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17. Mai 2008

Indiana Jones and the Last Crusade

You call *this* archaeology?

Fünf Jahre waren seit Indiana Jones and the Temple of Doom vergangen, ehe sich Produzent George Lucas und Regisseur Steven Spielberg an den Abschluss ihrer Indiana Jones-Trilogie machten, der bisher einzigen Trilogie in Spielbergs Sujet. Spielberg selbst, der Indiana Jones and the Last Crusade als seinen Lieblings-Teil der Reihe bezeichnet, erklärte er habe den Film nur aus einer Trilogie-Verpflichtung gegenüber Lucas gemacht und weil der Vorgängerfilm so schlecht aufgenommen wurde. Die Basishandlung stammte wiederum von Lucas selbst, der Indy dieses Mal in ein Spukhaus sperren wollte. Eine Idee, die bei Spielberg, der 1982 erst Tobe Hoopers Poltergeist herausgebracht hatte, aber auf Ablehnung stieß.

Stattdessen sollte sich der Plot um das heiligste christliche Artefakt, das bereits Ziel der Kreuzzüge gewesen war, drehen: den Heiligen Gral. Zur Aufwertung dieser Idee baute Spielberg dann noch die Vater-und-Sohn-Subhandlung ein, die im Endeffekt das Hauptaugenmerk auf sich zog. Das typische Spielbergsche Thema vom abwesenden Vater würde somit den Kern des Films ausmachen und letzten Endes eine ganz eigene Referenz zum Ursprung der Serie darstellen. Obschon Gregory Peck als Vater von Indiana Jones im Gespräch war, wurde er schließlich durch Sean Connery ersetzt, der als Original-Bond ironischerweise dadurch den Vater des als US-amerikanischen Bond-Verschnitt gedachten Indy spielen durfte.

Spielberg, der immer schon einen Bond-Film inszenieren wollte, hatte nun die Chance, mit James Bond persönlich zu drehen. Noch ironischer wird die ganze Szenerie, wenn man sich das Ensemble der Nebendarsteller ansieht, die ebenfalls in Bond-Abenteuern aufgetaucht sind: Alison Doody (A View to a Kill), John Rhys-Davies (The Living Daylights) und Julian Glover (For Your Eyes Only) die namhaftesten. Über weite Strecken bedient sich der Film an seinen beiden Vorgängern: das heilige Artefakt einer der großen Religionen (Judentum, Hinduismus, Christentum), das Thema des abwesenden Vaters (Marion, Short Round, Indy), massig Parasiten (Schlangen, Käfer, Ratten) und verschiedene Verfolgungsjagden.

Darunter die bondsche Verfolgung in den Kanälen von Venedig, die ihr Ende an einem (Schiffs-)Propeller finden wird oder die Verfolgungsjagd in motorisierten Gefährten, die in einem der legendärsten Stuntszenen endet, mit einem Sprung vom Pferd auf einen Panzer. Zudem beinhaltet Indiana Jones and the Last Crusade Hinweise zu Raiders of the Lost Ark (Indy und die Bundeslade in der Gruft in Venedig) oder zum Privatleben der Macher (Indy verweist in seiner Klasse auf Dr. Tyrees Philosophieunterricht, den Harrison Ford einst besucht hat). Sean Connery selbst wird am Ende des Films von Donovan (Julian Glover) mit einer Walther PKK angeschossen, der Waffe, die er selbst als Bond jahrelang im Halfter trug.

Auch der Ton des dritten Abenteuers von jedermanns liebsten Archäologen macht deutlich, dass das gesamte Projekt mehr Elemente einer Spaßveranstaltung hatte, schließlich dient Henry Jones Sr. (Sean Connery) doch in diesem Teil als der Inbegriff des comic relief. Das langgezogene „Indy“-Gekreische der Schauspielerinnen Karen Allen und Kate Capshaw aus den Vorgängern wird diesmal abgelöst von Indys eigenem genervten “Dad”, mit welchem er versucht, seinen Vater in die Gänge zu kriegen. Getrübt wurden die Dreharbeiten lediglich von dem gesundheitlichen Zustand Denholm Elliotts, der seiner Zeit mit AIDS diagnostiziert wurde und während der Dreharbeiten verstärkt an Schmerzen litt.

Auch seine Figur, Marcus Brody, dient der humoristischen Erleichterung und markiert neben Sallah (John Rhys-Davies) eine weitere Figur aus Raiders of the Lost Ark, die ihre Rückkehr im dritten Teil feiern darf. Dieser stellt zugleich den letzten Film dar, den Kameramann Douglas Slocombe gedreht hat – Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull wird von Spielberg-Spezi Janusz Kaminski fotografiert. Mit seinen ganzen Verfolgungsjagdszenen (die Bootsszene in Venedig, die Panzerszene in Hatay) ist der dritte Teil actionreicher als seine beiden Vorgänger, wegen der Einbeziehung von Henry Jones zudem humorvoller und dank Alison Doody ist er auch der erotischste Teil der Indy-Reihe.

Da verwundert es nicht, dass das Budget von Indiana Jones and the Last Crusade mehr als doppelt so hoch war – 48 Millionen Dollar – als es noch bei Raiders of the Lost Ark der Fall gewesen ist. Doch die Rechnung ging auf, denn mit rund 475 Millionen Dollar spielte der dritte Teil nicht nur am meisten von allen drei Abenteuern ein, sondern er avancierte auch zum ertragreichsten Film des Kinojahres 1989 und wurde wie die beiden Vorgänger mit dem Oscar für die besten Spezialeffekte ausgezeichnet (nebst zwei weiteren Nominierungen). Spielberg selbst hatte seiner Zeit Anfragen für Rain Man und Big verstreichen lassen und es letztlich wohl seinen Kritikern mit dem Indy-Abschluss noch einmal zeigen können.

