8. Mai 2009

Sunshine Cleaning

You are strong. You are powerful. You can do anything.

Beim diesjährigen Sundance Festival wurde zwar im Vergleich zu anderen Jahren mehr Wert auf die Indie-Beiträge gelegt, denn anbiedernde Hollywood-Produktionen, doch den kleinen Filmen scheint nicht gerade die beste Zukunft beschert zu sein. Manohla Dargis schrieb im Januar in der International Herald Tribune, dass durch die Entlassungen einiger Filmkritiker indirekt auch die Indie-Filme betroffen seien. Immerhin leben diese davon, durch gute Kritiken einen nationalen Verleiher zu finden. „Anything considered too arty, brainy, bleak or dark“ sei schwer an den Mann zu bringen, speziell wenn es auch noch von „no-name actors“ getragen würde. Ein Mischmasch bilden dann Werke wie Little Miss Sunshine, die Low-Budget sind (mit 8 Millionen Dollar allerdings eher verhältnismäßig), aber dennoch ein namhaftes Ensemble vorzeigen können. Peter Saraf und Marc Turtletaub produzierten anschließend Sunshine Cleaning, der nach seiner Premiere beim Sundance Festival 2008 nun ein geschlagenes Jahr auf einen Verleiher warten musste.

Die Grundidee von Megan Holley ist dabei ziemlich innovativ. Zwei Schwestern beginnen einen Tatort-Putzdienst, was zusätzlich dadurch gewürzt wird, dass beide Schwestern ziemlich unterschiedlich sind. Auf der einen Seite gibt es die ältere Rose (stark: Amy Adams), die nach dem Suizid der Mutter im Kindesalter automatisch die Verantwortungsvollere der beiden Lorkowski-Schwestern ist. Dabei ist Rose eine tragische Figur, repräsentiert sie doch die klassische High School Katharsis. Einst das angesagteste Mädchen der Schule, Cheerleaderin und mit dem Quarterback Mac (Steve Zahn) liiert, ist sie jetzt eine alleinerziehende Mutter eines Kindes (Jason Spevack) mit ADS. Mac hat nach der Schule ein anderes Mädchen geheiratet, unterhält jedoch mit Rose nebenbei eine Affäre. Es ist unklar, ob Roses Sohn Oscar Macs Sohn ist, eine Szene im Film lässt es zumindest vermuten. Ihr Hausputzdienst stellt die rothaarige Frau nicht wirklich zufrieden, in ihrer Dusche ist ein Post-it angebracht, dass ihr Selbstbewusstsein verschaffen soll und zugleich ausreden, sie sein eine Verlierin.

Die Verliererin in der Familie ist vielmehr Norah (herrlich: Emily Blunt), Roses Slacker-Schwester und emotional tief gebeutelt von dem Tod der Mutter, die sie nie wirklich kennen gelernt hat. Norah schafft es sogar, einen Job als Fast-Food-Bedieung zu verlieren und wirkt, als hätte sie kein wirkliches Ziel im Leben. Eher gezwungenermaßen arbeitet sie mit Rose zusammen, als diese ihren Tatort-Putzservice initiiert. Bei einem ihrer Aufträge findet Norah dann schließlich Kinderphotos der Tochter des Opfers und beginnt entgegen der Anweisung von Rose jene Frau aufzusuchen. Zwischen den beiden emotional gestörten Frauen beginnt langsam eine Freundschaft aufzukeimen, die von den Beteiligten jedoch mit unterschiedlicher Agenda verfolgt wird. Und wenn man hiervon bereits angefangen hat, ist man auch schon auf einen der großen Schwachpunkte von Christine Jeffs’ Film gestoßen.

Holley bildet eine ziemlich starke Exposition für ihre kreative Geschichte, die Figuren werden hinreißend eingeführt, die Ausgangslage gut gelegt für den weiteren Verlauf der Handlung. In der Mitte beginnt Sunshine Cleaning dann jedoch teilweise zu versacken, gerade weil die Nebenhandlungen mit zweitrangigen Charakteren (im Falle von Rose ist es Mac und bei Norah wiederum jene Tochter eines der Opfer) nicht wirklich tief genug weiterverfolgt werden. Wie dilettantisch diese Platzierung wirklich ist, merkt man, wenn beide Figuren irgendwann einfach verschwinden. Quasi wie Keyser Soze – und einfach so, waren sie weg. Die charakterlichen Entwicklungen – hauptsächlich von Rose und Norah -, die dem vorausgegangen waren, sind dabei nicht unbedingt nachvollziehbar gestaltet. Und ebenso wie einige Figuren (zu ihnen zählt auch der überzeugende Clifton Collins Jr. in einer verschenkten Nebenrolle) werden auch Aspekte der Handlung nicht wirklich weiterverfolgt.

Vieles wirkt wie reine Staffage, wie ein Pappmache-Haus, das unter fortdauerndem Regen beginnt in sich zusammen zu sacken. Was genau mit Oscar los ist, wird nicht erläutert. Dass er geistig auf der Höhe ist, zeigt er in den Szenen mit seinem Großvater (Alan Arkin). Auch der Grund für den Suizid von Roses und Norahs Mutter erfährt man nicht. Genauso wird die Tatsache nicht vertieft, dass beide Frauen in ein Gewerbe eintreten, dass unabdingbar mit persönlichen tragischen Ereignissen zusammenhängt. Wenn das Ende dann schließlich in Eitel Sonnenschein überblendet – offene Fragen lässt Jeffs außen vor -, wirkt das Potential, welches Sunshine Cleaning inne hatte sehr leichtfertig verschenkt. Und vielleicht findet sich hier der Grund, weshalb die fünf Millionen Dollar teure Drama-Komödie erst nach einem Jahr in die Kinos kommt. An seinem überzeugenden Ensemble scheitert der Film nämlich nicht. Adams zeigt erneut, dass sie ein zuverlässiges Glied der Einwechselbank ist, dass sich allmählich an einen Stammplatz herankämpft, während Blunt ein vielversprechendes Talent ist, das kurz vor dem Durchbruch steht.

6.5/10

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