24. Mai 2009

Prison Break - Season Four

Be the change you want to see in the world.

Man hat sicherlich ein Problem, wenn man wie Paul Scheuring eine Serie Prison Break nennt und ebenjenen Gefängnisausbruch an das Ende der ersten Staffel setzt. Folglich muss die Serie in den kommenden Staffeln ihre Prämisse verlieren bzw. ändern. Man kann nu natürlich argumentieren, dass die Verfolgung durch die Company die beiden Brüder Michael Scofield (Wentworth Miller) und Lincoln Burrows (Dominic Purcell) auch irgendwie in ein „Gefängnis“ versetzt (schließlich sind sie im eigentlichen Sinne nicht „frei“), aus welchem sie ausbrechen müssen. Nichtsdestotrotz ging man in der dritten Staffel aber auf Nummer sicher und verfrachtete einige der Fox River Eight im panamesischen Sona erneut in ein Gefängnis. Doch Prison Break kam nicht umhin, bereits frühzeitig Qualität einzubüßen. Bereits die zweite Staffel, die im Kern nichts anderes als eine TV-Variante von The Fugitive war, baute stark gegenüber dem klaustrophobischen und herausragenden Serienstart in Staffel Eins ab. Es war der von William Fichtner exzellent portraitierten Figur des Agent Mahone geschuldet, dass die Serie im Stande war, ein gewisses Niveau aufrecht zu erhalten.

Mit der dritten Staffel verlor sich die Qualität jedoch nochmals. Nun war es Michael, der eine Gefängnisstrafe antrat, und Lincoln, der seinen Bruder befreien musste. Und da Sarah Wayne Callies aufgrund ihrer Schwangerschaft nicht mehr Dr. Sara Tancredi spielen wollte, wurde die Figur kurzerhand umgebracht. Dies führte nach erfolgreicher Flucht aus Sona dazu, dass Michael nun eine einsame Mission beging, um sich an Gretchen (Jodi Lyn O’Keefe) und der Company zu rächen. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits fest, dass Prison Break für eine vierte und finale Staffel verlängert würde. Fox merkte, dass die Geschichte an ihrem Ende angelangt war, dass das ewige Katz und Maus Spiel mit der Company redundant wurde und abgeschlossen werden musste. Die Serie war in der Zuschauergunst um gut zwanzig Plätze runtergerutscht, weder die Quoten noch die präsentierte Handlung wollte stimmen. Wie schlecht es um die Serie wirklich bestellt war, merkte man dann an der vierten Staffel, die im Vergleich zu ihrem Vorgänger drei Millionen Zuschauer einbüßte und sich zuvorderst durch ihr mangelhaftes Drehbuch auszeichnete.

Was die Autoren in der Auftaktfolge Scylla auf das Publikum loslassen, das hat die Welt noch nicht gesehen. Kurzerhand wird innerhalb der ersten fünf Minuten Whistler (Chris Vance) erschossen, nur damit Gretchen gegenüber Michael enthüllt, dass Sara (Sarah Wayne Callies) doch noch lebt. Lincoln hatte nämlich letztes Jahr nicht richtig hingeschaut, stellt sich heraus, und dabei glatt Saras abgetrennten Kopf mit dem einer unbekannten Frau verwechselt. So einfach kann amerikanisches Fernsehen manchmal sein. Für derartige Lapsūs erhält Scylla schon mal die Niedrigstwertung. Inhaltlich bietet die Folge den Auftakt der Prämisse für die erste Hälfte der vierten Staffel. Michael, Lincoln, Mahone, Sara, Sucre (Amaury Nolasco) und Bellick (Wade Williams) sollen für den Agenten Don Self (Michael Rapaport) des Heimatschutzes das Computersystem Scylla der Company stehlen. Da jenes System allerdings aus sechs Schlüsseln besteht, müssen diese erst der Reihe nach kopiert werden. Währenddessen schickt General Krantz (Leon Russom) seinen Auftragskiller Wyatt (Cress Williams) hinter der Truppe her.

Es ist jene Klimax der ersten Hälfte, die tatsächlich Klasse entwickelt und durch ihren Spannungsaufbau an die Hochzeit der ersten Staffel erinnert. Neben Five the Hard Way wissen vor allem Quiet Riot und Selfless zu überzeugen und trumpfen durch ihre nahezu perfekte Komposition auf. Es gelingt Scylla zu entschlüsseln, nur offenbart schon die verbliebene Zahl an Episoden, dass die Geschichte an diesem Punkt noch lange nicht zu Ende erzählt ist. In einer Nebenhandlung wird Michael ein vererbtes Aneurysma angehängt, sodass sein Fortleben von den Ärzten der Company abhängig ist. Self stellt sich als Verräter heraus, der Scylla an den Meistbietenden verkaufen will. Nun obliegt es Lincoln, Mahone und Co. Scylla zurück zu erobern. Als Michael und Sara die Flucht gelingt, geraten die Brüder auf unterschiedliche Seiten, die nochmals aufgespaltet werden, als mit Christina (Kathleen Quinlan) ihre Mutter als gewichtige Drahtzieherin der Company und Scylla die Bühne betritt. In den kommenden Episoden werden die Teams neu verteilt und eine neue Form der Redundanz eingeführt.

