9. November 2010

Easy A

Just once I want my life to be like an 80's movie.

In Richard Linklaters Dazed and Confused lehnt Wooderson in einer Szene an einer Bowlinghalle und sagt beim Anblick der vorbeilaufenden Mädchen sagt: “That's what I love about these high school girls, man. I get older, they stay the same age“. Eine passende Paraphrasierung eines Genres, welches sich wie kein anderes kaum gewandelt hat. Egal ob The Last Picture ShowClueless oder Superbad - überall lassen sie sich finden: die Jocks, die Nerds, die Stoners. Die High School ist für die einen die beste Zeit, die sie vielleicht jemals haben werden, für die anderen dagegen eine Hölle, die durchstanden werden muss. Die Sprache und Umgebung ändert sich, doch die Struktur der High School bleibt gleich. Umso schwerer für einen Genrefilm, aus der Masse herauszustechen. Mit Easy A ist Regisseur Will Gluck dies gelungen: eine herausragende High-School-Komödie.

Hier haben wir Olive (Emma Stone), eine liebenswerte Bilderbuch-Teenagerin, die gut aussieht und als Einzige in ihrer Klasse das zu behandelnde Buch (The Scarlet Letter) gelesen hat. Zudem verfügt sie über Eltern (Stanley Tucci, Patricia Clarkson), für die die Beschreibung „liberal“ noch eine Beleidigung wäre. Problematisch wird Olives Leben, als sie ihr Wochenende allein in ihrem Zimmer verbringt und Natasha Bedingfields „Pocketful of Sunshine“ lauscht. Von ihrer Freundin Rhiannon (Alyson Michalka) befragt, lässt sich Olive jedoch zu der Behauptung hinreißen, sie hätte ihre Jungfräulichkeit an einen Studenten verloren. Ihre christliche Mitschülerin Marianne (Amanda Bynes) überhört dies und verbreitet das Gerücht wie ein Lauffeuer. Fortan gilt die unscheinbare Olive als Schulhofschlampe und denkt sich daher: Ist der Ruf erst ruiniert…

Amüsanterweise ist Easy A eine Teenie-Komödie, in der dauernd über Sex geredet wird, ohne dass die Figuren (zumindest nicht Olive) Sex haben. Während Olive mit ihrer neuen Bekanntheit relativ gut leben kann, verselbstständigt sich diese bald. Von der Schulhof-Hierarchie geplagte Jungs wie der homosexuelle Brandon (Dan Byrd) entlohnen Olive dafür, dass sie behaupten können, sexuelle Beziehungen mit ihr gehabt zu haben. Was sich als soziale Bereicherung für die Jungs herausstellt, wird für Olive zum Problem. Sie verliert durch ihr Verhalten nicht nur Rhiannon, sondern macht sich auch noch Marianne zur Nemesis. Glucks Film spielt sehr gelungen mit der Macht, die Worte an einer High School haben. Ähnlich wie so mancher seiner Genrevorgänger - man denke nur an Finchs Reputation in American Pie - spielt Easy A gekonnt mit Gerüchten.

Dabei hat der Film natürlich fraglos Schwachpunkte in seiner Konstruktion, angefangen mit der Interaktion aller Figuren. Dass Olive nur mit den Nerds, Dorks und Geeks in die Kiste zu steigen scheint, fällt der Beletage scheinbar nicht auf. Genauso wie das Interesse von Olives Jugendschwarm Todd (Penn Badgley) an ihr so plötzlich auftaucht, dass sie selbst nachfragt, wo es herrührt. Auch ihre Unfähigkeit, mit ihren ultraliberalen und unkomplizierten Eltern oder ihrem charmant-freundlichen Lieblingslehrer (Thomas Hayden Church) über die Verselbstständigung ihres Rufes zu reden, überrascht. Und ohnehin ist Olives Familie geradezu pervers perfekt (bis hin zum adoptierten afroamerikanischen Bruder). Dass man all diese Dinge einfach schluckt und sie, obschon sie einem auffallen, nicht hinterfragt, liegt an dem gefälligen Darstellerensemble.

Während sich Penn Badley, Thomas Hayden Church, Malcolm McDowell und Cam Gigandet mit ihren kleineren Nebenrollen zufrieden geben, spielen Stanley Tucci und Patricia Clarkson erfrischend charmant. Dennoch steht und fällt Easy A mit Emma Stone in ihrer ersten Hauptrolle, die sie mit einer Leichtigkeit schultert, die man ihr nach ihren Rollen in Superbad oder The House Bunny problemlos zugetraut hat. Man folgt ihr durch all die Ungerechtigkeiten der High-School-Welt, beobachtet amüsiert, wie sie auf einer Party versucht mit Brandon Sex zu vertonen oder verfolgt bewegt, wie sie einen ihrer „Kunden“ darauf hinweist, dass er tatsächlich die Chance auf ein echtes Date mit ihr gehabt hätte. Denn letztlich will auch Olive nur von jemandem geliebt werden. Nicht für das, was man von ihr denkt oder gehört hat, sondern für die Person, die sie wirklich ist.

Allzu tiefsinnig will Glucks Schulkomödie dann aber doch nicht sein. Vielmehr versucht Easy A eine unbekümmerte Komödie zu sein, die gerne so wäre wie die Werke von John Hughes und daher vermutlich auch ihre natürliche Unnatürlichkeit bezieht. Trotz der vorhandenen inhaltlichen Mängel überzeugt der Film jedoch durch seinen Charme, den nicht nur das Ensemble ausstrahlt. So ist das Finale eine einzige Aneinanderreihung von netten Hommagen an einige 80er-Genrevertreter und auch Natasha Bedingfields „Pocketful of Sunshine“ verkommt zum gelungenen Running Gag. Insofern ist Easy A nicht nur ein würdiger Genre-Vertreter, sondern durch seine Inszenierung und Besetzung gar ein Herausragender. Oder wie es Wooderson vermutlich ausdrücken würde: That's what I love about these high school movies, man. I get older, they stay the same.

7.5/10

3 Kommentare:

  1. Sehr schön, so hab ich mir den Film vorgestellt. Aber durch den Trailer und durch ein paar andere Meinungen, weiß ich genau, was auf mich zukommt, wodurch die Sichtung quasi entbehrlich wird...aber es gibt genug schöne Namen (außer Cam Gegandetwtf), die mich doch dazu verleiten könnten :D

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  2. Ich hörte von einem Freund, dass der Film eine extrem prüde Moral hätte. Er riet mir davon ab.

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  3. @Rajko: Ja, die kann man dem Film in gewisser Hinsicht durchaus vorwerfen, sah sie jedoch insofern als akzeptabel an, da sie ein notwendiges Spiegelbild für das Geschehen auf der Leinwand ist, das wiederum ja das soziale Verhalten der Gegenwart in gewisser Hinsicht persifliert oder dies zumindest intendiert, mit dem (subtil mitschwingendem) Versprechen - womit man wieder bei der prüden Moral wäre -, das dies alles wiederum von außen aufzwungene Umstände wären.

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