So wird der Film auch im Internet als zweitstärkster der Reihe eingeschätzt. Mit dem neu geschaffenen PG-13-Rating ist er der einzige Film der Reihe, der kein PG-Rating bekommen hat und weist sogar eine technische Neuerung auf. Die Todesszene von Donovan beanspruchte eine ganze Woche Drehzeit und zählte zu den ersten ausschließlich digital gefilmten Szenen der Filmgeschichte. Inhaltlich gesehen macht die Szene zwar keinerlei Sinn, denn nur ein vollkommener Idiot würde einen mit Gold verkleideten Becher als den Heiligen Gral Jesu Christi ansehen, doch man muss zugeben, dass die Szene technisch sicherlich auf höchstem Niveau gemacht wurde und bis heute Pop-Kultur-Parodien findet.

Neben den Stuntszenen kann sich also auch die Ausstattung, sprichwörtlich, sehen lassen. Eigentlicher Höhepunkt des dritten Teils ist jedoch fast schon seine Einleitung, die dem Publikum einen jungen Indiana Jones (River Phoenix) beschert und ein Tribut von Spielberg an seine eigene Pfadfinderzeit darstellt. Hier wird bereits das gespaltene Verhältnis von Indy zu seinem Vater gezeigt, der sich in seine Gralstudien verliert und seinen Sohn quasi im Stich lässt, als er dem korrupten System begegnet. Stattdessen wird sich Indy als Vorbild ausgerechnet sein „feindliches“ Gegenüber wählen, von dem er den charakteristischen Fedora-Hut als Belohnung für seinen Ehrgeiz und Zielstrebigkeit erhält.

Dies stellt eine Honorierung und Anerkennung von seiner Leistung dar, welcher der erwachsene Indy (Harrison Ford) im Verlaufe von Indiana Jones and the Last Crusade mehrfach hinterher rennen wird, ohne sie von seinem Vater zu erhalten (siehe die Befreiungsszene oder die Flucht im Zweisitzer). Ford selbst hatte die Idee als sein jüngeres Pendant den aufstrebenden Jungstar River Phoenix zu besetzen, da hier die äußerliche Ähnlichkeit – laut Ford – frappierend wäre. Beide arbeiteten bereits unter Peter Weir an The Mosquito Coast zusammen und daher verwundert es auch nicht, dass Phoenix sein Schauspiel weniger an der Figur von Indiana Jones anlegte, sondern vielmehr sein Idol Harrison Ford beobachtete.

In die spannende Eröffnungssequenz findet auch Indys Ophiophobie erneut Einzug, sowie seine Affinität zur Peitsche. Mit dieser erklärt man zugleich Indys Narbe am Kinn, welche sich Hauptdarsteller Ford bei einem Autounfall im Alter von 20 Jahren geholt hatte. Diese Eröffnungsszene, die allein von Phoenix’ Präsenz getragen wird, ist stimmungs- und schwungvoll, amüsant und detailverliebt, und gerade aus diesem Grund das frühe Highlight dieses Films. Spielberg inszeniert dann alllerdings einen absolut unnötigen Übergang mit einem Zeitsprung ins Jahr 1938, um das Schicksal des Coronado-Kreuzes zu erklären, welches dem Publikum in der Szene zuvor als MacGuffin fraglos egal gewesen sein dürfte.

Dies führt dann soweit, dass sich Indiana Jones als unsterblicher Held auf offenem Ozean in die Fluten stürzt und logischerweise irgendwie schließlich nach Hause gerät. Die gesamte Coronado-Auflösung könnte somit überflüssiger nicht sein und man hätte zweifelsohne einen einfacheren Übergang wählen können, um die Brücke von Damals zu Heute zu schlagen. Von allen Teilen ist Indiana Jones and the Last Crusade sicherlich der religiöseste, was besonders dadurch interessant ist, da sowohl Lucas als auch Spielberg Anhänger des jüdischen Glaubens sind und sich dennoch geradezu penetrant auf Jesus Christus als Erlöser stürzen, wenn für Indiana Jones das Finale schließlich zur Glaubensfrage verkommt.

Der Gral selbst spielt als Artefakt jedoch wie angesprochen nur eine untergeordnete Rolle, er steht vielmehr symbolisch für die Anerkennung, die Indy sich von seinem Vater wünscht, die er jedoch nie erhalten hat. Sean Connery, der seinerzeit erst 58 Jahre alt war (und damit nur 12 Jahre älter als Ford), aber einen etwa 75-Jährigen spielen musste, bringt diese Entfremdung zum eigenen Sohn sehr gut rüber. Bestes Beispiel dürfte die Szene mit der Ming-Vase sein, um die sich der Professor mehr sorgt, als um das Wohlbefinden seines Sohnes. Als Indy im Zeppelin schließlich die Chance erhält, mit seinem Vater ein persönliches Gespräch zu führen, weiß er selbst nicht, worüber die beiden Männer reden sollen.

Indys Begeisterung für die Archäologie kommt dabei nicht von ungefähr, sondern orientiert sich an seinem Vater, selbst wenn er sein äußeres Erscheinungsbild nach einem Grabräuber modelliert. Im Finale muss Indy wie immer lernen, das Artefakt loszulassen. Von der Stimmung her ist Indiana Jones and the Last Crusade ein typisches Jones-Abenteuer, doch die häufige Redundanz der Szenen stören letztlich den Handlungsfluss, sodass Teil 3 nicht en par mit dem ersten Film ist. Es bleibt zwar abzuwarten, wie viele Indy-Elemente im vierten Abenteuer nächste Woche auftauchen, die Thematik des abwesenden Vaters (Mutt) ist jedoch auf jeden Fall vorhanden und wird von Spielberg erneut übernommen werden.