Weil der General die Liebsten von Lincoln, Self und Mahone bedroht, versuchen diese Scylla für die Company wiederzuerlangen. T-Bag (Robert Knepper) hilft als Handlanger des General gleich mit, während Michael und Sara die Company zum Sturz bringen wollen und Christina, ähnlich wie Self zuvor, an den Meistbietenden zu verkaufen strebt. Im Zuge dieser Schnitzeljagd fällt Scylla mal der einen und dann wieder der anderen Gruppe in die Hände. Die gesamte Schose, die sich über mehrere Folgen bis ins Finale zieht, ist nicht nur langweilig, sondern auch ermüdend. Hier zeigen die Autoren eindrucksvoll, dass sie im Grunde nichts zu erzählen haben und lediglich das Ende der Serie hinauszögern wollen. Es verwundert auch nicht, dass durchweg alle Folgen dieses Schauspiels ein unterdurchschnittliches Niveau haben, von denen ich jetzt keine explizit loben könnte. Eigentlich handelt es sich hierbei um nichts anderes als das Vorspiel zum Finale, welches – man verzichtete dankenswerterweise auf zwei weitere Episoden – in einer Doppelfolge daherkommt. Während Rate of Exchange noch relativ solide daherkommt, ist es mit Killing Your Number dann das Serienfinale, das neben Scylla zu den schlechtesten Folgen der Seriengeschichte zählt.

Aus unerfindlichen Gründen werden hier neben dem zuvor lange abwesenden Sucre auch andere Figuren ins Finale geschrieben, die nicht wirklich etwas mit der Geschichte zu tun haben und nichts als Nostalgie hervorrufen sollen. Die große Auflösung der Ereignisse ist dann auch nicht sonderlich aufregend gestaltet, eher im Gegenteil. Großartig ist die letzte Partei, die sich schließlich Scylla bemächtigt. So etwas habe ich zuvor im Fernsehen auch noch nie gesehen. Für die finale Einstellung wollte Scheuring Prison Break wohl mit einem Knall untergehen lassen. Dabei war diese Entscheidung nicht nur unnötig, sondern auch unstimmig und wenig harmonisch zum bisherigen Serienverlauf. Ingesamt ist die vierte Staffel ein unwürdiger Abschluss für die Serie, nur noch getoppt von der finalen Folge, die nicht nur ein armseliges Resultat für die Serie selbst ist, sondern auch für die vierte Staffel an sich. Die schauspielerischen Leistungen sind meistens okay, da kann man nicht meckern. Wobei an Fichtner und Knepper schwer eine der anderen Personen herankommt, bedenkt man dass Callies, Miller und Purcell die meiste Zeit mit demselben Gesichtsausdruck durch die Handlung laufen. Wie man nach den obigen Worten schließen kann, hält sich auch die Spannung – abgesehen von der Klimax der ersten Hälfte – in Grenzen. Im Nachhinein kann man froh sein, dass Prison Break nun zu Ende gegangen ist. Es ist kein ruhmvoller Abschluss, aber ein Abschluss.

6.5/10

5 Kommentare:

  1. Bin nach ein paar Episoden der vierten Staffel ausgestiegen. Wirklich schade, wie sich die Serie nach der grandiosen ersten Season entwickelt hat.

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  2. Bin noch nicht fertig mit der vierten Staffel, kann mich aber jetzt schon anschließen. Wirklich unwürdig, was aus dieser einst so tollen Serie geworden ist. Auch deine Sicht auf die ersten Staffeln teile ich, schön, das du auch Fichtner hervor hebst. Das Rapaport aber ebenfalls Akzente setzt und das seine Figur die einzige positive Neuerung der Staffel ist hättest du aber schon erwähnen können. Oder siehst du das anders?

    Ach ja: Punktemäßig kommt diese Staffel doch zu gut weg, vor allem weil der Text (berechtigterweise) voller Tadel ist...

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  3. @Harry: Ich bewerte die jeweiligen Folgen immer einzeln und nicht im Kontext des Geamtverständnisses der Serie, sondern als eigenständige Geschichte. Daher mag die letztliche Bewertung nicht immer exakt den Eindruck des Textes vermitteln.

    Zu Rapaport: ich fand ihn eher nervig. Insbesondere auch die doppelte Wendung von Auftraggeber zu Gegenspieler zu Mitspieler. War mir alles zu lahm und unnötig. Außer Fichtner wusste die Serie keine gelungene neue Figur dazuzudichten. Nicht in meinen Augen, jedenfalls.

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  4. Die Bewertung ist ohnehin zweitrangig, wollte das nur mal anmerken ohne dem aber zu große Wichtigkeit zukommen zu lassen.

    Was du zur Figur von Fichtner sagst ist richtig und im Gegensatz dazu ist die Rapaport-Figur eher blass. Trotzdem zeigt er imo eine solide Leistung, ich halte ihn für einen starken Darsteller, der die Staffel zumindest etwas bereichert. Für die abstrusen Drehbücher kann der Mann ja nichts.... ;)

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  5. > Insbesondere auch die doppelte Wendung von
    > Auftraggeber zu Gegenspieler zu Mitspieler.
    > War mir alles zu lahm und unnötig.

    Das war nicht nur doppelt, sondern drei- und
    vierfach. Zehrte irgendwann nur noch an den
    Nerven und verhilft der vierten Staffel zu
    einer Wertung im niedrigsten einstelligen Bereich.
    Wenigstens war das Ende recht nett.

    Mal schauen was der 4-Jahre-Dazwischen-Film zu
    bieten hat.

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