Der Cineast weiß natürlich, dass Steven Lisbergers TRON, im Jahre 1982 undankbarer Weise gleichzeitig mit E.T. - The Extraterrestrial von Lisbergers Namensvetter Spielberg gestartet, damals nicht nur den VFX-Bereich revolutionierte, sondern seither auch zum Kutlfilm einer ganzen Generation avancierte. Unter anderem John Lasseter und Pixar dürfen als brain children des SF-Klassikers gelten. Dass es seit damals nicht zu einer Fortsetzung kam, dürfte vermutlich auch daran gelegen haben, dass die Effekte schnell sehr dated wirkten und die eigentliche Handlung des Filmes ohnehin ausgesprochen simpel und banal daherkam.
Bis sich nach unzähligen Drehbuchentwürfen vor zwei Jahren schließlich Joseph Kosinksi an ein Sequel heranwagte und für die ComicCon einen Teaser produzierte. Dieser richtete sich weniger an die Fan-Gemeinde und das Zielpublikum, als an die Produzenten von Disney, die so von einem weiteren Ausflug in die Rechnerwelt von Encom überzeugt werden sollten. Die Rechnung ging auf, TRON: Legacy erhielt mit einem Budget von 170 Millionen Dollar seine Existenzberechtigung. Von den Fans lang erwartet, startete dieses Jahr schließlich das Ergebnis in den Kinos, inklusive Jeff Bridges und dem Versprechen, das beste 3D seit Avatar zu bieten.
Nachdem Programmierer Kevin Flynn (Jeff Bridges) in den Achtzigern eines Abends verschwand, mussten sich sein Konzern Encom und sein Sohn Sam (Garret Hedlund) alleine weiterentwickeln. Gut zwei Jahrzehnte später lockt eine kryptische Nachricht Sam in die alte Spielhalle seines Vaters, wo er wie dieser plötzlich in die digitale Welt hineingezogen wird. Dort muss er sich dem diktatorischen Herrscher Clu (Jeff Bridges) stellen - einem Programm mit dem Erscheinungsbild eines jungen Flynn. Durch die Ankunft von Sam und die Öffnung des Portals in die Wirklichkeit, beginnt Clu nun, seine lang geplante Invasion der Realität vorzubereiten.
Sam hingegen will nur seinen Vater finden, der mit Hilfe des unabhängigen Programms Quorra (Olivia Wilde) im Exil außerhalb des Netzes haust. Und damit hat man auch schon die gesamte Handlung von TRON: Legacy umrissen, die sich bemüht, TRON in Simplizität noch zu übertrumpfen. Eines macht Kosinskis Debütfilm schon früh deutlich: der Inhalt ist nur dazu da, dem audio-visuellen Gerüst des Filmes ein Konstrukt zu verschaffen, an dem es sich orientieren kann. Denn Antworten auf die vielen offenen Fragen erhält der Zuschauer nicht, wie auch die Handlung des Films über mehrere Logiklöcher vom Ausmaß des Internets verfügt.
Immer wieder wirft der Film seinem Publikum Brocken vor, wie eine religiös-mystische digitale Rasse der Isos. Diese könnten, wenn sie es denn in die reale Welt schaffen, jene für immer verändern. Wie genau und warum, bleibt ebenso im Dunklen wie die digitale Welt selbst, die zwar keine digitale Sonne gebacken kriegt, dafür aber Klamotten, Bücher und Spanferkel. Die Gesetzmäßigkeiten dieser Welt bleiben also im Unklaren. Zum Beispiel auch, wie sie seit Jahrtausenden (digitale Zeit vergeht schneller als reale) existieren kann, sich dann jedoch kaum über das Netz ausgebreitet zu haben scheint. So bleibt sie trotz 3D eindimensional.