8.5/10

3. Januar 2008

Vorlage vs. Film: The Two Towers

The Two Towers (1954)

Ursprünglich besteht The Lord of the Rings wie bereits beim ersten Band erwähnt, aus sechs Büchern, welche später wegen der Papierknappheit des Zweiten Weltkrieges in drei Bänden erschienen, von welchen der zweite durch die Herausgeber den Namen Die Zwei Türme erhielt. Tolkien selbst äußerte sich, dass dies wohl der beste Titel ist, den man hätte wählen können, auch wenn sich der Titel nicht ausschließlich auf die meist gewählten Orthanc und Barad-dûr begrenzen lässt. Theoretisch müsste es sich vielmehr um den Orthanc und den Minas Morgul handeln – für die Verfilmung spielt dies jedoch keine Rolle, da hier der Minas Morgul nicht vorkommt. Die von Tolkien vergebenen Titel für die einzelnen Bücher lauteten für das dritte Buch, welches sich ausschließlich mit der nach Westen aufgesprengten Gruppe der Gefährten beschäftigt, Der Verrat von Isengard. Das vierte Buch, welches sich Frodos Reise mit Sam nach Mordor widmet, erhielt den Namen Die Reise der Ringträger. Da es sich um den Mittelteil eines Epos handelt, beginnen und enden die beiden Bücher abrupt, ohne ihre Charaktere erneut vorzustellen (wie es Mrs. Rowling immer bei ihren Büchern pflegte). Bestand das erste Buch noch aus einer verhältnismäßig ruhigen Einführung und das zweite Buch mit ersten ernsten Zügen, erhält der Krieg nunmehr Einzug in Mittelerde.

Im dritten Buch (Der Verrat von Isengard) findet Aragorn zuerst den sterbenden Boromir und erfährt, dass die Uruk-hai Merry und Pippin entführt haben. Schweren Herzens überlasst er Frodo und Sam sich selbst und setzt mit Legolas und Gimli zur Verfolgung an. In Rohan treffen sie schließlich nicht nur auf den tapferen Marschall Éomer, sondern können sich im Fangorn Wald auch der Sicherheit ihrer beiden Freunde sicher sein. Im Fangorn gibt es auch ein Wiedersehen der besonderen Art, denn Gandalf wurde nach seinem Sturz in die Schatten Morias wiedergeboren und führt die drei Freunde nunmehr nach Edoras. Dort ziehen sie mit König Theoden und dessen Neffen Éomer zur Schlacht gegen Sarumans Armee nach Helms Klamm. Während Merry und Pippin auf den Ent Baumbart treffen und mit ihm und seinem Volk den Angriff auf Isengard starten, organisiert Gandalf mit Erkenbrand, dem Herrn der Westfold Rohans, ein Heer und als der Kampf um Helms Klamm zu scheitern drohte, kann der Sieg doch noch errungen werden. In Isengard treffen die Gefährten wieder aufeinander und nach einem letzten Gegenüber mit Saruman ziehen sich Gandalf und die anderen zurück. Doch Pippin wagt einen Blick in Sarumans Palantir und verschafft somit Sauron das Wissen über die Anwesenheit eines Hobbits in Rohan. Während Theoden und die anderen ihre Männer sammeln, macht sich Gandalf mit Pippin auf den Weg nach Minas Tirith.

Im vierten Buch (Die Reise der Ringträger) treffen Frodo und Sam in den Emyn Muil auf ihren Verfolger Gollum. Da sie selbst sich des Weges unsicher sind, zwingen sie Gollum sie zum Schwarzen Tor zu führen. Während der erschöpfenden Reise durch die Totensümpfe nähern sich Frodo und Gollum etwas an, Frodo beginnt die Worte Gandalfs zu verstehen und empfindet Mitleid für Gollum. In das Gute in ihm glaubend, greift er auf seinen früheren Namen Sméagol zurück. Am Schwarzen Tor angekommen sehen sich die Hobbits ihrer Hoffnungslosigkeit gegenüber, lassen sich von Sméagol jedoch zur Nutzung eines geheimen Pfades am Minas Morgul überreden. In den Wäldern Ithiliens werden sie jedoch von Faramir, Gondors Kapitän und Bruder Boromirs, überwältigt. Als dieser erkennt, welche Aufgabe Frodo vollbringen muss, lässt er ihn mit frischem Proviant ausgestattet wieder auf freien Fuß. Am Minas Morgul angekommen sehen die Hobbits wie Sauron seine Armee nach Osgiliath schickt. Im letzten Stück des Pfades Cirith Ungol lässt Gollum die Hobbits in eine Falle laufen – Frodo wird scheinbar von der Riesenspinne Kankra ermordet. Sam, der zuerst die Reise alleine beenden will, flüchtet im Angesicht nahender Orks wieder an die Seite seines Herren, und indem er sich den Ring überstreift, wird auch er zum Ringträger. Die Orks offenbaren dem heimlich lauschenden Sam schließlich ein Geheimnis: Frodo lebt!

Da ich für die Zusammenfassung gerade aufgrund der Namen (Totensümpfe, Kankra) in die deutsche Übersetzung blicken musste, fiel mir fast die Kinnlade herunter, hatte ich doch erfolgreich vergessen, wie lieblos Wolfang Kreges Übersetzung ist. Egal, durch Tolkiens Teilung des Geschehens weiß man als Leser zuerst lange nicht, wie es um Frodo steht und dessen Reise verläuft. Etwas bitter aufstoßen tut dabei sicherlich Gandalfs Wiedergeburt, nachdem man ihn im zweiten Buch für tot geglaubt hat. Doch die Worte Elronds sollen sich bewähren und nicht nur Aragorn, Merry und die anderen sollen in Baumbart, Theoden und Éomer neuen Freunde auf ihrem Pfad finden, sondern auch Frodo mit Faramir in Ithilien. Die Handlung wird düsterer, Krieg liegt auf den Männern des Westens und Frodo beginnt unter dem Gewicht des Ringes erste Abnutzungserscheinungen zu zeigen. Das Auge Mordors richtet sich nunmehr auf Gondor und Minas Tirith und es ist an Gandalf und den Anderen, Frodo noch mehr Zeit zu verschaffen. Doch hierfür muss Sam Frodo erstmal auf dem Turm am Cirith Ungol befreien, ehe er nach Lugbúrz überführt wird. Und auch Gollum befindet sich weiterhin auf freiem Fuss – klimatisch lässt Tolkien seine Geschichte in der Schwebe stehen.


