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27. Februar 2016

The X Files – Season Ten

Yeah, this is how I like my Mulder.

Es ist immer schön, alte liebgewonnene Gesichter nach einer gewissen Zeit mal wieder zu sehen. So wie im Falle von Fox Mulder (David Duchovny) und Dana Scully (Gillian Anderson), zwei FBI-Agenten, die paranormale Fälle ermittelten. Neun Jahre lang hielt sich The X Files im Fernsehen, in über 200 Episoden ermittelten Mulder und Scully kuriose, mysteriöse und absurde Fälle sowie eine Alien-Verschwörung, die bis in die höchsten Reihen reichte. Vor 14 Jahren war dann Schluss – zumindest im TV. Sechs Jahre später sollte mit I Want to Believe ein zweiter Ausflug ins Kino folgen, ehe die X-Akten für eine zehnte Staffel und Mini-Revival dieses Jahr erneut geöffnet wurden.

Zu verdanken ist dies auch dem Online-Streamingdienst Netflix, wo scheinbar eine rege Nachfrage nach den alten Staffeln der Serie herrschte und sich eine potentielle Mini-Staffel gut vermarkten ließe. Für sechs Folgen kehrten Duchovny und Anderson also zurück, als Verschwörungsfanatiker und TV-Moderator Tad O’Malley (Joel McHale) den Kontakt zu Mulder und Scully sucht. Ein junges Mädchen namens Sveta (Annet Mahendru) verfüge über Alien-DNS – mit dem alten Mythologieköder der Serie werden deren Titelfiguren zurück ins Geschehen gelockt. Allerdings mit einem Twist, der wohl die Figuren um Mulder mehr erschüttert, als den Zuschauer.

Ein Drittel des Show-Revivals – die Auftaktfolge und das Staffelfinale My Struggle – befassen sich mit der Alien-Mythologie der Serie. Die übrigen vier Folgen sind wiederum tonalisch unterschiedliche Varianten der Monster-of-the-Week-Episoden. Insofern ist die zehnte Mini-Staffel quasi eine Art Best of von dem, was The X Files neun Jahre lang ausgemacht hat. Die Idee von Serienschöpfer Chris Carter scheint gewesen zu sein, von allem etwas bieten zu wollen. Dabei stehen die beiden My Struggle-Episoden für sich und werden quasi nicht in den übrigen Folgen thematisiert. Die wiederum funktionieren ebenfalls in sich geschlossen, ohne aufeinander aufzubauen.

Relativ nüchtern-sachlich gibt sich Founder’s Mutation über zwei Geschwister mit übersinnlichen Kräften, seriös-verspielt kommt wiederum Home Again daher. Hier jagt Mulder ein Müllmonster und Kunstprodukt, während Scullys Mutter im Koma liegt. Home Again greift zusätzlich zu den Mythologiefolgen das Thema von William auf, jenem Sohn der beiden Agenten, den diese zur Adoption freigaben. Anfangs einen ernsten Hintergrund (islamischer Terroranschlag in den USA) hat zwar die Episode Babylon, dennoch gerät sie im Verlauf immer absurder, wenn Mulder sich auf einen Drogentrip begibt, um mit einem komatösen Attentäter auf der Astralebene zu kommunizieren.

Humorvoll ist Babylon auch, da mit den Agenten Miller (Robbie Amell) und Einstein (Lauren Ambrose) zwei junge Doppelgänger von Mulder und Scully diesen hier sowie in My Struggle II an die Seite gestellt werden. Es ist jener Funke von Lächerlichkeit, der Babylon zu einem der Highlights der zehnten Staffel macht. Selbiges, nur noch etwas absurder und ironischer, trifft auch auf Mulder und Scully Meet the Were-Monster zu, eine von Darin Morgan geschriebene Folge in bester Tradition seiner früher geschriebenen Beiträge wie Small Potatoes oder der Kultepisode Bad Blood. Hier untersuchen Mulder und Scully tödliche Angriffe einer scheinbaren Werwolf-Echse (Rhys Darby).

Im Schnitt 9,5 Millionen Zuschauer verfolgten die neuen Fälle dabei auf dem Sender Fox – und damit mehr als aktuell dessen Formate Gotham, Bones oder The Simpsons. Die Ministaffel von The X Files macht viel richtig (so die Rückkehr zum klassischen Intro und weg vom hässlichen des neunten Jahres) – aber nicht alles. Zumindest mich überzeugten die Mythologiefolgen wie auch in vergangenen Staffeln nur leidlich. Die Luft ist raus, entsprechend nötig war der eingeführte Twist. Nur gerät auch dieser relativ egal. Umso bedauerlicher, dass My Struggle II mit sich überstürzenden Ereignissen und abstrusen Verläufen viel Klasse des bisherigen Revivals kaputt macht.

Unterhaltsamer geraten dagegen speziell die mit Humor injizierten Monster-of-the-Week-Folgen, die – I Want to Believe nicht berücksichtigt – Mulder letztmals in der achten Staffel bearbeitete. Ans Absurde glauben wollen ist zum Beispiel sein Problem in der herausragenden Were-Monster-Episode, die zugleich neben Spaß auch einen fast schon Trainspotting-artigen Blick auf unser Leben wirft. “I'm just looking for some kind of internal logic”, klagt Mulder da bezeichnend sein Leid. Leicht Meta wird es auch, wenn Ambroses Agent Einstein ihren Partner fragt: “You think anyone takes the X Files seriously? That's why they got them stuck down in that basement office.”

Die Zusammenstellung der Staffel bringt es naturgemäß mit sich, dass nicht jeder vollends glücklich mit ihr werden könnte. Wem humorvolle Folgen stets missfielen, wird sich an Mulder and Scully Meet the Were-Monster ebenso stören wie an Babylon. Grundsätzlich stimmt jedoch die Chemie zwischen Duchovny und Scully, auch wenn unklar ist, wieso sie nach den Ereignissen von I Want to Believe nun scheinbar erneut getrennt sind. Dass das Finale in einem Cliffhanger endet, ist sicherlich der Tatsache geschuldet, sich die Tür für eine weitere Mini-Staffel offenzuhalten. Manchmal ist es aber auch tatsächlich besser, alte Bekanntschaften alte Bekanntschaften sein zu lassen.

7/10

21. Dezember 2010

The X Files - Season Nine

Your lack of imagination saved our lives.

