31. März 2010

The X Files - Season Five

You’ve seen what they wanted you to see.

Wer die Hauptrolle in einer Serie spielt, findet meist wenig Zeit zum Drehen von Filmen. Ganz zu schweigen davon, dass es Serienschauspieler generell schwer haben, sich im Kino zu vermarkten. Immerhin assoziiert das Publikum sie mit einer bestimmten Rolle in einer bestimmten Serie. Vermutlich ein Grund, warum niemand aus Friends im Kino wirklich der Durchbruch gelingen wollte. Von dem Ensemble der CSI-Ableger oder anderen Erfolgsserien wie ER - George Clooney bildet die Ausnahme der Regel - soll gar nicht erst angefangen werden. Ähnlich verhielt es sich daher auch mit David Duchovny und Gillian Anderson. Während Letztere sich Ende der Neunziger in Nebenrollen von The Mighty und Playing by Heart versuchte, sah man Duchovny lediglich in Playing God neben einer jungen Angelina Jolie. Es war wohl für alle Beteiligten erfreulich, dass wenigstens The X Files zu diesem Zeitpunkt exzellent lief.

Mit der fünften Staffel erreichte die Show von Chris Carter ihren Höhepunkt. Durchschnittlich sahen zwischen 1997 und 1998 fast zwanzig Millionen US-Amerikaner (genauer gesagt: 19,8 Millionen) die - ironischerweise - zwanzig Episoden rund um die FBI-Agenten Fox Mulder (David Duchovny) und Dana Scully (Gillian Anderson). So viele wie noch nie zuvor und so viele, wie anschließend nie wieder. Das alte Sprichwort „Man soll aufhören, wenn es am Schönsten ist“ findet im Film- und Fernsehbusiness jedoch keine Anwendung. Im Gegenteil. Anknüpfend an die fünfte Staffel platzierten Carter und 20th Century Fox den ersten Kinoableger. Grundsätzlich eine schlaue Entscheidung, spülte das Kinoverbindungsglied zwischen Staffel Fünf und Sechs doch das Dreifache seiner Kosten ein und bescherte somit sowohl Duchovny als auch Anderson den bis dato erfolgreichsten Film ihrer Karriere.

Im Doppelauftakt Redux knüpft die Serie an die Ereignisse des Vorjahres aus Gethsemane an. Und wie man sich denken konnte, hat Mulder sich nicht umgebracht. Leider ist der mythologische Auftakt wie bereits in den vergangenen beiden Staffeln eher missglückt. Scullys Krebs wird in Redux II wieder aufgegriffen und vorerst - glücklicherweise - auch abgeschlossen. Zu Beginn wird noch auf Mulders Unglauben rumgeritten, der sich im vorangegangenen Staffelfinale scheinbar erfolgreich durchgesetzt hat. Ein reichlich anstrengendes Unterfangen, welches jedoch für den weiteren Verlauf der Staffel verworfen wurde. Ohnehin reduzierte man die Mythologieepisoden gemeinsam mit der gesamten Episodenzahl. Lediglich eine (solide) Doppelfolge wie gewöhnlich in der Mitte (Patient X/The Red and the Black) und das überzeugende Staffelfinale (The End) beschäftigen sich mit dem Syndikat und seinem Treiben.

Zur vierten Staffel wurde die These aufgestellt, dass der Serie weniger Folgen gut getan hätten. In der fünften Staffel wird diese These bestätigt. Lediglich zwanzig Episoden, und damit so wenig, wie in keiner anderen Staffel der Serie zuvor, befassen sich mit Mulder und Scully. Eine Reduzierung, die vermutlich mit dem im selben Jahr gedrehten Kinofilm zusammenhängt, der Show jedoch bestens zu Gesicht steht. Im fünften Jahr machen Chris Carter, Vince Gilligan, Rob Bowman, Kim Manners und R.W. Goodwin veles richtig, was sie vielleicht in den beiden Jahren zuvor nicht falsch, aber schlechter gemacht haben. Die bekannten Gesichter mehren sich (ein Fakt, der jedoch retrospektiv begründet ist), wie auch die humoristischen Elemente und nicht nur ein, sondern gleich zwei Mal ließ man sich bei einer Folge auf narrativer Ebene von einem renommierten Schriftsteller helfen. Es verwundert also nicht, dass selbst wenn die fünfte Staffel auf demselben Level wie die dritte und vierte Staffel spielt, dennoch eine Steigerung zu verzeichnen ist.

