25. November 2013

Frances Ha

Free chair. Totally normal, really.

Als junger Mensch hat man es heutzutage nicht immer leicht. Bereits vor fast einem Jahrzehnt war von einer „Generation Ratlos“ die Rede, aktuell spricht man von einer Generation ohne Zukunft. Manche hangeln sich von Praktikum zu Praktikum, auf der Suche nach einer festen Anstellung, in einigen Ländern wie Spanien ist es mit der Jugendarbeitslosigkeit sogar noch schlimmer. Die Folge ist eine Orientierungslosigkeit, ein Verlorensein. Dabei will jeder nur partizipieren an der joie de vivre – nur kann dies nicht jeder. Mit sich und ihren Lebensumständen hadert auch die 27-jährige Tänzerin Frances Halliday, gespielt von Greta Gerwig, in Noah Baumbachs Frances Ha, einem erquicklichen Beitrag zum Coming-of-Age-Genre.

Darin beginnt Frances zum Jahresende hin allmählich ihr bisheriges Leben zu entgleiten als sie zuerst aus Loyalität zur besten Freundin und Mitbewohnerin Sophie (Mickey Sumner) ihren Freund verliert, dann Sophie als Mitbewohnerin, schließlich ihren Job in einem Tanzensemble und aus Geldmangel daraufhin ihr aktuelles WG-Zimmer. Vieles hiervon ist sicherlich auch selbstverschuldet, immerhin ist Frances zwar relativ süß in ihrer unbekümmerten Art, aber eben auch chaotisch, tollpatschig und – im positiven Sinne – deppert. Für sie kommt ihre Freundschaft zu Sophie an erster Stelle und die Unzertrennlichkeit der beiden Frauen, für deren Fortbestand Frances ihre Beziehung opfert, bildet den Einstieg in den Film.

“We are like a lesbian couple that doesn’t have sex anymore”, scherzt Frances anfangs noch. Später, als Sophie in New York die Stadtteile von Brooklyn nach Tribeca tauscht, wird sie über das Verhältnis zur Freundin dann in der Tat so sprechen, als wären sie ein Paar gewesen. An der 27-Jährigen ist das Leben scheinbar vorbeigezogen und dennoch steht ihr zumindest laut den anderen Figuren eine, wenn auch ungewollte, Reife ins Gesicht geschrieben. Sie sähe älter aus als die in etwa gleichaltrige Sophie, hört Frances von einer losen Bekanntschaft. “Like…a lot older. But less, like, grown up”. Als sie später darüber mit ihrem Mitbewohner Benji (Michael Zegen) spricht, bestätigt auch dieser: “27 is old though”.

In der neuen WG mit Benji und dessen Kumpel Lev (Adam Driver) blüht Frances kurzzeitig auf – nicht zuletzt, da sie in Benji einen ähnlichen Rumtreiber findet. Dieser arbeitet aktuell an einem Drehbuchentwurf für einen dritten Gremlins-Film, sein Leben finanziert er sich wie einige andere Figuren in Frances Ha – darunter auch Sophie – mittels Darlehen von den Eltern. Frances wiederum hat akut Probleme, die $1,200 Miete für ihr WG-Zimmer zusammenzubekommen – speziell als ihr Engagement in der Weihnachtsaufführung ihres Tanzensembles platzt. Für dieses vermochte sie sich nicht recht zu empfehlen, jüngere Tänzerinnen wie Rachel (Grace Gummer) haben der 27-Jährigen seit langem den Rang abgelaufen.

Seinen Höhepunkt erreicht Frances Niedergang in einem Wochenend-Trip nach Paris, den sie quasi zwischen Tür und Angel beschloss und der – chaotisch wie sie ist – letztlich völlig in die Hose geht. Wenn Baumbach dieses Segment dann mit Every 1’s a Winner von Hot Chocolate unterlegt, ist das natürlich kongenial-ironisch. Dennoch wird die schusselige Figur nie zur Lachnummer degradiert, trotz allerlei amüsanter Wortphrasen, die sie von sich gibt. So plant sie, speziell in Paris endlich mal Proust zu lesen. Wo, wenn nicht da? Wann, wenn nicht jetzt? “Sometimes it’s good to do what you’re supposed to do when you’re supposed to do it”, sinniert Frances entsprechend und macht sich auf in Richtung Frankreich.