Es ist die vorletzte Folge einer Serie, die seit 1993 im amerikanischen Fernsehen lief und dabei dieses zwar nicht revolutioniert aber durchaus beeinflusst hat. „I’ve been working this unit for nine years now“, erzählt Special Agent Dana Scully (Gillian Anderson), „I’ve investigated nearly 200 cases“. Serienschöpfer Chris Carter und seine Produzenten rund um Vince Gilligan präsentieren in Sunshine Days diesen schönen Moment eines seriellen Kurzrückblicks, der sehr viel harmonischer und gelungener ausfällt, als das anschließende Serienfinale The Truth. Neun Jahre und 202 Folgen war es her, seit Dana Scully an die Seite von Special Agent Fox „Spooky“ Mulder (David Duchovny) versetzt wurde. Neun Jahre mit Höhen (die Staffeln 1, 2 und 6) und in Form der achten und neunten Staffeln auch Tiefen. In der siebten Staffel überschritt The X Files ihren Zenit und erfand sich nicht neu - zumindest nicht früh genug. Zu spät merkte man, dass man nichts mehr zu erzählen hatte oder sich etwas Neues einfallen ließ.

Das neunte Jahr ist eine Mulder-freie Zone. Abgesehen von fragmentarischen Bildern ist Duchovny weitestgehend abwesend, übernahm er zwar in William die Regie, blieb jedoch als Darsteller bis zum Serienfinale fern. Nothing Important Happened Today führt sein selbst auferlegtes Exil ein, da die Supersoldaten um Knowle Rohrer (Adam Baldwin) hinter ihm her seien. Und dabei bleibt es auch für die restlichen 18 Episoden, zumindest insofern sie nicht mythologischer Natur sind. Scully hingegen fokussiert sich auf die Erziehung ihres Sohnes William und ihrer neuen Aufgabe als medizinische Ausbilderin in Quantico. So sind es zuvorderst Special Agent John Doggett (Robert Patrick) und seine Partnerin Special Agent Monica Reyes (Annabeth Gish), inzwischen offiziell mit den X-Akten betraut, die sich mit Rohrer und Co. herumschlagen dürfen. Untergraben werden ihre Bemühungen innerhalb des Bureau von Deputy Director Alvin Kersh (James Pickens Jr.) und Assistant Director Brad Follmer (Cary Elwes), dem Ex-Freund von Monica Reyes.

Der Wechsel von der sechsjährigen Alien-Invasion und dem dazugehörigen Syndikat zu den Supersoldaten ist unsauberer und wenig nachvollziehbar. Denn dass das Syndikat nicht nur aus der Handvoll Männer besteht, die am Ende von One Son eliminiert wurden, sah man im Kinofilm. So gab sich bereits die siebte Staffel in allerlei Mulder-Wirren ziemlich planlos, ehe im Vorjahr die Supersoldaten peu a peu eingeführt wurden. Dass diese trotz allen Charmes von Adam Baldwin nur leidlich als Antagonisten funktionieren, zeigt sich in der Doppelepisode zum Auftakt. Auch in den weiteren Folgen, Trust No 1 sowie dem traditionellen Mittelstück Provenance/Providence und William, zeigt sich wie in den Jahren zuvor die Schwäche der mythologischen Handlungsstränge. Denn auch William kann wie die Supersoldaten keine Faszination ausüben, da seine Bedeutung selbst in William nie genügend erörtert wird (wieso muss Mulder zum Beispiel fliehen, während William in D.C. bleiben kann?).

Den Fehler, den Carter mit The X Files begangen hat, war die frühe Auflösung der Syndikatshandlung beziehungsweise die Fortführung der Geschichte nach jener Auflösung. Die Serie hätte einen Trennungsstrich gebraucht, ein neues Gesicht - nicht nur im Ensemble. Denn die Monster-of-the-Week-Episoden können immer noch überzeugen, wenn auch mal mehr und mal weniger. Es sind Folgen wie Lord of the Flies, die ob ihrer pop-kulturellen Anspielung (Teenager verfallen dem Jackass-Hype) und ihrer Besetzung (in diesem Fall: Aaron Paul, Jane Lynch, Samaire Armstrong und Erick Avari) gefallen. Dass sie nicht immer genauso funktionieren wie ihre früheren Pendants, liegt zum einen an ihrer unsauberen Ausarbeitung, aber natürlich auch an der Paarung Doggett-Reyes, die weniger Charme besitzen als ihre Vorgänger. Dies trifft hauptsächlich auf Annabeth Gish zu, deren Figur selbst in einer Folge wie Audrey Pauley wenig bis gar keine Sympathien erzeugt, was einem ihr Schicksal hier wie auch in Scary Monsters relativ egal macht.

Hinzu kommt noch, dass nun, da Mulder zum einen weg und zum anderen inzwischen als Partner Scullys etabliert ist, die Charaktere von Patrick und Gish in dieselbe Schablone gepresst werden. So thematisieren Folgen wie Audrey Pauley, Release und Sunshine Days die romantischen Gefühle zwischen den Beiden, derer sich speziell Doggett verwehrt. In Anbetracht der Tatsache, wie viel Zeit sich für die Mulder-Scully-Beziehung genommen wurde, kein sonderlich kluger Schritt, die neunte Staffel wie die Vorherigen aufzuziehen nur mit anderen Hauptfiguren. Dass Anderson diese in Geschichten wie Dæmonicus oder Improbable auch weiterhin an die Hand nehmen muss, zeugt umso mehr davon, dass es The X Files versäumt hat, sich in eine neue, Mulder- und Scully-freie Richtung zu entwickeln. So wirkt auch der Abschluss des Doggett’schen Traumas um dessen ermordeten Sohn in Release nicht minder gezwungen wie es bei Mulder und seiner Schwester in Closure der Fall gewesen ist.

Aber obschon aufgrund der diese Staffel auftretenden DTV-Qualität (besonders an den Effekten scheint man, wie in Scary Monsters zu sehen ist, gespart zu haben), des unglaublich hässlichen neuen Intros und der Vielzahl an unterdurchschnittlichen Folgen, versagt die neunte Staffel nicht vollständig. Mit Lord of the Flies oder Audrey Pauley gibt es Lichtblicke, zu denen auch Episoden wie John Doe, Sunshine Days oder Scary Monsters zählen. Speziell die Letztgenannte gefällt durch ihre kluge Einbindung von Doggetts Charakter sowie der Rückkehr von Special Agent Leyla Harrison (Jolie Jenkins), der lebenden X-Akten-Fibel. Gerade die Figur von Harrison ist ein gutes Beispiel für das verschenkte Potential, welches eine Neuerfindung der Serie hätte mit sich bringen können. Dennoch ist die Rückkehr von Jenkins wie auch ein letzter (erneuter) Auftritt von Terry O’Quinn nicht minder schön, wie ohnehin zumindest versucht wurde, in jeglicher Hinsicht mit einem reinen Gewissen abzutreten.