Neben dem wie erwähnt gelungenen The End als Überleitung zum Film The X Files, der wiederum in die sechste Staffel geleitet, gefallen gerade jene beiden Episoden, die Unterstützung von Schriftstellern erfahren haben. Wie es der Zufall so will, liefen sie sogar direkt hintereinander. In Chinga präsentiert Horror-Gott Stephen King eine Mordlüsterne Puppe, die ein kleines Dorf in Maine (wo sonst?) heimsucht. Hier ist es primär Scully, die ermitteln darf, während Mulder in seinem Büro versucht, sich die Zeit zu vertreiben. Eine Folge später leistete Cyberpunk-Guru William Gibson in Kill Switch Drehbuchbeistand, wenn von einer künstlichen Intelligenz erzählt wird, die sich im Internet verselbstständigt hat. In den übrigen, oft leicht überdurchschnittlichen, monster-of-the-week-Folgen haben es die beiden Agenten unter anderem mit einer mörderischen Natur, biochemischen Terroristen oder blinden Frauen zu tun, die durch die Augen eines Mörders sehen.

Popkulturelle Anspielungen finden sich ebenfalls in manchen Geschichten. So verarbeitet Travelers Elemente von Men in Black und Alien, wenn Mulder auf einen seiner X-Akten-Vorgänger trifft, der einen Fall Anfang der fünfziger Jahre rezitiert, in welchen Mulders Vater involviert war. Folie a Deux wiederum ist ziemlich offensichtlich von Guillermo del Toros Mimic aus dem Vorjahr (1997) inspiriert, wenn ein Insekt sich als Mensch ausgibt. Einen narrativen roten Faden gibt es in der fünften Staffel zudem wie im Jahr zuvor im Grunde nur durch Scully. War es erst ihr Krebsleiden, ist es jetzt das Auftauchen ihrer angeblichen Tochter Emily in der Doppel-Folge Christmas Carol und Emily. Die Thematik der zuvor unbekannten und nun verstorbenen Tochter wird später in All Souls, aber auch mit Abstrichen in The End wieder aufgegriffen. Obschon ein Ersatz für die mythologische Doppelfolge, kann jedoch auch die Emily-Storyline qualitativ nicht wirklich überzeugen.

Eine besondere Stellung nimmt in dieser Staffel jedoch Bad Blood ein. Diese perfekte Folge verdient sich nicht nur die Spitzenposition in der fünften, sondern zählt zu den besten Episoden, die die Serie in all ihren Staffeln produziert hat. Stellte bereits The Post-Modern Prometheus eine jener humoristischen Geschichten dar, wie sie zuvor mit Small Potatoes und War of the Coprophages Einzug in die Serie gefunden hatte, ist Bad Blood das bisherige Highlight. Wird zu Beginn der Episode ein vermeintlicher Vampir in Gestalt eines jugendlichen Pizzalieferanten von Mulder erschossen, arbeitet die Folge im Rashomon-Prinzip die Ereignisse zuerst aus Sicht von Scully und anschließend aus der von Mulder nochmals auf. Alteingesessene X Files-Fans dürften hier aus dem Lachen kaum herauskommen, wenn beide Figuren sich bisweilen gegenseitig, aber auch die Menschen in ihrer Umgebung - hier: Luke Wilson als Kleinstadt-Sheriff -, mehr als nur ein bisschen aufs Horn nehmen.

In vier der bisher angesprochenen Folgen (u.a. Redux II, Bad Blood, The End) wird wie im Vorjahr auch das romantische Verhältnis zwischen Mulder und Scully intensiviert. Am deutlichsten meist in Form von Eifersucht auf eine dritte Partei (Luke Wilson in Bad Blood, Mimi Rogers in The End). Mit Rogers’ Diana Fowley und Gibson Praise wurden in der Finalfolge zudem neben Jeffrey Spender (Chris Owens) gleich drei neue Charaktere für den Serienkanon eingeführt. In Gastrollen dürfen natürlich Lauren Holden und Nicholas Lea nicht fehlen, hinzukommen in dieser Staffel die bereits erwähnten Luke Wilson und Mimi Rogers, sowie Lily Taylor, Anthony Rapp und die beiden Losties Sam Anderson sowie Fredric Lane. Insgesamt kann also konstatiert werden, dass die fünfte Staffel der Kult-Serie entgegen ihrer Quoten nicht den seriellen Höhepunkt darstellt, sich aber wieder dem Niveau der ersten beiden überragenden Staffeln anzunähern weiß.

7.5/10

5 Kommentare:

  1. Ich glaube nach "Californication" kann ich "The X-Files" nun nicht mehr ohne Grinsen anschauen...

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  2. Ich glaube nach "Californication" kann ich "Californication" nicht mehr anschauen ;-)

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  3. Ich glaube nach "Californication" kann ich "Californication" nicht mehr anhören ;-)

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  4. Um beim Thema zu bleiben: Auch wenn sich das, wenn man die Punkte vergleicht, nur minimal unterscheidet, so scheint dir die fünfte Staffel doch besser gefallen zu haben als mir. Nach der vierten hat die fünfte Season doch etwas enttäuscht...

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  5. Mir gefallen die selbstironischen Folgen am besten, was vielleicht den Ausschlag gibt. Die Sechste Staffel fand ich sogar noch besser, die Siebte dafür wieder weniger.

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