Of that colossal Wreck, boundless and bare.
(“Ozymandias”, Percy Bysshe Shelley)
Wohl von kaum einem Regisseur gibt es so viele verschiedene Fassungen seiner Filme auf dem Markt wie von Ridley Scott. Zu gefühlt jedem zweiten Film findet sich ein Director’s Cut oder eine Extended Version, im Fall von Blade Runner sogar fünf unterschiedliche Schnittfassungen. Es scheint also bei Ridley Scott eine Divergenz zu geben zwischen der Version, die sich der Schöpfer des Films vorstellt und der, welche als am vielversprechendsten für die Zuschauer erachtet wird. Eine Art cineastischer Bastard stellt da Alien: Covenant dar, der jüngste Film von Scott, der eben diese Divergenz besser repräsentiert wie alle Filme zuvor, wirkt er doch wie eine Mischung aus dem Film, den Scott erzählen wollte und dem, den das Publikum erwartete.
Vor fünf Jahren schickte sich Scott mit Prometheus wieder an, einen Sci-Fi-Film zu drehen, der zwar als Prequel seines Kultfilms Alien angekündigt war, sich jedoch auf die Frage nach dem Ursprung der Menschheit und der Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf fokussierte. Das Ergebnis wurde ambivalent aufgenommen, aber mit Covenant dennoch eine Fortsetzung angekündigt. In der sollte das ikonische Alien eigentlich gar keine Rolle mehr spielen, doch Scott hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Aus Covenant wurde Alien: Covenant und aus dem geplanten Sequel zu Prometheus ein Film, der einerseits die Ideen des Vorgängers weiterspinnen wollte, zugleich jedoch auch eine Art Remake des Originalfilms darstellt.
Hier wie da wird die Crew eines Raumschiffs aus dem Kälteschlaf erweckt und folgt einem Signal auf einen scheinbar verlassenen Planeten, wo die Mitglieder nach und nach einem tödlichen Organismus anheim fallen. Soweit, so Alien. Zugleich integriert Ridley Scott mit Drehbuchautor John Logan aber auch Elemente aus Prometheus über Fragen von Schöpfung und Fall, in Person des zurückkehrenden Androiden David (Michael Fassbender) als Überbleibsel des Vorgängers. Die Krux in Alien: Covenant liegt darin, dass beide (Film-)Handlungen sich eher aneinander beißen, als ein harmonisches Gesamtgebilde abzugeben. Auch wenn die Macher sichtlich bestrebt sind, eine Symbiose zwischen den beiden kreativen Geschöpfen einzugehen.
Grundsolide ist die Nacherzählung von Alien, wenn eine Gruppe Kolonialisten um Wissenschaftlerin Daniels (Katherine Waterston), Pilot Tennessee (Danny McBride) und Neu-Kapitän Oram (Billy Crudup) nach einem Notsignal ihren Zielplaneten für die Neugründung ihrer Kolonie ändern. Zuerst beeindruckt, infizieren sich bald Team-Mitglieder mit gefährlichen Sporen, werden zu Wirten eines mörderischen Parasiten, der anschließend Jagd auf die Überlebenden macht. Zugleich begeht Scott die philosophischen Pfade von Prometheus, wenn er im Prolog zuerst David im Dialog mit seinem Schöpfer Peter Weyland (Guy Pearce) zeigt und den Androiden später seinem Crew-Pendant Walter (erneut Michael Fassbender) im Diskurs gegenüberstellt.
Hier widmet sich Scott nun der für ihn interessanten Idee, die bereits in Blade Runner innewohnte: dem „Schöpferwerdens des Geschöpfes“, wie es Dietrich Bonhoeffer in seinem Werk „Schöpfung und Fall“ beschrieb. Weyland selbst erschafft mit David ein Wesen, das seinem Schöpfer überlegen, das nicht sterblich ist. Folglich war es Weyland, der in Prometheus seinem Schöpfer gegenüberstehen wollte, ähnlich wie Roy Batty in Blade Runner. In einer Szene von Alien: Covenant lehrt David da Walter mit Flötenspielen einen kreativen Prozess, der den Androiden eigentlich untersagt sei. Scott inszeniert einen Moment, der den „Sturz aus dem Gehaltensein in der Geschöpflichkeit“ repräsentiert, um erneut mit Bonhoeffer zu sprechen.
