film Guide, London 1994.
• Weyand, Gabriele: Der Visionär. Francis Ford Coppola und seine Filme, St. Augustin 2000.

1. August 2008

Wag the Dog

This is nothing. Piece of cake, walk in the park. This is nothing.

„I did not have sexual relations with that woman”, sprach US-Präsident Bill Clinton 1998 an sein Volk - und gab später reumütig seine Affäre mit der Sekretärin des Oval Office zu. Eine heikle Angelegenheit war dies zu der damaligen Zeit, es gab anschließend sogar zu einem Amtsenthebungsverfahren, nach welchem Clinton jedoch im Amt bleiben konnte. Um von der Lewinsky-Affäre abzulenken, soll Clinton einen Militärschlag gegen den Irak (Operation Desert Fox) initiiert haben. Das Ironische hierbei ist die Tatsache, dass diese Ereignisse ein Jahr zuvor in einem Hollywood-Film erschienen waren, fünf Jahre zuvor in einem Roman. In Wag the Dog wird dem Präsidenten - der während des gesamten Filmes hindurch gesichtslos bleibt - eine sexuelle Affäre mit einer minderjährigen Schülerin nachgewiesen. Dummerweise geschieht das alles elf Tage vor seiner Wiederwahl, weshalb der gegnerische Kandidat, Senator Neal (Craig T. Nelson), Hoffnung wittert.

Um von dem Sexskandal abzulenken, wird Imageberater Conrad Brean (Robert De Niro) engagiert, der gemeinsam mit Winifred Ames (Anne Heche), der Beraterin des Präsidenten, versuchen soll die Wahl zu retten. Kurzerhand erfindet Brean eine kriegerische Auseinandersetzung mit Albanien, für deren mediale Inszenierung er den erfolgreichen Hollywood-Produzenten Stanley Motss (Dustin Hoffman) engagiert. In den kommenden elf Tagen versucht die Truppe durch gefälschte Kriegsberichte, pathetische Musik und gestelzte Helden die Blicke des amerikanischen Volkes von einer minderjährigen Schülerin hin zu der Terrorzelle Albanien zu lenken. Doch können Brean und Co. damit neben dem Volk auch Senator Neal und CIA-Agent Young (William H. Macy) an der Nase herumführen? Und was findet der psychisch-labile Häftling Schumann (Woody Harrelson) eigentlich davon, zum Kriegshelden „Old Shoe“ abgestempelt zu werden? Die Antworten präsentiert Oscarpreisträger Barry Levinson.

Den Roman American Hero verfasste Autor Larry Beinhart 1993 und befasste sich in diesem mit George H. W. Bush und seiner Vermutung, dass dieser die Operation Desert Storm nur initiierte, um seine Wiederwahl zu sichern. Dass es sich beim 2. Golfkrieg nur leidlich um einen „echten“ Krieg gehandelt habe, argumentiert auch Jean Baudrillard in seinem Buch The Gulf War Did Not Take Place. Baudrillard führt darin an, dass im Golfkrieg weniger amerikanische Soldaten gestorben waren, als rein statistisch der Fall gewesen wäre, wenn sie alle zu Hause geblieben und bei Autounfällen umgekommen wären. Welche Farce dieser Krieg in der Tat war, dokumentierte Oscarpreisträger Sam Mendes 2005 mit seinem Film Jarhead, in welchem Scharfschütze Swoff ganze vier Tage im Kriegseinsatz war und dabei keine einzige Kugel abgefeuert hatte. Unabhängig davon, ob man den Zweiten Golfkrieg als echten Krieg sehen möchte oder nicht, ist unbestritten, dass Kriege und ihre Abläufe in heutiger Zeit von den Medien mitbestimmt werden. Offensichtlich wurde dies erst wieder im Dritten Golfkrieg, von welchem dem amerikanischen Volk nur die Bilder gezeigt wurden, die vorher vom Militär und der Regierung abgesegnet wurden. Dass ein Krieg jedoch gar nicht stattfindet, obschon angekündigt, ist in Zeiten von Google und YouTube äußerst unwahrscheinlich. Anfang der Neunziger waren Google und YouTube jedoch noch nicht präsent und das Geschehen, welches Levinson in Wag the Dog skizziert, ist in seiner Form so absurd, dass es schon wieder wahr sein könnte. Zumindest in der damaligen Zeit. Ein Krieg gegen ein kleines Volk, irgendwo im Niemandsland, von dem keiner weiß wie es heißt und wo es liegt. Glaubhaft möglich ist dies natürlich in den USA, wo man auch gerne mal Austria und Australia verwechselt. 