Die Figur durchlebt hierbei das Gefühl, vom Leben abgehängt worden zu sein. Ihre Suche nach einer abgesicherten Existenz und zugleich einem gewissen Lebensstandard sowie einer Verwirklichung ihrer Persönlichkeit gerät hierbei zum Spiegelbild einer ganzen Generation. Insofern werden insbesondere diejenigen an Frances Ha Gefallen finden, die sich mit dieser Situation identifizieren können. Es können eben nicht alle Sieger sein, manche müssen auch an der Seite stehen und ihnen applaudieren. Diese Selbsterkenntnis, die Noah Baumbach hier abgeschwächt in Form eines Pilgerschritts als „zwei Schritte vor, einen Schritt zurück“ implementiert, schließt letztlich den Reifeprozess von Gerwigs chaotischem Twen ab.

Diesbezüglich eint den Film zumindest thematisch viel mit Lena Dunhams HBO-Serie Girls, allerdings ohne dessen Sex and the City-Einschlag zu nehmen. Die Ähnlichkeiten zwischen Greta Gerwigs Figur und der von Lena Dunham sind jedoch relativ offensichtlich. Dank der Dialoge aus der Feder von Gerwig und Baumbach gewinnt Frances Ha zudem etwas von dem Charme der frühen Werke von Woody Allen, nicht zuletzt aufgrund der Entscheidung, in Schwarzweiß zu drehen. Dies wiederum, ähnlich wie so manche Szenenatmosphäre, weckt natürlich auch Erinnerungen an die Nouvelle Vague. Am ehesten erweckt der Film aber dennoch den Eindruck, Woody Allen hätte eben eine Doppelfolge von Girls inszenieren dürfen.

Mit Leichtigkeit getragen wird das Endergebnis dann von der wie immer exzellenten Gerwig, die Anfang des Jahres bereits in Damsels in Distress (hierzulande als Algebra in Love veröffentlicht) zu gefallen wusste. Nach Greenberg ist es ihre zweite Zusammenarbeit mit Noah Baumbach und weiß dieses thematisch ebenfalls nicht unähnliche Werk sogar noch zu übertreffen. Trotz seines Inhalts kann Frances Ha ob seiner Stimmigkeit und seines Laissez-faire womöglich als Feel Good Movie 2013 angesehen werden, dies könnte aber auch am Soundtrack rund um David Bowies Modern Love liegen. So oder so zählt Frances Ha zu den Filmen des Jahres und zeigt uns Orientierungslosen dabei, dass wir nicht alleine sein.

8/10

19. November 2013

Blackfish

I really know nothing about killer whales.

Der Mensch ergötzt sich gern am Tiere, schließlich sollen wir uns ja diese untertan machen (1.Mo 1,28). Umso schockierter reagiert das Volk dann, wenn es zu Angriffen auf Menschen kommt, durch Tiere, die ihr ganzes Leben lang auf engstem Raum zur Unterhaltung Kunststücke vollführen müssen. Beispielsweise als Anfang des Jahres ein Tiger im Suárez-Zirkus im mexikanischen Bundesstaat Sonora seinen Dompteur totgebissen hat oder als am 24. Februar 2010 im SeaWorld Erlebnispark in Orlando, Florida die Trainerin Dawn Brancheau von dem Schwertwal Tilikum getötet wurde. In ihrer Dokumentation Blackfish arbeitete die Regisseurin Gabriela Cowperthwaite nun diesen Vorfall und andere Schwertwalangriffe auf.

