Keep your friends close. But your enemies closer.
Eine alte Hollywoodregel besagt, dass Fortsetzungen zwei Drittel des Originalfilmes einspielen (vgl. Weyandt, S. 89). Bedenkt man, dass Regisseur Francis Ford Coppola für seine Adaption von Mario Puzos The Godfather etliche Aspekte der Handlung ausgelassen hatte, verwundert die Entscheidung von Paramount Pictures nicht, die übriggebliebenen Teile des Werkes weiter zu verwerten. Neben etlichen Merchandise-Artikeln war The Godfather zugleich der erfolgreichste Film der frühen siebziger Jahre. Der Wunsch diese Kuh weiter zu melken ergibt sich somit von selbst und jenes Geschäftselement schlägt sich bis in unsere heutige Zeit. Doch bei Regisseur Coppola stieß das Studio auf taube Ohren. „Initially, the idea of a sequel seemed horrible to me“, gestand der Oscarpreisträger (vgl. Johnson, S. 147). Die Mutmaßungen, weshalb sich der Italo-Amerikaner anders entschied, sind vielfältig. Seinen eigenen Äußerungen zufolge erhielt er in San Fransisco Besuch von einigen russischen Filmproduzenten, die nachfragte, wann denn The Godfather: Part II erscheinen würde. „It seemed such a terrible idea that I began to be intrigued by the thought of pulling it off“, erläuterte der Regisseur seinen Gedankengang (vgl. Johnson, S. 147). Zwar behauptete Coppola, er müsse aus finanziellen Gründen keinen Film mehr drehen, doch seine anderen, kleineren Projekte verlangten auch nach ihrer Finanzierung. Also sagte er zu und stellte zugleich Forderungen. Die Position hierzu hatte er sich durch den Erfolg des Vorgängerfilmes erarbeitet. Der Titel des Filmes sollte den Zusatz „Part II“ tragen und nach einigen Widerstrebungen von Seiten Paramounts markiert The Godfather: Part II schließlich die erste Fortsetzung in der Geschichte Hollywoods, die nach dem Muster der (römischen) Ziffer funktioniert. Eine weitere Forderung beinhaltete, dass der Großteil der ursprünglichen Besetzung wieder an Bord geholt werden würde. Ein Unterfangen, was sich zum Teil als schwierig erweisen sollte.
Zwei Figuren wird man vermissen. Beide Male aus finanziellen Gründen. Nachdem Paramount während der ersten Dreharbeiten stets gegen die Besetzung von Marlon Brando war, wollte man diesem nicht die Vergütung zukommen lassen, die er für einen erneuten Auftritt verlangt hatte. Ähnlich verhielt es sich bei Richard S. Castellano, der zudem die Forderung stellte, dass ein Freund von ihm seine Dialoge schreiben dürfe. Auf beide verzichtete Coppola und machte sich mit Puzo an das Abfassen des Drehbuches. Nach drei Monaten war man bereits fertig und die Eckdaten von Paramount gesetzt. Zuvor musste jedoch Francis Ford Coppola noch umgestimmt werden, die Regie zu übernehmen. Denn eigentlich wollte dieser sich auf die Produktion beschränken, die Arbeit hinter der Kamera sollte der aufstrebende Regisseur Martin Scorsese leiten. Paramount widersetzte sich. Scorsese – dessen Mutter in einer Gastrolle zu sehen ist – würde Jahre später mit Goodfellas und Casino seine eigenen Mafiafilme drehen. Die Positionen für die Produktion wurden besetzt, die Termine festgelegt. Im März 1974 sollte die Fortsetzung in den Kinos starten, an jenem Tag, an dem zuvor schon der erste Teil erfolgreich gestartet war. Aber es kam alles anders. „Within three weeks the shoot was running badly over budget and seriously behind schedule“, schildern Goodman und Wise (vgl. Goodman/Wise, S. 166). Coppola sah Außendrehs in Lake Tahoe, Las Vegas, New York, Miami, Sizilien und in der Karibik vor. Besonders die Karibik würde seinen Planungen hier ein Bein stellen. Zum einen wollte das Wetter nicht mitspielen, die Sonne nicht scheinen, und zum anderen machte Al Pacinos Gesundheit diesem einen Strich durch die Rechnung. Die Darstellung des Michael Corleone verlangte Pacino einiges ab, sodass er überfordert zusammenbrach. Obschon für März ´74 die Premiere geplant war, liefen im Januar noch die Kameras.
Eine alte Hollywoodregel besagt, dass Fortsetzungen zwei Drittel des Originalfilmes einspielen (vgl. Weyandt, S. 89). Bedenkt man, dass Regisseur Francis Ford Coppola für seine Adaption von Mario Puzos The Godfather etliche Aspekte der Handlung ausgelassen hatte, verwundert die Entscheidung von Paramount Pictures nicht, die übriggebliebenen Teile des Werkes weiter zu verwerten. Neben etlichen Merchandise-Artikeln war The Godfather zugleich der erfolgreichste Film der frühen siebziger Jahre. Der Wunsch diese Kuh weiter zu melken ergibt sich somit von selbst und jenes Geschäftselement schlägt sich bis in unsere heutige Zeit. Doch bei Regisseur Coppola stieß das Studio auf taube Ohren. „Initially, the idea of a sequel seemed horrible to me“, gestand der Oscarpreisträger (vgl. Johnson, S. 147). Die Mutmaßungen, weshalb sich der Italo-Amerikaner anders entschied, sind vielfältig. Seinen eigenen Äußerungen zufolge erhielt er in San Fransisco Besuch von einigen russischen Filmproduzenten, die nachfragte, wann denn The Godfather: Part II erscheinen würde. „It seemed such a terrible idea that I began to be intrigued by the thought of pulling it off“, erläuterte der Regisseur seinen Gedankengang (vgl. Johnson, S. 147). Zwar behauptete Coppola, er müsse aus finanziellen Gründen keinen Film mehr drehen, doch seine anderen, kleineren Projekte verlangten auch nach ihrer Finanzierung. Also sagte er zu und stellte zugleich Forderungen. Die Position hierzu hatte er sich durch den Erfolg des Vorgängerfilmes erarbeitet. Der Titel des Filmes sollte den Zusatz „Part II“ tragen und nach einigen Widerstrebungen von Seiten Paramounts markiert The Godfather: Part II schließlich die erste Fortsetzung in der Geschichte Hollywoods, die nach dem Muster der (römischen) Ziffer funktioniert. Eine weitere Forderung beinhaltete, dass der Großteil der ursprünglichen Besetzung wieder an Bord geholt werden würde. Ein Unterfangen, was sich zum Teil als schwierig erweisen sollte.
