Seiner Zeit wurde Haven in der Kurzzusammenfassung der IMDb als Drama über zwei Briten angekündigt, die auf einer karibischen Insel Geld unterschlagen, während ein Fischer (gespielt von Orlando Bloom) dafür sorgt, dass das Chaos losbricht. Auf den ersten Blick erschien Frank E. Flowers’ Debütfilm im 18. oder wenn man so will auch 19. Jahrhundert angesiedelt zu sein. Zwei britische Handelsleute, die auf eine der Kolonialinseln das Königreich bestehlen und ein Seemann, der zum Szenario dazu stößt. Interessant klang das, was das Publikum 2005 in den Kinos erwarten sollte. Nur dass Haven nie in den deutschen Kinos lief und ohnehin eine weitaus andere Geschichte zu erzählen wusste, wie man nach der Kurzzusammenfassung von 2004 gemeint hätte. Nichts mit Kolonialreichen, britischen Handelsleuten und einem irrwitzigen Szenario um Orlando Bloom. Zumindest nicht so, wie es impliziert worden war. Stattdessen eine Art Episodenfilm, laut DVD-Hülle von den Produzenten (d.h. Bob Yari) von Crash. Aber immerhin spielte Orlando Bloom, der damals mit Return of the King und The Curse of the Black Pearl im Vorjahr den Höhepunkt seiner Karriere erreicht hatte, immer noch einen Fischer.
Haven erzählt nunmehr zwei eigenständige Geschichte, die jedoch parallel ablaufen und sich bisweilen auch kreuzen. Der erste Handlungsstrang dreht sich um die Finanzsituation auf den Cayman Islands. Die Banken, die bisher jedem Kunden Steuerfreiheit versprochen haben, schließen und werden Opfer von Ermittlungen. Dass ist zum einen schlecht für die Kunden, aber auch für deren Broker, wie Mr. Allen (Stephen Dillane). Um sich selbst vor einer Gefängnisstrafe zu bewahren, verkauft er einen seiner Kunden und Partner, Carl Ridley (Bill Paxton), an das FBI. Ridley verdankt es seiner Affäre mit Mr. Allens Sekretärin (Joy Bryant), dass diese ihn in Miami per Fax vor der Hausdurchsuchung vorwarnt. Mit einer Million Dollar Handgeld flieht der Amerikaner gemeinsam mit seiner Tochter Pippa (Agnes Bruckner) auf die Cayman Islands. Dort soll ihm Allen weiterhelfen. Dieser wittert jetzt seine Chance, mit Ridleys Geld selbst abzuhauen. Währenddessen versucht Pippa mit dem Einheimischen Fritz (Victor Rasuk) den Schock der Flucht zu verdauen, wobei dieser seine Schuld beim lokalen Untergrundboss dadurch abarbeiten will, dass er diesem von Ridleys Vermögen erzählt. Obschon es ein zusammenhängender Erzählstrang ist, verlaufen die Handlungen um Ridley und Allen, sowie Pippa und Fritz separat, sodass man im Grunde auch von insgesamt drei Geschichten sprechen könnte.
Des Weiteren erzählt Flowers eine Liebesgeschichte im Stile von Shakespeares Romeo and Juliet. Der Fischer Shy (Orlando Bloom) und die wohlhabende Andrea (Zoe Saldana) sind verliebt, doch wird die Romanze aufgrund des Klassenunterschieds nicht von Andreas Bruder Hammer (Anthony Mackie) gebilligt. Als dieser Shy eines Morgens im Zimmer seiner Schwester erwischt, inszeniert Andreas Vater (Robert Wisdom) um ihres Rufes willen ein Szenario der Vergewaltigung. Wutentbrannt entsinnt Hammer auf Rache und lässt sich zu einer unüberlegten Tat hinreißen, die sowohl sein Leben, als auch das von Andrea und Shy für immer verändern soll. Im Gegensatz zur restlichen Handlung spielen sich diese Ereignisse vier Monate früher ab, wobei jenes Segment der Vergangenheit in die Mitte des Filmes zwischen die gegenwärtigen Geschehnisse rund um Shy und Hammer eingeordnet ist. Das Bindeglied zwischen der Liebesgeschichte von Shy und Andrea sowie der Gierfabel um Pippa, Fritz, Ridley und Allen stellt der Gangster Richie Rich (Razaaq Adoti) dar, der selbst jedoch keine besonders wichtige Rolle spielt. Und im direkten Vergleich ist es die, wenn auch ziemlich konstruierte, dramatische Romanze zwischen Shy und Andrea, die dem Film seine Seele verleiht.