The Two Towers – Special Extented Edition (2002)

My business is with Isengard tonight, with rock and stone.

Am nettesten zu lesen sind die verschiedenen Casting-Debatten rund um den Herr der Ringe, denn nachdem Stuart Townsend als zu jung für Aragorn angesehen wurde, fasste Peter Jackson Russell Crowe ins Auge, was sicherlich auch eine ansehnliche Wahl gewesen ware. Éowyn und Faramir sollten eigentlich von dem damaligen Paar Uma Thurman und Ethan Hawke gespielt werden, Orlando Bloom selbst hatte ursprünglich für die Rolle Faramirs vorgesprochen und Theoden-Darsteller Bernhard Hill war zuerst für die Rolle von Gandalf vorgesehen gewesen. Am Ende kam alles doch ganz anders und die Rollen von den Geschwistern Éomer und Éowyn, sowie Faramirs gingen an die bis dahin weitgehend unbekannten Schauspieler Karl Urban, Miranda Otto und David Wenham. Ansonsten lässt es sich Jackson jedoch nicht nehmen, erneut Hugo Weaving als Elrond und Cate Blanchett als Galadriel auftreten zu lassen, zusammen mit vielen weiteren moralischen Vergewaltigungen von Tolkiens Figuren. Alles selbstverständlich immer nur im Dienste der Spannungserzeugung, denn die Vorlage von Tolkien ist spannungstechnisch solche eine Schlaftablette, dass man sich fragt, wieso es überhaupt zu einer Verfilmung gekommen ist.

Vorab aber erstmal die erneut gelungensten Punkte. Howard Shore ist für The Two Towers ein weitaus besserer Score gelungen als bei Fellowhship, bzw. ein ebenso guter und Jackson hat diesmal darauf verzichtet jede einzelne Szene mit Musik zu unterlegen. Es wurde ihm scheinbar von jemandem zugetragen, dass dies nicht unbedingt notwendig ist und so sind es besonders die Szenen mit Frodo, Sam und Gollum, welche oft einfach für sich stehen, ganz ohne theatralisches Gedudel. Wie jedoch bereits im ersten Teil gebührt das größte Lob Alan Lee und John Howe, die eine phantastische Kulisse erschaffen. Die Unebenheiten und Kälte der Emyn Muil werden abgelöst von den perfekt inszenierten Totensümpfen – auch Rohan, Ithilien und der Fangorn Wald sehen so aus, wie man sich dies nach Tolkiens Vorlage vorstellen könnte. Lee und Howe beweisen auch ein Auge für die kleinen Details, wie die simbelmynë. Hier wurde wieder Tolkiens Mittelerde tatkräftig ins Leben gerufen und der alte Mann wäre ohne Zweifel stolz darauf gewesen oder wahrscheinlich glatt selbst nach Neuseeland gezogen, wenn er das zu Lebzeiten alles geahnt hätte. Dass die Academy hierfür keine Auszeichnungen springen ließ und diese stattdessen an Chicago ging, bleibt wie so viele Entscheidungen der Academy einfach nur unverständlich.

Jackson selbst erzählt die Geschichte der Bücher 3 und 4 nicht chronologisch, sondern vermischt sie nach Belieben, dabei den Anschein aufrecht erhaltend, dass was man sieht simultan abläuft. Der Film knüpft an Gandalfs Kampf gegen den Balrog an, um schließlich zu Frodo und Sam in den Emyn Muil umzuschwenken. Nachdem diese Gollum gezähmt haben, geht es nach Rohan zu den übrigen Gefährten. Hier wird man gleich mit einer neuen Figur konfrontiert, welche den Zuschauer noch den Rest des Filmes über begleiten wird: Gimli der Pausenclown. Ganze sechs lächerliche Szenen wird Jackson seinem Publikum mit diesem comic relief schenken, sei es ein Gimli der stolpert, am Hof des Königs rülpst (!), Späßchen mit Fangorn und seinen Gefährten Aragorn und Legolas treibt. Könnte Tolkien das sehen, er würde sich im Grab umdrehen. Gimli, der stellvertretend für das ganze Geschlecht der Zwerge steht, wird von Jackson lediglich als Spaßmacher für das Publikum inszeniert – das ist schon irgendwie traurig und wird höchstens noch abgelöst, wenn Orlando Bloom auf einem Schild durch die Schlacht von Helms Klamm surft und nebenher Orks erschießt (und weil das ganze so toll war, darf Bloom im dritten Teil noch mal surfen, aber dazu an gegeben Ort mehr) oder wenn Gandalf in Meduseld an Theoden einen Exorzismus erster Güte praktiziert.