Zwei Figuren wird man vermissen. Beide Male aus finanziellen Gründen. Nachdem Paramount während der ersten Dreharbeiten stets gegen die Besetzung von Marlon Brando war, wollte man diesem nicht die Vergütung zukommen lassen, die er für einen erneuten Auftritt verlangt hatte. Ähnlich verhielt es sich bei Richard S. Castellano, der zudem die Forderung stellte, dass ein Freund von ihm seine Dialoge schreiben dürfe. Auf beide verzichtete Coppola und machte sich mit Puzo an das Abfassen des Drehbuches. Nach drei Monaten war man bereits fertig und die Eckdaten von Paramount gesetzt. Zuvor musste jedoch Francis Ford Coppola noch umgestimmt werden, die Regie zu übernehmen. Denn eigentlich wollte dieser sich auf die Produktion beschränken, die Arbeit hinter der Kamera sollte der aufstrebende Regisseur Martin Scorsese leiten. Paramount widersetzte sich. Scorsese – dessen Mutter in einer Gastrolle zu sehen ist – würde Jahre später mit Goodfellas und Casino seine eigenen Mafiafilme drehen. Die Positionen für die Produktion wurden besetzt, die Termine festgelegt. Im März 1974 sollte die Fortsetzung in den Kinos starten, an jenem Tag, an dem zuvor schon der erste Teil erfolgreich gestartet war. Aber es kam alles anders. „Within three weeks the shoot was running badly over budget and seriously behind schedule“, schildern Goodman und Wise (vgl. Goodman/Wise, S. 166). Coppola sah Außendrehs in Lake Tahoe, Las Vegas, New York, Miami, Sizilien und in der Karibik vor. Besonders die Karibik würde seinen Planungen hier ein Bein stellen. Zum einen wollte das Wetter nicht mitspielen, die Sonne nicht scheinen, und zum anderen machte Al Pacinos Gesundheit diesem einen Strich durch die Rechnung. Die Darstellung des Michael Corleone verlangte Pacino einiges ab, sodass er überfordert zusammenbrach. Obschon für März ´74 die Premiere geplant war, liefen im Januar noch die Kameras.
Money isn’t everything.
Der Film war folglich zwei Monate überfällig. Was drei Jahre zuvor für Coppolas Rauswurf gesorgt hätte, verkam nun zu einer Kleinigkeit. Zwar wurden einige Stimmen bei Paramound laut, doch verstummten diese, als American Graffiti den Golden Globe als Bester Film und zudem fünf Oscarnominierungen erhalten hatte. Man ließ Coppola gewähren und nach neun Monaten Drehzeit schloss dieser den Film letztlich ab. Die Arbeit endete jedoch noch lange nicht. Unzählige Minuten musste Coppola aus dem Film schneiden, speziell Szenen in Little Italy, an denen das Herz des Italo-Amerikaners hing. Der Kinostart wurde auf Dezember festgelegt, im Oktober wurde zu einem neuen Höchstpreis der erste Teil im Fernsehen ausgestrahlt. Das Land sollte erneut in ein Godfather-Fieber fallen. Zur selben Zeit besaß der zweite Teil noch eine Lauflänge von fünf Stunden, als Coppola seinem Geschäftspartner und Freund George Lucas schließlich den Film präsentierte, fiel die erste Kritik. „You have two movies. Throw one away. It doesn’t work“, so Lucas (vgl. Goodman/Wise, S. 181). Letztlich stutzte Coppola sein Werk noch auf eine Laufzeit von 200 Minuten herunter, das von Lucas angesprochene Problem ließ sich dadurch jedoch nicht vollends beseitigen. Als der Film zu Weihnachten anlief, konnte er die Erwartungen der Produzenten nicht wirklich erfüllen. Die Faustregel Hollywoods versagte, der Film spielt nur ein Drittel des ersten Teiles (etwa 100 Millionen Dollar) ein. Zwar immer noch das Fünffache seiner Kosten, aber nicht die Summe, die man sich erhofft hatte. Als Ursachen ließen sich das unstimmige Ende und der unsympathische Held der Geschichte ausmachen. Während das Publikum an den Kinokassen etwas bieder reagierte, feierte der Großteil der Presse den Regisseur. Im Frühjahr erhielt The Godfather: Part II elf Oscarnominierungen und wurde mit sechs Auszeichnungen bedacht. Darunter in den Kategorien „Bester Film“, „Beste Regie“ und „Bestes Drehbuch“ – alle drei Preise gingen somit auch an Coppola selbst. Inzwischen hatte er fünf Trophäen gewonnen. Die Medien „treated Coppola like a prince of filmdom“ (vgl. Goodman/Wise, S. 183). Er war in der Tat „on top of the world“ (ebd.) und mit dem Jahr 1974 sollte die Karriere von Francis Ford Coppola ihren Höhepunkt erreichen.
Eigentlich lässt sich The Godfather: Part II schön in einem Satz zusammenfassen: der Film ist eine „Orestie, das Echo des Bösen aus der Vergangenheit hallt in die Zukunft nach“ (vgl. Weyand, S. 91). Während Coppola und Puzo einerseits die Geschichte des Aufstieges von Vito Andolini aus dem sizilianischen Dorf Corleone erzählen, folgen sie damit jenen Aspekten des Romans, die keinen Einzug in The Godfather gefunden hatten. Andererseits spinnt Coppola die Geschichte jedoch weiter und erzählt parallel dazu den vermeintlichen Niedergang des Michael Corleone. Somit ist der Film schließlich Sequel und Prequel zugleich. „I want to show how two men, father and son, were … corrupted by this Sicilian waltz of vengeance“, erklärte Coppola (vgl. Johnson, S. 155). Nach einer Einstiegseinblendung von Michael Corleone (Al Pacino) beginnt auch gleich die eigentliche Geschichte. Anfang des 20 Jahrhunderts findet in Sizilien eine Beerdigung statt. Einer der Dörfler hatte sich gegen die Mafia und ihren Don Francesco „Ciccio“ (Giuseppe Sillato) aufgelehnt und dies mit seinem Leben bezahlt. Um der Rache der Söhne zuvor zu kommen, will Ciccio diese ebenfalls liquidieren. Als der Ältere der beiden erschossen aufgefunden wird, bittet die Mutter (Maria Carta) bei Don Francesco um das Leben ihres verbliebenen Sohnes Vito (Oreste Baldini). Doch Ciccio lehnt ab und es ist dem wagemutigen und zugleich dummen Verhalten seiner Mutter geschuldet, dass Vito mit dem Leben davon kommt. Früh präsentiert Coppola hier eine atmosphärisch dichte Sequenz, die sinnbildlich für einige andere, kommende Szenen stehen kann. Das Verhalten der Figuren ist unglaubwürdig, die Szene selbst kaum authentisch. Inmitten von Ciuccis Männern zückt Mutter Andolini ein Messer und ermuntert Vito die Flucht zu ergreifen. Ein wenig nachvollziehbares Verhalten, das nur dadurch gesteigert wird, dass es dem Jungen anschließend tatsächlich gelingt, die erwachsenen und bewaffneten Leibwächter hinter sich zu lassen.
This must all end.
