Vergesst Leonardo DiCaprio, vergesst Tom Hanks, wenn es um einen der größten Schauspieler geht, kann nur der Name Nicolas Cage fallen. Ein Grimassenschneider par excellence, der sein Karrierehoch Mitte bis Ende der 1990er Jahre erlebte, als er mit einem Oscar für Leaving Las Vegas im Gepäck zum Action-Star mutierte. Heutzutage fallen einem beim Namen Nic Cage zuerst YouTube-Videos ein, die Best-of-Mash-ups seiner verrücktesten Darstellungen kompilieren: Von Vampire’s Kiss bis The Wicker Man. From Beyond-Kollege Rajko Burchardt nannte ihn in seiner moviepilot-Kolumne „den unfassbarsten Schauspieler unserer Zeit. Eine Urgewalt“ und die gilt es nun in David Gordon Greens Joe zu bewundern.
Darin erzählt David Gordon Green von einer White-Trash-Gesellschaft, einer Zivilisation am Rande der Zivilisation. Joe (Nicolas Cage) ist ein Ex-Knacki, der einst zweieinhalb Jahre wegen Widerstand gegen Polizeibeamte verbüßte. Nun leitet er eine Gruppe Männer, die im Wald schwache Bäume vergiften, um Platz für kräftigere Tannen zu machen. “Nobody wants these trees”, erläutert Joe. “These trees are weak. They’re not good for anything.” Nicht gut genug für irgendwas – das lässt sich im Grunde über alle Figuren sagen. Allen voran über Wade (Gary Poulter), den versoffenen, gewalttätigen Vater des 15-jährigen Gary (Tye Sheridan). Der wiederum sieht in Joe einen Freund und eine potentielle Vaterfigur.
Warum sich dieser des Jungen annimmt, weiß er wohl selbst nicht genau. “When I watch that boy I see someone who’s nothing like me”, verrät Joe. Und dennoch engagiert er sich immer mehr um Gary – was Konsequenzen auf dessen Beziehung zu seinem Vater hat. Je mehr Joe in die Verhältnisse dieser fremden Familie involviert wird, desto näher bewegt er sich auf seinen eigenen Abgrund zu. Jedes Zeichen von Aggression könnte ihn zurück ins Gefängnis katapultieren. Ein Ort, an den sich Joe unterbewusst zurückzusehnen scheint, vermutet der lokale Sheriff, der es gut mit Joe meint. Und da dieser mit Willie (Ronnie Gene Blevins) im Ort eine Nemesis hat, scheint die Eskalation der Dinge nur eine Frage der Zeit zu sein.
Wirkliche Einblicke in seine archetypischen Figuren gewährt Joe dabei dem Zuschauer nicht, diese sortieren sich vielmehr in eine Grauzone ein, mit Tendenzen zu gut und böse. Joe lebt aus dem Nichts und in das Nichts, zwischen TV-Beiträgen, Alkohol, Zigaretten und Prostituierten-Besuchen. Wade wiederum lebt nur für das nächste hochprozentige Getränk. Obschon Joe nie als schlechter Kerl dargestellt wird, erhält er erst als Abstrakt zu Wade und Willie das Attribut: gut. Doch tief in ihm drin ist auch Joe ein Vulkan, der jeden Moment eruptieren kann. Und wer könnte eine derartige Urgewalt besser darstellen, als der Cagemaster? Auch wenn Nicolas Cage hier eher sein subtiles Spiel an den Tag legt – mit wenigen Ausnahmen.
In Kombination mit Green, der zuletzt den eher gekünstelten Prince Avalanche inszenierte, ist Cage fraglos eine Sichtung wert als bärtiger harter Kerl mit weichem Kern. Dabei wird ihm fast die Show von Laiendarsteller Gary Poulter gestohlen, seines Zeichens ein Obdachloser, der die Filmpremiere selbst nicht mehr erlebte. Tye Sheridan wiederum knüpft an den Weg an, den er mit Mud begann, ohne vollends an seine Leistungen in diesem heranzureichen. Aufgrund der verloren wirkenden und fertigen Figuren in einer bisweilen fast träumerisch fotografierten authentischen Landschaft wirkt Joe mitunter wie eine Mischung aus Jeff Nichols’ thematisch nicht unähnlichen Mud und Harmony Korines Gummo.
