Glaubt man Wikipedia, gibt es seit über einem Jahrhundert bereits in den Vereinigten Staaten von Amerika die soziale Hilfsorganisation Big Brothers Big Sisters. Hierbei kümmern sich Erwachsene um (oftmals) elternlose Kinder und dienen ihnen als Mentoren auf ihrem weiteren Lebensweg. Das System dürfte wohl auf unterschiedliche Art funktionieren, unter anderem sicherlich auch, wenn ein Problemkind von einem Erwachsenen betreut wird, der in seiner eigenen Jugend mit denselben Widrigkeiten zu kämpfen hatte. Somit bilden die großen Brüder und Schwestern eine Vorbildfunktion für die Jugendlichen, die zu einer Abkehr von Drogen und Schulabbruch führen kann oder soll. Die meisten Nicht-Amerikanern dürfte das Programm des „Big Brother“ durch die Simpsons-Folge Brother from the Same Planet bekannt sein, in der Bart aufgrund von Homers Vernachlässigung in die freizeitliche Obhut des perfekten Tom gebracht wird. Das filmische Schema, einen Slacker als chaotisches Vorbild zu präsentieren, war in Hollywood nun schon in Beiträgen wie Big Daddy abgehandelt worden. Nichtsdestotrotz versprach der Trailer und die Besetzung von Role Models, wenn schon nichts Neues, dann doch einige gelungene Momente aufwarten zu können.
Die beiden Hauptfiguren Danny (Paul Rudd) und Wheeler (Seann William Scott) könnten dabei eigentlich unterschiedlicher nicht sein. Danny hasst nicht nur seinen Job als Promoter der Energy-Drink-Kette Minotaur („Taste the beast!“), sondern auch zahlreiche andere Dinge. Zum Beispiel die Coffee-Shop-Verkäuferin die ihm einen Kaffee venti statt groß verkaufen will oder Menschen die Abkürzungen wie ASAP oder FYI verwenden. Seinen rettenden Anker scheint er dabei in seiner langjährigen Freundin Beth (Elizabeth Banks) gefunden zu haben, da sie dieselben Dinge hasst, wie Danny. Doch auch Beth geht seine negative Denkweise allmählich auf die Nerven. Umso überraschender, dass seinen Arbeitskollegen Wheeler dies relativ wenig stört. Als sprichwörtliches Party Animal liebt Wheeler nicht nur seinen Job im Minotaurus-Kostüm, sondern auch die Frauen lieben ihn…im Minotaurus-Kostüm. So wirkt es durch den ganzen Film hindurch eher so, als ob Danny mit Wheeler abhängt, weil er eben da ist und weniger, weil er es will. Als jedoch Beth einen unromantischen Heiratsantrag von Danny ablehnt und dieser bei einer der Promotion-Kurse an einer High School ausflippt, sieht er sich gemeinsam mit Wheeler plötzlich mehreren Gesetzesverstößen und potentiellen dreißig Jahren Gefängnis gegenüber. Der einzige Ausweg scheinen 150 Sozialstunden im Sturdy-Wings-Programm von Gayle (Jane Lynch) zu sein.
Im Folgenden teilt sich Role Models dann in die zwei notwendigen Hälften, die für die Katharsis aller beteiligten Figuren notwenig sind. Nachdem die Paarung erfolgt, Danny kriegt den Fantasy-Nerd Augie (Christopher Mintz-Plasse) und Wheeler den vulgären Ronnie (Bobb’e J. Thompson), müssen sich die Parteien erstmal beschnuppern und ablehnen können, bevor dann im dritten Akt des Filmes die große Akzeptanz und Versöhnung von Statten geht. Um das Schiff auf Kurs zu halten, gibt es dann gelegentlich zusammen geschmissene Szenen mit Rudd und Scott, damit das Publikum auch etwas von seinen Hauptdarstellern im Team hat. Generell ist hierbei den Aktivitäten von Wheeler und Ronnie der Vorzug zu geben, da beide etwas besser harmonieren, bedenkt man, dass sie ähnliche Interessen haben („I like your take on boobies“) und sich daher eher ein gemeinsamer Nenner findet. Zudem ist Ronnie einfach eine Figur mit sehr viel mehr freiwillig komischen Charakter („Fuck you, Miss Daisy“), während Mintz-Plasse die Michael-Cera-Schiene des liebenswerten Losers zu fahren scheint. Doch Augies Faszination fürs mittelalterliche Rollenspiel wirkt automatisch auch für den Zuschauer – oder den Teil der Zuschauer, die nicht selbst auch eine Affinität für Mittelalter-Rollenspiele haben – sehr befremdlich.
