It so peaceful out here. Nothing much ever happens.
Das Leben der Menschen war so gut. Schön im Paradies gelebt, genug zu Essen gehabt, genug zu Trinken. Herr über alles was da kreuchte und fleuchte. Und dann frisst die Frau ‘nen Apfel. Gott ist erst Mal angepisst, schmeißt Adam und Eva aus dem Garten Eden und straft das Weib damit, dass es Kinder kriegen kann (durchaus eine harte Strafe). Schließlich wächst Gras über die Sache. Dem ersten Kind, Kain, folgt ein Zweites, Abel. Beide bringen dem Herrgott Opfer dar, doch bedanken tut er sich nur bei Abel. „WTF?“, denkt sich Kain da zugegeben zurecht, geht zu seinem kleinen Bruder und sagt: „Lass uns aufs Feld gehen.“ Dort angekommen schlägt er Abel tot. Da brauchte es nicht Rudi Cerne vom Aktenzeichen XY, damit Gott eins und eins zusammenzählt. Die Moral vom vierten Kapitel des ersten Buches Mose ist folglich, dass der Mensch ein blutrünstiges Tier ist, wenn selbst Brüder sich gegenseitig den Schädel einkloppen (und dies nicht einmal wegen einer Frau – was nicht bedeutet, dass dies die Angelegenheit besser gemacht hätte). Und weil Abel tot war, ist jeder Mensch ein Nachkomme Kains und damit auch des Brudermörders. Bzw. sind wir alle auch Kinder von Kains Frau, doch wo die herkam, weiß die Bibel leider nicht.
Dass sich die Menschen seit damals nicht großartig verändert haben, kann man heute noch sehen, wenn man die Nachrichten verfolgt. Und wer dies nicht tut, erhält vom dänischen Regisseur Ole Bornedal mit Hilfe seines neuesten Filmes Fri os fra det onde eine auffrischende Erinnerung. Ein- und ausgeleitet wie ein Theaterstück lässt der Däne eine Sängerin zuerst ein wenig über die Protagonisten und den Schauplatz des Geschehens schwadronieren. Da hätten wir zum einen Johannes (Lasse Rimmer), ein angesehener Bürger, gut situiert, ein Anwalt. Jemand, der Recht und Ordnung kennt. Und weil Johannes sein Heimatort im Jutland so gefällt, hat er seine Frau Pernille (Lene Nystrøm) gemeinsam mit den beiden Kindern dazu überredet, aufs Land raus zu ziehen. Dort lebt auch noch Johannes’ Bruder Lars (Jens Andersen), der sich als LKW-Fahrer verdingt, weil er – so die Erzählerin – bei der Vergabe der Schicksale durch Gott nicht da war. Manchmal verliert man eben und manchmal gewinnen die Anderen. Deshalb vögelt Lars’ Freundin, die schwanger von ihm ist, auch den dicken Tonse. Und da ist dann auch schon die biblische Analogie zu Kain und Abel, wenn dem einen Bruder – in diesem Fall dem Jüngeren – all das verwehrt geblieben ist, was Gott dem Anderen gewährte.
Hatte Lars geglaubt, sein Leben wäre schon so beschissen wie es nur sein kann, wird er eines Besseren belehrt als er unachtsamer Weise eines Tages die Kirchenaktivistin Anna überfährt. „Was tun?“, ist nun die Frage. Da trifft es sich gut, dass das Dorf mit Alain (Bojan Navojec) einen bosnischen Flüchtling aus dem Kosovo beherbergt. Alain, dessen Dänisch beachtlich, aber nicht besonders gut ist, wird von der white trash society rund um Lars und seine Hart-IV-Gesellen nur abfällig „Neger“ genannt. Lars überredet nun Alain den LKW ins Lager zu fahren und stopft ihm auch noch Beweismaterial ins Jackett. Bisher läuft alles ganz geschmeidig und spätestens nachdem Ingvar (Mogens Pedersen), der Ober-Motz des Dorfes, gemeinsam mit seinem Schläger Leif Christensen (Kim Kold) und Johannes Annas Leiche findet – die seine Lebensgefährtin war -, reibt sich Lars genüsslich die Hände. Während Johannes sich Alain schnappt und erst einmal zu sich bringt, bevor die Polizei kommt, organisiert Ingvar ein Lynchfest der allerersten Güte. Und was als intensives Drama über einen vertuschten Mord beginnt, wird vom Dänen-Ole schnurstracks zum Selbstjustizfilm umfunktioniert. Alles, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist, wird umgepustet. Ganz nach dem Motto: erst schießen und gar keine Fragen stellen.