So kriegen die Lone Gunmen eine Einzelverabschiedung in Jump the Shark und eine letztmalige Integration neben X (Steven Williams), Marita Covarrubias (Lauren Holden), Gibson Praise (Jeff Gulka), C.G.B. Spender (William B. Davis) und Alex Krycek (Nicholas Lea) im Serienfinale The Truth. Dass sich dieses lediglich wie eine Best-Of-Clipshow anfühlt, fällt da kaum ins Gewicht. Die Stärken der neunten Staffel liegen ohnehin in der weiterführenden Tradition, ein Gespür für zukünftige „Losties“ zu haben (neben O’Quinn sind auch Alan Dale, Zuleikha Robinson und Michael Emerson von der Partie), sowie mit bekannten Gesichtern als Gaststars aufzuwarten. Cary Elwes ist dabei mit sechs Folgen fast schon Ensemblemitglied, während neben Lucy Lawless und James Remar besonders David Faustino (Sunshine Days) und Burt Reynolds Freude bereiten. Gerade Reynolds, dessen Auftritt als Gott in Improbable ein Vergnügen ist, umso passender, da es sich hierbei auch um die beste Episode der neunten Staffel handelt.

Sie braucht sich vor ihrer Konkurrenz der früheren Jahrgänge nicht zu scheuen und bildet zusammen mit 4-D den Höhepunkt dieser letzten Staffel. Mit The Truth hieß es schließlich Abschied nehmen von Figuren und Schauspielern, die einen neun Jahre lang - und auch darüber hinaus - begleitet haben. Die man hat hadern und zweifeln, ihre Skepsis aufgeben, Hoffnung gewinnen und ineinander verlieben sehen. Es gab nicht auf alle Fragen eine Antwort, auch nicht im die neun Jahre rekapitulierenden Serienfinale. Was aus Armin Müller-Stahl und den genetischen Bienen in Tunesien wurde, wie Mulder je über das schwarze Öl und seine neurologische Alien-Krankheit hinweg kam, was Mulder und Scully während ihrer Obduktionen wirklich durchstehen mussten und welche Wege Figuren wie Alan Dales Toothpick Man oder Jeff Gulkas Gibson Praise nun nehmen würden - die Wahrheit hierauf, so würde es Mulder wohl sagen, liegt weiterhin irgendwo da draußen.

7/10

17. Juli 2010

The X Files - Season Seven

Some truths are not for you.

David Duchovny. Das ist doch dieser „Fox Mulder“-Typ, werden die meisten Leute denken oder vor zehn Jahren noch gedacht haben. Inzwischen assoziiert ihn vermutlich der Großteil der jüngeren Menschen eher mit Californication. Was grundsätzlich wenig ändert. Duchovny ist ein Serienschauspieler. Über das Schicksal der Serienschauspieler wurde bereits in der Einleitung zur fünften Staffel von The X Files berichtet. Verständlich, dass Serienstars gerne zu Kinostars mutieren würden. Wie auch bei Duchovny der Fall. Nach sieben Jahren The X Files hatte er genug von Fox Mulder und dessen Versuch, die Existenz außerirdischen Lebens aufzudecken. Seinem Ausstieg zum Ende der siebten Staffel folgte eine neue Kinohauptrolle, zu welcher sich Duchovny äußerte: “I think that it's a transition that will take me away from the X Files towards other roles“. Hierbei handelte es sich um keine geringere Rolle, als die von Dr. Ira Kane. Einem Universitätsprofessor, der sich über Nacht mit einer Invasion außerirdischen Lebens auseinanderzusetzen hat.

Nicht gerade eine 180-Grad-Kehrtwende für Duchovny, der hier lediglich eine Mischung aus Fox Mulder und Will Smiths Agent J aus der MIB-Reihe gibt. Die Rolle löste ihn nicht von seinem X Files-Image, sie transzendierte dieses lediglich in eine andere Umgebung. Duchovnys Romanze Return to Me von 2000 avancierte ebenfalls nicht gerade zum Knüller, spielte aber in den USA immerhin ihre Kosten wieder ein. Was man von dem Flop Evolution - nur dank des internationalen Einspiels konnte ein Verlust verhindert werden - nicht gerade behaupten konnte. Anschließend wurde es still um Duchovny, der hier und da mal in Nebenrollen kleinerer Filme wie Trust the Man, Full Frontal oder Things We Lost In the Fire auftauchte. Ehe er mit der Figur des Hank Moody in Californication wieder mehr Aufmerksamkeit und mit dieser seinen zweiten Golden Globe erhielt. Sodass sich Gertrude Steins berühmtes Zitat wohl tatsächlich auch hier wiederfindet: Ein Serienschauspieler ist ein Serienschauspieler ist ein Serienschauspieler.

Eine große Frage für Chris Carter war nun im siebten Jahr, um was es in The X Files noch gehen soll. Das Syndikat wurde in der Vorjahresfolge One Son zerschlagen, welchen Antrieb hat Special Agent Fox Mulder (David Duchovny) nun noch? Umso erstaunlicher, dass C.G.B. Spender (William B. Davies) dennoch im Staffelauftakt nichts unversucht lässt, um weiterhin auf scheinbar eigene Rechnung die Staatsgeheimnisse zu hüten. Die Planlosigkeit von Carter und Co. macht sind nun speziell in der Serienmythologie bemerkbar. Erlitt Mulder im Vorjahresfinale Genesis noch irgendeine neurologische Krankheit - scheinbar außerirdischer Natur -, so wird diese wie zu erwarten war, zu Beginn der siebten Staffel wieder bei Seite gewischt. Wo The Sixth Exinction noch überzeugen kann, verkommt der Trilogie-Abschluss The Sixth Extinction II: Amor Fati neben der neunten Folge Signs and Wonders zu den schlechtesten Episoden der Seriengeschichte. Wie auch sonst alle Stärken des Vorjahres inzwischen zu Fehlen scheinen.

