24. Oktober 2008

Clueless

I can't find my Cranberries CD. I gotta go to the quad before anyone snags it.

Es waren fast dreizehn Jahre vergangen, ehe Regisseurin Amy Heckerling zurück zur Schule ging. Nach ihrem Kulthit Fast Times at Ridgemont High aus dem Jahr 1982 lieferte sie quasi 1995 mit Clueless eine Fortsetzung. Dabei hatte Clueless inhaltlich nichts mit „Fast Times“ gemein und doch jede Menge Übereinstimmungen. Nachdem sich Heckerling mit Filmen wie European Vacation und den beiden Look Who’s Talking-Werken fest in der neuen Welle von Komödienregisseuren etabliert hatte, folgte 1995 nun dieses gewagte Clueless-Experiment. Die Intention des Filmes strebte eine Mischung aus Jane Austens Emma und Aaron Spellings Beverly Hills 90210 an. Der Roman von Austen bildete hierbei die Grundlage für den eigentlichen Handlungsrahmen, während die 90210-Einflüsse unweigerlich Einzug in die lose Adaption von Heckerlings Kulthit fanden. Dabei ist Clueless weniger ein Abziehbild von Fast Times, als vielmehr als Neuerfindung zu sehen. Beide Filme passen perfekt in ihre Zeit und spiegeln ihre jeweilige Epoche blendend wieder. Der Erfolg des Filmes hielt sich dabei in Grenzen, reichte jedoch wie im Falle von Fast Times aus, um eine Fernsehserie hervorzubringen.

Beschäftigte sich Heckerling in Fast Times mit den Erlebnissen einiger Teenager, die mit den Problemen des Erwachsenwerden und somit der teen angst zu kämpfen hatten, wendet sich Clueless einer anderen Zielgruppe zu. Hier sind es die Schönen und Reichen denen die Aufmerksamkeit geschenkt wird. Im Gegensatz zu Brad, Stacy, Linda und Rat müssen die Pubertierenden hier keineswegs arbeiten, das merkt man bereits zu Beginn, wenn sich Cher (Alicia Silverstone) ihr tägliches Outfit von einem Computer zusammenstellen lässt. Um ihren Kindern extravagante Namen zu verpassen, erhielten Cher und ihre beste Freundin Dionne (Stacey Dash) auch noch die Namen berühmter Sängerinnen, auch Mitschüler Elton (Jeremy Sisto) trägt einen solchen Namen. Sorgenlose Schüler, in deren Leben es nur um eines geht: ihr soziales Standing. Dieses lässt sich insbesondere durch ihr Outfit bestimmen, ein Trend wie man ihn selbst heute noch findet. Wer neu an die Schule kommt und in heruntergekommenen Klamotten durch die Gänge läuft, wird wie Tai (Brittany Murphy) schief angesehen – insbesondere in einer so oberflächlichen Kultur wie sie in Clueless zum Tragen kommt. Ein Fremdkörper ist hier dann Chers Stiefbruder Josh (Paul Rudd): existentialistisch, politisch engagiert und frei von Vorurteilen. Wie grundverschieden beide sind, zeigt sich in ihrer gemeinsamen Fernsehserie: während es Cher nach Beavis & Butthead gelüstet, möchte Josh Waldbrände auf CNN verfolgen.