Die Dorfbewohner von Corleone nehmen Vitos an, schmuggeln diesen zum Hafen. Warum jene Bewohner ihr eigenes Wohl aufs Spiel setzen, um das Leben dieses Jungen zu retten und wie sie überhaupt die Schifffahrt nach New York bezahlen konnten, wird nicht erläutert. Vito landet letztlich in der neuen Welt, wird jedoch auf Ellis Island erst einmal gezwungen in Quarantäne zu gehen. „This sequence must have been close to the filmmaker’s heart, remembering his own childhood bond with disease and the long months of isolation“ (vgl. Goodman/Wise, S. 182). Eine Analogie zwischen Vito Andolini, nunmehr Corleone genannt, und Francis Ford Coppola drängt sich auf, war der Regisseur als Kind doch selbst Monate lang an sein Bett gefesselt. Hatte Coppola beim ersten Teil noch den Ausspruch geprägt, es sei ein Film über eine Familie von einer Familie, so verkommt The Godfather: Part II zu einem Film von einem Mann über seine Familie. Vitos Isolation macht hier nur den Anfang. „The demons of my own life weren’t serving me well“, erzählt Coppola retrospektiv in seinem Audiokommentar. Zwar verlief die Produktion beim zweiten Teil der Reihe gut, dafür ging es dem Privatleben des Regisseurs immer schlechter. Parallel zur gescheiterten Ehe von Michael und Kay (Diane Keaton) kriselte es auch in der Beziehung zwischen Coppola und seiner Frau Eleanor. Auch die Beziehungen zu seinem älteren Bruder August und seinem Vater Carmine (s. The Godfather) erhielten Einzug in die Handlung. In der Fortsetzung werden nicht nur die Eheprobleme innerhalb der Familie Corleone thematisiert, sondern auch die brüderliche Rivalität und das Gefühl eines Sohnes, seinem Vater gegenüber minderwertig zu sein. „It’s easy to imagine that Coppola might have been facing similar conflicts“ (vgl. Goodwin/Wise, S. 163). Am Ende des Filmes ist Michael Corleone auf dem Höhepunkt seiner Karriere und doch allein von der Frau, die er einst liebte. Während Außenstehende Coppola zu Füßen lagen, litt seine eigene Frau und somit seine Ehe unter seinem Erfolg.
Was Coppola am ersten Teil gestört hatte, war die Tatsache, dass die Zuschauer Michael nicht wirklich verurteilen konnten. Das ging einher mit dem Vorurteil, The Godfather sei ein Euphemismus der amerikanischen Mafia. Was Michael tat, geschah aus dem Interesse der Familie heraus. Diesem positiven Bild von Michael wollte Coppola nun entgegenwirken. Gelungen ist ihm dies nicht wirklich, dafür sorgen die etablierten Antagonisten. Der hinterhältige Hyman Roth (Lee Strasberg) reicht Michael bei der Kommunionsfeier seines Sohnes die rechte Hand, während er ihm mit der linken praktisch ins Gesicht schlägt. Ein Anschlag auf Leib und Leben wird folgen und das in seinem eigenen Schlafzimmer, in Anwesenheit seiner Frau. Nevadas Senator Geary (G.D. Spradlin) hingegen beleidigt bei seinem ersten Treffen mit Michael nicht nur diesen selbst, sondern die gesamte italo-amerikanische Gemeinde. „It is just too much.“, fasst Johnson (vgl. Johnson, S. 153) zusammen. In der ersten Hälfte des Filmes hat sich somit nicht wirklich etwas an Michaels Darstellung geändert. Die Wende geschieht erst auf Kuba. Hier entdeckt Michael den Verrat seines Bruders Fredo (John Cazale) – von Coppola eingebettet in die sozialistische Revolution Fidel Castros. Für sich genommen markiert die Kuba-Sequenz jedoch den negativen Schwachpunkt des Filmes. Nicht nur ist sie langatmig und redundant, sondern sie hat noch nicht einmal etwas zu erzählen. Auch hier setzen sich die inhaltlichen Mängel fort. Aus unerfindlichen Gründen marschiert das Militär in das Krankenzimmer von Hyman Roth. Gerade dann, als sich Michaels Attentäter an diesem vergeht. Genauso verwundert Fredos plötzliche Flucht in die nächtlichen Wirren Habanas während des Regierungssturzes. Ähnlich unplausibel wird später Vitos (Robert De Niro) Rache an Ciucci gezeigt, wenn er im Sommer mit Mantel diesen ersticht und anschließend problemlos vom Anwesen fliehen kann. Johnson hat durchaus Recht, wenn er sagt, dass „every sequence, even the weakest, rewards the viewer for his attentiveness“ (vgl. Johnson, S. 154), doch die narrative Schwäche bleibt.
I know it was you, Fredo. You broke my heart.
Die Stärken von The Godfather: Part II finden sich ohnehin in den Vito-Szenen, im Herzen von New York City. Obschon Vito Sizilien und somit der Mafia vermeintlich entflohen ist, begegnet er ihr erneut in einem Theaterstück. Der rücksichtlose Don Fanucci (Gastone Moschin) herrscht über die Straßen von Little Italy und sorgt kurz darauf, wenn auch nicht absichtlich, dafür dass Vito seinen Job verliert. Coppola skizziert hier die Flucht vor der Kriminalität, die kein Ende finden will. Zwar wartet Daheim eine liebende und verständnisvolle Frau auf ihn, doch damit ist es um das Wohl der Familie nicht bestellt. Eine gute Tat gegenüber dem Nachbarn Clemenza (Bruno Kirby) wird schließlich zum Wendepunkt der Geschichte. Als Dankeschön will Clemenza Vito einen Teppich schenken. Zuvor muss dieser jedoch erst einmal gestohlen werden – eine Aktion, die fast in einem Polizistenmord endet. Mit der Akzeptanz des Teppichs öffnet Vito letztlich der Gewalt und der Kriminalität symbolisch die Tür zu seinem Leben. Er hat es auf ehrliche Art und Weise versucht, doch man – oder manifestiert: die Mafia – wollte ihm den Erfolg nicht gönnen. Zur Verbesserung seiner Lebenssituation dient nunmehr Diebstahl. Als Fanucci (s)ein Stück vom Kuchen abhaben möchte, zieht Vito die Konsequenz und entledigt sich des Problems auf profane Art und Weise. Als das Publikum Vito das nächste Mal begegnet, verkörpert er die beste Definition eines Paten. Eine arme Frau soll aus ihrer Wohnung vertrieben werden. Sie wendet sich an Vito, der inzwischen die angesehenste Person im Viertel ist. Als sein Ruf auch den Vermieter ereilt, wird der Konflikt schnell beseitigt. Ihr Ende findet die Geschichte um Vito in dem Mord an Ciucci und somit der Beseitigung alles Bösen aus dem Leben dieses Mannes. Verkörpert wird Vito hierbei von dem damals unbekannten Robert De Niro, der den Part zufriedenstellen spielt, jedoch nicht die Präsenz eines Marlon Brando zu erzeugen vermag. Trotz alledem wurde er von der Academy mit einem Oscar ausgezeichnet und markierte damit ein Novum. Zum ersten Mal erhielten zwei Schauspieler einen Oscar dafür, dass sie dieselbe Rolle spielten und eine identische Figur verkörperten.
