Posts mit dem Label Denholm Elliott werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Denholm Elliott werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

17. Mai 2008

Indiana Jones and the Last Crusade

You call *this* archaeology?

Fünf Jahre waren seit Indiana Jones and the Temple of Doom vergangen, ehe sich Produzent George Lucas und Regisseur Steven Spielberg an den Abschluss ihrer Indiana Jones-Trilogie machten, der bisher einzigen Trilogie in Spielbergs Sujet. Spielberg selbst, der Indiana Jones and the Last Crusade als seinen Lieblings-Teil der Reihe bezeichnet, erklärte er habe den Film nur aus einer Trilogie-Verpflichtung gegenüber Lucas gemacht und weil der Vorgängerfilm so schlecht aufgenommen wurde. Die Basishandlung stammte wiederum von Lucas selbst, der Indy dieses Mal in ein Spukhaus sperren wollte. Eine Idee, die bei Spielberg, der 1982 erst Tobe Hoopers Poltergeist herausgebracht hatte, aber auf Ablehnung stieß.

Stattdessen sollte sich der Plot um das heiligste christliche Artefakt, das bereits Ziel der Kreuzzüge gewesen war, drehen: den Heiligen Gral. Zur Aufwertung dieser Idee baute Spielberg dann noch die Vater-und-Sohn-Subhandlung ein, die im Endeffekt das Hauptaugenmerk auf sich zog. Das typische Spielbergsche Thema vom abwesenden Vater würde somit den Kern des Films ausmachen und letzten Endes eine ganz eigene Referenz zum Ursprung der Serie darstellen. Obschon Gregory Peck als Vater von Indiana Jones im Gespräch war, wurde er schließlich durch Sean Connery ersetzt, der als Original-Bond ironischerweise dadurch den Vater des als US-amerikanischen Bond-Verschnitt gedachten Indy spielen durfte.

Spielberg, der immer schon einen Bond-Film inszenieren wollte, hatte nun die Chance, mit James Bond persönlich zu drehen. Noch ironischer wird die ganze Szenerie, wenn man sich das Ensemble der Nebendarsteller ansieht, die ebenfalls in Bond-Abenteuern aufgetaucht sind: Alison Doody (A View to a Kill), John Rhys-Davies (The Living Daylights) und Julian Glover (For Your Eyes Only) die namhaftesten. Über weite Strecken bedient sich der Film an seinen beiden Vorgängern: das heilige Artefakt einer der großen Religionen (Judentum, Hinduismus, Christentum), das Thema des abwesenden Vaters (Marion, Short Round, Indy), massig Parasiten (Schlangen, Käfer, Ratten) und verschiedene Verfolgungsjagden.

Darunter die bondsche Verfolgung in den Kanälen von Venedig, die ihr Ende an einem (Schiffs-)Propeller finden wird oder die Verfolgungsjagd in motorisierten Gefährten, die in einem der legendärsten Stuntszenen endet, mit einem Sprung vom Pferd auf einen Panzer. Zudem beinhaltet Indiana Jones and the Last Crusade Hinweise zu Raiders of the Lost Ark (Indy und die Bundeslade in der Gruft in Venedig) oder zum Privatleben der Macher (Indy verweist in seiner Klasse auf Dr. Tyrees Philosophieunterricht, den Harrison Ford einst besucht hat). Sean Connery selbst wird am Ende des Films von Donovan (Julian Glover) mit einer Walther PKK angeschossen, der Waffe, die er selbst als Bond jahrelang im Halfter trug.

Auch der Ton des dritten Abenteuers von jedermanns liebsten Archäologen macht deutlich, dass das gesamte Projekt mehr Elemente einer Spaßveranstaltung hatte, schließlich dient Henry Jones Sr. (Sean Connery) doch in diesem Teil als der Inbegriff des comic relief. Das langgezogene „Indy“-Gekreische der Schauspielerinnen Karen Allen und Kate Capshaw aus den Vorgängern wird diesmal abgelöst von Indys eigenem genervten “Dad”, mit welchem er versucht, seinen Vater in die Gänge zu kriegen. Getrübt wurden die Dreharbeiten lediglich von dem gesundheitlichen Zustand Denholm Elliotts, der seiner Zeit mit AIDS diagnostiziert wurde und während der Dreharbeiten verstärkt an Schmerzen litt.