Selbstverständlich gibt es kleinere Änderungen gegenüber der Buchvorlage und diese fallen auch nicht weiter ins Gewicht. Die Verfolgung Gollums ist den Hobbits erst nicht sonderlich bewusst und der von Theoden verbannte Éomer hält ein ganzes Heer und schenkt drei Fremden bereitwillig zwei Pferde. Frodo verfällt viel zu stark dem Ring und Gandalfs Wiedergeburt wird nicht sonderlich erklärt, will sagen der Fakt, dass er zur Rasse der Ainu gehört und daher im Vergleich zu Menschen eine Art göttliches Wesen ist. Sméagol ist die durch und durch gute Seite von Gollum, die keinerlei Interesse am Ring zeigt und Frodo lügt Faramir in Bezug auf Gollum an. Überhaupt ist in Gondor bekannt gewesen, dass der Eine Ring gefunden wurde (daher hat Boromir im ersten Teil auch so überrascht reagiert!), Erkenbrand wird aus dem Skript gestrichen und durch Éomer ersetzt, Haldir und die Waldelfen kommen, um in Helms Klamm zu sterben. Jeder spricht die Sätze des anderen, Aragorn die von Theoden und Theoden die von Aragorn. Dies alles…ist gar nicht weiter schlimm! Auch nicht dass Theoden und sein Volk von Wargs angegriffen werden und Aragorn vermeintlich stirbt (oh mein Gott! Wer hat denn das tatsächlich gelaubt?). Änderungen der Handlung, Änderungen der Satzstruktur, alles gestattet und nicht weiter schlimm.
Es sind die Änderungen der Charaktere die Schmerzen, derartig schwere Änderungen, dass man sie nur noch als Vergewaltigungen bezeichnen kann. Im Film verbünden sich Saruman und Sauron gegen den Rest der Welt - kein Wort davon, dass Saruman den Ring für sich alleine will. Wenn beide verbündet sind bleibt unverständlich, wieso Sauron Saruman nicht ein paar Nazgûl, Oliphanten oder Haradrim nach Helms Klamm schickt. Dies wird besser verständlich, wenn man bedenkt, dass beide nicht mehr miteinander verbündet, sondern Konkurrenten um den Ring geworden sind. Zudem werden die meisten Charaktere als schwächlich dargestellt. Theoden, König von Rohan, bekommt Muffensausen und flieht mit seinem Volk nach Helms Klamm, einer Burg, die sprichwörtlich mit dem Rücken zur Wand steht. Welcher König würde eine so dämliche Entscheidung treffen? Im Buch ist es Theodens Entscheidung gegen Saruman zu ziehen und zwar ohne Frauen und Kinder, deren Anwesenheit bei Jackson nicht wirklich klar wird. Und Baumbart, das älteste Wesen von Mittelerde, hat keinerlei Ahnung was in seinem Wald vor sich geht und muss von Merry und Pippin dazu überlistet werden, das Ausmaß von Sarumans Verhalten zu sehen und in den Krieg zu ziehen. Fraglich woher die beiden Hobbits über das Ausmaß des Weißen Zauberers Bescheid wissen, aber dies ist nur eines von vielen Logiklöchern, in das Jackson fällt.

Die Szene mit dem Warg-Angriff und Aragorns „Tod“ bringen die Handlung kein Stück voran und erfüllen eigentlich überhaupt keinen Zweck. Die Inszenierung des Liebesdreiecks Aragorn-Arwen-Éowyn ist auch nur für das Kinopublikum gewählt, spielt diese (sexuelle) Liebe im Roman doch gar keine Rolle. Genauer gesagt – und bereits angesprochen – ist Arwen die wohl unwichtigste Figur im ganzen Herr der Ringe Universum, wobei man ihr da vielleicht auch Unrecht tut. Doch die Bedeutung die sie hat und die in Appendix A zu finden ist, wird sie bei Jackson nicht gerecht, der diesen Erzählstrang eigenständig umändert. Da Arwen, logischerweise, keinen Zweck erfüllt, kann sie nur als Liebesobjekt inszeniert werden, welchem dann sogar noch Eigenraum zugestanden wird. Sich erst für Aragorn entscheidend, reichen zwei Sätze ihres Vaters aus, dass sie Mittelerde verlassen will, ehe sie dann doch nochmals kehrt macht. In dieser Hinsicht spielt auch die allwissende Cate Blanchett in einer nichts sagenden Szene eine Rolle. Die Frage warum die Elfen bei Helms Klamm zur Unterstützung kommen, wird ebenfalls nicht beantwortet und der daraus erhoffte Klimax erschließt sich einem nicht, wirft lediglich die Frage auf, wie die Elfen so schnell bei Helms Klamm sein konnten und woher sie wussten wo sie hin sollten.

Andere drastische Entscheidungen, natürlich für den Klimax, trifft Jackson bezüglich Frodo. Dieser wird scheinbar durch den Ring so geschwächt, dass er sich von Gollum mehr und mehr gegen Sam ausspielen lässt – was im letzten Teil zu einer weiteren grotesken Szene führen soll. Im Buch streiten sich Frodo und Sam zu keiner Zeit, zu sehr spielt hier auch das Lehnverhältnis zwischen beiden eine Rolle, welches im Film jedoch nicht angesprochen wird. Getoppt wird dies alles durch den Auftritt von Faramir und den Zug nach Osgiliath, der keinerlei Sinn macht (auch nicht in Bezug auf Spannungsaufbau). Entweder hat Jackson die Figur und den Umstand von Faramir nicht verstanden oder er hat keinen Wert darauf gelegt. Die Bedeutung dessen, dass eigentlich Faramir zu Elrond geschickt werden sollte und Boromir seines Ehrgeizes wegen dieser Entscheidung zuvorkam, offenbart sich hier nicht. Faramir wird genauso machtgeil dargestellt wie sein Bruder und trifft erst in Osgiliath seine richtige Entscheidung, als er Frodo Auge in Auge mit einem Nazgûl sieht. Ein weiteres Spannungselement, welches Jackson in ein Logikloch stößt, denn wenn der Ringgeist Frodo, bzw. auch nur einen Hobbit in Osgiliath sieht, hätte Sauron dem ganzen Gebiet sicherlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt.