Während die Szenen mit Vito in hellen, nostalgischen Sepiatönen gefasst sind, wirken die Einstellungen um Michael kalt und steril. Coppola und Kameramann Gordon Willis zelebrieren hier bildhaft die Abgrenzung dieser beiden Männer. In Parallelmontagen führt der Regisseur die Unterschiede zwischen Vater und Sohn hervor. Während „Vitos Taten (…) den Gestus des Selbstschutz [haben], [werden] Michaels Handlungen hingegen (…) ausschließlich von geschäftlichen Interessen bestimmt“ (vgl. Weyand, S. 95). Vito ermordet Fanucci und Ciucci, um zum einen seine Position und damit die Ernährung seiner Familie sicher zu stellen und zum anderen um Rache für den Mord an seiner Familie zu nehmen. Ehrenhafte Taten, ähnlich denen, wie sie Michael selbst in The Godfather verübt hat. Michael hingegen eliminiert seine Gegner, um seine geschäftliche Position zu verbessern. Hierzu ist er ständig unterwegs, Nevada, Florida, Kuba. Fernab von seiner Familie fühlt sich diese eingesperrt in einen goldenen Käfig. Vito hingegen verbringt die meiste Zeit in New York, selbst als er das Land verlässt, nimmt er seine Familie mit sich mit. „Michael [erscheint] negativ, Vito aber äußerst positiv. Coppola inszeniert ihn wie einen modernen Heiligen“ (vgl. Weyand, S. 94). Durch das Gegenüberstellen der beiden Corleones übt Coppola zugleich Kritik an der zweiten Generation von Immigranten. Diese zeichnet sich meist dadurch aus, dass sie versucht sich so stark anzupassen, dass die traditionellen Werte verloren gehen. Erst die dritte Generation kehrt letztlich zu den alten Werten zurück. Es versteht sich von selbst, dass Coppola zu jener dritten Generation zu zählen ist. Michael hingegen verkörpert den „modernen Kapitalismus amerikanischer Prägung, in dem ausschließlich der Gewinn zählt“ (vgl. Weyand, S. 96). Es wird sein Sohn Anthony sein, der im dritten Teil der Trilogie dem familiären Geschäft den Rücken zuwendet und stattdessen eine Gesangskarriere in Sizilien anstrebt. Die Botschaft von Coppola ist klar: Michael verliert sich, „weil er die Traditionen missachtet, die alten Werte ignoriert“ (vgl. Weyand, S. 97).
This is the business we chose.
„In a funny way, the story to take it further, repeats itself“, gab Coppola in seinem Audiokommentar unumwunden zu, dass seine Fortsetzung sich letztlich derselben Stilmittel bedient, wie bereits der Vorgänger (und auch der Nachfolger). Und in der Tat handelt es sich bei The Godfather: Part II um keine sonderliche Weiterentwicklung der Geschichte des Vorgängers. Coppola verfügt hier über zwei Filme, das Prequel und das Sequel. Weitaus besser wäre er gefahren, wenn er sich auf die Vorgeschichte von Vito konzentriert hätte, denn alle Szenen um Michael rufen nur in Erinnerung, was man aus dem ersten Teil bereits kennt. Eröffnet wird die Geschichte mit einer religiösen Zeremonie, gefolgt von der familiären Feier. Nach einer halben Stunde schließlich erfolgt der Anschlag auf den Paten, nachdem man seine Gegenspieler zuvor in der persönlichen Audienz vorgestellt bekam. Fredo ist der tollpatschige Bruder innerhalb der Familie, das merkte man bereits beim Anschlag auf Vito im Vorgänger. Dass Tom Hagen (Robert Duvall) nicht mehr der consigliere der Corleones ist, abgesetzt und des Vertrauens entzogen, etablierte Coppola gegen Ende von The Godfather. Hier findet sich auch bereits die Entfremdung zwischen Michael und Kay, äußerst harmonisch abgeschlossen in der Abgrenzung der Ehefrau durch das Verschließen der Tür. Auch im Sequel wird ihr erneut die Tür verschlossen, die Botschaft ist jedoch identisch mit der des ersten Teiles. Was will Coppola mit seiner Fortsetzung vermitteln? Michael macht das falsch, was sein Vater richtig gemacht hat. Er korrumpiert die Wertvorstellungen von Vito und verurteilt somit die Familie zum Scheitern, besiegelt seine eigene Isolation. Doch dies ist nichts Neues, ruft man sich in Erinnerung, dass Michael extra bis nach Vitos Begräbnis gewartet hat, um den vier New Yorkern Familien den Kampf anzusagen und somit die Wünsche des Vaters – der zuvor über Sonnys Ermordung aus genau diesen Gründen hinweg gesehen hatte- zu missachten. Wenn Michael seiner Frau in die Augen schaut und sie bezüglich des Mordes an einem Familienmitglied anlügt, nur um dann die Tür vor ihr und somit ihrer Liebe zu verschließen, isoliert ihn das bereits zu jenem Zeitpunkt. Somit ist The Godfather: Part II zu großen Teilen tatsächlich nichts anderes als das Echo des ersten Filmes.
Die Parallelmontage mutet zwar durchaus als nette Idee an, wird jedoch durch die Redundanz der Michael-Episode getrübt. Während der Film technisch gesehen durchaus meisterhaft inszeniert ist – die Musik von Nino Rota und Carmine Coppola wurde verdientermaßen mit dem Oscar ausgezeichnet -, hapert es in der Fortsetzung zum Meisterwerk The Godfather speziell inhaltlich. Dies mag an den zahlreichen entfernten Szenen liegen oder auch lediglich daran, dass einfach versucht wurde zuviel in zu wenig Zeit zu erzählen. „(…) there’s a hopelessly disorganized plot with narrative leaps and loose ends galore“, befindet auch Tookey (vgl. Tookey, S. 306). Da passt dann auch das etwas gezwungene Ende hinein. Nachdem Michael seinen Bruder ermorden lässt, schwelgt er in einer Rückblende. Beim Geburtstag von Vito erklärt Michael seine Bestrebung, in den Zweiten Weltkrieg einzutreten und sein Jurastudium zu unterbrechen. Die Stimmung kocht hoch, schließlich handelt der Jüngste nicht im besten Interesse für die Familie. Konträr dazu platziert Coppola die Schlusseinstellung des Filmes. „Now, ironically, he [Michael, d. Red.] is alone not because he chose to act outside the interest of the family, but because he has relentlessly acted in the best interest of the family” (vgl. Johnson, S. 162). Die Schauspieler agieren überzeugend, wirklich hervorstechen vermag jedoch nur John Cazale. Recht eindimensional erscheint Michael V. Gazzos Interpretation von Frankie Pentangeli, Duvall und Keaton sind aufgrund der fehlenden Präsenz ihrer Figuren unterfordert. De Niro spielt wie gesagt überzeugend, jedoch ohne das Charisma eines Marlon Brando evozieren zu können. Al Pacino hingegen ruft lediglich in der Szene, als Kay die Abtreibung gesteht, wirklich sei Potential ab. Im Nachhinein „scheitert“ die Fortsetzung wohl daran, dass Coppola sich zu sehr auf die Ideale des ersten Teiles zu stützen versuchte. So ist The Godfather: Part II zwar ein vielfältigerer Film geworden, jedoch nicht so umwerfend wie sein Vorgänger.