Auch seine Figur, Marcus Brody, dient der humoristischen Erleichterung und markiert neben Sallah (John Rhys-Davies) eine weitere Figur aus Raiders of the Lost Ark, die ihre Rückkehr im dritten Teil feiern darf. Dieser stellt zugleich den letzten Film dar, den Kameramann Douglas Slocombe gedreht hat – Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull wird von Spielberg-Spezi Janusz Kaminski fotografiert. Mit seinen ganzen Verfolgungsjagdszenen (die Bootsszene in Venedig, die Panzerszene in Hatay) ist der dritte Teil actionreicher als seine beiden Vorgänger, wegen der Einbeziehung von Henry Jones zudem humorvoller und dank Alison Doody ist er auch der erotischste Teil der Indy-Reihe.

Da verwundert es nicht, dass das Budget von Indiana Jones and the Last Crusade mehr als doppelt so hoch war – 48 Millionen Dollar – als es noch bei Raiders of the Lost Ark der Fall gewesen ist. Doch die Rechnung ging auf, denn mit rund 475 Millionen Dollar spielte der dritte Teil nicht nur am meisten von allen drei Abenteuern ein, sondern er avancierte auch zum ertragreichsten Film des Kinojahres 1989 und wurde wie die beiden Vorgänger mit dem Oscar für die besten Spezialeffekte ausgezeichnet (nebst zwei weiteren Nominierungen). Spielberg selbst hatte seiner Zeit Anfragen für Rain Man und Big verstreichen lassen und es letztlich wohl seinen Kritikern mit dem Indy-Abschluss noch einmal zeigen können.

So wird der Film auch im Internet als zweitstärkster der Reihe eingeschätzt. Mit dem neu geschaffenen PG-13-Rating ist er der einzige Film der Reihe, der kein PG-Rating bekommen hat und weist sogar eine technische Neuerung auf. Die Todesszene von Donovan beanspruchte eine ganze Woche Drehzeit und zählte zu den ersten ausschließlich digital gefilmten Szenen der Filmgeschichte. Inhaltlich gesehen macht die Szene zwar keinerlei Sinn, denn nur ein vollkommener Idiot würde einen mit Gold verkleideten Becher als den Heiligen Gral Jesu Christi ansehen, doch man muss zugeben, dass die Szene technisch sicherlich auf höchstem Niveau gemacht wurde und bis heute Pop-Kultur-Parodien findet.

Neben den Stuntszenen kann sich also auch die Ausstattung, sprichwörtlich, sehen lassen. Eigentlicher Höhepunkt des dritten Teils ist jedoch fast schon seine Einleitung, die dem Publikum einen jungen Indiana Jones (River Phoenix) beschert und ein Tribut von Spielberg an seine eigene Pfadfinderzeit darstellt. Hier wird bereits das gespaltene Verhältnis von Indy zu seinem Vater gezeigt, der sich in seine Gralstudien verliert und seinen Sohn quasi im Stich lässt, als er dem korrupten System begegnet. Stattdessen wird sich Indy als Vorbild ausgerechnet sein „feindliches“ Gegenüber wählen, von dem er den charakteristischen Fedora-Hut als Belohnung für seinen Ehrgeiz und Zielstrebigkeit erhält.

Dies stellt eine Honorierung und Anerkennung von seiner Leistung dar, welcher der erwachsene Indy (Harrison Ford) im Verlaufe von Indiana Jones and the Last Crusade mehrfach hinterher rennen wird, ohne sie von seinem Vater zu erhalten (siehe die Befreiungsszene oder die Flucht im Zweisitzer). Ford selbst hatte die Idee als sein jüngeres Pendant den aufstrebenden Jungstar River Phoenix zu besetzen, da hier die äußerliche Ähnlichkeit – laut Ford – frappierend wäre. Beide arbeiteten bereits unter Peter Weir an The Mosquito Coast zusammen und daher verwundert es auch nicht, dass Phoenix sein Schauspiel weniger an der Figur von Indiana Jones anlegte, sondern vielmehr sein Idol Harrison Ford beobachtete.