Frodo, Faramir, Baumbart und Theoden werden für das Kinopublikum und dessen Spannungserwartungen verweichlicht und moralisch korrumpiert, die Empathie der ganzen Handlung liegt auf den Kampfszenen. Über hundert Seiten strich Jackson aus den beiden Büchern und stopfte den Anfang des dritten noch an das Ende des ersten Filmes, während die letzten Kapitel des dritten und vierten Buches in den dritten Film hinüber wandern - schließlich musste Platz geschafft werden für die wichtige Liv Tyler Szene. Gab es auch im ersten Teil manche Streichungen und verfilmte Jackson dort drei Seiten pro Minute, folgt der zweite Teil nunmehr eher der Vorlage. Das vierte Buch wird mit zwei Seiten pro Minute verfilmt (wobei der Kampf gegen Kankra der….Spannung – natürlich – wegen in den dritten Teil fällt), während Jackson das dritte Buch fast mit einer Seite pro Minute in Szene setzt. Höhepunkt des ganzen ist dann die Schlacht von Helms Klamm, für welche sich der Neuseeländer sogar zwei Minuten für jede einzelne Seite nimmt und somit den Kampf ganz klar in den Vordergrund stellt, während er bei Tolkien eine weniger wichtige Rolle spielt. Die zweite Verfilmung von Peter Jackson hat weniger mit Tolkiens Vorlage zu tun, als es noch beim ersten Teil der Fall war und erzählt eher eine Handlung, die auf dem Werk des Briten grob basiert, als dessen Vision seiner Geschichte. Was bleibt ist opulent in Szene gesetztes Effektgewitter ohne dem Tiefgang der Vorlage dabei gerecht zu werden.

6.5/10

16. Dezember 2007

Vorlage vs. Film: The Fellowship of the Ring

The Fellowship of the Ring (1954)

The Fellowship of the Ring, der Kürze halber ab hier nur noch Fellowship genannt, bildet das Expose zu J. R. R. Tolkiens Chronik von The Lord of the Rings, dem Buch aller Bücher. Hierbei ist insbesondere das erste Buch als allmähliche Hinführung zur Geschichte zu verstehen und Tolkien nimmt sich - die seinem Verständnis nach – gebührende Zeit das nahen des dunklen Zeitalters einzuläuten. Zwischen dem Beginn des ersten Buches und seinem Ende vergehen über zwanzig Jahre in Mittelerde, in welchen absolut gar nichts passiert. Eingeläutet wird die Handlung mit dem 111. Geburtstag von Bilbo Baggins, dem Helden aus Tolkiens erstem Roman The Hobbit, sowie seinen Planungen seines Wegzuges aus dem Auenland. Doch nicht nur seine Heimat, sondern auch seinen Großneffen Frodo lässt Bilbo zurück und setzt ihn als alleinigen Erben seines Hab und Gut ein. Zu diesem gehört auch Bilbos mysteriöser Ring, welchen er einst vor vielen Jahren dem Geschöpf Gollum abnehmen konnte und der seinen Träger unsichtbar macht. Gut zwanzig Jahre vergehen, als Frodo Besuch seines und Bilbos alten Freundes Gandalf dem Zauberer erhält.

Dieser offenbart Frodo dass es sich bei seinem Ring nicht nur um einen der zwanzig großen Ringe handelt, sondern gar um den Ring Saurons, des dunklen Herrschers von Mordor. Frodo ist nicht mehr sicher im Auenland und soll den Ring vorerst nach Bruchtal bringen, während Gandalf weitere Nachforschungen anstrebt. Doch Frodo ziert sich sein geliebtes Auenland zu verlassen und als er sich endlich entschließt, stellt er fest, dass ihm seine besten Freunde Meriadoc Brandybuck und sein Cousin Peregrin Tuck, sowie sein Gärtner Sam Gamgee auf seinem schweren Weg beistehen wollen. Und ihre Abreise beginnt nicht zu früh, da bereits schwarze Reiter durch das Auenland kreuzen, unheilvolle Untertanen Saurons, auf der Suche nach Frodo und dem Ring. Nachdem Frodo und die anderen Unterschlupf in der Stadt Bree suchen, stoßen sie auf allesamt neugieriges Gesindel, sowie auf den ominösen Streicher, welcher sich schließlich als Aragorn und Freund Gandalfs zu erkennen gibt. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg nach Bruchtal, werden aber auf der Wetterspitze von den Nazgûl, den Ringgeistern, angegriffen, Frodo dabei schwer verwundet.

Das zweite Buch schildert die Rettung nach Bruchtal und Frodos Überleben. Auch auf Gandalf treffen die Hobbits in Bruchtal wieder, welcher allen Beteiligten offenbart, dass der Vorsitzende der Zauberer, Saruman der Weiße, von der guten Seite abgefallen ist. Er sucht ebenso wie Sauron die Macht des einen Ringes, um die freien Völker Mittelerdes zu unterjochen. Auf einer Ratssitzung von Elrond debattieren alle Beteiligten unter Beisatz von Elfen, Menschen und Zwergen, wie mit dem Ring zu verfahren sein. Der einzige Ausweg scheint die Zerstörung des Ringes an dem Ort zu sein, wo er erschaffen wurde: Mordor. Frodo stellt sich dieser Prüfung zur Verfügung und erhält von Elrond mit Gandalf, Aragorn, Sam, Merry, Pippin, sowie dem Gondorianer Boromir, Elf Legolas und Zwerg Gimli neun Gefährten, welche ihn zumindest bis zur Gedenkstätte der Emyn Muil begleiten sollen. Die Gefährten brechen auf, doch Aragorns Plan über den Gebirgspass Caradhras in den Osten zu marschieren schlägt fehl. Widerstrebend folgt die Gemeinschaft Gandalf die Höhlen Morias, wo sie in der unterirdischen Zwergenstadt Khazad-Dûm auf eine Horde Orks und einen Feuerdämon treffen.

