2. Februar 2008

Scrubs - Season Two

Here’s the inside scoop.

Im Fußball heißt es, das zweite Jahr ist immer das Schwerere. Aufsteigern verzeiht man Misserfolge zu Beginn, Überraschungsmannschaften hatte ohnehin keiner auf der Rechnung. Aber in der Saison darauf ist alles oftmals anders. Auch Serien hadern oft mit ihrer starken Debütstaffel, namentlich Prison Break oder Heroes. Die Ursache findet sich im roten Faden, der Drama-Serien durchzieht und somit zum Drahtseilakt werden kann. Sitcoms, so sollte man meinen, haben es da leichter, da sie von ihrem Figurenzusammenspiel und dem Humor leben. Insofern tritt mitunter das Gegenteil zu ihren großen Schwestern ein: Sie steigern sich im zweiten Jahr. Bill Lawrences Erfolgsserie Scrubs wiederum fällt hier etwas aus der Rolle. Zwar ist die Serie allenfalls minimal  schlechter als in ihrem Debütjahr, aber eben auch nicht besser. Wo Lawrence das Drama etwas herunterfährt, vergisst er leider, den Humor dafür hochzuschrauben.

Vielleicht spielte eine Rolle, dass Lawrence und Co. nicht damit gerechnet hatten, in ein zweites Jahr zu gehen. Zumindest wirkt die zweite Staffel in ihrer Summe sehr viel unausgegorener. Das erste und das letzte Viertel präsentiert sich durchaus stark und warten mit einigen guten Folgen auf, während die Mitte ein wirklich ganz und gar durchschnittliches Niveau durchzieht (aber dies immerhin konstant). Wo im ersten Jahr noch Panik und Ernsthaftigkeit zumindest unterschwellig an der Tagesordnung standen, sind die jungen Assistenzärzte nun Alteingesessene. Und damit dank ihrer Erfahrung unerschrockener. Selbst Momente wie in der zweiten Episode My Nightingale, in der sie auf sich allein gestellt eine Nachtschicht übernehmen, werden weitaus gelassener hingenommen als noch im Vorjahr. Bis zu einem gewissen Grad ist dies sicher auch ein reiner Reifeprozess, jedoch gelingt es Scrubs noch nicht wie in den kommenden beiden Jahren, Ernsthaftigkeit meist durch reinen Humor zu ersetzen.

Es ändert sich nicht viel am Sacred Heart. Zwar sorgt Jordans (Christa Miller) Bloßstellung zu Beginn für Missstimmung, die ist jedoch bald aus der Welt geschafft. So hadert J.D. (Zach Braff) primär mit seinem Privatleben in Form misslicher Affären mit Lisa aus dem Souvenirladen und erneut Elliot (Sarah Chalke). Die wiederum verliert die finanzielle Unterstützung ihres Vaters und sieht sich damit konfrontiert, emanzipierter zu werden (im Job wie privat). Ohnehin wird das Liebesleben nun immer größer geschrieben, auch bei den übrigen Figuren. Dr. Cox sieht sich zwar in einer Beziehung zur Pharmavertreterin Julie (Heather Locklear), wird jedoch mit der Rückkehr einer schwangeren Jordan konfrontiert. Währenddessen haben Turk (Donald Faison) und Carla (Judy Reyes) einige Probleme zu überwinden, spätestens dann, als Turk in My Philosophy um deren Hand anhält. Alles beim Alten heißt es dagegen für den Todd (Robert Maschio), Dr. Kelso (Ken Jenkins) und den Hausmeister (Neil Flynn).