8.5/10 – in anderer Form erschienen bei Wicked-Vision
Quellen und Literatur:
• Audiokommentar von Francis Ford Coppola, The Godfather: Part II –The Coppola Restoration, Paramount Pictures 2008.
• Goodwin, Michael/Wise, Naomi: On the Edge. The Life and Times of Francis Coppola, New York 1989.
• Johnson, Robert K.: Francis Ford Coppola, Boston 1977.
• Tookey, Christopher: The Critic’s Film Guide, London 1994.
• Weyand, Gabriele: Der Visionär. Francis Ford Coppola und seine Filme, St. Augustin 2000.
Der Film war folglich zwei Monate überfällig. Was drei Jahre zuvor für Coppolas Rauswurf gesorgt hätte, verkam nun zu einer Kleinigkeit. Zwar wurden einige Stimmen bei Paramound laut, doch verstummten diese, als American Graffiti den Golden Globe als Bester Film und zudem fünf Oscarnominierungen erhalten hatte. Man ließ Coppola gewähren und nach neun Monaten Drehzeit schloss dieser den Film letztlich ab. Die Arbeit endete jedoch noch lange nicht. Unzählige Minuten musste Coppola aus dem Film schneiden, speziell Szenen in Little Italy, an denen das Herz des Italo-Amerikaners hing. Der Kinostart wurde auf Dezember festgelegt, im Oktober wurde zu einem neuen Höchstpreis der erste Teil im Fernsehen ausgestrahlt. Das Land sollte erneut in ein Godfather-Fieber fallen. Zur selben Zeit besaß der zweite Teil noch eine Lauflänge von fünf Stunden, als Coppola seinem Geschäftspartner und Freund George Lucas schließlich den Film präsentierte, fiel die erste Kritik. „You have two movies. Throw one away. It doesn’t work“, so Lucas (vgl. Goodman/Wise, S. 181). Letztlich stutzte Coppola sein Werk noch auf eine Laufzeit von 200 Minuten herunter, das von Lucas angesprochene Problem ließ sich dadurch jedoch nicht vollends beseitigen. Als der Film zu Weihnachten anlief, konnte er die Erwartungen der Produzenten nicht wirklich erfüllen. Die Faustregel Hollywoods versagte, der Film spielt nur ein Drittel des ersten Teiles (etwa 100 Millionen Dollar) ein. Zwar immer noch das Fünffache seiner Kosten, aber nicht die Summe, die man sich erhofft hatte. Als Ursachen ließen sich das unstimmige Ende und der unsympathische Held der Geschichte ausmachen. Während das Publikum an den Kinokassen etwas bieder reagierte, feierte der Großteil der Presse den Regisseur. Im Frühjahr erhielt The Godfather: Part II elf Oscarnominierungen und wurde mit sechs Auszeichnungen bedacht. Darunter in den Kategorien „Bester Film“, „Beste Regie“ und „Bestes Drehbuch“ – alle drei Preise gingen somit auch an Coppola selbst. Inzwischen hatte er fünf Trophäen gewonnen. Die Medien „treated Coppola like a prince of filmdom“ (vgl. Goodman/Wise, S. 183). Er war in der Tat „on top of the world“ (ebd.) und mit dem Jahr 1974 sollte die Karriere von Francis Ford Coppola ihren Höhepunkt erreichen.
Eigentlich lässt sich The Godfather: Part II schön in einem Satz zusammenfassen: der Film ist eine „Orestie, das Echo des Bösen aus der Vergangenheit hallt in die Zukunft nach“ (vgl. Weyand, S. 91). Während Coppola und Puzo einerseits die Geschichte des Aufstieges von Vito Andolini aus dem sizilianischen Dorf Corleone erzählen, folgen sie damit jenen Aspekten des Romans, die keinen Einzug in The Godfather gefunden hatten. Andererseits spinnt Coppola die Geschichte jedoch weiter und erzählt parallel dazu den vermeintlichen Niedergang des Michael Corleone. Somit ist der Film schließlich Sequel und Prequel zugleich. „I want to show how two men, father and son, were … corrupted by this Sicilian waltz of vengeance“, erklärte Coppola (vgl. Johnson, S. 155). Nach einer Einstiegseinblendung von Michael Corleone (Al Pacino) beginnt auch gleich die eigentliche Geschichte. Anfang des 20 Jahrhunderts findet in Sizilien eine Beerdigung statt. Einer der Dörfler hatte sich gegen die Mafia und ihren Don Francesco „Ciccio“ (Giuseppe Sillato) aufgelehnt und dies mit seinem Leben bezahlt. Um der Rache der Söhne zuvor zu kommen, will Ciccio diese ebenfalls liquidieren. Als der Ältere der beiden erschossen aufgefunden wird, bittet die Mutter (Maria Carta) bei Don Francesco um das Leben ihres verbliebenen Sohnes Vito (Oreste Baldini). Doch Ciccio lehnt ab und es ist dem wagemutigen und zugleich dummen Verhalten seiner Mutter geschuldet, dass Vito mit dem Leben davon kommt. Früh präsentiert Coppola hier eine atmosphärisch dichte Sequenz, die sinnbildlich für einige andere, kommende Szenen stehen kann. Das Verhalten der Figuren ist unglaubwürdig, die Szene selbst kaum authentisch. Inmitten von Ciuccis Männern zückt Mutter Andolini ein Messer und ermuntert Vito die Flucht zu ergreifen. Ein wenig nachvollziehbares Verhalten, das nur dadurch gesteigert wird, dass es dem Jungen anschließend tatsächlich gelingt, die erwachsenen und bewaffneten Leibwächter hinter sich zu lassen.
This must all end.