In die spannende Eröffnungssequenz findet auch Indys Ophiophobie erneut Einzug, sowie seine Affinität zur Peitsche. Mit dieser erklärt man zugleich Indys Narbe am Kinn, welche sich Hauptdarsteller Ford bei einem Autounfall im Alter von 20 Jahren geholt hatte. Diese Eröffnungsszene, die allein von Phoenix’ Präsenz getragen wird, ist stimmungs- und schwungvoll, amüsant und detailverliebt, und gerade aus diesem Grund das frühe Highlight dieses Films. Spielberg inszeniert dann alllerdings einen absolut unnötigen Übergang mit einem Zeitsprung ins Jahr 1938, um das Schicksal des Coronado-Kreuzes zu erklären, welches dem Publikum in der Szene zuvor als MacGuffin fraglos egal gewesen sein dürfte.

Dies führt dann soweit, dass sich Indiana Jones als unsterblicher Held auf offenem Ozean in die Fluten stürzt und logischerweise irgendwie schließlich nach Hause gerät. Die gesamte Coronado-Auflösung könnte somit überflüssiger nicht sein und man hätte zweifelsohne einen einfacheren Übergang wählen können, um die Brücke von Damals zu Heute zu schlagen. Von allen Teilen ist Indiana Jones and the Last Crusade sicherlich der religiöseste, was besonders dadurch interessant ist, da sowohl Lucas als auch Spielberg Anhänger des jüdischen Glaubens sind und sich dennoch geradezu penetrant auf Jesus Christus als Erlöser stürzen, wenn für Indiana Jones das Finale schließlich zur Glaubensfrage verkommt.

Der Gral selbst spielt als Artefakt jedoch wie angesprochen nur eine untergeordnete Rolle, er steht vielmehr symbolisch für die Anerkennung, die Indy sich von seinem Vater wünscht, die er jedoch nie erhalten hat. Sean Connery, der seinerzeit erst 58 Jahre alt war (und damit nur 12 Jahre älter als Ford), aber einen etwa 75-Jährigen spielen musste, bringt diese Entfremdung zum eigenen Sohn sehr gut rüber. Bestes Beispiel dürfte die Szene mit der Ming-Vase sein, um die sich der Professor mehr sorgt, als um das Wohlbefinden seines Sohnes. Als Indy im Zeppelin schließlich die Chance erhält, mit seinem Vater ein persönliches Gespräch zu führen, weiß er selbst nicht, worüber die beiden Männer reden sollen.

Indys Begeisterung für die Archäologie kommt dabei nicht von ungefähr, sondern orientiert sich an seinem Vater, selbst wenn er sein äußeres Erscheinungsbild nach einem Grabräuber modelliert. Im Finale muss Indy wie immer lernen, das Artefakt loszulassen. Von der Stimmung her ist Indiana Jones and the Last Crusade ein typisches Jones-Abenteuer, doch die häufige Redundanz der Szenen stören letztlich den Handlungsfluss, sodass Teil 3 nicht en par mit dem ersten Film ist. Es bleibt zwar abzuwarten, wie viele Indy-Elemente im vierten Abenteuer nächste Woche auftauchen, die Thematik des abwesenden Vaters (Mutt) ist jedoch auf jeden Fall vorhanden und wird von Spielberg erneut übernommen werden.

8.5/10

1. Mai 2008

Raiders of the Lost Ark

It’s not the years, it’s the mileage.

Das Kennedy Center benennt ihn als den erfolgreichsten Regisseur unserer Zeit und beschreibt ihn als einen Regisseur, der die Zuschauer amüsiert und erstaunt, sie zum Lachen und zum Weinen bringt. Das TIME Magazin nannte ihn die einflussreichste Person seiner Generation Ende des 20. Jahrhunderts. Die Rede ist von Steven Spielberg, dem Mainstream-Regisseur schlechthin, der es sogar schafft aus dem Holocaust einen Blockbuster zu machen. Als 28-Jähriger lieferte er mit The Sugarland Express seinen ersten Kinofilm ab und gelangte ein Jahr später mit Jaws bereits zu Ruhm. Es folgte 1977 in Close Encounters of the Third Kind seine erste Auseinandersetzung mit einem seiner Lieblingsthemen, ehe er sich 1979 zum ersten Mal einem anderen Lieblingsthema widmete: dem Zweiten Weltkrieg. Doch seine Satire 1941 enttäuschte die Erwartungen der Produzenten, sodass Spielbergs nächstes Projekt, das ihm endgültig die Herzen der Zuschauer sichern würde, in eine unklare Zukunft blickte.