Bis zum Finale gelingt es Bornedal dabei in der Tat einen unwahrscheinlich intensiven Film zu inszenieren. Dessen erste zwei Akte werden ganz klar von Jens Andersens phantastischem Spiel getragen, der den ewigen Verlierer Lars mit Glanz und Gloria verkörpert. Die Anspannung schwappt schier gar aus der Leinwand in den Kinosaal, wenn sich die von Lars ausgelegte Schlinge immer mehr um den Hals des naiv-unschuldigen Alain zuzieht. Das ist gut gespielt, gut inszeniert und stets packend und mitreißend. Hier kann man Bornedal keine Vorwürfe machen. Im Finale dann jedoch schon. Die zwei einzigen Polizisten werden mal eben weggelockt, ein Haustelefon haben Johannes und Pernille sowieso nicht und das einzige Handy des Hauses hat Ingvar zuvor bei Annas Fund ins Wasser gepfeffert. Aus keinen bestimmten Grund außer dem, dass Johannes eben später niemanden mehr anrufen kann. Und der Arzt, der schließlich die Polente anruft, wird von Ingvar zum Jubel des Pöbels abgeknallt. Eine sporadische Erklärung für dieses Handeln liefert Bornedal auch noch geschwind, denn mit Anna starb die gute Seite in Ingvar, der sich als dänischer Dorf-Brick-Top entpuppt. Über die Konsequenzen seines Handelns scheint er genauso wenig nachzudenken, wie der Rest. Scheinbar glauben alle, mit einem Mehrfachmord einfach so davonzukommen.
Hier lässt sich der Film auch nicht mehr mit der bloßen Bibelanalogie in Einklang bringen, da Bornedal zu sehr eine Einordnung in die Wirklichkeit sucht. Dabei fällt Fri os fra det onde nicht wirklich groß ab, ehe der Däne dem Ganzen nochmals eine Krone aufsetzen muss. Der Epilog zum Finale gibt sich schließlich vollends der Lächerlichkeit preis, wenn ein Handlungsmoment peinlicher als das vorherige ausfällt. Dass dies dann in einem harmonischen Ende kulminiert, ist dann nur die Spitze des Eisberges. Letztlich ist das einzig Positive des Finales das Spiel von Rimmer, der hier gerade mit seinen Augen enorm viel Atmosphäre einzufangen und wiederzugeben versteht. Dennoch wäre dieser enorme Einbruch, dem Fri os fra det onde im dritten Akt zum Opfer fällt, vermeidbar gewesen, hätte sich Bornedal auf eine realistischere Darstellung beschränkt bzw. jene realistische Darstellung weitergeführt, die dem dritten Akt vorausgegangen war. Nichtsdestotrotz ist Bornedals Film ein intensives Drama mit zwei exzellenten Hauptdarstellern, welches zwar noch Luft nach oben gehabt hat, aber auch so relativ ansehnlich geworden ist.
7/10
Das Leben der Menschen war so gut. Schön im Paradies gelebt, genug zu Essen gehabt, genug zu Trinken. Herr über alles was da kreuchte und fleuchte. Und dann frisst die Frau ‘nen Apfel. Gott ist erst Mal angepisst, schmeißt Adam und Eva aus dem Garten Eden und straft das Weib damit, dass es Kinder kriegen kann (durchaus eine harte Strafe). Schließlich wächst Gras über die Sache. Dem ersten Kind, Kain, folgt ein Zweites, Abel. Beide bringen dem Herrgott Opfer dar, doch bedanken tut er sich nur bei Abel. „WTF?“, denkt sich Kain da zugegeben zurecht, geht zu seinem kleinen Bruder und sagt: „Lass uns aufs Feld gehen.“ Dort angekommen schlägt er Abel tot. Da brauchte es nicht Rudi Cerne vom Aktenzeichen XY, damit Gott eins und eins zusammenzählt. Die Moral vom vierten Kapitel des ersten Buches Mose ist folglich, dass der Mensch ein blutrünstiges Tier ist, wenn selbst Brüder sich gegenseitig den Schädel einkloppen (und dies nicht einmal wegen einer Frau – was nicht bedeutet, dass dies die Angelegenheit besser gemacht hätte). Und weil Abel tot war, ist jeder Mensch ein Nachkomme Kains und damit auch des Brudermörders. Bzw. sind wir alle auch Kinder von Kains Frau, doch wo die herkam, weiß die Bibel leider nicht.
Dass sich die Menschen seit damals nicht großartig verändert haben, kann man heute noch sehen, wenn man die Nachrichten verfolgt. Und wer dies nicht tut, erhält vom dänischen Regisseur Ole Bornedal mit Hilfe seines neuesten Filmes Fri os fra det onde eine auffrischende Erinnerung. Ein- und ausgeleitet wie ein Theaterstück lässt der Däne eine Sängerin zuerst ein wenig über die Protagonisten und den Schauplatz des Geschehens schwadronieren. Da hätten wir zum einen Johannes (Lasse Rimmer), ein angesehener Bürger, gut situiert, ein Anwalt. Jemand, der Recht und Ordnung kennt. Und weil Johannes sein Heimatort im Jutland so gefällt, hat er seine Frau Pernille (Lene Nystrøm) gemeinsam mit den beiden Kindern dazu überredet, aufs Land raus zu ziehen. Dort lebt auch noch Johannes’ Bruder Lars (Jens Andersen), der sich als LKW-Fahrer verdingt, weil er – so die Erzählerin – bei der Vergabe der Schicksale durch Gott nicht da war. Manchmal verliert man eben und manchmal gewinnen die Anderen. Deshalb vögelt Lars’ Freundin, die schwanger von ihm ist, auch den dicken Tonse. Und da ist dann auch schon die biblische Analogie zu Kain und Abel, wenn dem einen Bruder – in diesem Fall dem Jüngeren – all das verwehrt geblieben ist, was Gott dem Anderen gewährte.