Und obschon TRON: Legacy wie auch Avatar direkt in 3D gedreht wurde - anstatt den Weg der nachträglichen Konvertierung eines Alice in Wunderland oder Clash of the Titans zu gehen -, verpufft dieser Effekt nahezu über die gesamte Laufzeit hinweg. Zwar schickt sich Kosinskis Film an, in der Tradition von The Wizard of Oz erst mit Betreten der digitalen Welt in die dritte Dimension vorzustoßen, doch eine bemerkenswerte Tiefe wird dem Endprodukt dadurch selten bis nie verliehen. Dies mag allerdings auch daran liegen, dass der Film zweieinhalb Stunden im Dunkeln spielt, von Dreidimensionaltät sieht man jedenfalls nicht allzu viel.
Auch die visuellen Effekte hauen ebenso wie die Musik von Daft Punk, die parallel zum Entstehungsprozess des Filmes entstand, nicht vom Hocker. Zwar glüht und leuchtet jede Menge (selbst das Jedi-Gewand von Jeff Bridges), aber im direkten Vergleich zum hell-bunten Avatar zieht die TRON-Fortsetzung in allen Belangen den Kürzeren. Wenigstens die Beats des französischen House-Duos können bisweilen einen Anflug von (digitaler) Stimmung erzeugen, werden jedoch alsbald für die Rückkehr in die banal-monotone Welt von Sam und Co. abgewürgt. Dennoch ist der auditive Aspekt des Filmes noch das einzig wirklich lobenswerte Merkmal.
Viel Arbeit floss in den audio-visuellen Charakter, wenig Arbeit in die eigentlichen Charaktere. Sie bleiben wie die Handlung blass, während ihre Motive beliebig erscheinen. Hedlund ist ein austauschbarer Bubi und Wilde zwar sexy, aber wenig mehr. Die verjüngte Version von Bridges hätte etwas Charisma, würde dieses nicht unentwegt von dem krampfhaft wirkenden Effekten überschattet, die einen digitalen Bridges präsentieren, dessen Ursprünge stets sichtbar sind. Dagegen wird dem natürlichen Bridges wenig mehr aufgetragen, als pseudo-philosophische Satzverstücke wie bio-digital jazz rauszupressen, die meist auf man enden.
In Nebenrollen erhascht man kurz Darsteller wie Bruce Boxleitner, Michael Sheen oder Cillian Murphy, die allesamt in ihren wenigen Minuten lebendiger wirken als das übrige Ensemble zusammen. Und obschon sich TRON: Legacy an einigen Actionszenen versucht, verkommt der Film letztlich doch zu einem nichtsagenden und vor allem gähnend-langweiligen Vehikel, dessen Scheitern sich exemplarisch in seinem Finale ausmachen lässt, welches in Schrittgeschwindigkeit voranschreitet, während zugleich die eigentliche Klimax nie wirklich bedrohend wirkt. Ein Film, zum Scheitern verurteilt. Oder wie Clu sagen würde: End of Line, man.
3.5/10
Vielleicht etwas hart bewertet, aber das Drehbuch und die Charakterzeichnug sind leider enttäuschend. Hatte mir mehr erhofft.
AntwortenLöschenDaft Punk ist Geschackssache, das ging für mich in Ordnung. Eher peinlich, dass ausgerechnet die Eurythmics als achtziger Jahre Musik gedudelt werden.
Ich habe dem Film zwar einen Punkt mehr gegeben, kann dir in deiner Besprechung aber nur zustimmen.
AntwortenLöschenUnd warum sich die "tron'sche Welt" nicht im Netz ausbreitet? Nun, das ist einfach, der Computer auf dem die "tron'sche Welt" sozusagen lebt, ist gänzlich abgeschottet. Ich glaube, dass wurde sogar mal ganz ganz kurz erwähnt.
Und leider muss man sich für ein kompletteres Bild der Geschichte (Hintergrund der Isos z.B.) die Comics und das Spiel zu Gemüte führen.
der Computer auf dem die "tron'sche Welt" sozusagen lebt, ist gänzlich abgeschottet.
AntwortenLöschenJa, aber Flynn haust ja auch verhältnismäßig "am Arsch der Welt" wo man erstmal durch digitales Gebirge durch muss. Vom Portal selbst ganz zu schweigen. Es scheint also doch mehr Raum auf dem Mainframe zu sein, als Tron City am Ende tatsächlich nutzt.
Du hast ja mit allem Recht was du sagst. Trotzdem fand ich den Film ok...
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