Produzent George Lucas hatte große Probleme ein Studio als Finanzier für den neuen Film zu gewinnen, seiner Aussage nach wurde das Skript von allen abgelehnt, ehe Paramount gewonnen werden konnte. Was ursprünglich als Low-Budget-Produktion geplant war, verdreifachte seine Kosten zu der endgültigen Summe von 20 Millionen Dollar, welche in ihrer Summe von Paramount getragen wurden. Zudem sicherte Lucas sich 40 Prozent des Filmgewinns, ein ungewöhnlicher Deal, der dem bärtigen Mann zusammen mit seinem Star Wars-Franchise einen ungemeinen Reichtum sichern sollte. Spielbergs und Lucas’ Film, Raiders of the Lost Ark, avancierte problemlos zum ertragsreichsten Film des Jahres 1981, mit einem weltweiten Einspiel von 384 Millionen Dollar. Allein 60 Prozent spielte der Film in den Vereinigten Staaten ein, was ebenfalls ungewöhnlich ist und ihn zu einem durch und durch US-amerikanischen Produkt macht. Ein US-amerikanischer Held für das US-amerikanische Volk.

Das American Film Institute platziert Raiders of the Lost Ark auf Platz 60 der 100 besten Filme des 20. Jahrhunderts, die Academy ehrte ihn 1982 mit acht Oscarnominierungen, darunter auch als bester Film und für die beste Regie. Am Ende gewann er vier der Trophäen, für Ausstattung, Ton, Effekte und Schnitt. In der IMDb hält er eine 8.7 Bewertung und ist damit aktuell der 27. bestbewertete Film, bei Rotten Tomatoes erhielt er sogar 94%. Entertainment Weekly wählte die Figur des Indiana Jones zum drittbesten Actionhelden, lediglich von Ellen Ripley und John McClane übertroffen. Vielmehr als die beiden ist Indiana Jones jedoch zu einer Kultfigur aufgestiegen, die ihre Anfänge bereits 1973 hat. Denn Lucas schrieb neben Star Wars eine andere Adaption berühmter Kurzgeschichten aus den 1930er Jahren: einen Abenteuerhelden namens Indiana Smith. Pate für den Vornamen seines Helden stand Lucas’ eigener Hund, eine Anekdote, die es in Indiana Jones and the Last Crusade schaffte.

Im Frühsommer 1977 erholte sich Lucas gemeinsam mit Spielberg auf der hawaiischen Insel Maui und erzählte seinem Freund, der schon immer einen Bond-Film inszenieren wollte, erstmals von seiner Idee eines abenteuerlustigen Archäologen. Das Element des Playboys, welches Lucas in Anlehnung an Bond vorgesehen hatte, fiel allerdings auf Wunsch von Spielberg und Drehbuchautor Lawrence Kasdan weg. Der Regisseur war es dann auch, der Lucas darauf hinwies, dass der Nachname „Smith“ nicht zur Figur passt, die daraufhin in „Jones“ umbenannt wurde. Ironischerweise sollte sich die Bond-Serie in den 1980ern selbst an Indiana Jones orientieren, nachdem man schon in Moonraker versucht hatte, auf den Star Wars-Zug aufzuspringen. Bis heute hat die Indiana Jones-Trilogie weltweit über 1,2 Milliarden US-Dollar eingespielt und fand 2008 fast 20 Jahre später eine nicht wirklich ruhmreiche Fortführung zur Quadrologie, deren vierter Teil problemlos über 700 Millionen US-Dollar einspielte.

Die Anfangssequenz, wie in allen Teilen ein nahtloser Übergang des Paramount-Emblems in die Szenerie, beginnt in einem südamerikanischen Dschungel und zeigt uns Indiana Jones (Harrison Ford) zuerst nur von hinten. Unerschrocken schreitet er voran und lässt seine eigentlichen indigenen Führer stückweise hinter sich, bis am Ende nur noch einer von ihnen (Alfred Molina in seiner ersten Rolle) übrig ist. Gemeinsam mit Jones betritt er eine Höhle voller Trickfallen, die bereits einen Kollegen das Leben kostete, von unserem Helden jedoch ausfindig gemacht werden. Der Auftakt ist teils eine direkte Übernahme des Donald-Duck-Abenteuers The Prize of Pizarro, welches seine Schatten auch in die zwei Fortsetzungen geworfen hat. Berühmt geworden ist hierbei die Flucht vor der riesigen Steinkugel, wie die Auftaktszene allgemein weitaus erinnerungswürdiger und gelungener als das Filmende geraten ist. Im Prolog treffen wir nicht nur erstmalig den Helden, sondern auch den Antagonisten des Films.