Winifred Ames: Why Albania?
Conrad Brean: Why not?
Winifred Ames: What have they done to us?
Conrad Brean: What have they done for us? What do you know about them?
Winifred Ames: Nothing.
Conrad Brean: See? They keep to themselves. Shifty. Untrustable. 

Innerhalb weniger Stunden entscheidet sich Brean für den fiktiven Krieg gegen Albanien. Ein Land, das dem Durchschnittsamerikaner nicht bekannt sein dürfte, scheinbar in Hollywood jedoch gerne als Antagonist herhalten muss (z.B. in der Simpsons-Folge The Crepes of Wrath). Albaner sind verschlagen und ihnen kann nicht getraut werden - ohnehin, was hat Albanien je für die USA getan? Ein vom Hass getriebenes Land, welches den Amerikanern ihre Freiheit neidet. Daher wird versucht eine nukleare Kofferbombe über die kanadische Grenze in die Vereinigten Staaten zu schleusen. Wird deswegen der B3-Bomber zum Einsatz kommen? Was für ein B3-Bomber überhaupt? Wenn Brean erst einmal mit seinem perfiden Plan in Fahrt kommt, ist die zynische Stärke des Filmes kaum noch zu stoppen. Es ist kein perfekter Plan, aber Brean hat lieber heute einen guten Plan, als morgen einen perfekten. Wie er schließlich seinen Krieg inszeniert, ist beeindruckend einfach. Ein paar „Journalisten“ stellen bei der Pressekonferenz die richtigen Fragen, ein Lied wird aufgenommen, künstlich gealtert und in die dreißiger Jahre Abteilung der Kongressbibliothek verfrachtet.

Bilder und Videos werden den Medien zugespielt, die genau das beinhalten, was Brean den Zuschauern zeigen möchte. Nicht von ungefähr halten sich seit jeher die Gerüchte, die Mondlandung von Neil Armstrong wäre tatsächlich im Studio nachgedreht worden. Ähnliche Kommentare gibt Brean auch in Bezug auf den Zweiten Golfkrieg von sich. Doch Brean ist kein medialer Fachmann, weshalb er den Filmproduzent Motss aufsucht. Motss weiß war er will, weiß wie er das Bewusstsein der Bevölkerung auf sich ziehen kann. Das Trauma muss offensichtlich, der Beschützerinstinkt der USA geweckt werden. Eine Schauspielerin (Kirsten Dunst) wird engagiert eine albanische Flüchtige zu spielen. Inklusive Kätzchen auf dem Arm. Dieses ist in Wirklichkeit eine Tüte Chips, der Hintergrund ein Bluescreen, die Effekte aus dem Computer. Genau wie beim letzten Schwarzenegger-Film, erklärt Motss stolz.

Entstanden ist Wag the Dog in der Drehpause der Michael Crichton-Adaption Sphere. Levinson versammelte sich mit dem dortigen Hauptdarsteller Dustin Hoffman, der gemeinsam mit Robert De Niro in dieser Satire nicht nur umsonst, sondern auch als Produzent auftrat. Beide Kinolegenden gemeinsam vor der Kamera zu sehen macht ungemein Spaß, ihre jeweiligen Figuren – der manische Motss und der grimmige Brean – werden von den Altstars mit entsprechend glaubhaftem Leben gefüllt. Levinsons Regie ist solide, jedoch weit entfernt von Vollkommenheit. Hier ein dilettantischer Zoom, dort eine unglückliche Einstellung – scheinbar war der Regisseur nicht so geistig anwesend wie seine Darsteller. Diese werden kongenial komplettiert von Anne Heche, Woody Harrelson, William H. Macy und Denis Leary. In einer Gastrolle ist zudem Folks-Star Willie Nelson zu sehen, die Musik zum Film stammt dagegen von Kultmusiker Mark Knopfler. Der Leim, der den Film zusammenhält, ist jedoch sein grandioses Drehbuch, welches vor intelligent-witzigen Dialogen respektive Monologen nur so platzt.