Bereits in Prometheus sahen wir David, wie er sich als Schöpfer versuchte, indem er Holloway infizierte. Ein Prozess, der in Alien: Covenant ein Echo findet, die Figur den nächsten Schritt in diesem vermeintlichen Reifeprozess gehen lässt. Schöpferische Zerstörung, der Makroökonomie entlehnt. Oder getreu Bonhoeffer: „Die Zerstörung der Schöpfung durch das Geschöpf.“ Ein zwar interessanter Aspekt, dem sich Scott in diesem Hybrid-Film jedoch nicht vollumfänglich widmet, da eben auch noch das namentliche Alien – hier in verschiedenen Stadien und Formen gezeigt – in der Handlung auftauchen soll. Und für die versuchte Symbiose beider Plot-Stränge fehlt es dem Film am Ende an einer ausreichenden Exposition und Motivation für das Gezeigte.
Kaum ausgearbeitet wirken auch die Charaktere. Wir lernen wenig über sie und selbst wenn wir etwas erfahren, wie Orams Religiosität, hat dies keine wirkliche Konsequenzen auf das Geschehen. Im Vergleich zu den authentischen Figuren aus Alien atmen diese Charaktere kein Leben. Daniels ist keine Ripley, auch wenn der Plot-Verlauf und das Design der Figur es einen Glauben machen wollen. Insofern ist ein Großteil des Ensembles verschenkt, sei es Amy Seimetz oder Démian Bichir (herrlich dagegen fällt der Kurzauftritt von James Franco aus). Schauspielerisch machen sie alle jedoch aus wenig viel mit ihren eindimensionalen Figuren, während Fassbender aufgrund der Doppelrolle noch am meisten Form erhält.
So durchwachsen Prometheus auch war, ist es doch schade, dass dessen Entwicklungen im Finale hier relativ schnell und lieblos abgefrühstückt werden. Ob dies allein am Wunsch der Leute nach mehr Xenomorphs lag, sei dahingestellt. Letztlich ist Alien: Covenant irgendwie weder Fisch noch Fleisch, im Versuch eine Brücke zwischen zwei prinzipiell verschiedenen Filmen zu schlagen. „Alles ist gut, wenn es aus den Händen des Schöpfers hervorgeht; alles entartet unter den Händen des Menschen“, schrieb Jean-Jacques Rousseau in „Emil oder Über die Erziehung“. Ob deshalb allerdings die Genesis des Aliens so sehr mit den Menschen zusammenhängen muss, bezweifle ich. Vielleicht bedarf es dafür aber nur einer neuen Schnittfassung.
Vor fünf Jahren schickte sich Scott mit Prometheus wieder an, einen Sci-Fi-Film zu drehen, der zwar als Prequel seines Kultfilms Alien angekündigt war, sich jedoch auf die Frage nach dem Ursprung der Menschheit und der Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf fokussierte. Das Ergebnis wurde ambivalent aufgenommen, aber mit Covenant dennoch eine Fortsetzung angekündigt. In der sollte das ikonische Alien eigentlich gar keine Rolle mehr spielen, doch Scott hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Aus Covenant wurde Alien: Covenant und aus dem geplanten Sequel zu Prometheus ein Film, der einerseits die Ideen des Vorgängers weiterspinnen wollte, zugleich jedoch auch eine Art Remake des Originalfilms darstellt.
Hier wie da wird die Crew eines Raumschiffs aus dem Kälteschlaf erweckt und folgt einem Signal auf einen scheinbar verlassenen Planeten, wo die Mitglieder nach und nach einem tödlichen Organismus anheim fallen. Soweit, so Alien. Zugleich integriert Ridley Scott mit Drehbuchautor John Logan aber auch Elemente aus Prometheus über Fragen von Schöpfung und Fall, in Person des zurückkehrenden Androiden David (Michael Fassbender) als Überbleibsel des Vorgängers. Die Krux in Alien: Covenant liegt darin, dass beide (Film-)Handlungen sich eher aneinander beißen, als ein harmonisches Gesamtgebilde abzugeben. Auch wenn die Macher sichtlich bestrebt sind, eine Symbiose zwischen den beiden kreativen Geschöpfen einzugehen.