Der französische Archäologe Belloq (Paul Freeman) ist im Grunde nur die Karikatur eines Archäologen, wie Spielberg vermehrt in seinem Film veranschaulichen wird. Inkompetent wie Belloq ist, wird er in jeder einzelnen Szene auf Indys Hilfe angewiesen sein, um das zu bekommen, was ihm eigentlich vorschwebt. Seine scheinbare Skrupellosigkeit wird lediglich in den Szenen mit Marion in Frage gestellt, am eindrucksvollsten bei Arnold Tohts (Ronald Lacey) Auftritt in Ägypten. Die Anfangsszene wiederum zeigt auch einen typischen Zug der Jones-Serie, nämlich ein Artefakt, für das der smarte Archäologe sein Leben aufs Spiel setzen wird, ohne dieses am Ende seines Abenteuers mit nach Hause nehmen zu dürfen. Sei es hier der goldene Schädel und die Bundeslade, die mystischen Steine im zweiten oder der Heilige Gral im dritten Teil – alle diese Artefakte, muss Indy nach kurzen Besitz letzten Endes aufgeben und charakterisiert dadurch dennoch einen Sieg selbst in der Niederlage.

Letzteres verstärkt sich auch deshalb, da diese finalen Momente auch immer Jones’ Gegner beinhalten, die im Gegensatz zu ihm nicht von den Objekten lassen wollen und schließlich durch sie ihr Verderben finden. Am deutlichsten wird dies in der Klimax des dritten Teils zu sehen sein und auch das Ende des vierten Teils rund um Cate Blanchetts Agentin Spalko dürfte dies beinhalten – zumindest wenn Spielberg seinem Franchise treu bleibt. Nunmehr hat er seinen Helden installiert, das Publikum weiß, dass Jones ein tougher Kerl ist. Veranschaulicht auch an der Referenz der Macher zu den klassischen Geschichten der 1930er und 1940er, wenn Jones auf seiner gesamten Flucht, inklusive Sprung ins Wasser, seinen Hut nicht verlieren wird. Nach der starken Einleitung präsentiert Spielberg das zweite Gesicht seiner Figur, quasi ihre eigentliche Tarnung, die Clark-Kent-Essenz dieses Superman. Als Dr. Jones unterrichtet der eben zur Schau gestellte Held ein Klassenzimmer bebrillt und im Anzug.

Irritierte ihn gerade nicht einmal eine Horde mordlüsterner Eingeborener, gerät er nun ins Stocken als ihm eine seiner Studentinnen auf einfallsreiche Weise ihre Gefühle gesteht. Jones ist ein Kind im Körper eines Mannes, das zwar durchaus ein Interesse an Frauen hat, wie die drei Teile jedoch zeigen werden zu diesen aber ein mitunter zwiespältiges Verhältnis besitzt. Jetzt bringt Spielberg das Artefakt ins Spiel, als die US-Regierung Indy auf die Suche nach der Bundeslade schickt, einem Heiligtum des Judentums, verloren geglaubt und nun von den Nazis für den Endsieg gesucht. Die Geschichte spielt 1936 und die Nürnberger Gesetze wurden zwar ein Jahr zuvor verabschiedet, das Münchener Abkommen ist aber noch zwei Jahre entfernt und der Holocaust zu diesem Zeitpunkt höchstens eine Idee. Dennoch geben die Nazis die universellen Bösewichte, personifiziert in einer einzelnen Figur, die einen mehr als bezeichnenden – jedoch ungenannten – Namen erhielt: Arnold Toht.