Die Dorfbewohner von Corleone nehmen Vitos an, schmuggeln diesen zum Hafen. Warum jene Bewohner ihr eigenes Wohl aufs Spiel setzen, um das Leben dieses Jungen zu retten und wie sie überhaupt die Schifffahrt nach New York bezahlen konnten, wird nicht erläutert. Vito landet letztlich in der neuen Welt, wird jedoch auf Ellis Island erst einmal gezwungen in Quarantäne zu gehen. „This sequence must have been close to the filmmaker’s heart, remembering his own childhood bond with disease and the long months of isolation“ (vgl. Goodman/Wise, S. 182). Eine Analogie zwischen Vito Andolini, nunmehr Corleone genannt, und Francis Ford Coppola drängt sich auf, war der Regisseur als Kind doch selbst Monate lang an sein Bett gefesselt. Hatte Coppola beim ersten Teil noch den Ausspruch geprägt, es sei ein Film über eine Familie von einer Familie, so verkommt The Godfather: Part II zu einem Film von einem Mann über seine Familie. Vitos Isolation macht hier nur den Anfang. „The demons of my own life weren’t serving me well“, erzählt Coppola retrospektiv in seinem Audiokommentar. Zwar verlief die Produktion beim zweiten Teil der Reihe gut, dafür ging es dem Privatleben des Regisseurs immer schlechter. Parallel zur gescheiterten Ehe von Michael und Kay (Diane Keaton) kriselte es auch in der Beziehung zwischen Coppola und seiner Frau Eleanor. Auch die Beziehungen zu seinem älteren Bruder August und seinem Vater Carmine (s. The Godfather) erhielten Einzug in die Handlung. In der Fortsetzung werden nicht nur die Eheprobleme innerhalb der Familie Corleone thematisiert, sondern auch die brüderliche Rivalität und das Gefühl eines Sohnes, seinem Vater gegenüber minderwertig zu sein. „It’s easy to imagine that Coppola might have been facing similar conflicts“ (vgl. Goodwin/Wise, S. 163). Am Ende des Filmes ist Michael Corleone auf dem Höhepunkt seiner Karriere und doch allein von der Frau, die er einst liebte. Während Außenstehende Coppola zu Füßen lagen, litt seine eigene Frau und somit seine Ehe unter seinem Erfolg.
Was Coppola am ersten Teil gestört hatte, war die Tatsache, dass die Zuschauer Michael nicht wirklich verurteilen konnten. Das ging einher mit dem Vorurteil, The Godfather sei ein Euphemismus der amerikanischen Mafia. Was Michael tat, geschah aus dem Interesse der Familie heraus. Diesem positiven Bild von Michael wollte Coppola nun entgegenwirken. Gelungen ist ihm dies nicht wirklich, dafür sorgen die etablierten Antagonisten. Der hinterhältige Hyman Roth (Lee Strasberg) reicht Michael bei der Kommunionsfeier seines Sohnes die rechte Hand, während er ihm mit der linken praktisch ins Gesicht schlägt. Ein Anschlag auf Leib und Leben wird folgen und das in seinem eigenen Schlafzimmer, in Anwesenheit seiner Frau. Nevadas Senator Geary (G.D. Spradlin) hingegen beleidigt bei seinem ersten Treffen mit Michael nicht nur diesen selbst, sondern die gesamte italo-amerikanische Gemeinde. „It is just too much.“, fasst Johnson (vgl. Johnson, S. 153) zusammen. In der ersten Hälfte des Filmes hat sich somit nicht wirklich etwas an Michaels Darstellung geändert. Die Wende geschieht erst auf Kuba. Hier entdeckt Michael den Verrat seines Bruders Fredo (John Cazale) – von Coppola eingebettet in die sozialistische Revolution Fidel Castros. Für sich genommen markiert die Kuba-Sequenz jedoch den negativen Schwachpunkt des Filmes. Nicht nur ist sie langatmig und redundant, sondern sie hat noch nicht einmal etwas zu erzählen. Auch hier setzen sich die inhaltlichen Mängel fort. Aus unerfindlichen Gründen marschiert das Militär in das Krankenzimmer von Hyman Roth. Gerade dann, als sich Michaels Attentäter an diesem vergeht. Genauso verwundert Fredos plötzliche Flucht in die nächtlichen Wirren Habanas während des Regierungssturzes. Ähnlich unplausibel wird später Vitos (Robert De Niro) Rache an Ciucci gezeigt, wenn er im Sommer mit Mantel diesen ersticht und anschließend problemlos vom Anwesen fliehen kann. Johnson hat durchaus Recht, wenn er sagt, dass „every sequence, even the weakest, rewards the viewer for his attentiveness“ (vgl. Johnson, S. 154), doch die narrative Schwäche bleibt.
I know it was you, Fredo. You broke my heart.
Die Stärken von The Godfather: Part II finden sich ohnehin in den Vito-Szenen, im Herzen von New York City. Obschon Vito Sizilien und somit der Mafia vermeintlich entflohen ist, begegnet er ihr erneut in einem Theaterstück. Der rücksichtlose Don Fanucci (Gastone Moschin) herrscht über die Straßen von Little Italy und sorgt kurz darauf, wenn auch nicht absichtlich, dafür dass Vito seinen Job verliert. Coppola skizziert hier die Flucht vor der Kriminalität, die kein Ende finden will. Zwar wartet Daheim eine liebende und verständnisvolle Frau auf ihn, doch damit ist es um das Wohl der Familie nicht bestellt. Eine gute Tat gegenüber dem Nachbarn Clemenza (Bruno Kirby) wird schließlich zum Wendepunkt der Geschichte. Als Dankeschön will Clemenza Vito einen Teppich schenken. Zuvor muss dieser jedoch erst einmal gestohlen werden – eine Aktion, die fast in einem Polizistenmord endet. Mit der Akzeptanz des Teppichs öffnet Vito letztlich der Gewalt und der Kriminalität symbolisch die Tür zu seinem Leben. Er hat es auf ehrliche Art und Weise versucht, doch man – oder manifestiert: die Mafia – wollte ihm den Erfolg nicht gönnen. Zur Verbesserung seiner Lebenssituation dient nunmehr Diebstahl. Als Fanucci (s)ein Stück vom Kuchen abhaben möchte, zieht Vito die Konsequenz und entledigt sich des Problems auf profane Art und Weise. Als das Publikum Vito das nächste Mal begegnet, verkörpert er die beste Definition eines Paten. Eine arme Frau soll aus ihrer Wohnung vertrieben werden. Sie wendet sich an Vito, der inzwischen die angesehenste Person im Viertel ist. Als sein Ruf auch den Vermieter ereilt, wird der Konflikt schnell beseitigt. Ihr Ende findet die Geschichte um Vito in dem Mord an Ciucci und somit der Beseitigung alles Bösen aus dem Leben dieses Mannes. Verkörpert wird Vito hierbei von dem damals unbekannten Robert De Niro, der den Part zufriedenstellen spielt, jedoch nicht die Präsenz eines Marlon Brando zu erzeugen vermag. Trotz alledem wurde er von der Academy mit einem Oscar ausgezeichnet und markierte damit ein Novum. Zum ersten Mal erhielten zwei Schauspieler einen Oscar dafür, dass sie dieselbe Rolle spielten und eine identische Figur verkörperten.