Beispielsweise wenn Brean CIA-Agent Young erklärt, dass ohne seinen fiktiven Krieg Young überhaupt keinen Job hätte („When there’s no threat...what good are you?“). Frei von Mängeln ist der Film, abgesehen von Levinsons Regie, aber nicht. Die Auslandspresse wird außen vor gelassen, die Glaubwürdigkeit des Krieges beim Volk selbst beziehungsweise einer anderen Partei als den Initiatoren wird nicht hinterfragt. Diese Einseitigkeit schadet dem Film etwas, vor allem da er sich als politische Satire durchaus ernst nimmt. Das lässt sich an seiner finalen Einstellung erkennen, die durch ihre Zweideutigkeit nicht klar zu interpretieren ist. Ein neuer Schachzug der Regierung oder hat man sich unbewusst ein Monster geschaffen? Levinson lässt diesen Moment so stehen und für das Publikum zur Interpretation. Wer wedelt am Ende mit wem? Der Hund mit dem Schwanz oder doch der Schwanz mit dem Hund? Mit Wag the Dog ist Levinson jedenfalls eine großartige Satire gelungen, vermutlich sein gelungenstes Werk.

9/10

17. Oktober 2007

Stardust


We always knew you were a whoopsie.

In Hollywood boomt das Geschäft mit Fantasyfilmen. Nicht nur wird alles verfilmt, was jemals auf eine Serviette gekritzelt wurde und Superhelden-kompatibel ist, nein, jede Märchenähnliche Geschichte mit Elfen und Tralala hat so sicher wie ein bestätigtes Budget, denn jeder Film könnte der neue Herr der Ringe oder Chroniken von Narnia sein. Selbst deutsche Literatur wie Cornelia Funkes Tintenherz wird verfilmt, und wenn die Amis was aus Deutschland verfilmen kann man sich sicher sein, dass das Genre heiß ist, verdammt heiß. Da ist es bereits Schmeichelei, dass man bereits 1998 auf Neil Gaiman zuschritt, als dessen Phantasiemär Stardust erschien. Miramax wollte sich die Rechte sichern, hatte aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn Gaiman war mit deren Vorschlägen ziemlich unzufrieden und lehnte folgerichtig ab – da muss Hollywood erstmal geschluckt haben, passiert es ja nicht alle Tage, dass jemand ihre Millionen ausschlägt. Später diskutierte Gaiman eine Verfilmung mit Terry Gilliam – der schließlich The Brothers Grimm machte – und Matthew Vaughn, den deutschen Bunte-Lesern als Claudia Schiffers Mann bekannt.

Auch Vaughn trat zunächst von dem Projekt zurück und machte stattdessen Layer Cake. Mit Gaiman befreundet kam er jedoch nach seinem Film wieder auf das Stardust-Thema zu sprechen und erklärte sich bereit den Stoff zu verfilmen und sagte dafür sogar X-Men: The Last Stand ab (sicherlich keine falsche Entscheidung). Das Projekt landete bei Paramount Pictures und wurde mit 65 Millionen Dollar veranschlagt (spielte bisher gerade seine Kosten wieder ein). Gaimans Vorlage ist im Gegensatz zum Film eher ein Märchen für Erwachsene, inklusive Gewalt und Sex, wovon Vaughn jedoch etwas Abstand nehmen wollte und daher mehr Witz und Humor beifügte. Für diese Szenen, insbesondere die romantischen, schlug ihm Gaiman Jane Goldman vor und so ist Stardust eine wilde Mischung aus Sex, Gewalt und Humor – doch dazu später mehr. Die Besetzung hatte Vaughn selbst zu großen Teilen bereits selber vorgenommen und konnte für sein Werk Stars wie Robert De Niro, Michelle Pfeiffer, Ricky Gervais, Sienna Miller, Claire Danes und weitere gewinnen – äußerst viel versprechend also.