Hatte Lars geglaubt, sein Leben wäre schon so beschissen wie es nur sein kann, wird er eines Besseren belehrt als er unachtsamer Weise eines Tages die Kirchenaktivistin Anna überfährt. „Was tun?“, ist nun die Frage. Da trifft es sich gut, dass das Dorf mit Alain (Bojan Navojec) einen bosnischen Flüchtling aus dem Kosovo beherbergt. Alain, dessen Dänisch beachtlich, aber nicht besonders gut ist, wird von der white trash society rund um Lars und seine Hart-IV-Gesellen nur abfällig „Neger“ genannt. Lars überredet nun Alain den LKW ins Lager zu fahren und stopft ihm auch noch Beweismaterial ins Jackett. Bisher läuft alles ganz geschmeidig und spätestens nachdem Ingvar (Mogens Pedersen), der Ober-Motz des Dorfes, gemeinsam mit seinem Schläger Leif Christensen (Kim Kold) und Johannes Annas Leiche findet – die seine Lebensgefährtin war -, reibt sich Lars genüsslich die Hände. Während Johannes sich Alain schnappt und erst einmal zu sich bringt, bevor die Polizei kommt, organisiert Ingvar ein Lynchfest der allerersten Güte. Und was als intensives Drama über einen vertuschten Mord beginnt, wird vom Dänen-Ole schnurstracks zum Selbstjustizfilm umfunktioniert. Alles, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist, wird umgepustet. Ganz nach dem Motto: erst schießen und gar keine Fragen stellen.
Bis zum Finale gelingt es Bornedal dabei in der Tat einen unwahrscheinlich intensiven Film zu inszenieren. Dessen erste zwei Akte werden ganz klar von Jens Andersens phantastischem Spiel getragen, der den ewigen Verlierer Lars mit Glanz und Gloria verkörpert. Die Anspannung schwappt schier gar aus der Leinwand in den Kinosaal, wenn sich die von Lars ausgelegte Schlinge immer mehr um den Hals des naiv-unschuldigen Alain zuzieht. Das ist gut gespielt, gut inszeniert und stets packend und mitreißend. Hier kann man Bornedal keine Vorwürfe machen. Im Finale dann jedoch schon. Die zwei einzigen Polizisten werden mal eben weggelockt, ein Haustelefon haben Johannes und Pernille sowieso nicht und das einzige Handy des Hauses hat Ingvar zuvor bei Annas Fund ins Wasser gepfeffert. Aus keinen bestimmten Grund außer dem, dass Johannes eben später niemanden mehr anrufen kann. Und der Arzt, der schließlich die Polente anruft, wird von Ingvar zum Jubel des Pöbels abgeknallt. Eine sporadische Erklärung für dieses Handeln liefert Bornedal auch noch geschwind, denn mit Anna starb die gute Seite in Ingvar, der sich als dänischer Dorf-Brick-Top entpuppt. Über die Konsequenzen seines Handelns scheint er genauso wenig nachzudenken, wie der Rest. Scheinbar glauben alle, mit einem Mehrfachmord einfach so davonzukommen.
Hier lässt sich der Film auch nicht mehr mit der bloßen Bibelanalogie in Einklang bringen, da Bornedal zu sehr eine Einordnung in die Wirklichkeit sucht. Dabei fällt Fri os fra det onde nicht wirklich groß ab, ehe der Däne dem Ganzen nochmals eine Krone aufsetzen muss. Der Epilog zum Finale gibt sich schließlich vollends der Lächerlichkeit preis, wenn ein Handlungsmoment peinlicher als das vorherige ausfällt. Dass dies dann in einem harmonischen Ende kulminiert, ist dann nur die Spitze des Eisberges. Letztlich ist das einzig Positive des Finales das Spiel von Rimmer, der hier gerade mit seinen Augen enorm viel Atmosphäre einzufangen und wiederzugeben versteht. Dennoch wäre dieser enorme Einbruch, dem Fri os fra det onde im dritten Akt zum Opfer fällt, vermeidbar gewesen, hätte sich Bornedal auf eine realistischere Darstellung beschränkt bzw. jene realistische Darstellung weitergeführt, die dem dritten Akt vorausgegangen war. Nichtsdestotrotz ist Bornedals Film ein intensives Drama mit zwei exzellenten Hauptdarstellern, welches zwar noch Luft nach oben gehabt hat, aber auch so relativ ansehnlich geworden ist.
7/10
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