Wer trägt die Schuld an Brancheaus Tod? Die Trainerin selbst, weil sie – wie SeaWorld anführt – ihren zu einem Pferdeschwanz gebundenen Haare nicht entsprechend sicherte, als sie mit Tilikum arbeitete? Der Orca, der bereits zuvor für zwei tödliche Attacken verantwortlich war und ein Jahr nach Brancheaus Tod wieder in die Show integriert wurde? Oder generell die Haltung von Schwertwalen in Erlebnisparks wie SeaWorld? Im Gespräch mit zahlreichen ehemaligen Orca-Trainern, die inzwischen zu Gegnern der Orca-Haltung avancierten, erörtert Cowperthwaite die Begleitumstände, die zum gegenwärtigen Status quo geführt haben. Die Schuld, das zeigt sich für den Betrachter zumindest, liegt letztendlich bei allen (menschlichen) Beteiligten.

“This is the worst thing I’ve ever done”, blickt John Crowe zurück auf jene Zeit, als er und andere Schwertwaljunge ihren Eltern entrissen und an Freizeitparks verkauft haben. Als man dies in den USA verbot, fing man die Orcas eben in Islands Gewässern. So wie Tilikum, der seine Freiheit 1983 im Alter von zwei Jahren aufgeben musste. Stattdessen erwartete ihn eine Zukunft voller kleiner Bassins. “The Orcas were immobile for the most part”, bestätigt Steve Huxter, ein ehemaliger Direktor von SeaWorld. Tilikum selbst, mit 7 Meter Länge und einem Gewicht von 5.400 Kilogramm der größte Orca in Gefangenschaft, wurde meist isoliert gehalten, da die Tiere von den Weibchen geführt werden und er ein großes Opfer darstellte.

Die selbstkritische Einsicht von Crowe lassen viele der ehemaligen Orca-Trainer leider vermissen. “I always thought you needed, like, a masters degree in marine biology to be a trainer”, gesteht Kim Ashdown. Stattdessen musste man nur Individualität besitzen und gut schwimmen können. “I really know nothing about killer whales”, sagt auch Ex-Trainerin Samantha Berg. Oft stammen die Orca-Trainer aus dem Mittleren Westen oder der Ostküste der USA. Aber wirklich eine Ahnung von den Tieren, mit denen sie jeden Tag arbeiteten, hatte keiner. Eine Beziehung zu ihnen, so ihr Glaube, dagegen schon. “A very personal relationship”, sagt Trainer John Jett und sein Kollege Mark Simmons nennt sie sogar: “A relationship like I never had.”

Dass die Behandlung der Tiere inhuman ist oder ein Risiko existiert, kam den meisten von ihnen scheinbar nicht in den Kopf. Und wieso auch, gibt es doch keine wirklichen Aufzeichnungen von Schwertwalangriffen auf Menschen in freier Wildbahn. “They’re amazingly friendly and understanding”, sagt Schwertwalforscher Howard Garrett. “Everything about them is social”, versichert Neurologin Lori Marino. “Everyhing.” Wenn Tilikum also Menschen tötet, dann “because he’s frustrated”. Und wer will es einem Tier verdenken, das fast 30 Jahre lang in Gefangenschaft für Kunststücke herhalten muss? Die Schuld trägt somit, das ist der klare Standpunkt von Cowperthwaites Blackfish, der Erlebnispark SeaWorld mit seiner Haltung der Orca-Wale.

Damit macht es sich der Film natürlich leicht, gerade die Trainer, die Jahre lang selbst vor Ort waren und erst Probleme haben, als ein Todesfall zu beklagen ist. Ein menschlicher natürlich. Ob es für die Erkenntnis, dass die Arbeit mit von Natur aus wilden Raubtieren zum einen Gefahren bergen könnte und zum anderen unmenschlich gegenüber den Tieren ist, eine Dokumentation gebraucht hat, sei dahingestellt. Wie im Falle von Head Games scheint hier speziell in den USA Aufklärung von Nöten. So bietet Blackfish abgesehen von einem Plädoyer gegen Wildtierhaltung und einer Aufarbeitung tödlicher Attacken durch Tilikum und andere Schwertwale aber nicht genug, um eine ähnliche Tragweite wie The Cove zu erlangen.