Als Gandalf seinen Freunden die Flucht ermöglicht, zahlt er mit seinem Tod Tribut, Aragorn kann die anderen sicher in die Wälder Loriéns retten. Dort werden sie nach Caras Galadhon, dem Sitz der Waldelfen Celeborn und Galadriel geführt. Unsicher wie der weitere Verlauf der Mission vonstatten gehen soll versucht Boromir die Gruppe davon zu überzeugen, dass zuerst Minas Tirith aufgesucht werden soll. Derweil verstehen Frodo und Sam die Bedeutung ihrer Aufgabe besser, als sie ein nächtliches Gespräch mit Galadriel führen. Die Gefährten werden zu Boot in den Fluss Anduin geleitet, auf welchem sie schließlich die Argonath passieren und die Emyn Muil erreichen. Während es weiterhin unklar ist, wohin die Reise weitergehen soll, will Boromir Frodo den Ring als Waffe Gondors abspenstig machen. Als Frodo erkennt, dass der Ring die Gemeinschaft zerstören wird und es an ihm ist, diese Aufgabe zu bestreiten, verlässt er seine Freunde und macht sich alleine auf den Weg nach Mordor, als ihn gerade noch Sam abfangen kann. Gemeinsam überschreiten sie die Gewässer Richtung Osten.

Tolkien erzählt in seinen ersten beiden von sechs Büchern, die beide mit rund 250 Seiten gleich lang sind, eine Geschichte voller Ungewissheit. Dazu nimmt er sich stets Zeit, die Figuren hadern stets mit ihren Entscheidungen und diskutieren diese aus. Während Boromir den Ring gegen den Feind einsetzen will, widerstrebt diese Idee Elrond und Gandalf. Doch wie genau verfahren werden soll weiß niemand und als Gandalf aufgrund seiner eigenen Fehlentscheidung sein Leben lassen muss, obliegt es an Aragorn den Weg zu wählen. Am Ende trifft Frodo, wie zuvor bei der Ratsversammlung, die Entscheidung selbst. Treu an seiner Seite dabei stets sein Vasall Sam. Beide erkennen, dass der einzige Weg zu einem friedlichen Zusammenleben in Mittelerde nur erreicht werden kann, wenn das Instrument des Bösen seine Kraft genommen wird. Mit seinen ersten beiden Büchern gelang Tolkien dabei ein Klassiker der Literatur und Meilenstein für das Fantasy-Genre. Seine Geschichte, die sich selber aus Mythen wie dem Ring des Gyges zusammensetzte, erzählt von Krieg und Frieden, von Gut und Böse – will dabei keine Analogie zu den Geschehnissen des Zweiten Weltkrieges sein und ist es am Ende doch.

The Fellowship of the Ring - Extended Edition (2001)

Some things that should not have been forgotten…were lost.

Der Neuseeländer Peter Jackson offeriert viele kleinere Abwandlungen zur Buchvorlage, zum Beispiel wenn Gandalf zu Beginn für die Hobbitkinder ein Feuerwerk veranstaltet oder die Liebesgeschichte zwischen Sam und Rosa. Diese Szenen und Abänderungen dienen mit anderen dem Ziele der komödiantischen Unterhaltung. Wenn Gandalf (Ian McKellen) Bilbo besucht und sich in der kleinen Höhle ständig den Kopf stößt, ist dies nicht Teil der Geschichte, da er Bilbo seit über fünfzig Jahren besucht und mit dessen Höhle sicher bestens vertraut ist. Weshalb die Liebesgeschichte um Sam eingebaut worden ist, lässt sich für das Publikum nicht nachvollziehen, die einzige plausible Erklärung wäre den homoerotischen Charakter zwischen seiner Figur und Frodo (Elijah Wood) zu entschärfen (wobei jener vom Regisseur gewollt scheint). Die ersten beiden Bücher mit einer Länge von knapp fünfhundert Seiten werden in drei Stunden gut komprimiert, bedenkt man dass eine Minute etwa drei Seiten zusammenfasst und langatmige Teile um den Alten Wald und Tom Bombadil wegen ihrer Unerheblichkeit ausgespart werden.

Die meisten Abwandlungen zum ersten Buch fallen nicht weiter ins Gewicht und stellen meistens Ergänzungen für das Publikum dar, bebilderte Schilderungen oder nicht geschilderte Hintergründe. Die Erschaffung der Uruk-hai oder die vorausgehende Abholzung der Fangorn-Bäume werden ebenso wenig geschildert, wie die Auseinandersetzung von Saruman und Gandalf oder dessen Nachforschungen in Minas Tirith. Es sind lediglich Bilder zu Ereignissen, welche dem Leser nebenbei geschildert werden, sind daher an sich willkommene Ergänzung und unterstützen das visuelle Erlebnis. In opulenten Bildern präsentiert Jackson ein atemberaubendes Bild von Mittelerde, wie es Tolkien kaum besser hätte schildern können. Die gewählten Landschaften in Neuseeland passen dabei wie die Faust aufs Auge, seien es nun die Wetterspitze, Bruchtal, Caras Galadhon oder die Emyn Muil. Mit unglaublich viel Liebe zum Detail wurden hier sagenhafte Schauplätze ausgewählt, die einen als Teil Mittelerdes empfinden lassen. Unterstützt wird dies von den tollen Kostümen und der gelungenen musikalischen Untermalung.