Angeblich hatte Klaus Kinski die Rolle abgelehnt, die auf Jahre das Filmbild der Nazis bestimmen sollte: das Bild eines skrupellosen, unbarmherzigen Sadisten. Arnold Toht wird gemeinsam mit der weiblichen Hauptfigur Marion Ravenwood (Karen Allen) in die Handlung eingeführt und Spielberg geht bereits hier ungalant mit Toht um, wenn er ihn ins Lächerliche abdriften lässt. Und nicht nur hier, legt Toht den ganzen Film hindurch seinen schwarzen Mantel nicht ab, weshalb er sich im Filmfinale in brütender Hitze entsprechend den Schweiß von der Stirn wischt. Trotz seines Nazi-Status’ ist Toht jedoch nicht der Hauptantagonist, vielmehr ist es durchweg Belloq, der mit allen Mitteln an die Bundeslade gelangen möchte. Ein Merkmal, dass sich im dritten Teil wiederholen wird, der ohnehin ein Spiegel von Raiders of the Lost Ark ist. Indy befindet sich jeweils in einem Wettstreit mit Nazis um ein Artefakt, mit denen er sich unentwegt beharkt, aber mal um mal einen Schritt voraus ist.

Als Parallele zum Antagonisten-Trio stellt Spielberg Indy und Marion den ägyptischen Gräber Sallah (John Rhys-Davies) an die Seite. Dieser sollte eigentlich von Danny De Vito gespielt werden, der aufgrund seines Engagements in der Serie Taxi unabkömmlich war. Ähnlich verhielt es sich bei Tom Selleck, der nur wegen Magnum, P.I. nicht zu Indy wurde, aber ohnehin nicht Spielbergs erste Wahl war. Dies war Harrison Ford, der erst drei Wochen vor Drehbeginn zum Team stieß und von Lucas vorab abgelehnt worden war, um nicht nach Star Wars und American Graffiti sein Robert De Niro zu werden. Die Szenen in Kairo, wo Indy und Sallah die Bundeslade finden, wurden amüsanterweise in Tunesien gedreht, am selben Set, das zuvor für Lucas’ Wüstenplaneten Tatooine in Star Wars herhielt. Es sind auch die Kairo-Szenen, mündend in Indys Flugfeldprügelei und seiner rasanten Verfolgungsjagd, die den eigentlichen Höhepunkt des Films bilden, an den das Ende nicht mehr anzuknüpfen vermag.

Raiders of the Lost Ark ist ein im Grunde perfekter Abenteuerfilm, der über seine gesamte Dauer zu gefallen weiß, bisweilen erstaunt, oft genug amüsiert und somit die Eigenschaften erfüllt, die ihm das Kennedy Center zuschreibt. Ein selbstironischer Held, wenn auch ein absolut US-amerikanischer, der mit Peitsche, Lederjacke und Hut die Kontinente bereist und sich mit höheren Mächten anlegt. Das alles im Gewand eines B-Movies, das schließlich doch kein B-Movie mehr wurde. Im Gegenteil, wurden die Effekte von Lucas’ Trickschmiede ILM sogar ausgezeichnet und starteten ein Franchise, dessen vermeintlicher Abschluss ein Achtfaches des einstigen Budgets einspielten. Ein Spaßfilm, dessen Drehbuch zu Recht nicht für den Oscar nominiert wurde, wobei dies auch sicher nie die Intention der Macher war. Bestückt mit vielen Referenzen zu Casablanca, Citizen Kane und vielen anderen Klassikern war Raiders of the Lost Ark zugleich der Vorbote eines weiteren als Meisterwerk erachteten Films.

Denn in den Drehpausen des Films schrieb Spielberg gemeinsam mit Harrison Fords damaliger Ehefrau Melissa Matheson das Drehbuch zu E.T. – The Extra-Terrestrial, der ihm ein Jahr später eine weitere Nominierung als bester Regisseur einbringen würde. Das einzige, was an Raiders of the Lost Ark etwas zu missfallen weiß, ist zum einen die Vielzahl an Set Pieces und die darauf resultierende Überlänge und zum anderen das Filmende selbst, das Spielberg quasi vor Ort entwirft, ohne näher auf dessen Mysterien einzugehen. Um was es sich bei den Geistern der Bundeslade handelt, wieso sie feindlich gesinnt sind und warum bloßes Augenverschließen vor ihnen schützt – all das erläutert wird nicht erläutert und erzeugt somit kaum Spannung. Stattdessen liefern nette Effekte einen gewissen Gore-Faktor. Hätten sich Spielberg, Lucas und Kasdan hier noch etwas kreativer gezeigt, wäre Raiders of the Lost Ark perfekt geworden. Aber auch so zählt er zu den unsterblichen Meisterwerken des Kinos.

10/10