6.5/10

13. November 2013

Cutie and the Boxer

Love is a ROAR.

Eine brotlose Kunst ist eine solche, die keine Gewinne erzielt und Künstler bezeichnet, deren Werke kein Einkommen garantieren. Unter diese Kategorie fällt auch Ushio Shinohara, ein japanischer Neo-Dadaist, dessen Werke wie riesige Motorrad-Pappskulpturen sich eher schlecht als recht verkaufen. Zu Beginn von Zachary Heinzerlings Dokumentation Cutie and the Boxer ist Ushio mal wieder mit der Miete für die Studios im New Yorker Viertel SoHo hinterher. Wie das Publikum in der nächsten Stunde durch seine Gattin Noriko erfährt, begleiten die finanziellen Schwierigkeiten das Paar seit Jahrzehnten. Abhilfe soll daher eine neue Ausstellung schaffen. “With this show my reputation is going to go like: BAM”, hofft Ushio.

Zur Hand geht ihm dabei Noriko – wenn auch gezwungenermaßen. Denn eigentlich ist die 58-Jährige selbst Künstlerin, allerdings im Schatten ihres Mannes. Für Ushio eine eheliche Selbstverständlichkeit: “The average one has to support the genius”. Ihre Unzufriedenheit kann Noriko nur in ihren Zeichnungen zum Ausdruck bringen. In ihnen erzählt sie mit Hilfe der nackten, da ärmlichen, Cutie von all den Widrigkeiten ihrer Beziehung zu Ushio, der hierbei bezeichnenderweise “Bullie” heißt. Im Alter von 19 Jahren hatte die frisch aus Japan eingetroffene Kunststudentin den damals 41-jährigen Neo-Dadaisten in SoHo kennengelernt. Ein halbes Jahr später war sie bereits schwanger und ihr Leben dadurch für immer verändert.

Ushio gab sich seiner Arbeit hin sowie Saufgelagen mit seinen Freunden, der Haushalt und die Erziehung von Sohn Alex – im Erwachsenenalter ein Künstler und Alkoholiker wie sein Vater – blieb an Noriko hängen. “With no time to do my artwork I lost my joy of painting”, sagt sie. Ihr fehlt die Wertschätzung von Ushio, der sie sichtlich für selbstverständlich hält. Als er zeitweise während Cutie and the Boxer nach Tokio fliegt, um eine Skulptur loszuschlagen, scheint Noriko richtig aufzublühen in dem Freiraum, den ihr der Alltag nun gewährt. Hier zeigt sich, ebenso wie durch die animierten Segmente ihrer Zeichnungen – die nebst 8mm-Filmmaterial eine Rückblendenfunktion erfüllen –, dass dies Norikos Geschichte ist.

Dabei ist ihr kauziger Mann keineswegs ein schlechter Mensch, auch wenn die Erzählungen von früher ihn nicht im besten Licht zeichnen. Mitunter zeigt Heinzerling durchaus, dass Ushio weiß´, er an Noriko hat. Womöglich spielt hier aber rein, dass er seit einem Vorfall vor ein paar Jahren keinen Alkohol mehr trinkt. Obschon die Kunst der Shinoharas mehrfach die Kamera füllt – wir beobachten Ushio beim „boxen“ seiner Bilder – ist dies weniger eine Dokumentation über zwei Künstler und ihr Werk, sondern über zwei Menschen und ihre Beziehung zueinander. Dass diese funktioniert, führt Noriko auf ihre Gegensätzlichkeit zurück. “Even when we were at each other’s throat, there was passion and love”, beschreibt sie.