Vor 150 Jahren lebte in einem kleinen englischen Städtchen namens Wall der Junge Dunstan Thorn. Dieser schaffte es die sagenumwobene Mauer außerhalb von Wall zu überschreiten und landete in dem Märchenreich Faerie. Dort traf er auf einem Markt die hübsche Hexensklavin Una und verbrachte eine Nacht mit ihr – um neun Monate später Unas Geschenk und seinen Sohn Tristan zu erhalten. Als dieser in Dunstans Alter ist, versucht Tristan (Charlie Cox) alles um die Liebe der hochnäsigen Victoria (Sienna Miller) zu gewinnen. Selbst einen Stern will er ihr besorgen, nur dumm, dass dieser gerade jenseits der Mauer niedergegangen ist. Doch Tristan schafft es in das Märchenreich und zu dem Stern, der sich in der Gestalt der hübschen Yvaine (Claire Danes) manifestiert. Diese trägt das königliche Amulett von Stormhold um ihren Hals, hinter welchem die königlichen Erben Septimus (Mark Strong) und Tertius (Jason Flemyng) her sind. Während Tristan mit Yvaine zurück nach Wall zu Victoria möchte, versuchen nicht nur die beiden Prinzen ihrer habhaft zu werden, sondern auch die böse Hexe Lamia (Michelle Pfeiffer), die gemeinsam mit ihren Schwestern Yvaines Herz zur ewigen Jugend essen will. Unterstützung erfahren Tristan und Yvaine in dem Luftpiraten Captain Shakespeare (Robert De Niro), welcher selber ein kleines Geheimnis mit sich herumträgt.


In Zeiten von Tolkien und Rowling, von Frodo und Harry Potter, ist es schwer das Publikum noch groß zu überraschen, der Markt gesättigt. Doch auf seine eigene Art weiß es Stardust zu gelingen, was an den Überbleibseln von Gaimans Werk liegen mag, denn Stardust ist obschon seiner mitunter kindischen Handlung eben doch an ein erwachseneres Publikum ausgerichtet. Spätestens wenn die königliche Familie von Stormhold frenetisch den Mord an ihrem Mitglied Secundus (Rupert Everett) feiert, wird einem klar, dass dies kein übliches Märchen ist. Und der Erzähler geht zweifellos nicht zimperlich mit seinen Figuren um, auch wenn einem mit Tristan und Yvaine zwei typische Kinderfiguren offeriert werden. Mit seiner naiven Art gelingt es Tristan unglaubwürdigerweise immer wieder seinen Kontrahenten einen Schritt voraus zu sein und so liebreizend eine immer noch scharfe Michelle Pfeiffer mit ihrer böswilligen Art anzusehen ist, ist ihre Figur Lamia doch eine Niete auf ganz großen Niveau. Ähnlich verhält es sich mit Septimus, denn beide agieren nicht wirklich in der Handlung, sondern mehr so nebenher, bis am Ende alle aufeinander treffen. Diese Nebenplots dienen der spaßigen Erheiterung, lassen die Handlung jedoch ein ums andere Mal stocken.

Ohne Frage ist Stardust eine erfreuliche Erscheinung, wobei sie jedoch sehr viel besser hätte sein können, wenn Matthew Vaughn nicht versucht hätte sie amüsanter zu gestalten. Denn die Sprüche zünden nicht immer (besonders Dexter Fletchers Kommentare aus dem Off nerven) und erheitern auch nicht, wirken stattdessen stümperhaft armselig und machen Stardust zu einem Film, der für Erwachsene zu kindisch und für Kinder zu erwachsen ist. Dieser Versuch zwischen Skylla und Charybdis durchzusegeln führt dazu, dass Stardust sein Potential nicht ausschöpft und vermuten lässt, dass der Mann hinter Guy Ritchie mit diesem phantastischen Stoff, dem Budget und den Erwartungen überfordert gewesen zu sein scheint. Das reißt auch ein im Tutu herumhüpfender Robert De Niro (was Travis Bickle wohl mit dem angestellt hätte!) nicht heraus, obschon er sich in seiner Rolle zu gefallen mag und damit seine Kinder ebenso beeindrucken dürfte wie es Johnny Depp mit der Figur von Jack Sparrow bei den seinen gelang. Gut möglich, dass diese erzählerische Schwächen auf die Synchronisation zurückzuführen sind, denn wenn De Niro seinen Namen Shakespeare im Film frivol als mit Speer schüttelnd erläutert, stößt einem dass dann doch sauer auf (auch wenn es sinnlich richtig ist). Stardust ist also kein Film für die Ewigkeit und keiner der Preise gewinnen wird, aber es gelingt ihm in der Menge nicht unterzugehen und kurzweilig zu unterhalten.