Wie Mulder überhaupt zu seiner extraterrestrischen neurologischen Anomalie kam, wird dabei genauso unter den Teppich gekehrt, wie seine scheinbare Heilung des schwarzen Öls aus der vierten Staffel. Besonders ironisch, wenn man bedenkt, welche Folgen das Öl auf andere Menschen in Staffel Sechs und im Kinofilm hatte. Dass die Macher in Amor Fati dann auch noch einen auf The Empire Strikes Back machen, indem sich der Raucher angeblich als Vater von Mulder outet, ist dabei nur der Gipfel der narrativen Fehlleitung. Ähnlich verhält es sich mit der mythologischen Mitte, die in der Form von Sein und Zeit sowie Closure die Frage nach Samantha Mulder beantwortet. Mulders kleiner Schwester, die angeblich als Kind von Außerirdischen entführt, anschließend mal für tot erklärt wurde und mal nicht, während Mulder sie kontinuierlich suchte. Da man nicht wusste, ob es zu einer achten Staffel kommen würde, wollten Carter und Co. zumindest diesen Handlungsstrang zu Ende führen. Mehr schlecht als recht.

Planlos überhastet stürzen sich die Autoren in die Doppelfolge, in der ein Kindesentführer mit dem Suizid von Mulders Mutter und der Auflösung zum Verschwinden seiner Schwester in einen Topf geschmissen wird. Was die Autoren dabei vergaßen: nach sieben Jahren ist einem das Schicksal von Samantha Mulder vollkommen egal geworden. Egal ob von Aliens entführt oder nicht, es war stets klar, dass es kein Happy End für Mulder und Samantha geben würde. Das Positive an Closure war zumindest, dass der Drops „Samantha“ nun endlich gelutscht war. Ansonsten merkte man wohl selbst, dass sich aus der Mythologie kaum noch Neues erzählen lässt, nun da es kein Syndikat mehr gibt. Dementsprechend halten sich auch Auftritte von Lauren Holdens Marita Covarrubias und Nicholas Leas Alex Krycek rar, die beide im dafür gefälligen Staffelfinale Requiem im Team auftreten dürfen. Die Reintegration der Beiden scheint jedoch genauso planlos, wie auch das Schicksal von Davies’ Figur und Mimi Rogers’ Gastrolle der Diana Fowley dieses Jahr verlief.

Im Gegensatz zu den beiden letzten Staffeln wollen aber auch die monster-of-the-week-Episoden nicht vollends überzeugen. Im siebten Jahr erwarten Mulder und seine Kollegin Special Agent Dana Scully (Gillian Anderson) in Millennium Zombies, in Orison die Rückkehr von Donald Pfaster - seine Rückkehr nach Irresistible aus der zweiten Staffel und insgesamt die dritte Rückkehr eines Antagonisten innerhalb der Serie -, in Signs and Wonders eine Gruppe ophiophiler Sektierer oder in X-Cops eine sich bei Vollmond manifestierende Angst. Das ist nie wirklich enttäuschend, aber auch selten richtig gut. Folgen wie Hungry, Rush oder Chimera bewegen sich irgendwo zwischen Durchschnitt und Gut, während es dieses Mal keine besonders herausragenden Episoden für die Fans gibt. Lediglich First Person Shooter, die zweite von William Gibson geschriebene Folge, und Fight Club wollen zwischen den übrigen zwanzig Episoden herausragen. Weil sie Einiges besser machen, wo manch andere Folge nicht konsequent genug ist.

Zwar gibt es erneut einige stark humoristische Fälle, doch wollen nicht alle von ihnen so überzeugen wie Fight Club. Auch The Goldberg Variation oder Hollywood A.D. und Je Sonhaite haben ihre Momente, glänzen jedoch nur bedingt. Es darf also konstatiert werden, dass sich nach sieben Jahren X-Akten allmählich Müdigkeit einstellt. Bedauerlich, dass in einem derartigen Fall dann eine Folge wie Hollywood A.D., in der ein Film über Mulder und Scully entsteht - Letztere wird ironischerweise von Duchovnys Frau, Téa Leoni, dargestellt -, nicht ihr Potential ausschöpfen kann, sondern sich in einigen oberflächlichen Anspielungen verliert. Die von Duchovny geschriebene und inszenierte Folge ist somit nicht wirklich wie sein erster Ausflug, The Unnatural, gelungen. Auch Gillian Andersons Drehbuch- und Regiedebüt all things gefällt nur bedingt, weiß aber immerhin mit einem lesbischen Pärchen auf dem Fernsehsender Fox aufzuwarten. Interessant auch: erneut nötigt Mulder seine Partnerin in all things an einem Samstag ins Büro.

Ähnlich wie der Humor und narrative Stärken nehmen auch die Anspielungen auf romantische Gefühle zwischen Mulder und Scully ab, was umso unverständlicher ist, bedenkt man Scullys Geständnis ihrer Schwangerschaft in Requiem. Abgesehen von interpretierbaren Anmerkungen („You are my constant“, The Sixth Extinction II: Amor Fati), sowie ein paar Anspielungen (all things) wartet nur Requiem mit etwas körperlicher Nähe und Millennium mit einem Kuss in der Silvesternacht auf. Dabei war vielen Fans - wenn nicht den Meisten - ohnehin klar, wie die beiden FBI-Agenten inzwischen zueinander stehen, weshalb das um den heißen Brei reden allmählich leicht kindische Züge erhält. Bei den Gaststars gibt es auch nur wenige große Namen zu verzeichnen. Neben Rückkehrer Nick Chinlund präsentieren sich auch Tobin Bell, Krista Allen, Lance Henriksen, Mark Pellegrino und Gary Shandling neben der bereits erwähnten Téa Leoni, die aufgrund von Deep Impact damals wohl den bekanntesten Namen darstellte.