Grundsolide ist die Nacherzählung von Alien, wenn eine Gruppe Kolonialisten um Wissenschaftlerin Daniels (Katherine Waterston), Pilot Tennessee (Danny McBride) und Neu-Kapitän Oram (Billy Crudup) nach einem Notsignal ihren Zielplaneten für die Neugründung ihrer Kolonie ändern. Zuerst beeindruckt, infizieren sich bald Team-Mitglieder mit gefährlichen Sporen, werden zu Wirten eines mörderischen Parasiten, der anschließend Jagd auf die Überlebenden macht. Zugleich begeht Scott die philosophischen Pfade von Prometheus, wenn er im Prolog zuerst David im Dialog mit seinem Schöpfer Peter Weyland (Guy Pearce) zeigt und den Androiden später seinem Crew-Pendant Walter (erneut Michael Fassbender) im Diskurs gegenüberstellt.
Hier widmet sich Scott nun der für ihn interessanten Idee, die bereits in Blade Runner innewohnte: dem „Schöpferwerdens des Geschöpfes“, wie es Dietrich Bonhoeffer in seinem Werk „Schöpfung und Fall“ beschrieb. Weyland selbst erschafft mit David ein Wesen, das seinem Schöpfer überlegen, das nicht sterblich ist. Folglich war es Weyland, der in Prometheus seinem Schöpfer gegenüberstehen wollte, ähnlich wie Roy Batty in Blade Runner. In einer Szene von Alien: Covenant lehrt David da Walter mit Flötenspielen einen kreativen Prozess, der den Androiden eigentlich untersagt sei. Scott inszeniert einen Moment, der den „Sturz aus dem Gehaltensein in der Geschöpflichkeit“ repräsentiert, um erneut mit Bonhoeffer zu sprechen.
Bereits in Prometheus sahen wir David, wie er sich als Schöpfer versuchte, indem er Holloway infizierte. Ein Prozess, der in Alien: Covenant ein Echo findet, die Figur den nächsten Schritt in diesem vermeintlichen Reifeprozess gehen lässt. Schöpferische Zerstörung, der Makroökonomie entlehnt. Oder getreu Bonhoeffer: „Die Zerstörung der Schöpfung durch das Geschöpf.“ Ein zwar interessanter Aspekt, dem sich Scott in diesem Hybrid-Film jedoch nicht vollumfänglich widmet, da eben auch noch das namentliche Alien – hier in verschiedenen Stadien und Formen gezeigt – in der Handlung auftauchen soll. Und für die versuchte Symbiose beider Plot-Stränge fehlt es dem Film am Ende an einer ausreichenden Exposition und Motivation für das Gezeigte.
Kaum ausgearbeitet wirken auch die Charaktere. Wir lernen wenig über sie und selbst wenn wir etwas erfahren, wie Orams Religiosität, hat dies keine wirkliche Konsequenzen auf das Geschehen. Im Vergleich zu den authentischen Figuren aus Alien atmen diese Charaktere kein Leben. Daniels ist keine Ripley, auch wenn der Plot-Verlauf und das Design der Figur es einen Glauben machen wollen. Insofern ist ein Großteil des Ensembles verschenkt, sei es Amy Seimetz oder Démian Bichir (herrlich dagegen fällt der Kurzauftritt von James Franco aus). Schauspielerisch machen sie alle jedoch aus wenig viel mit ihren eindimensionalen Figuren, während Fassbender aufgrund der Doppelrolle noch am meisten Form erhält.
So durchwachsen Prometheus auch war, ist es doch schade, dass dessen Entwicklungen im Finale hier relativ schnell und lieblos abgefrühstückt werden. Ob dies allein am Wunsch der Leute nach mehr Xenomorphs lag, sei dahingestellt. Letztlich ist Alien: Covenant irgendwie weder Fisch noch Fleisch, im Versuch eine Brücke zwischen zwei prinzipiell verschiedenen Filmen zu schlagen. „Alles ist gut, wenn es aus den Händen des Schöpfers hervorgeht; alles entartet unter den Händen des Menschen“, schrieb Jean-Jacques Rousseau in „Emil oder Über die Erziehung“. Ob deshalb allerdings die Genesis des Aliens so sehr mit den Menschen zusammenhängen muss, bezweifle ich. Vielleicht bedarf es dafür aber nur einer neuen Schnittfassung.
6/10