31. August 2009

The Land Before Time


Yep, yep, yep.

Man sollte ja nicht in Klischees denken, aber welches Kind bzw. welcher Junge begeistert sich nicht in seiner Jugend für Dinosaurier? Die Riesenechsen, unserer Kultur nur aufgrund ihrer archäologischen Überreste bekannt, zählen zu den Klassikern der kindlichen Erfahrungswelt. Für meine Wenigkeit hatte das Kino den Status „Traumfabrik“ verdient, als ich 1993 Steven Spielbergs Jurassic Park sah. Wenn es möglich war, Dinosaurier glaubhaft auf die Leinwand zu bannen, dann – so beschloss ich mental – war im Kino alles möglich. Während Jurassic Park selbst noch zwei Fortsetzungen nach sich zog, finden sich die klassischen Dinosaurier dagegen in einer anderen Filmreihe: The Land Before Time. Produziert von George Lucas und Steven Spielberg war The Land Before Time 1988 als Konkurrent zu Disneys Oliver & Co. ins Rennen gegangen. Während dieser in den USA erfolgreicher lief, als das von Don Bluth inszenierte Dino-Abenteuer, gelang es den Riesenechsen dafür über das weltweite Einspiel an dem Zeichentrickgiganten vorbeizuziehen.

In einem Land, vor unserer Zeit, müssen sich die verschiedenen Dinosaurierherden wegen Futtermangels auf einen beschwerlichen Treck machen. Hier leben die Riesenechsen, abgesondert nach ihren unterschiedlichen Klassen. „Dreihörner spielen nicht mit Langhälsen“, kriegt der kleine Apatosaurier Littlefoot da von dem jungen Triceratops-Weibchen Cera an den Kopf geschmissen. Jeder kämpft hier für sich selbst, anstatt dass die Dinos in einer riesigen Herde gemeinsam wandern. Nun sind Kinder aber Kinder, und wie man aus Disneys The Fox and the Hound weiß, werden Vorurteile nicht vererbt, sondern erlernt. Aus einem unbekümmerten Spiel zwischen Littlefoot und Cera wird plötzlich ernst, als ihnen der Tyrannosaurier Scharfzahn auflauert. Zur selben Zeit tritt auch noch die Plattentektonik der Superkontinente ein. Zwar gelingt es Littlefoots Mutter die beiden Kleinen zu retten, doch bezahlt sie ihren Heldenmut mit ihrem Leben. Es obliegt den Beiden nun, sich ihren Weg in das ominöse Große Tal selbst zu bahnen. Dabei merken weder Littlefoot noch Cera, dass sie beginnen die Vorurteile ihrer Eltern blind zu übernehmen.

Die Moral von The Land Before Time ist fraglos die Überwindung von Klassenunterschieden. Unabhängig von ihrer Art, Größe und Anatomie müssen Littlefoot, Cera, sowie die Parasaurolophierin Ducky, der Pteranodon Petri und der Stegosaurier Spike lernen, miteinander und nicht gegeneinander zu arbeiten. Nicht nur, um sich mit Futter zu versorgen – die Saurier-Leiter ist hier natürlich die bildhafte Überwindung der Klassenkämpfe-, sondern auch, um wie im Finale zu sehen, einen gemeinsamen Feind Einhalt zu gebieten. Dies fällt jedoch gerade der bornierten Cera recht schwer, die glaubt, alles im Alleingang handhaben zu können. Generell wäre es interessant dieses Schema auf die politische Situation zu übertragen, haben die USA und Cera doch eine Menge gemein. Primär richtet sich der Film jedoch an den Zusammenhalt einer Gruppe von Freunden, die als Gruppe im Stande waren, jeder Situation auf ihrem steinigen Weg mit entsprechendem Kalkül zu begegnen. Damit erzählen Bluth, Spielberg und Lucas per se keine sonderlich neue Geschichte, aber immerhin ist es eine, die wahrscheinlich nie aussterben wird. Dass das Drehbuch dabei selbst den einen oder anderen Hänger hat, soll an dieser Stelle nicht unter den Tisch fallen. Jedoch verfügt der Film zumindest bei mir – und wohl den meisten, die mit ihm groß geworden sind – über derart viel Nostalgiebonus, dass man sie ihm gerne verzeiht.