Betrachtet man The X Files als Ganzes und die siebte Staffel im Speziellen, war es vermutlich nur konsequent, dass Mulder in Requiem nun endlich selbst von Außerirdischen entführt wird. Schließlich sind diese inzwischen das Einzige, was Carters Serie in mythologischer Hinsicht noch zu erzählen hat. Im Gegensatz zu Wein, der mit den Jahren reift, bekommt es der Entwicklung von Serienfiguren nicht, Jahr aus Jahr ein in dasselbe monotone Schicksal gezwängt zu werden, welches das Publikum von ihnen erwartet. Auch in Serien wie Scrubs oder Dawson’s Creek scheinen die Charaktere zu einem gewissen Zeitpunkt ihrer Umgebung entwachsen zu sein. Ähnlich in The X Files, wo der Raucher schon lange keine wirkliche Bedrohung mehr darstellen will oder kann und die Integration von Covarrubias und Krycek immer gezwungener erscheint. Die Serie verliert also nach den aufsteigenden Staffeln Fünf und Sechs an Kraft und bricht leider wieder auf das Niveau des dritten Jahres ein. Inzwischen beginnt eine würdevolle Verabschiedung.

7.5/10

5. Mai 2010

The X Files - Season Six

It doesn’t have to end like this.

Deutschlands Trainer-Urgestein Sepp Herberger hat die Phrase „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ ins Leben gerufen. Im Grunde eine sportliche Verballhornung des klassischen Ausspruchs zur französischen Thronnachfolge von 1422 („Le Roi est mort. Vive le Roi!“). Ähnlich verfuhr Chris Carter mit seiner Kult-Serie The X Files, an deren Ende der fünften Staffel ebenjene X-Akten schließlich geschlossen und verbrannt wurden. Nur um in The Beginning, dem Auftakt zur sechsten Staffel, wieder geöffnet zu werden. Oder besser gesagt: Bereits wieder geöffnet zu sein. Geschehen ist dies in der Finaleinstellung von Rob Bowmans The X Files, dem ersten Kinoabenteuer von Carters FBI-Agenten, das auf Staffel Fünf, der Erfolgreichsten in der Geschichte der Serie, gefolgt war. Wider Erwarten begann das Interesse an den X-Akten jedoch nachzulassen. Die Ursache sah man in dem vermehrten Auftreten von unterschwelligem Humor, sowie der Tatsache, dass manche Episoden einen stärkeren Fokus auf einen der beiden Agenten legen.

Die X-Akten sind also wieder geöffnet, das Büro von Special Agent Fox Mulder (David Duchovny) renoviert. Nur dass Mulder nicht mehr in jenem Büro arbeitet, wurden er und Agent Dana Scully (Gillian Anderson) doch von den X-Akten abgezogen und zum innerstaatlichen Terrorismus versetzt. Statt Assistant Director Walter Skinner (Mitch Pileggi) unterstehen sie nun dessen Kollegen Alvin Kersh (James Pickens, Jr.), während die X-Akten zu den Agenten Jeffrey Spender (Chris Owens) und Diana Fowley (Mimi Rogers) wandern. Wer nun allerdings glaubt, Mulder würde sich von einer derartigen formalen Banalität abhalten lassen, der täuscht sich natürlich. Die Brücke zum fünften Staffelfinale The End und dem Kinofilm schlägt dabei die Auftaktfolge The Beginning. Sowohl das Alien-Virus als auch Gibson Praise (Jeff Gulka) treten in das Leben von Scully und Mulder hinein. Jene Alien-Mythologie, die wie immer neben dem Auftakt schließlich nochmals in einer Doppelfolge im Mittelteil, sowie im Staffelfinale aufgegriffen wird.

Auch in ihrem sechsten Jahr setzt die Serie ihre zur Tradition verkommenen Merkmale weiterhin fort. Dabei begeht sie in One Son, der gelungensten Episode der Staffel, quasi einen Tabubruch. Im Angesicht der erfolgreich vollzogenen Hybridisierung von Alien und Mensch in Form von Cassandra Spender, blickt das Syndikat der bevorstehenden Kolonialisierung durch die Außerirdischen skeptisch entgegen. Wohl der Hauptgrund, warum der Raucher - in Two Fathers, der vorherigen Folge, mit C.G.B. Spender benannt - Mulder schließlich endlich die Wahrheit erzählt. Die Wahrheit von der Kolonisation, die das Syndikat, zu dem einst auch Mulders Vater zählte, hinauszögern will, indem es ein Gegenmittel entwickelt. One Son stellt zugleich das Ende des Syndikats in seiner alten Form dar, wenn der außerirdische Widerstand interveniert und abgesehen vom Raucher, Fowley sowie Marita Covarrubias (Lauren Holden) und Alex Krycek (Nicholas Lea) alle Beteiligten auslöscht. Aber wie hieß es zu Beginn: Nach dem Syndikat ist vor dem Syndikat.

Einen besonderen Wandel vollzieht dabei Scully hinsichtlich ihrer Haltung zu Mulders Alien-Überzeugung. Zwar veralbert sie diesen sogar noch in einer späten Folge wie Field Trip, grundsätzlich merkt ist sie jedoch sehr viel zugänglicher geworden. „You already know. You just don’t want to believe“, gibt ihr in The Beginning Gibson zum Beispiel ihre Gedanken wieder. Spätestens als sie dann in Biogenesis selbst ein UFO in der Côte d'Ivoire findet, dürfte die Überzeugung genährt worden sein. Abgesehen davon gibt sich Scully jedoch alle Mühe, Mulders paranormale Überzeugungen weiterhin zu hinterfragen. Inzwischen nicht mehr als ein running gag. In der sechsten Staffel verzichtete man zudem darauf, sie auf irgendeine Art emotional besonders zu belasten. Kein Krebs, keine Tochter, keine Obduktion. Eine Tatsache, die der Figur sehr viel besser zu Gesicht steht, ähnlich wie bei ihrem Kollegen Mulder. Für diesen spielt zwar kurzzeitig sein Vater eine Rolle, aber allzu großes Tamtam bezüglich seiner Schwester findet in dieser Staffel nicht statt.

Was von einigen Fans nun kritisiert wurde, waren die Fokus-Verschiebungen in manchen Episoden. So nahm Mulder in Folgen wie Triangle oder The Unnatural einen Großteil der Geschichte alleine in Anspruch, während Scully lediglich in einzelnen Szenen auftaucht. In Three of a Kind wiederum, einer Art Fortsetzung zu Unusual Suspects, kriegt man Mulder gar nicht zu Gesicht, während sich Scully die Laufzeit mit den Einsamen Schützen teilt. Nun handelte es sich bei den „Solo“-Ermittlungen noch nie um die Crème de la Crème der Seriengeschichte, völlig neue Phänomene sind sie jedoch auch nicht. Ebenso auch der humoristische Anstrich, den Folgen wie The Unnatural oder Arcadia mal mehr und mal weniger mit sich führen. Viel geschieht inzwischen mit einem Augenzwinkern, während in der sechsten Staffel eine reine Comedy-Episode wie Bad Blood ganz fehlt. Stattdessen finden sich vermehrt kleinere amüsante Elemente in Folgen wie Dreamland, How the Ghosts Stole Christmas, Monday und einigen anderen.