So ist Joe ein über weite Strecken ruhiges, zugleich aber auch etwas überlanges Drama, dessen Verlauf man natürlich kommen sieht, weil es für Figuren wie Joe, Wade und Willie in Filmen nur einen Weg gibt. Bedächtig nimmt sich David Gordon Green seiner Figuren an, ohne diese vollends preiszugeben. So avanciert Joe weniger zur Charakterstudie wie zum Charakterdrama, welches sich problemlos in einer Double – oder Triple – Bill mit Mud und Killer Joe eignen würde. “You don’t have to take no shit from nobody”, lautet einer der Ratschläge, den Gary im Film erhält. Ein Mantra, wie es sich auch Nic Cage sagen dürfte, der hier wie so oft eine sehenswerte – wenn auch nicht: unfassbare – Leistung abliefert.
Darin erzählt David Gordon Green von einer White-Trash-Gesellschaft, einer Zivilisation am Rande der Zivilisation. Joe (Nicolas Cage) ist ein Ex-Knacki, der einst zweieinhalb Jahre wegen Widerstand gegen Polizeibeamte verbüßte. Nun leitet er eine Gruppe Männer, die im Wald schwache Bäume vergiften, um Platz für kräftigere Tannen zu machen. “Nobody wants these trees”, erläutert Joe. “These trees are weak. They’re not good for anything.” Nicht gut genug für irgendwas – das lässt sich im Grunde über alle Figuren sagen. Allen voran über Wade (Gary Poulter), den versoffenen, gewalttätigen Vater des 15-jährigen Gary (Tye Sheridan). Der wiederum sieht in Joe einen Freund und eine potentielle Vaterfigur.
Warum sich dieser des Jungen annimmt, weiß er wohl selbst nicht genau. “When I watch that boy I see someone who’s nothing like me”, verrät Joe. Und dennoch engagiert er sich immer mehr um Gary – was Konsequenzen auf dessen Beziehung zu seinem Vater hat. Je mehr Joe in die Verhältnisse dieser fremden Familie involviert wird, desto näher bewegt er sich auf seinen eigenen Abgrund zu. Jedes Zeichen von Aggression könnte ihn zurück ins Gefängnis katapultieren. Ein Ort, an den sich Joe unterbewusst zurückzusehnen scheint, vermutet der lokale Sheriff, der es gut mit Joe meint. Und da dieser mit Willie (Ronnie Gene Blevins) im Ort eine Nemesis hat, scheint die Eskalation der Dinge nur eine Frage der Zeit zu sein.
Wirkliche Einblicke in seine archetypischen Figuren gewährt Joe dabei dem Zuschauer nicht, diese sortieren sich vielmehr in eine Grauzone ein, mit Tendenzen zu gut und böse. Joe lebt aus dem Nichts und in das Nichts, zwischen TV-Beiträgen, Alkohol, Zigaretten und Prostituierten-Besuchen. Wade wiederum lebt nur für das nächste hochprozentige Getränk. Obschon Joe nie als schlechter Kerl dargestellt wird, erhält er erst als Abstrakt zu Wade und Willie das Attribut: gut. Doch tief in ihm drin ist auch Joe ein Vulkan, der jeden Moment eruptieren kann. Und wer könnte eine derartige Urgewalt besser darstellen, als der Cagemaster? Auch wenn Nicolas Cage hier eher sein subtiles Spiel an den Tag legt – mit wenigen Ausnahmen.
In Kombination mit Green, der zuletzt den eher gekünstelten Prince Avalanche inszenierte, ist Cage fraglos eine Sichtung wert als bärtiger harter Kerl mit weichem Kern. Dabei wird ihm fast die Show von Laiendarsteller Gary Poulter gestohlen, seines Zeichens ein Obdachloser, der die Filmpremiere selbst nicht mehr erlebte. Tye Sheridan wiederum knüpft an den Weg an, den er mit Mud begann, ohne vollends an seine Leistungen in diesem heranzureichen. Aufgrund der verloren wirkenden und fertigen Figuren in einer bisweilen fast träumerisch fotografierten authentischen Landschaft wirkt Joe mitunter wie eine Mischung aus Jeff Nichols’ thematisch nicht unähnlichen Mud und Harmony Korines Gummo.
So ist Joe ein über weite Strecken ruhiges, zugleich aber auch etwas überlanges Drama, dessen Verlauf man natürlich kommen sieht, weil es für Figuren wie Joe, Wade und Willie in Filmen nur einen Weg gibt. Bedächtig nimmt sich David Gordon Green seiner Figuren an, ohne diese vollends preiszugeben. So avanciert Joe weniger zur Charakterstudie wie zum Charakterdrama, welches sich problemlos in einer Double – oder Triple – Bill mit Mud und Killer Joe eignen würde. “You don’t have to take no shit from nobody”, lautet einer der Ratschläge, den Gary im Film erhält. Ein Mantra, wie es sich auch Nic Cage sagen dürfte, der hier wie so oft eine sehenswerte – wenn auch nicht: unfassbare – Leistung abliefert.
7/10
Auf den freue ich mich natürlich auch schon!
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