7/10

11. Juli 2007

Goodfellas

How the fuck am I funny, what the fuck is so funny about me?

Neben The Godfather zählt Goodfellas zu den besten Mobster-Filmen aller Zeiten. 1990 hatte es Martin Scorsese mal wieder verpasst, den Oscar für die beste Regie zu gewinnen - der ging stattdessen an Kevin Costner (Dances With Wolves). Ebenso wie 2004, wo er mit The Aviator versagte - gegen Clint Eastwood (Million Dollar Baby), 2002 mit Gangs of New York gegen Roman Polanski (The Pianist) oder 1980 mit Raging Bull gegen Robert Redford (Ordinary People). Immer verlor Scorsese gegen Schauspieler. Für Taxi Driver (1976) und Casino (1995) wurde er nicht einmal nominiert. Eine schreiende Ungerechtigkeit, das gebe ich zu. Ihm dann den Oscar für The Departed (2006) zu geben, ist auch eine schreiende Ungerechtigkeit, hat Scorsese in dem Film doch nichts anderes getan, als ein echtes Meisterwerk Szene für Szene mit teilweise denselben Einstellungen nachzudrehen.

Goodfellas erzählt die auf wahren Begebenheiten beruhende Geschichte des Gangsters Henry Hill (Ray Liotta), welcher zusammen mit Tommy DeVito (Joe Pesci) in der Mafia-Hierarchie unter Jimmy Conway (Robert De Niro) aufsteigt. Mit den Jahren wird Tommy allerdings immer unberechenbarer und Jimmy paranoider, was Henrys Familiendasein zu gefährden droht. Von einem wahren Aufstieg und Fall eines Mafiosi lässt sich hierbei nicht wirklich sprechen, inszeniert Scorsese den Fall von Hill doch innerhalb von nur einer Viertelstunde. Vielmehr geht es um die Entwicklung dieser drei goodfellas, die sich im Laufe der Jahrzehnte voneinander entfernen, sodass am Ende jeder seinen eigenen Kampf zu kämpfen hat. In dieser Hinsicht ähneln sich Goodfellas und Casino erstaunlich stark.

Die Kameraarbeit von Michael Ballhaus ist perfekt, daran gibt es nichts zu mäkeln, ebenfalls die Regie von Scorsese oder die Darstellerleistungen – auch wenn Liotta an mancher Stelle nicht mit de Niro und Pesci mithalten kann. Scorsese zeichnete mit Goodfellas ein Bild der Mafia, welches einem fast noch mehr im Gedächtnis bleibt als das von The Godfather. Den Eindruck den man von den Gangstern gewinnt, die einfach alles haben und wie Superstars behandelt werden, lässt einen in mancher Szene gar neidisch werden. Wenn man aber die Todesrate begutachtet, auch wieder nicht. Scorsese zeichnet eine eigene Welt, in der eigene Gesetze gelten (falls man überhaupt von Gesetzen sprechen kann). Begleitet wird durch diese drei Jahrzehnte dauernde Geschichte durch die Figur bzw. Ehe des Henry Hill.

Mobsterfilme sind das, worauf sich Scorsese versteht, so etwas kann er gut inszenieren. Meiner persönlichen Ansicht nach ging der Oscar 1990 damals dennoch zu Recht an Costner, dessen Film einfach runder im Vergleich zu Goodfellas ist. Dieser verliert sich besonders in der letzten halben Stunde viel zu oft auf Nebenkriegsschauplätzen und stellt eigentlich nur eine Aneinanderreihung verschiedener erwähnenswerter Mafia-Erlebnisse dar, sodass er fast hinter Casino zurücksteht. Dazu müsste ich letzteren aber nochmals sehen. Goodfellas ist also eine alltägliche Darstellung des Mafia-Lebens und hat Pate gestanden für die erfolgreiche HBO-Serie The Sopranos. Für ein wahres Meisterwerk fehlt ihm jedoch die in sich geschlossene Handlung und ein Schluss-Viertel, dass mit dem Anfang mithalten kann.

7.5/10