Ob einem jene spaßigeren Folgen dann zusagen, obliegt jedem Fan selbst. Grundsätzlich steht dieser Wechsel von einer stark humoristischen Folge zu mehreren Episoden mit leichterem humoristischem Anstrich der sechsten Staffel sehr gut zu Gesicht. So überzeugen neben One Son gerade Dreamland, Dreamland II, How the Ghosts Stole Christmas und The Unnatural. Mit letztgenannter Folge feierte Duchovny zugleich sein Regiedebüt. Aber auch von den verbliebenen Episoden gibt es mit The Beginning, Monday, Arcadia oder Biogenesis starke Vertreter. Die Aufzählung dieser zahlreichen Folgen dürfte dabei bereits ein Indiz sein, dass die sechste Staffel den Aufwärtstrend der Fünften so weit fortsetzt, dass sie nach den ersten beiden Staffeln fraglos die Gelungenste darstellt. Neben der momentan aufgelösten Verschwörung um das Syndikat haben Mulder und Scully ein relativ sorgloses Jahr hinter sich, mit Geisterhäusern, Todesphotographen, Wasseroktopoden, Riesenfungi, übersinnlichen Wetter- oder blutrünstigen Wolfmännern.

Popkulturelle Verweise finden sich dabei ebenfalls wieder en masse. So variiert Drive die Thematik von Jan de Bonts Speed, indem die Bombe durch ein Gehirnaneurisma ersetzt wird, Terms of Endearment hingegen erweckt Erinnerungen an Roman Polanskis Rosemary’s Baby, während Monday eine Banküberfall-Variation von Harold Ramis’ Groundhog Day ist und Milagro in seiner Grundstruktur des mordenden Alter Egos eines Schriftstellers an Stephen Kings Stark angelehnt sein dürfte. Dementsprechend fallen dann die Gaststars dieses Jahr aus, zu denen B-Movie-Legende Bruce Campbell ebenso zählt, wie Lily Tomlin und die Seriendarsteller Bryan Cranston (Breaking Bad), Abraham Benrubi (ER/Parker Lewis Can’t Loose), John Billingsley (Enterprise) oder erneut Fredric Lane (Lost). Zudem wiederholen Mimi Rogers und Lauren Holden ihre Rollen - Letztere jedoch eher in Form eines Cameos in One Son -, während Nicholas Lea seine Kultfigur des Alex Krycek dieses Mal in nicht weniger als vier Episoden repräsentieren darf.

Insgesamt wartet die sechste Staffel also mit ein paar Antworten auf - das schwarze Öl wird in Two Fathers als „purity“ und alleiniger Bestandteil der Aliens geoutet - und fokussiert sich stärker auf das Primärziel der Serie - das Verhindern der Alien-Kolonialisierung. Amüsanterweise sieht man hierbei Mulder und Scully quasi rund um die Uhr arbeiten, egal ob es 9 Uhr morgens oder abends ist, selbst am Wochenende bequemen sich die Beiden ins Büro. Romantische Annäherungen gibt es speziell in Triangle, wenn Mulder eine „falsche“ Scully küsst oder in Milagro, wenn der Schriftsteller enthüllt: „Agent Scully is already in love“. Kleinere Andeutungen gibt es zudem in The Unnatural, One Son und The Rain King, während gerade Scully sich in Arcadia überraschend unwohl fühlt, mit Mulder ein angebliches Ehepaar darzustellen. Summa summarum ist die sechste Staffel somit äußerst gelungene Serienunterhaltung und wie zwei Absätze zuvor angedeutet die stärkste Staffel seit den herausragenden Auftaktstaffeln Eins und Zwei.

8/10

31. März 2010

The X Files - Season Five

You’ve seen what they wanted you to see.

Wer die Hauptrolle in einer Serie spielt, findet meist wenig Zeit zum Drehen von Filmen. Ganz zu schweigen davon, dass es Serienschauspieler generell schwer haben, sich im Kino zu vermarkten. Immerhin assoziiert das Publikum sie mit einer bestimmten Rolle in einer bestimmten Serie. Vermutlich ein Grund, warum niemand aus Friends im Kino wirklich der Durchbruch gelingen wollte. Von dem Ensemble der CSI-Ableger oder anderen Erfolgsserien wie ER - George Clooney bildet die Ausnahme der Regel - soll gar nicht erst angefangen werden. Ähnlich verhielt es sich daher auch mit David Duchovny und Gillian Anderson. Während Letztere sich Ende der Neunziger in Nebenrollen von The Mighty und Playing by Heart versuchte, sah man Duchovny lediglich in Playing God neben einer jungen Angelina Jolie. Es war wohl für alle Beteiligten erfreulich, dass wenigstens The X Files zu diesem Zeitpunkt exzellent lief.

Mit der fünften Staffel erreichte die Show von Chris Carter ihren Höhepunkt. Durchschnittlich sahen zwischen 1997 und 1998 fast zwanzig Millionen US-Amerikaner (genauer gesagt: 19,8 Millionen) die - ironischerweise - zwanzig Episoden rund um die FBI-Agenten Fox Mulder (David Duchovny) und Dana Scully (Gillian Anderson). So viele wie noch nie zuvor und so viele, wie anschließend nie wieder. Das alte Sprichwort „Man soll aufhören, wenn es am Schönsten ist“ findet im Film- und Fernsehbusiness jedoch keine Anwendung. Im Gegenteil. Anknüpfend an die fünfte Staffel platzierten Carter und 20th Century Fox den ersten Kinoableger. Grundsätzlich eine schlaue Entscheidung, spülte das Kinoverbindungsglied zwischen Staffel Fünf und Sechs doch das Dreifache seiner Kosten ein und bescherte somit sowohl Duchovny als auch Anderson den bis dato erfolgreichsten Film ihrer Karriere.