Es sei eben keine typische Romanze und ihre Beziehung zu Ushio ein fortwährender Kampf. “But that has made me who I am today”, sieht Noriko es pragmatisch. Als Zuschauer hat man relative wenig Probleme, das Ehepaar Shinohara in sein Herz zu schließen und auch wenn man ihre Kunst nicht zu schätzen weiß, wünscht man ihnen doch mehr Akzeptanz als zu brotlosen Künstlern zu verkommen. Heinzerling gelang dabei mit Cutie and the Boxer dennoch keine herausragende Dokumentation, dafür will die Einbindung der animierten Zeichnungen und alten Filmaufnahmen nicht genug überzeugen. Weniger die Kunstwerke der zwei Figuren als deren Persönlichkeiten hätten mehr in den Vordergrund gestellt werden können.

Denn gerade Ushios 150-Sekunden Boxer-Bilder wirken – ungeachtet ihrer Ansehnlichkeit – nicht unbedingt wie die große Kunst, sondern eher wie die Muse des Augenblicks. Inwieweit seine Werke nun mit dem Neo-Dadaismus zusammenhängen, lässt sich für Kunst-Nichtkenner schwer sagen. Faszinierender als das Werk ist jedenfalls der Künstler selbst, die Kurzweiligkeit von Heinzerlings 82-Minuten-Film trägt ihren Teil hierzu bei. Und die positive Nachricht ist, dass nicht zuletzt aufgrund von Cutie and the Boxer – und dessen sehr guter Aufnahme durch zahlreiche Filmkritiker – die Aufmerksamkeit für die Arbeit der Shinoharas gestiegen sein dürfte. Damit die Tage der brotlosen Kunst für diese vorüber sind.

6/10

7. November 2013

Poslednata lineika na Sofia [Sofias letzte Ambulanz]

Das ist ein verlorenes Land.

Um Leben und Tod geht es zumeist, wenn eine Notarztambulanz durch die Straßen zu etwaigen Verletzten rast. Jede Minute kann den Unterschied ausmachen, weswegen oft vorgeschrieben ist, wie viel Zeit nach Absetzen eines Notrufs zur Einsatzstelle nötig zu sein hat. Derartige Hilfsfristzeiten betragen in Deutschland zwischen zehn und 15 Minuten, in New York City sind sie auf zehn Minuten festgelegt und die Kollegen der schottischen Ambulanz schafften es 2012 sogar, im Schnitt sechs Minuten und 42 Sekunden zu benötigen. Zeiten, von denen man in Bulgariens Hauptstadt Sofia vermutlich nur Träumen kann. Denn dort gab es lange lediglich ein Reanimationsteam für die gesamte Stadt und ihre 1,2 Millionen Einwohner.

Regisseur Ilian Metev begleitete dieses Team über zwei Jahre lang in seiner Dokumentation Poslednata lineika na Sofia, auch bekannt als Sofia’s Last Ambulance und hierzulande im Oktober unter Sofias letzte Ambulanz auf arte ausgestrahlt. In dem Film, der sich wenig für Statistiken, Fakten und Bestandsaufnahmen interessiert, begleiten wir den Notarzt Krassimir ‚Krassi’ Yordanov zusammen mit Krankenschwester Mila Mikhailova und Fahrer Plamen Slavkov bei einigen ihrer Einsätze. Der Kampf um das Leben ihrer Patienten wird dabei weniger durch deren Unfälle erschwert, als durch die Widrigkeiten der Ausstattung und Stadt. „Das ist ein verlorenes Land“, sagt Plamen an einer Stelle des Films resigniert.