Doch auch Clueless ist ein coming-of-age-Drama und beansprucht somit seine Portion an teen angst. Hinter den teuren Kostümen und dem vielen bling bling muss man die natürlich erst mal suchen, aber sie ist durchaus da. „He does dress better than I do, what would I bring to the relationship?”, fragt sich Cher voller Selbstzweifel, als sie ihren Traummann Christian trifft. Dieser wiederum ist selbst ein Kind der 90210-Generation, ein sprichwörtliches Abziehbild von Jason Priestley. Ihr Aussehen hat für die Mädchen in Clueless also eine ausgesprochene wichtige Bedeutung, bildet sogleich Schutz für Angriffsfläche. Emanzipierter ist hier noch Dionne, die sich im Gegensatz zu Cher und Tai weniger unterkriegen lässt. Dies hat sicherlich damit zu tun, dass sie ihre Ängste und Sorgen auf etwas anderes projiziert, als Cher und Tai: ihren Freund Murray (Donald Faison). Mit den offensichtlichen Problemen einer Beziehung müssen sich die beiden kaukasischen Mädchen nicht herumschlagen, was ihr Liebesleben jedoch nicht unbedingt einfacher macht. Hier findet sich das Austensche Element des sozialen Aufstiegs über sein Liebesleben. Als sich der Stoner Travis (Breckin Meyer) für Tai interessiert, blocken Cher und Dionne total ab. Ohnehin erachtet Cher jeden Kerl aus ihrer High School für unter ihrer Würde.

Die Ähnlichkeiten zu Austens Emma sind dabei natürlich offensichtlich, die Identifikation mit den Figuren schnell gefunden. Klassische Literatur für die lesefaule Jugend aufzubereiten hat sich bereits in Baz Lurhmanns Romeo + Juliet positiv bewährt. Auffallen dürften die Verweise auf Jane Austen den wenigsten Zuschauern, die nicht unbedingt mit dem Roman vertraut sind. Für diese sind die Parallelen zu Fast Times dagegen präsenter. Hier wie dort zelebriert Heckerling das Mekka der Teenager, das örtliche Einkaufszentrum. Ebenso verhält es sich mit der Figur von Travis, die – trotz Heckerlings Widersprüchen – stark an Kultfigur Spicoli erinnert. Nicht nur aufgrund der Tatsache, dass Travis ein kiffender Skater ist, sondern wegen seiner Etablierung in den Kontext von Clueless, als Gegenpart des Lehrers in der Aufmerksamkeit des Klassenzimmers. Im Gegensatz zu Spicoli haucht Heckerling Breckin Meyers Figur jedoch mehr Leben ein, mehr Wünsche und Träume jenseits des Hasch. Unabhängig von der gelungenen Interpretation von Emma ist Clueless, wie zuvor Fast Times, ein amüsantes Portrait der Jugend dieser Zeit. Ihr Denken, ihre Interessen, Ansichten und Erwartungen werden zum größten Teil authentisch transferiert, obschon es sich natürlich um die Oberschicht der amerikanischen Westküste handelt.

War Fast Times weitestgehend inhaltsfrei, so scheitert Clueless über weite Strecken seiner Laufzeit an dem Versuch einer stringenten Handlung. Insbesondere Silverstones Erzählstimme ist hier ein großes Übel, da sie wenig bis gar keine Emotion rüberbringt. Wo Serien wie Grey’s Anatomy oder Scrubs von den Erzählstimmen ihrer beiden Hauptprotagonisten leben, versackt Clueless ein ums andere Mal. Beim Schauspiel sieht das wiederum besser aus, hier kann Silverstone – zuvor berühmt geworden durch ihre drei Musikvideoauftritte für Aerosmith – als oberflächliche Blondine durchaus punkten. Auch die vielen anderen Gesichter (Rudd, Murphy, Sisto) machen Spaß, selbst wenn diesen Darstellern eine weniger ruhmreiche Karriere vorbehalten blieb, wie ihren Fast Times-Kollegen. Die Pausen im Film sind jedoch bemerkbar und vor allem zu groß, die großartigen Momente fehlen. Zudem scheitert Heckerling auch dabei, ihren klischeehaften Figuren eine spezielle Tiefe verleihen zu wollen. Insgesamt gesehen lässt sich Clueless als Anbeginn von Heckerlings Verabschiedung der Top-Elite sehen. Selbst wenn Clueless keine sonderliche Enttäuschung ist, verebbte die Karriere der Regisseurin anschließend. Als Portrait seiner Zeit funktioniert der Film dennoch wie als Interpretation von Emma.

7.5/10

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