Im Doppelauftakt Redux knüpft die Serie an die Ereignisse des Vorjahres aus Gethsemane an. Und wie man sich denken konnte, hat Mulder sich nicht umgebracht. Leider ist der mythologische Auftakt wie bereits in den vergangenen beiden Staffeln eher missglückt. Scullys Krebs wird in Redux II wieder aufgegriffen und vorerst - glücklicherweise - auch abgeschlossen. Zu Beginn wird noch auf Mulders Unglauben rumgeritten, der sich im vorangegangenen Staffelfinale scheinbar erfolgreich durchgesetzt hat. Ein reichlich anstrengendes Unterfangen, welches jedoch für den weiteren Verlauf der Staffel verworfen wurde. Ohnehin reduzierte man die Mythologieepisoden gemeinsam mit der gesamten Episodenzahl. Lediglich eine (solide) Doppelfolge wie gewöhnlich in der Mitte (Patient X/The Red and the Black) und das überzeugende Staffelfinale (The End) beschäftigen sich mit dem Syndikat und seinem Treiben.

Zur vierten Staffel wurde die These aufgestellt, dass der Serie weniger Folgen gut getan hätten. In der fünften Staffel wird diese These bestätigt. Lediglich zwanzig Episoden, und damit so wenig, wie in keiner anderen Staffel der Serie zuvor, befassen sich mit Mulder und Scully. Eine Reduzierung, die vermutlich mit dem im selben Jahr gedrehten Kinofilm zusammenhängt, der Show jedoch bestens zu Gesicht steht. Im fünften Jahr machen Chris Carter, Vince Gilligan, Rob Bowman, Kim Manners und R.W. Goodwin veles richtig, was sie vielleicht in den beiden Jahren zuvor nicht falsch, aber schlechter gemacht haben. Die bekannten Gesichter mehren sich (ein Fakt, der jedoch retrospektiv begründet ist), wie auch die humoristischen Elemente und nicht nur ein, sondern gleich zwei Mal ließ man sich bei einer Folge auf narrativer Ebene von einem renommierten Schriftsteller helfen. Es verwundert also nicht, dass selbst wenn die fünfte Staffel auf demselben Level wie die dritte und vierte Staffel spielt, dennoch eine Steigerung zu verzeichnen ist.

Neben dem wie erwähnt gelungenen The End als Überleitung zum Film The X Files, der wiederum in die sechste Staffel geleitet, gefallen gerade jene beiden Episoden, die Unterstützung von Schriftstellern erfahren haben. Wie es der Zufall so will, liefen sie sogar direkt hintereinander. In Chinga präsentiert Horror-Gott Stephen King eine Mordlüsterne Puppe, die ein kleines Dorf in Maine (wo sonst?) heimsucht. Hier ist es primär Scully, die ermitteln darf, während Mulder in seinem Büro versucht, sich die Zeit zu vertreiben. Eine Folge später leistete Cyberpunk-Guru William Gibson in Kill Switch Drehbuchbeistand, wenn von einer künstlichen Intelligenz erzählt wird, die sich im Internet verselbstständigt hat. In den übrigen, oft leicht überdurchschnittlichen, monster-of-the-week-Folgen haben es die beiden Agenten unter anderem mit einer mörderischen Natur, biochemischen Terroristen oder blinden Frauen zu tun, die durch die Augen eines Mörders sehen.

Popkulturelle Anspielungen finden sich ebenfalls in manchen Geschichten. So verarbeitet Travelers Elemente von Men in Black und Alien, wenn Mulder auf einen seiner X-Akten-Vorgänger trifft, der einen Fall Anfang der fünfziger Jahre rezitiert, in welchen Mulders Vater involviert war. Folie a Deux wiederum ist ziemlich offensichtlich von Guillermo del Toros Mimic aus dem Vorjahr (1997) inspiriert, wenn ein Insekt sich als Mensch ausgibt. Einen narrativen roten Faden gibt es in der fünften Staffel zudem wie im Jahr zuvor im Grunde nur durch Scully. War es erst ihr Krebsleiden, ist es jetzt das Auftauchen ihrer angeblichen Tochter Emily in der Doppel-Folge Christmas Carol und Emily. Die Thematik der zuvor unbekannten und nun verstorbenen Tochter wird später in All Souls, aber auch mit Abstrichen in The End wieder aufgegriffen. Obschon ein Ersatz für die mythologische Doppelfolge, kann jedoch auch die Emily-Storyline qualitativ nicht wirklich überzeugen.

Eine besondere Stellung nimmt in dieser Staffel jedoch Bad Blood ein. Diese perfekte Folge verdient sich nicht nur die Spitzenposition in der fünften, sondern zählt zu den besten Episoden, die die Serie in all ihren Staffeln produziert hat. Stellte bereits The Post-Modern Prometheus eine jener humoristischen Geschichten dar, wie sie zuvor mit Small Potatoes und War of the Coprophages Einzug in die Serie gefunden hatte, ist Bad Blood das bisherige Highlight. Wird zu Beginn der Episode ein vermeintlicher Vampir in Gestalt eines jugendlichen Pizzalieferanten von Mulder erschossen, arbeitet die Folge im Rashomon-Prinzip die Ereignisse zuerst aus Sicht von Scully und anschließend aus der von Mulder nochmals auf. Alteingesessene X Files-Fans dürften hier aus dem Lachen kaum herauskommen, wenn beide Figuren sich bisweilen gegenseitig, aber auch die Menschen in ihrer Umgebung - hier: Luke Wilson als Kleinstadt-Sheriff -, mehr als nur ein bisschen aufs Horn nehmen.

In vier der bisher angesprochenen Folgen (u.a. Redux II, Bad Blood, The End) wird wie im Vorjahr auch das romantische Verhältnis zwischen Mulder und Scully intensiviert. Am deutlichsten meist in Form von Eifersucht auf eine dritte Partei (Luke Wilson in Bad Blood, Mimi Rogers in The End). Mit Rogers’ Diana Fowley und Gibson Praise wurden in der Finalfolge zudem neben Jeffrey Spender (Chris Owens) gleich drei neue Charaktere für den Serienkanon eingeführt. In Gastrollen dürfen natürlich Lauren Holden und Nicholas Lea nicht fehlen, hinzukommen in dieser Staffel die bereits erwähnten Luke Wilson und Mimi Rogers, sowie Lily Taylor, Anthony Rapp und die beiden Losties Sam Anderson sowie Fredric Lane. Insgesamt kann also konstatiert werden, dass die fünfte Staffel der Kult-Serie entgegen ihrer Quoten nicht den seriellen Höhepunkt darstellt, sich aber wieder dem Niveau der ersten beiden überragenden Staffeln anzunähern weiß.