Thematisch dreht sich also alles um Gemeinsamkeit statt Einsamkeit. Dass dies nicht nur die jungen Ärzte betrifft, zeigt die Folge His Story, die sich dem Innenleben von Dr. Cox (John C. McGinley) widmet. Bereits zuvor wurden einsame Tendenzen in My First Step angesprochen, etwas verstörend allerdings, dass Dr. Cox gerade in His Story zu einem Sportabend einlädt, ohne das jemand kommt. Dabei konnte er sich im Vorjahr in der Folge My Mentor noch vor eintrudelnden Freunden kaum retten. Dennoch wird klar: Die Figuren wollen nicht alleine enden. Ein Zustand, der die meisten von ihnen auch nicht betrifft, da auch J.D. und Elliot in Beziehungen rutschen (allerdings nicht zum selben Zeitpunkt). Dass es sich mit dem Rutschen in eine Beziehung aber nicht getan hat, sondern diese auch auf Kurs gehalten werden muss, wird dabei ebenso angesprochen. Sowohl bei Carla und Turk als auch bei Elliot und J.D.

Insgesamt öffnen sich also die Charaktere ein wenig, was auch daran sichtbar wird, dass Lawrence die Zeit findet, die Brüder von J.D. und Turk in das Geschehen zu verweben. Dabei könnten Dan Dorian (Tom Cavanagh) und Kevin Turk (D.L. Hughley) unterschiedlicher nicht sein. Der eine ein Slacker wie er im Buche steht, der andere finanzierte seinem kleinen Bruder das Medizinstudium. Die weiblichen Figuren um Elliot und Carla haben dagegen Probleme mit ihren Eltern. Die Beziehung von Elliot zu diesen war ohnehin vorbelastet, auch ohne dass sie ihr die finanzielle Unterstützung versagten. Und Carla sieht sich nicht nur mit dem Tod einer Tante, sondern auch ihrer Mutter konfrontiert. Die zuverlässigste und beste Familie sind sich also die vier Freunde selbst, wohingegen die „erwachsenen“ Charaktere wie Cox, Jordan und Kelso meist eher im Abseits stehen. Besonders das Privatleben von Figuren wie Kelso und Todd wird wenig beleuchtet, sodass sie reine Krankenhaus-Staffage bleiben.

Wie angedeutet ist der Ernst etwas raus (die Todesfälle in Carlas Familie zählen nur bedingt). Somit entsteht ein leichtes Ungleichgewicht, da die Humorschraube nicht stärker angezogen wird. Keine Folge will sich so richtig von den anderen absetzen, am ehesten qualifizieren sich hier My Kingdom und My Interpretation. Die mittleren Episoden versinken in Durchschnittlichkeit und ziehen die guten Folgen zu Beginn und zum Schluss in der Gesamtnote runter. Auffällig ist daher auch, dass sich die Filmreferenzen und Fantasiesequenzen dieses Jahr in Grenzen halten. Zwar gibt es speziell in der ersten Hälfte Anspielungen auf The Goonies, Raiders of the Lost Ark und Planet of the Apes, diese machen sich jedoch anschließend (es folgt später noch eine Referenz zu Midnight Cowboy) ziemlich rar. Ähnlich die Fantasiesequenzen, die spektakulär unspektakulär sind (J.D. und Turks Pimp-Entry ist noch einer der prominenteren Fälle).

Lustige Momente gibt es allerdings weiterhin, auch wenn sie seltener auftreten. Beispielsweise wenn Dr. Cox sich in einer Fantasiesequenz einnässt oder J.D. versucht, David Copperfield mit einem Zaubertrick zu beeindrucken. Auch die Deutsch sprechende Elliot oder J.D., der sich hinreißen lässt, Turk als seinen „Bruder“ zu bezeichnen, fallen amüsant aus. Die Gastdarsteller, von Heather Locklear über Dick van Dyke bis hin zu Jay Mohr und Amy Smart fügen sich wie ihre Vorgänger nahtlos in das Ensemble ein. Da überrascht es nicht, dass auch musikalisch wieder aufgetrumpft wird, mit Songs wie „Dreaming of You“ von The Corals oder „Tell Her This“ von Del Amitri. Insgesamt steigert sich also Scrubs zwar nicht in seiner zweiten Staffel, aber immerhin hält die Sitcom ihr Niveau. Weshalb J.D. wohl an dieser Stelle zu Recht sagen könnte: In your face!

7.5/10

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