Widerspruch erntet er weder von Krassi und Mila, noch vom Zuschauer. Es ist erschreckend, wenn man beobachtet, unter welchen Bedingungen das Team zu arbeiten hat. Das Funkgerät zur Zentrale funktioniert oft eher schlecht als recht, in einer Szene versucht Krassi rund eine halbe Stunde lang, überhaupt jemanden an den Apparat zu kriegen. Trifft man später an der Einsatzstelle ein, macht unter der angegebenen Adresse dann oftmals keiner auf. Wichtige Einsatzzeit wurde somit verschenkt und bleibt buchstäblich auf der Strecke. Und dass Sofias Straßen augenscheinlich voller Schlaglöcher sind, trägt seinen Teil dazu bei – insbesondere wenn man Patienten mit Beinbrüchen oder kleine, verletzte Kinder transportiert.

Hinzu kommt, dass auch noch einige Kollegen ob der Umstände und entsprechend schlechten Bezahlung vermehrt kündigen. „Unsere ganze Truppe ist vollkommen zerstört“, seufzt Mila in einer Szene. „Bald ist keiner mehr übrig“, ergänzt Krassi hoffnungslos. Der charismatische Notarzt scheint bereits resigniert zu haben und sich seinem Schicksal zu fügen, während Mila als gute Seele des Reanimationsteams noch einen Schimmer am Horizont zu entdecken glaubt. Meist redet sie mehr als Krassi und Plamen zusammen, die Dynamik des Trios ist trotz mancher Reiberei dennoch durchweg spürbar. „Und, läuft’s gut in der Liebe?“, fragt der grauhaarige Krassi in einer Pause seine Kollegin. Small Talk in Sofia.

Da der Film nie die Seite seiner drei Protagonisten verlässt, erzählt Metev seine Geschichte über den Notfallambulanzzustand in Sofia über jenes Trio. Dieses, speziell Mila, zeigt sich stets besorgt und bemüht um seine Patienten, beispielsweise wenn es zur Wohnung eines 28-jährigen Junkies gerufen wird, mit dessen Mutter man diskutiert, wie ihr Sohn von den Drogen loskommen könne. Zwar wäre eine faktische und zeitliche Einordnung bisweilen von Vorteil – der Film scheint unchronologisch geschnitten, da Plamen mal lange und mal kurze Haare hat –, aber die Einbindung von Texttafeln und/oder Talking Heads würde wiederum den Erzählfluss und die Nähe zu den drei sympathischen Figuren stören.

Einen Eindruck vom Zustand des bulgarischen Notfalldienstes im Speziellen wie dem der Stadt Sofia im Allgemeinen – die Ausstattung der Polizei scheint fast noch schlechter als die des Notfallteams – vermittelt Metev mit Poslednata lineika na Sofia dennoch. Etwas schade ist es, dass der Film nach 90 Minuten schon vorüber ist und auf einer ambivalent-traurigen Note endet, würde man doch gerne mehr Zeit an der Seite von Krassi, Mila und Plamen verbringen – vielleicht in Form einer Mini-Fernsehserie. Am Ende stimmt man Plamen womöglich nicht zu, dass Bulgarien ein verlorenes Land ist, aber sicher ist vieles verbesserungswürdig. Zumindest zwei weitere Notfallteams wurden seit dem Filmstart für Sofia eingerichtet.

8/10

1. November 2013

Filmtagebuch: Oktober 2013

12 YEARS A SLAVE
(USA 2013, Steve McQueen)
5.5/10

ABBUZZE! DER BADESALZ-FILM
(D 1996, Roland Willaert)
8.5/10

CHRISTINE
(USA 1983, John Carpenter)
6.5/10

DON JON
(USA 2013, Joseph Gordon-Levitt)
5.5/10

DU ZHAN [DRUG WAR]
(CN/HK 2012, Johnnie To)

6/10

EUROPA REPORT (3D)
(USA 2013, Sebastián Cordero)

3.5/10

THE FOG
(USA 1980, John Carpenter)
6/10

THE FROZEN GROUND
(USA 2013, Scott Walker)
5/10

GIRLS GONE DEAD [BIKINI SPRING BREAK MASSAKER]
(USA 2012, Michael Hoffman Jr./Aaron T. Wells )