Ebenjener Score von Howard Shore ist großartig komponiert und fügt sich nahtlos mit den Landschaften zu einem homogenen Bild. Das einzige Problem hierbei ist, dass Jackson zu viel Verwendung davon macht. Es gibt kaum eine Einstellung, die nicht musikalisch untermalt wurde, was bei einem Film von drei Stunden Länge nach einer Weile gehörig auf die Nerven gehen kann. In den ruhigen Momenten, den entscheidungsträchtigen klatscht Jackson Musik drunter dass es trieft, von den vielen Liedern, welche in der Vorlage auftauchen hört man aber zu keinem Zeitpunkt eins (dabei singen außer Gandalf alle Charaktere einmal ein Lied). Ins Auge fallen auch die vielen kleinen Änderungen, wenn Handlungen und Aussprüche die Träger wechseln, mehr Gewichtung auf die Liebesgeschichte zwischen Aragorn und Arwen fällt und Aragorn und Legolas sich scheinbar bekannt sind. Solche Abwandlungen sind nicht weiter schlimm, auch nicht die vielen dramaturgischen Kniffe von Jackson um die Geschichte dem Mainstream-Publikum näher zu bringen, Wenn sich die Anwesenden bei der Ratsversammlung plötzlich anschreien und Frodo den Weg des Ringes wählt da er das Antlitz des Bösen erblickt, ist dies ebenso vertretbar wie die Treppen in Khazad-Dûm. Es lässt sich lediglich fragen, warum er nicht einfach auf die von Tolkien geschilderten dramatischen Untertöne wie den nächtlichen Angriff der Wargs zurückgegriffen hat.

Durch seine Zufügung eigener Szenen fällt Jackson mitunter in einige Logiklöcher, zumindest verwundert es, wieso Gandalf nach seinem Kampf mit Saruman (Christopher Lee) in Bruchtal wieder seinen Zauberstab hat oder dass die Orks in Khazad-Dûm innerhalb von einer Minute die Gefährten angreifen. Natürlich muss er die Geschichte schneller machen, als die eine Woche, welche Frodo und die anderen in Moria verbringen, aber dies hätte man auch besser lösen können. Dinge wie die emotionsschwangere Musik, der am Ende einsetzende Pathos oder die oftmals komischen Szenen sind wie die dramatischen Einschübe Abnickungen an das Mainstream-Publikum, welches mit dem Film angesprochen werden sollte. Bei einem dermaßen teuren Projekt lässt sich dies auch nachvollziehen, wenn gerade die gute Kundschaft angesprochen und somit die eigene Investition geschützt wird. Insofern - auch wenn es beim Fan teilweise sauer aufstößt - lassen sich die angesprochenen Bemängelungen vertreten und rechtfertigen. Besonders Viggo Mortensen als Aragorn und Sean Bean als Boromir wissen nicht nur zu gefallen, sondern auch zu überzeugen, während Ian McKellen ein ums andere Mal negativ als Gandalf aufzufallen weiß.

Hauptkritikpunkt in dieser, wie in den anderen beiden Verfilmungen (wobei es dort noch schlimmer ist), sind die charakterlichen Veränderungen, die Jackson vorgenommen hat. In meinen Augen ein Kardinalsdelikt. Figuren wie Tom Bombadil oder Glorfindel wegzulassen ist in Ordnung, die Handlung zu komprimieren und zu ergänzen auch, aber die Darstellung des Charakters der Figuren sollte dem der Vorlage entsprechen. Dass die im Buch auf einer Seite auftauchende Figur von Arwen (Liv Tyler) im Film als elfenhafte Amazone dargestellt wird ist geradezu lächerlich. Liebesgeschichte hin oder her, aber da fragt man sich schon, was das soll, da der Film beim Publikum sicherlich genauso gut angekommen wäre, hätte man sie auf das reduziert was sie ist. Auch die Darstellung der Hobbits, wie auf der Wetterspitze, als naives, tölpelhaftes und schwächliches Volk schmerzt ebenso, wie die Inszenierung von Galadriel (Cate Blanchett), die völlig fehl am Platze ist, wenn sie als allwissendes Orakel sich bedrohlich präsentiert, sodass ihr vielmehr ein hexenhafter Charakter verliehen wird. Andere Dinge, wie die blinde Hörigkeit Frodos gegenüber Gandalf, dessen Fehlentscheidungen oder Aragorns zögerliches Verhalten werden überhaupt nicht thematisiert, obwohl sie für das Schicksal der Figuren entscheidend sind.

Am schlimmsten überwiegt jedoch die Zeichnung von Boromir, von Jackson als Judas skizziert. Galadriel riecht den Braten sofort, teilt dies Frodo mit und dieser ergibt sich schließlich am Fuße Amon Hens seinem Schicksal, dieses vorausahnend wie ein Jesus im Garten Gethsemane. Dass dabei bei der finalen Verabschiedung aus Lothlorién Boromir als einziger nicht gezeigt wird, wie er ein Geschenk von den Elfen bekommt stellt eine absurde Analogie zum letzten Abendmahl dar. Ebenso wie er es im zweiten Teil mit Faramir tut, scheint Jackson entweder die Bedeutung der beiden nicht verstanden zu haben oder dies dem Blockbuster-Charakter opfern zu wollen. Er versucht dies zwar in der Extended Version des zweiten Teiles in einer neu eingefügten Szene wieder gut zu machen, was die Darstellung Boromirs jedoch nicht besser macht. Hier wird er als Verräter von langer Hand gezeigt, der bereits seinem späteren Opfer bekannt war, während Tolkien ihn erst am scheinbaren Ende seiner Reise in eine Verzweiflungstat stürzen lässt. Die Einfügung des Anfanges des dritten Buches ans Ende des zweiten dient dann wieder dramaturgischen Zwecken, die eigentlich nicht notwendig gewesen wären. Am Ende bleibt The Fellowship of the Ring in seiner erweiterten Fassung abgesehen von der freigiebigen Verwendung der Musik und der Änderungen an den Charakteren eine großartige Adaption eines unverfilmbaren Romans.

8/10