18. Dezember 2009

Looking for Eric

I am not a man. I am Cantona.

Es gibt Fußballer. Und es gibt Eric Cantona. Der inzwischen als Schauspieler arbeitende Franzose erlebte seine besten Tage im Trikot von Manchester United. Und lockte durch sein Spiel nicht nur den ManU-Fans oft ein Lächeln hervor. „King Eric“, nennt man ihn noch heute ehrenvoll im Old Trafford, wo er 2001 zum Vereinsspieler des Jahrhunderts gewählt wurde. Neben vielen schönen Toren und Pässen (wie der auf Denis Irwin im Januar 1993 im Spiel gegen die Spurs) ist insbesondere auch Cantonas Tritt gegen einen gegnerischen Fan in Erinnerung geblieben. „I have a lot of good moments, but the one I prefer is when I kicked the hooligan”, sollte König Eric 2007 auf seine Karriere zurückblicken. Nun spielte Cantona dieses Jahr vermutlich seine bisher größte Rolle in einem Film: sich selbst. In bester philosophischer Manier unterstützt er seinen Namensvetter Eric Bishop (Steve Evets), der mit falschen Entscheidungen in seinem Leben, den Gefühlen für seine erste Frau und einem lokalen Unterweltboss zu kämpfen hat.

Regisseur Ken Loach und sein langjähriger Drehbuchpartner Paul Laverty widmeten sich dieser obskuren Freundschaft, die aus Marihuanagebrauch und Liebe zum Fußball entsteht. Dabei bleibt Cantona die gesamte Handlung hindurch eine Chimäre von Postbote Eric, was den spaßigen Szenen jedoch keinen Abbruch tut. Sehr gekonnt wissen Laverty und Loach den Franzosen liebevoll aufs Korn zu nehmen, wenn er wie bei seiner legendären Pressekonferenz von 1995 mit Metaphern um sich wirft. „What the fuck does that even mean?“, fragt Bishop dementsprechend nach einer Ausführung von König Eric nach. Die Momente mit Cantona beschränken sich jedoch auf einen Mindestmaß, den eigentlich will Loach eine ganz andere Geschichte erzählen. Oder zwei Geschichten, wenn man so will. Einerseits dient Cantonas Präsenz hauptsächlich der Gewinnung von Erics Selbstvertrauen im Umgang mit Lily (Stephanie Bishop), seiner Ex-Frau. Anderseits gilt es einem seiner Stiefsöhne (Gerard Kearns) gegen einen Drogenboss beizustehen, für den der Junge eine Waffe verstecken muss.

Tiefere Einblicke als diese werden einem von Loach in Looking for Eric dann auch nicht gewährt. Zu Beginn fährt Eric wie ein Blöder auf der falschen Spur, landet im Krankenhaus, wird dann wieder entlassen. Panikattacken. Ursache unbekannt, genauso das Schicksal seiner letzten Frau, deren beide Söhne nun mit dem Postboten allein leben müssen. Entscheidend, das proklamieren Laverty und Loach, war die Trennung von Lily. Die Trennung selbst wirkt im Nachhinein jedoch nur genauso unglaubwürdig, wie eigentlich fast alles, speziell jedoch das Finale, in Loachs letztem Film. Die meiste Zeit wirkt das Szenario mehr gezwungen zusammengefügt, als harmonisch ineinanderfließend. Nach Jahrzehnten das Wiedersehen mit Lily, eher aus der Not geboren, und wie von selbst wieder zurück zu den alten Gefühlen führend. Der große Trick, wie man schließlich doch den Drogenboss überrumpeln kann (der in seiner Naivität in der Geschichte des Kinos seinesgleichen sucht).

So sympathisch Evets in seiner Rolle auch ist, so spaßig seine Momente mit König Eric sind, so nostalgisch Cantonas schönste Tore aus dem Archivmaterial auch anmuten, als Ganzes gesehen will und kann Looking for Eric höchstens in seiner ersten Hälfte der Exposition überzeugen. „You have to trust your team mates. Always“, legt Laverty in der Mitte des Filmes König Eric in den Mund. Doch das Vertrauen in Laverty und Loach selbst wird leider enttäuscht. In einer Szene streiten sich die Anhänger vom FC Manchester United und vom FC United of Manchester. Hätte Loach sich ausschließlich diesem Thema gewidmet, hätte daraus eine gelungene Fußballkomödie mit kapitalistischem Seitenhieb werden können. Letztlich ist es jedoch nur eine kleine (gelungene) Hommage an König Eric geworden, mit einem stark aufspielenden Evets. Mit den Worten von König Eric selbst: „When the seagulls follow the trawler, it's because they think sardines will be thrown into the sea.”

5.5/10

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