Es wird kurz eingeschoben, dass Shys Vater von Gangstern ermordet wurde, und der Junge wegen dieses Traumas seinen Spitznamen erhalten hat. Nur ist Shy im Grunde nicht wirklich schüchtern, redet munter mit seinem Vorgesetzten, Andreas Vater, seinen Arbeitskollegen und ist auch mit den „Angestellten“ von Richie Rich bekannt. Genauso erhält man nie eine Antwort auf die Frage, warum Shy eigentlich nicht wie seine Altersgenossen zur Schule geht, wo doch seine Mutter (Caroline Godall) sogar als eine der Lehrerinnen unterrichtet. Oder wieso Shy, der auf den Caymans geboren wurde und aufwuchs, im Gegensatz zu seinem besten Freund Kimo (Mpho Koaho) keinen einheimischen Slang beherrscht, sondern sich stets mit britischem Englisch durchschlägt. Sieht man einmal davon ab, dass er Kimo unentwegt mit „dawg“ anspricht, was vielleicht zur Figur, nicht aber zu Blooms Darstellung passen will. So verkommt der Engländer im Grunde zum bloßen hübschen Gesicht, das allerdings jegliche Authentizität der Rolle vermissen lässt. Wie auch schon in Elizabethtown konstatiert, bleibt Bloom weiterhin den Nachweis schuldig, dass er sich innerhalb der Branche zu Recht als „Schauspieler“ bezeichnet, weist er doch wenig mehr Talent als Shia LaBeouf und Co. auf. So ist seine Besetzung am ehesten noch hinsichtlich des Aufmerksamkeitsfaktors nachvollziehbar, der Haven nach Blooms Erfolgen zu Beginn des Jahrzehnts zuteil wurde.
Dabei bleibt Flowers, selbst gebürtiger Kaimaner, generell einige Erklärungen in seinem Debütfilm (dem seither auch kein Zweiter folgen sollte) schuldig. Zum Beispiel wieso Andreas Vater ihr eine Vergewaltigung andichten möchte und weshalb diese – immerhin ist er der angesehene und Shy der nichtswürdige Bürger – dem jungen Fischer nicht angelastet wurde? Oder weshalb sich Andrea nach dem Vorfall zwischen Hammer und Shy dazu entschließt, drogenabhängig zu werden und sich zu prostituieren? Und warum Ridley selbst auf den Cayman Islands scheinbar noch im Ermittlungsgebiet des Federal Bureau of Investigation ist? Bedenkt man, dass es sich im übergeordneten Sinn um einen Episodenfilm handelt, wäre eventuell eine größere Schnittstelle als Richie Richs Geburtstagsparty sinnvoller gewesen. Ohnehin ist gerade die Pippa-Fritz-Nebenhandlung für das große Ganze eher weniger wichtig, selbst wenn ihre Bekanntschaft ausschlaggebend für das Fortführen des Plots um Allen und Ridley sein mag. Grundsätzlich lässt den Zuschauer jedoch sowohl das Schicksal von Ridley (und Pippa) als auch das von Allen relativ kalt. Ähnlich verhält es sich mit Fritz, der als charmanter thug zwar halbwegs sympathisch rüberkommt, aber nicht genug, als dass man um sein Wohl besorgt wäre. So ist, wie bereits angedeutet, die tragische Affäre zwischen Shy und Andrea der Leim, der Haven zusammenhält.
Hätte sich Flowers auf diesen Erzählstrang fokussiert und ihn besser ausgearbeitet, wäre der Film sicherlich etwas runder geworden. Denn die Musik ist relativ stimmig und die Bilder passend gewählt, erwecken sie doch ein träumerisch-schönes Gefühl von den Kaimaninseln. Abgesehen von Bloom kann das übrige Ensemble relativ überzeugen. Sei es Bruckner, Rasuk, Paxton, Dillane, Saldana oder Mackie – sie spielen ihre Parts gemäß ihrer Anwesenheit und Einstellung glaubwürdig. Während das Finale der Ridley-Handlung nachvollziehbar erscheint, reiht sich die Geschichte um Shy und Andrea erneut in die Ansammlung der offenen Fragen ein. Hinsichtlich des Zeitfensters ließ sich vielleicht nicht mehr erzählen, als letztlich erzählt wird, was aber nur einen Grund mehr darstellt, wieso sich Flowers ausschließlich auf die Romanze und ihre Konsequenzen hätte konzentrieren sollen. Im Nachhinein ist Haven ein netter, annehmbarer Film, der eigentlich in Ordnung geht, ohne zu irgendeinem Zeitpunkt wirklich spektakulär zu sein. Es bleibt eine Mutmaßung, doch eventuell wäre ein Drehbuch, wie es dereinst der IMDb-Eintrag vor fünf Jahren zumindest implizierte (ein abenteuerliches Spektakel in der Kolonialzeit), reiz- und eindrucksvoller gewesen, als es Flowers’ Debüt im Nachhinein wurde. Nicht nur für den Zuschauer, sondern auch für seine seither leere Vita.