Während die Szenen mit Vito in hellen, nostalgischen Sepiatönen gefasst sind, wirken die Einstellungen um Michael kalt und steril. Coppola und Kameramann Gordon Willis zelebrieren hier bildhaft die Abgrenzung dieser beiden Männer. In Parallelmontagen führt der Regisseur die Unterschiede zwischen Vater und Sohn hervor. Während „Vitos Taten (…) den Gestus des Selbstschutz [haben], [werden] Michaels Handlungen hingegen (…) ausschließlich von geschäftlichen Interessen bestimmt“ (vgl. Weyand, S. 95). Vito ermordet Fanucci und Ciucci, um zum einen seine Position und damit die Ernährung seiner Familie sicher zu stellen und zum anderen um Rache für den Mord an seiner Familie zu nehmen. Ehrenhafte Taten, ähnlich denen, wie sie Michael selbst in The Godfather verübt hat. Michael hingegen eliminiert seine Gegner, um seine geschäftliche Position zu verbessern. Hierzu ist er ständig unterwegs, Nevada, Florida, Kuba. Fernab von seiner Familie fühlt sich diese eingesperrt in einen goldenen Käfig. Vito hingegen verbringt die meiste Zeit in New York, selbst als er das Land verlässt, nimmt er seine Familie mit sich mit. „Michael [erscheint] negativ, Vito aber äußerst positiv. Coppola inszeniert ihn wie einen modernen Heiligen“ (vgl. Weyand, S. 94). Durch das Gegenüberstellen der beiden Corleones übt Coppola zugleich Kritik an der zweiten Generation von Immigranten. Diese zeichnet sich meist dadurch aus, dass sie versucht sich so stark anzupassen, dass die traditionellen Werte verloren gehen. Erst die dritte Generation kehrt letztlich zu den alten Werten zurück. Es versteht sich von selbst, dass Coppola zu jener dritten Generation zu zählen ist. Michael hingegen verkörpert den „modernen Kapitalismus amerikanischer Prägung, in dem ausschließlich der Gewinn zählt“ (vgl. Weyand, S. 96). Es wird sein Sohn Anthony sein, der im dritten Teil der Trilogie dem familiären Geschäft den Rücken zuwendet und stattdessen eine Gesangskarriere in Sizilien anstrebt. Die Botschaft von Coppola ist klar: Michael verliert sich, „weil er die Traditionen missachtet, die alten Werte ignoriert“ (vgl. Weyand, S. 97).
This is the business we chose.
„In a funny way, the story to take it further, repeats itself“, gab Coppola in seinem Audiokommentar unumwunden zu, dass seine Fortsetzung sich letztlich derselben Stilmittel bedient, wie bereits der Vorgänger (und auch der Nachfolger). Und in der Tat handelt es sich bei The Godfather: Part II um keine sonderliche Weiterentwicklung der Geschichte des Vorgängers. Coppola verfügt hier über zwei Filme, das Prequel und das Sequel. Weitaus besser wäre er gefahren, wenn er sich auf die Vorgeschichte von Vito konzentriert hätte, denn alle Szenen um Michael rufen nur in Erinnerung, was man aus dem ersten Teil bereits kennt. Eröffnet wird die Geschichte mit einer religiösen Zeremonie, gefolgt von der familiären Feier. Nach einer halben Stunde schließlich erfolgt der Anschlag auf den Paten, nachdem man seine Gegenspieler zuvor in der persönlichen Audienz vorgestellt bekam. Fredo ist der tollpatschige Bruder innerhalb der Familie, das merkte man bereits beim Anschlag auf Vito im Vorgänger. Dass Tom Hagen (Robert Duvall) nicht mehr der consigliere der Corleones ist, abgesetzt und des Vertrauens entzogen, etablierte Coppola gegen Ende von The Godfather. Hier findet sich auch bereits die Entfremdung zwischen Michael und Kay, äußerst harmonisch abgeschlossen in der Abgrenzung der Ehefrau durch das Verschließen der Tür. Auch im Sequel wird ihr erneut die Tür verschlossen, die Botschaft ist jedoch identisch mit der des ersten Teiles. Was will Coppola mit seiner Fortsetzung vermitteln? Michael macht das falsch, was sein Vater richtig gemacht hat. Er korrumpiert die Wertvorstellungen von Vito und verurteilt somit die Familie zum Scheitern, besiegelt seine eigene Isolation. Doch dies ist nichts Neues, ruft man sich in Erinnerung, dass Michael extra bis nach Vitos Begräbnis gewartet hat, um den vier New Yorkern Familien den Kampf anzusagen und somit die Wünsche des Vaters – der zuvor über Sonnys Ermordung aus genau diesen Gründen hinweg gesehen hatte- zu missachten. Wenn Michael seiner Frau in die Augen schaut und sie bezüglich des Mordes an einem Familienmitglied anlügt, nur um dann die Tür vor ihr und somit ihrer Liebe zu verschließen, isoliert ihn das bereits zu jenem Zeitpunkt. Somit ist The Godfather: Part II zu großen Teilen tatsächlich nichts anderes als das Echo des ersten Filmes.
Die Parallelmontage mutet zwar durchaus als nette Idee an, wird jedoch durch die Redundanz der Michael-Episode getrübt. Während der Film technisch gesehen durchaus meisterhaft inszeniert ist – die Musik von Nino Rota und Carmine Coppola wurde verdientermaßen mit dem Oscar ausgezeichnet -, hapert es in der Fortsetzung zum Meisterwerk The Godfather speziell inhaltlich. Dies mag an den zahlreichen entfernten Szenen liegen oder auch lediglich daran, dass einfach versucht wurde zuviel in zu wenig Zeit zu erzählen. „(…) there’s a hopelessly disorganized plot with narrative leaps and loose ends galore“, befindet auch Tookey (vgl. Tookey, S. 306). Da passt dann auch das etwas gezwungene Ende hinein. Nachdem Michael seinen Bruder ermorden lässt, schwelgt er in einer Rückblende. Beim Geburtstag von Vito erklärt Michael seine Bestrebung, in den Zweiten Weltkrieg einzutreten und sein Jurastudium zu unterbrechen. Die Stimmung kocht hoch, schließlich handelt der Jüngste nicht im besten Interesse für die Familie. Konträr dazu platziert Coppola die Schlusseinstellung des Filmes. „Now, ironically, he [Michael, d. Red.] is alone not because he chose to act outside the interest of the family, but because he has relentlessly acted in the best interest of the family” (vgl. Johnson, S. 162). Die Schauspieler agieren überzeugend, wirklich hervorstechen vermag jedoch nur John Cazale. Recht eindimensional erscheint Michael V. Gazzos Interpretation von Frankie Pentangeli, Duvall und Keaton sind aufgrund der fehlenden Präsenz ihrer Figuren unterfordert. De Niro spielt wie gesagt überzeugend, jedoch ohne das Charisma eines Marlon Brando evozieren zu können. Al Pacino hingegen ruft lediglich in der Szene, als Kay die Abtreibung gesteht, wirklich sei Potential ab. Im Nachhinein „scheitert“ die Fortsetzung wohl daran, dass Coppola sich zu sehr auf die Ideale des ersten Teiles zu stützen versuchte. So ist The Godfather: Part II zwar ein vielfältigerer Film geworden, jedoch nicht so umwerfend wie sein Vorgänger.