Die Animation des Filmes erinnert sehr an frühere Werke von Bluth und hat ihren Höhepunkt sicherlich im großartig inszenierten Kampf zwischen Scharfzahn und Littlefoots Mutter. Auch die musikalische Untermalung mit dem hinreizenden Theme weiß zu gefallen. Zuvorderst lebt The Land Before Time – wie viele andere Filme – weniger von seinen beiden Hauptfiguren, sondern von der „zweiten Garde“. Allen voran glänzt hier Ducky, die mit ihrer optimistischen Art und ihrem freundlichen Wesen einfach nur unwiderstehlich ist. Im Team mit Petri und seiner grammatikalisch unsauberen Aussprache sind die beiden dann eigentlich unschlagbar. Spike dagegen ist ob seiner Stille irgendwie überflüssig, auch wenn er ebenso seine kleinen Momente hat (angefangen bei seiner Geburt). Schade ist es um Scharfzahns Unvermögen zu sprechen, was wohl daran liegt, dass er sonst zu „menschlich“ und weniger bösartig erschienen wäre.

Was mir bei der neuerlichen Sichtung – das letzte Mal sah ich den Film vor sicherlich über zehn Jahren – aufgefallen ist: ich erlebte eine Erinnerungswelle der besonderen Sorte. Dutzende der Bilder evozierten dutzende Déjà-vu-Erlebnisse. Sei es Littlefoots Geburt, seine Jagd mit Cera auf den Frosch, sein Spiel mit dem Blatt, Petris Einführung oder Duckys liebevoll-nervige Art. Es war ein wunderschönes Gefühl von … zu Hause … das diese Sichtung mit sich brachte. Und man bedauert es, dass Bluth auf Druck des Studios rund 15 Szenen schneiden musste, die den Film etwas düsterer und bedrohlicher gestaltet hätten. Denn mit einer Stunde Laufzeit – selbst wenn diese optimal genutzt wird – ist das Vergnügen dann doch viel zu schnell vorbei. Den Durst nach mehr wusste dann keine der elf Fortsetzungen zu stillen, die nicht nur weniger liebevoll animiert waren, sondern inhaltlich grundsätzlich wenig bis gar nichts hergaben. Letztlich verschafft es in gewissem Sinne Befriedigung, die DVD zu The Land Before Time im Regal stehen zu haben. Denn so muss ich diesmal nicht wieder über ein Jahrzehnt warten, ehe ich dieses herzliche nostalgische Kleinod erneut begutachten kann. Zwar ist der Film nicht perfekt oder herausragend, dennoch zählt er zu meinen Lieblingsfilmen. Und wird es immer tun.

8/10

6 Kommentare:

  1. Habe den Film ebenfalls vor einigen Monaten nochmal neu gesichtet - unter ähnlichen Bedingungen und mit nahezu gleichem Ergebnis. Würde jedem Satz zustimmen, ebenso der Bewertung.

    "Dutzende der Bilder evozierten dutzende Déjà-vu-Erlebnisse. Sei es Littlefoots Geburt, seine Jagd mit Cera auf den Frosch, sein Spiel mit dem Blatt, Petris Einführung oder Duckys liebevoll-nervige Art. Es war ein wunderschönes Gefühl von … zu Hause … das diese Sichtung mit sich brachte."

    Genau dieses Gefühl stellte sich auch bei mir ein, schön auf den Punkt gebracht.

    Don Bluth ist eben ein Könner... :)

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  2. Auch ich kann mich deinem Eintrag nur anschleißen. Bei meiner Sichtung vor einigen Monaten hatte ich das selbe Gefühl. Eines der nostalgischsten Filmerlebnisse überhaupt. Schön geschrieben, wirklich!

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  3. Gleiches gilt für mich. Abgesehen davon, dass es bei mir immer noch viele Jahre her ist, dass ich den das letzte mal gesehen habe. So geht es mir ein wenig anders: "Dutzende Sätze der Rezension evozierten dutzende Déjà-vu-Erlebnisse. Es war ein wunderschönes Gefühl von … zu Hause … das diese Lesung mit sich brachte." ;-) - Ah, ich muss mir den auch mal wieder ansehen!

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  4. Wie angesprochen, wer mit dem aufgewachsen ist, der wird ihn auch sehr schätzen. :-)

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  5. Hatte den Film vor zwei Jahren auch wieder erstmals seit Kindheitstagen gesehen und kann besagtes Déjà-vu-Gefühl nur bestätigen. Allerdings konnte mich der Film nicht mehr sonderlich begeistern, was vor allem an der teils unsauberen Animation und den klischeehaften Figuren lag.

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  6. Jaaaaaaaaaaaaaa, mein erster Kinofilm :) Hach da werden Erinnerungen wach, cooles Review!

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