6.5/10
Haven erzählt nunmehr zwei eigenständige Geschichte, die jedoch parallel ablaufen und sich bisweilen auch kreuzen. Der erste Handlungsstrang dreht sich um die Finanzsituation auf den Cayman Islands. Die Banken, die bisher jedem Kunden Steuerfreiheit versprochen haben, schließen und werden Opfer von Ermittlungen. Dass ist zum einen schlecht für die Kunden, aber auch für deren Broker, wie Mr. Allen (Stephen Dillane). Um sich selbst vor einer Gefängnisstrafe zu bewahren, verkauft er einen seiner Kunden und Partner, Carl Ridley (Bill Paxton), an das FBI. Ridley verdankt es seiner Affäre mit Mr. Allens Sekretärin (Joy Bryant), dass diese ihn in Miami per Fax vor der Hausdurchsuchung vorwarnt. Mit einer Million Dollar Handgeld flieht der Amerikaner gemeinsam mit seiner Tochter Pippa (Agnes Bruckner) auf die Cayman Islands. Dort soll ihm Allen weiterhelfen. Dieser wittert jetzt seine Chance, mit Ridleys Geld selbst abzuhauen. Währenddessen versucht Pippa mit dem Einheimischen Fritz (Victor Rasuk) den Schock der Flucht zu verdauen, wobei dieser seine Schuld beim lokalen Untergrundboss dadurch abarbeiten will, dass er diesem von Ridleys Vermögen erzählt. Obschon es ein zusammenhängender Erzählstrang ist, verlaufen die Handlungen um Ridley und Allen, sowie Pippa und Fritz separat, sodass man im Grunde auch von insgesamt drei Geschichten sprechen könnte.
Des Weiteren erzählt Flowers eine Liebesgeschichte im Stile von Shakespeares Romeo and Juliet. Der Fischer Shy (Orlando Bloom) und die wohlhabende Andrea (Zoe Saldana) sind verliebt, doch wird die Romanze aufgrund des Klassenunterschieds nicht von Andreas Bruder Hammer (Anthony Mackie) gebilligt. Als dieser Shy eines Morgens im Zimmer seiner Schwester erwischt, inszeniert Andreas Vater (Robert Wisdom) um ihres Rufes willen ein Szenario der Vergewaltigung. Wutentbrannt entsinnt Hammer auf Rache und lässt sich zu einer unüberlegten Tat hinreißen, die sowohl sein Leben, als auch das von Andrea und Shy für immer verändern soll. Im Gegensatz zur restlichen Handlung spielen sich diese Ereignisse vier Monate früher ab, wobei jenes Segment der Vergangenheit in die Mitte des Filmes zwischen die gegenwärtigen Geschehnisse rund um Shy und Hammer eingeordnet ist. Das Bindeglied zwischen der Liebesgeschichte von Shy und Andrea sowie der Gierfabel um Pippa, Fritz, Ridley und Allen stellt der Gangster Richie Rich (Razaaq Adoti) dar, der selbst jedoch keine besonders wichtige Rolle spielt. Und im direkten Vergleich ist es die, wenn auch ziemlich konstruierte, dramatische Romanze zwischen Shy und Andrea, die dem Film seine Seele verleiht.
Es wird kurz eingeschoben, dass Shys Vater von Gangstern ermordet wurde, und der Junge wegen dieses Traumas seinen Spitznamen erhalten hat. Nur ist Shy im Grunde nicht wirklich schüchtern, redet munter mit seinem Vorgesetzten, Andreas Vater, seinen Arbeitskollegen und ist auch mit den „Angestellten“ von Richie Rich bekannt. Genauso erhält man nie eine Antwort auf die Frage, warum Shy eigentlich nicht wie seine Altersgenossen zur Schule geht, wo doch seine Mutter (Caroline Godall) sogar als eine der Lehrerinnen unterrichtet. Oder wieso Shy, der auf den Caymans geboren wurde und aufwuchs, im Gegensatz zu seinem besten Freund Kimo (Mpho Koaho) keinen einheimischen Slang beherrscht, sondern sich stets mit britischem Englisch durchschlägt. Sieht man einmal davon ab, dass er Kimo unentwegt mit „dawg“ anspricht, was vielleicht zur Figur, nicht aber zu Blooms Darstellung passen will. So verkommt der Engländer im Grunde zum bloßen hübschen Gesicht, das allerdings jegliche Authentizität der Rolle vermissen lässt. Wie auch schon in Elizabethtown konstatiert, bleibt Bloom weiterhin den Nachweis schuldig, dass er sich innerhalb der Branche zu Recht als „Schauspieler“ bezeichnet, weist er doch wenig mehr Talent als Shia LaBeouf und Co. auf. So ist seine Besetzung am ehesten noch hinsichtlich des Aufmerksamkeitsfaktors nachvollziehbar, der Haven nach Blooms Erfolgen zu Beginn des Jahrzehnts zuteil wurde.