8.5/10 – in anderer Form erschienen bei Wicked-Vision
Quellen und Literatur:
• Audiokommentar von Francis Ford Coppola, The Godfather: Part II –The Coppola Restoration, Paramount Pictures 2008.
• Goodwin, Michael/Wise, Naomi: On the Edge. The Life and Times of Francis Coppola, New York 1989.
• Johnson, Robert K.: Francis Ford Coppola, Boston 1977.
• Tookey, Christopher: The Critic’s Film Guide, London 1994.
• Weyand, Gabriele: Der Visionär. Francis Ford Coppola und seine Filme, St. Augustin 2000.
Was ich vom Sequel halte (ich sehe jetzt schon wieder den Ansturm an Vetos hier in den Kommentaren), werde ich demnächst erläutern
AntwortenLöschenNa, nach der Ankündigung hatte ich ehrlich gesagt was Schlimmeres erwartet und war neugierig, wie du das begründet hättest. Aber so wird dann doch nicht so heiß gegessen,wie gekocht wird. ;-)
Zu Beginn: Das ist mal wieder alles sehr schön geschrieben. Muss man schon sagen.
Diesem positiven Bild von Michael wollte Coppola nun entgegenwirken. Gelungen ist ihm dies nicht wirklich
Sehe ich ein wenig Anders. In meiner Erinnerung (Habe die Filme schon länger nicht mehr gesehen) war der gute Micael bei mir recht zügig ziemlich, negativ besetzt. Dies ergab sich bei mir ganz losgelöst von seinem "beruflichen" Wirken, sondern viel Mehr im Bezug auf den Umgang mit seiner eigenen Familie.
Ansonsten bin ich halt der Meinung, dass der erste und der zweite Teil vor allem in der Gesamtsumme etwas sehr Besonderes ist. Und: Zwei Filme können auch zwei Meistwerke sein, selbst wenn sie untereinander in der Qualität ein wenig variieren. ;-)
Zwei Filme können auch zwei Meistwerke sein, selbst wenn sie untereinander in der Qualität ein wenig variieren.
AntwortenLöschenDas ist ja logisch. Aber für mich ist der zweite nur ein unnötiger Aufguß des ersten.
Aber so wird dann doch nicht so heiß gegessen,wie gekocht wird.
You ain't seen nothing yet. Tumulder, Kaiser Soze und natürlich Vega werden hier bestimmt noch zum Rundumschlag ausholen ;)
Tumulder, Kaiser Soze und natürlich Vega werden hier bestimmt noch zum Rundumschlag ausholen
AntwortenLöschenNa da bin ich mal gespannt... ;-)
Halte den ersten Film auch wesentlich besser. Mir ist dieses ganze Meisterwerk-Sequel-Gwurschtel vom Paten ziemlich suspekt. Schließe mich deiner Bewertung also an. ;)
AntwortenLöschenÜber die Qualität deines Essays brauch man jawohl nicht großartig etwas zu sagen. *daumenhoch*
Muss zugeben, dass mit der zweite Teil von Anfang an besser gefallen hat als der erste. Grund dafür: Die Epik der Erzählung durch die Parallelmontage, "Fredo's Story" und der ganze Plot um Hyman Roth und Kuba und die Vereinsamung Michaels. Die Brillanz des Vorgängers stelle ich gar nicht in Frage, aber ich glaube, dass erst beide Filme zusammen als Meisterwerk funktionieren. Deswegen wirkt Teil drei auch so überflüssig.
AntwortenLöschenTumulder, Kaiser Soze und natürlich Vega werden hier bestimmt noch zum Rundumschlag ausholen ;)
AntwortenLöschenWhy so negativ? Ich werde mir das hier jetzt aber mal ausdrucken und dann in Ruhe durchlesen. Ausgedruckt sind so Essays ja zum Glück nie so lang wie sie online auf dem ersten Blick wirken.;) Die Note ist aber schon einmal o.k..
O.K., weitestgehend gehe ich mit Deinen Ansätzen konform. Du gehst mir lediglich zu unkritisch mit Vito um. Ich habe in ihm nicht den Guten gesehen, was sicherlich auf die Romantisierung Coppolas in Bezug auf seinen Werdegang zurückzuführen ist. Vito lebt auch nur die kriminellen Strukturen Siziliens weiter, wenn auch viel von Ehre und dem üblichen Kokolores die Rede ist. Vito ist kein Guter. Er ist einfach nur traditioneller geprägt, wohingegen Michael gar nicht anders kann, als gefühlskalt auch gegen Familienmitglieder vorzugehen um sein Imperium zu schützen. Beide sind auf ihre Art in die Kriminalität hineingeboren und können eigentlich gar nicht aus ihr hinausbrechen. Vito würde sein Leben riskieren, Michael dazu noch den Wohlstand und das Erbe der Coreleones. Das Vitos Erzählstrang interessanter ist und Michaels Geschäfte weit weniger Raum hätten einnehmen dürfen, da stimme ich Dir allerdings zu. Dennoch kann man nicht behaupten Coppola wäre gescheitert, auch wenn die Havanna Episode eindeutig zu lang geraten ist und Coppola diesen Teil wesentlich kürzer hätte halten können.
AntwortenLöschenNatürlich ist Vito nicht per se gut, allerdings muss man ihn im Kontext des kriminellen Umfeldes sehen. Da hat man Ciucci, Fanucci, Senator Geary, Hyman Roth und Michael, die allesamt weitaus "böser" sind als Vito. In dieser Masse von Verbrechern ragt Vito daher als der "Gute" hervor, der durch Fanucci quasi zum Verbrechen getrieben wurde und um seine Familie zu ernähren diesen letztlich ermordet. Hier tritt natürlich auch wieder Coppolas Verglorifizierung der Mafia in den Vordergrund, was jedoch am Bild von Vito m.E. nichts ändert.
AntwortenLöschenSchöner Text, dessen Kritikpunkte ich nachvollziehen kann, aber keineswegs teile.
AntwortenLöschenZu meiner über ein-wöchigen Abwesehenheit und der Einöde auf INTERMOVIESSION:
Arcor hat mir einfach mal so den Internetzugang und das Telefon gekappt. War ein Versehen (!) von denen. Zumindest behaupten die das. Ich hab keine Ahnung, wann mein Internet wieder geht.
Nur zur Info.
Gruß, KS
Puh, beeindruckender Text, nicht nur wegen der Länge. Von einer Beurteilung der Paten-Filme sehe ich vorerst mal ab, die Sichtung ist eine Ewigkeit her. Wollte die Filme schon lange mal wieder anschauen, dazu muss man sich aber Zeit nehmen. Hatte mich auch bisher darauf eingestellt, Coppola für einen manchmal guten, aber nicht herausragenden Regisseur zu halten. Mein letzter Film war damals "Apocalypse Now Redux", der sich ja hauptsächlich durch seine Länge auszeichnet (um es mal positiv klingen zu lassen). Zumindest hat Coppola ein Gespür für Stoffe, auch wenn man über die Umsetzung streiten kann. Mafiastorys kommen ja heute noch gut an - gerade bei der Academy!
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