Ein Problem, an dem Role Models zu knabbern hat, ist die gegenwärtige „Vetternwirtschaft“ im Comedy-Genre. Kaum noch ein Film, in dem nicht ein oder zwei Frat-Packler auftauchen (zu denen inzwischen auch die neue Generation rund um Rogen und Co. zu zählen scheint) und in Nebenrollen Kumpels von früheren Arbeiten auftauchen. So auch hier, indem Regisseur David Wain gleich vier Schauspieler besetzt hat, die er bereits in seinem Kultfilm Wet Hot American Summer inszenierte. Hinzu kommen dann Schauspieler wie Jane Lynch oder Ken Jeong, die in allerlei Frat-Pack-Filmen in Nebenrollen auftauchen. Da fällt Jorma Taccones Cameo gar nicht weiter auf. Grundsätzlich wäre das nicht allzu kritisch zu sehen, doch wenn man im fertigen Film die Nebenrolle von Lynch derart ausbaut, ohne dass diese die Leinwandzeit durch entsprechenden Humor auszufüllen weiß, leidet der Film darunter. Was in The 40 Year Old Virgin in einer wahrhaftigen Nebenrolle noch funktionierte, misslingt nunmehr in ausgedehnter Form wegen Lynchs kaum vorhandenem Humor. Selbiges trifft auch auf die erweiterte Präsenz von Jeong zu, was besonders in einer der gekürzten Szenen nochmals überdeutlich wird. Umso bezeichnender, wenn dann hierfür die Rolle von Banks beschnitten wird, die hinter Lynch und auch Jeong zurückfällt.
Aus moralischer Sicht erfindet Wains Film natürlich das Rad nicht neu. Wheeler muss lernen, für etwas in seinem Leben – wenn schon nicht für dieses selbst – Verantwortung zu übernehmen. Bedenkt man jedoch, dass die Vorfälle zu Beginn im Grunde nicht seine, sondern Dannys Schuld sind, fokussiert sich auch der Gedanke der Katharsis eher auf Rudds Figur. Für Danny gilt es, nicht alles derart pessimistisch zu sehen und wieder Spaß am Leben zu entwickeln. Das wird dann nur bedingt wirklich transferiert, denn weder der eine Wandel, noch der andere wirken schon aufgrund der schwachen Prämisse besonders authentisch. Was alles nicht bedeuten soll, dass Role Models keinen Spaß bereiten würde, denn dafür sind sowohl Rudd als auch Scott zu erfahren, als dass nicht mehrere treffsichere Gags zu landen wüssten. Es ist daher eigentlich ausschließlich ihnen zu verdanken, dass der Film nicht in seinen überlangen Nebenfigurauswälzungen verloren geht. Mintz-Plasse gibt den nerdigen Loser wie schon in Superbad ziemlich gelungen, doch leidet die Figur unter ihrem eigenen Karma. Thompson hingegen merkt man an, dass der Junge Spaß gehabt haben muss, auf dem Set unentwegt zu fluchen und Scott zu ohrfeigen. Letztlich ist Wains Auftragsarbeit nichts Überragendes und nicht einmal etwas besonders gutes, weiß sich aber durch seine Hauptdarsteller weitestgehend über Wasser zu halten.
6/10
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