Dabei bleibt Flowers, selbst gebürtiger Kaimaner, generell einige Erklärungen in seinem Debütfilm (dem seither auch kein Zweiter folgen sollte) schuldig. Zum Beispiel wieso Andreas Vater ihr eine Vergewaltigung andichten möchte und weshalb diese – immerhin ist er der angesehene und Shy der nichtswürdige Bürger – dem jungen Fischer nicht angelastet wurde? Oder weshalb sich Andrea nach dem Vorfall zwischen Hammer und Shy dazu entschließt, drogenabhängig zu werden und sich zu prostituieren? Und warum Ridley selbst auf den Cayman Islands scheinbar noch im Ermittlungsgebiet des Federal Bureau of Investigation ist? Bedenkt man, dass es sich im übergeordneten Sinn um einen Episodenfilm handelt, wäre eventuell eine größere Schnittstelle als Richie Richs Geburtstagsparty sinnvoller gewesen. Ohnehin ist gerade die Pippa-Fritz-Nebenhandlung für das große Ganze eher weniger wichtig, selbst wenn ihre Bekanntschaft ausschlaggebend für das Fortführen des Plots um Allen und Ridley sein mag. Grundsätzlich lässt den Zuschauer jedoch sowohl das Schicksal von Ridley (und Pippa) als auch das von Allen relativ kalt. Ähnlich verhält es sich mit Fritz, der als charmanter thug zwar halbwegs sympathisch rüberkommt, aber nicht genug, als dass man um sein Wohl besorgt wäre. So ist, wie bereits angedeutet, die tragische Affäre zwischen Shy und Andrea der Leim, der Haven zusammenhält.
Hätte sich Flowers auf diesen Erzählstrang fokussiert und ihn besser ausgearbeitet, wäre der Film sicherlich etwas runder geworden. Denn die Musik ist relativ stimmig und die Bilder passend gewählt, erwecken sie doch ein träumerisch-schönes Gefühl von den Kaimaninseln. Abgesehen von Bloom kann das übrige Ensemble relativ überzeugen. Sei es Bruckner, Rasuk, Paxton, Dillane, Saldana oder Mackie – sie spielen ihre Parts gemäß ihrer Anwesenheit und Einstellung glaubwürdig. Während das Finale der Ridley-Handlung nachvollziehbar erscheint, reiht sich die Geschichte um Shy und Andrea erneut in die Ansammlung der offenen Fragen ein. Hinsichtlich des Zeitfensters ließ sich vielleicht nicht mehr erzählen, als letztlich erzählt wird, was aber nur einen Grund mehr darstellt, wieso sich Flowers ausschließlich auf die Romanze und ihre Konsequenzen hätte konzentrieren sollen. Im Nachhinein ist Haven ein netter, annehmbarer Film, der eigentlich in Ordnung geht, ohne zu irgendeinem Zeitpunkt wirklich spektakulär zu sein. Es bleibt eine Mutmaßung, doch eventuell wäre ein Drehbuch, wie es dereinst der IMDb-Eintrag vor fünf Jahren zumindest implizierte (ein abenteuerliches Spektakel in der Kolonialzeit), reiz- und eindrucksvoller gewesen, als es Flowers’ Debüt im Nachhinein wurde. Nicht nur für den Zuschauer, sondern auch für seine seither leere Vita.
6.5/10
Wie auch schon in Elizabethtown konstatiert, bleibt Bloom weiterhin den Nachweis schuldig, dass er sich innerhalb der Branche zu Recht als „Schauspieler“ bezeichnet, weist er doch wenig mehr Talent als Shia LaBeouf und Co. auf.
AntwortenLöschenIn der Tat. Auf den Film, den Bloom mal alleine mit seiner schauspielerischen Präsenz trägt, warte ich auch noch. Und ich vermute, dass man darauf auch noch lange warten kann. :)