6.5/10

GLOBAL PLAYER - WO WIR SIND ISCH VORNE
(D 2013, Hannes Stöhr)
5.5/10

GRAVITY
(USA/UK 2013, Alfonso Cuarón)
7/10

HALLOWEEN [EXTENDED CUT]
(USA 1978, John Carpenter)

5.5/10

HOUSE OF CARDS - SEASON 1
(USA 2013, David Fincher/Joel Schumacher u.a.)
6.5/10

IN THE MOUTH OF MADNESS [DIE MÄCHTE DES WAHNSINNS]
(USA 1994, John Carpenter)

5.5/10

IRON MAN 3
(USA 2013, Shane Black)
5.5/10

THE JACKAL [DER SCHACKAL]
(USA/UK/F/D/J 1997, Michael Caton-Jones)

6/10

KAPRINGEN [A HIJACKING]
(DK 2012, Tobias Lindholm)

6.5/10

A LATE QUARTET [SAITEN DES LEBENS]
(USA 2012, Yaron Zilberman)

3/10

MEA MAXIMA CULPA: SILENCE IN THE HOUSE OF GOD
(USA 2012, Alex Gibney)
7/10

MYSTERY SCIENCE THEATRE 3000: TIME CHASERS
(USA 1997, Michael J. Nelson)
4.5/10

PRINCE OF DARKNESS [DIE FÜRSTEN DER DUNKELHEIT]
(USA 1987, John Carpenter)

7/10

SINSEGYE [NEW WORLD]
(ROK 2013, Park Hoon-Jung )

7/10

POSLEDNATA LINEIKA NA SOFIA [SOFIAS LETZTE AMBULANZ]
(HR/BG/D 2012, Ilian Metev)

8/10

TRICK ’R TREAT
(USA 2007, Michael Dougherty)
2/10

VAMPIRES [JOHN CARPENTER’S VAMPIRES]
(USA/J 1998, John Carpenter)
3.5/10

V/H/S/2
(USA/CDN/RI 2013, Simon Barrett u.a.)
4.5/10

THE WAITING ROOM
(USA 2012, Peter Nicks)
7/10

WELCOME TO PINE HILL
(USA 2012, Keith Miller)
7/10

WELCOME TO THE PUNCH [ENEMIES - WELCOME TO THE PUNCH]
(UK/USA 2013, Eran Creevy)

3/10

WEST OF MEMPHIS
(USA/NZ 2012, Amy Berg)
6.5/10

WE STEAL SECRETS: THE STORY OF WIKILEAKS
(USA 2013, Alex Gibney)
4.5/10

YOU’RE NEXT
(USA 2011, Adam Wingard)
4.5/10


Retrospektive: Batman


BATMAN [BATMAN HÄLT DIE WELT IN ATEM]
(USA 1966, Leslie H. Martinson)

8/10

BATMAN
(USA/UK 1989, Tim Burton)
6.5/10

BATMAN RETURNS
(USA/UK 1992, Tim Burton)
8/10

BATMAN: MASK OF THE PHANTASM [BATMAN UND DAS PHANTOM]
(USA 1993, Eric Radomski/Bruce W. Timm)

5/10

BATMAN FOREVER
(USA/UK 1995, Joel Schumacher)
4.5/10

BATMAN & ROBIN
(USA/UK 1997, Joel Schumacher)
3/10

BATMAN BEGINS
(USA/UK 2005, Christopher Nolan)
5.5/10

THE DARK KNIGHT
(USA/UK 2008, Christopher Nolan)
5.5/10

BATMAN: YEAR ONE
(USA 2011, Sam Liu/Lauren Montgomery)
3/10

THE DARK KNIGHT RISES
(USA/UK 2012 Christopher Nolan)
1/10

BATMAN: THE DARK KNIGHT RETURNS, PART 1
(USA 2012, Jay Oliva)
6/10

BATMAN: THE DARK KNIGHT RETURNS, PART 2
(USA 2012, Jay Oliva)
5.5/10