7.5/10

6. Februar 2010

The X Files - Season Four

You can’t give up hope.

Mitte der neunziger Jahre waren Außerirdische oder besser gesagt: der Kontakt mit Außerirdischen richtig en vogue. Speziell im Jahr 1997, welches nicht nur Robert Zemeckis’ Contact mit Jodie Foster hervorbrachte, sondern auch Barry Sonnenfelds Men in Black. Letzter ungleich erfolgreicher als sein Kollege. Für Chris Carters The X Files sollte jenes Jahr mit seiner vierten Staffel der Mystery-Serie ebenfalls einen kleinen Quantensprung darstellen. Erstmalig gelang es durchschnittlich über 19 Millionen Amerikaner für sich zu begeistern. Und damit mehr als doppelt so viele, wie noch bei der zweiten Staffel der Fall. So gesehen konnte Carters Serie mit ihrer vierten und anschließenden fünften Staffel (die nochmals eine halbe Millionen Zuschauer mehr anzog) ihren Serienhistorischen Höhepunkt feiern. Was bei einer Staffelanzahl von Neun passenderweise auch irgendwie die Mitte markiert. Dabei setzt die Serie eher ihren Abwärtstrend fort.

Bemängelte ich in der dritten Staffel noch, dass der Serie ein roter Faden fehlt, so kriegt man diesen im vierten Jahr präsentiert. Allerdings mehr schlecht als recht. Was sich über einige Episoden zieht, beziehungsweise von der Mitte der Staffel bis zu ihrem Finale, ist eine Krebserkrankung von Dana Scully (Gillian Anderson). Allem Anschein nach ausgelöst durch ihre Obduktion durch Außerirdische aus der zweiten Staffel. Wirklich intensiv widmet sich die Serie jedoch nur in Memento Mori dieser Erkrankung, die ansonsten ein wenig vor sich hindümpelt, wenn sie denn überhaupt thematisiert wird. Zwar geht Assistant Director Walter Skinner (Mitch Pileggi) einen Deal mit dem Zigarettenmann (William B. Davis) ein, doch eine Heilung Scullys wird zu diesem Zeitpunkt noch nicht forciert. Dagegen schlägt sich Fox Mulder (David Duchovny) wie immer mit der Obduktion seiner Schwester Samantha und der Existenz der Außerirdischen herum.

Dem grundsätzlichen Schema der Show bleibt sich The X-Files auch weiterhin treu. Scully stellt weiterhin das skeptische Anhängsel dar, wie man zu Beginn von Folgen wie Elegy beobachten kann. Auch wenn sich ihre Bereitschaft an das Paranormale zu glauben inzwischen etwas verstärkt hat. Der Mythologie der Serie wird sich im Grunde genommen in vier Blöcken gewidmet. Zu Beginn wird in Herrenvolk der Cliffhanger der letzten Staffel aufgearbeitet, während traditionell eine mythologische Folge - hier Gethesemane – auch den Abschluss mit dem Finale bildet. Dazwischen befassen sich zwei Doppelfolgen einerseits mit dem schwarzen Krebs (Tunguska/Terma) und einem Zwischenfall des US-Militärs mit einem UFO (Tempus Fugit/Max). Grundsätzlich weiß hierbei keine der mythologischen Episoden besonders zu überzeugen, was auch daran deutlich wird, dass sie inhaltlich nicht einmal miteinander zusammenhängen.

Auch die monster-of-the-week-Folgen sind meist recht durchschnittlich geraten. Weder Inzenst-Familien, noch dämonische Tätowierungen, ein Golem, unsichtbare Ex-Soldaten oder autistische Mordprophezeiungen wollen wirklich begeistern. Selbiges gilt für Episoden wie The Field Where I Died und Demons, die sich reichlich ausufernd primär auf Mulder fokussieren. Was man in den mythologischen Folgen noch verzeihen kann, wirkt hier zu anstrengend. Aus der Masse an durchschnittlichen Folgen ragen speziell Leonard Betts, Small Potatoes und auch Synchrony hervor. Ein besonderes Lob verdient sich dabei wohl Small Potatoes, ähnelt die Folge doch von ihrem humoristischen Unterton stark der Vorjahresfolge War of the Coprophages. Speziell Duchovny kann hier sein komödiantisches Talent ausspielen und die Serie untermauert, dass Humor sich bestens in ihre Prämisse integrieren lässt.

Die vierte Staffel zeichnet sich durch eine gewisse Beliebigkeit aus. Dies merkt man schon daran, dass die Mythologiefolgen nicht miteinander zusammenhängen, aber auch an der Beteiligung von Krycek, der in der Doppelfolge Tanguska/Terma wieder auftaucht, um sich anschließend wieder zu verabschieden. Auch Lauren Holdens Figur der Marita Covarrubias darf gelegentlich (genauer gesagt: fünf) mal aus unterschiedlichen Gründen vorbeischauen. All jene Handlungselemente, auch die Weiterführung bzw. Wiederaufnahme von Samantha Mulders Obduktion oder der Tod von Mr. X, wirken gestreut und ohne richtigen Rahmen. Hierzu passen dann auch Scullys Krebs oder die Anhörung gegen Mulder. Ein stärkerer Fokus hätte an diesen Stellen nicht geschadet. Auch die Gaststars machen sich diesmal rar, stellen Tom Noonan (Paper Hearts) und Paul McCrane (Leonard Betts) doch neben den etablierten Lea und Holden die einzigen bekannten Gesichter dar.

Eine jedoch ausgesprochen löbliche Wendung ist die inzwischen verstärkt auftretende Annäherung zwischen Mulder und Scully. In Folgen wie Never Again und Memento Mori und Elegy wird das romantische Band zwischen den beiden Agenten allmählich fester gezurrt. In Small Potatoes kommt es sogar beinahe zum Kuss, auch wenn es sich hier lediglich um einen Mulder-Doppelgänger handelt. Ebenfalls nett geraten ist eine zentrierte Folge für den Raucher (Musings of a Cigarette Smoking Man), verschwindet dieser doch gerade in der zweiten Hälfte weitestgehend im Hintergrund. Trotz alledem bleibt die erhoffte Steigerung nach der abfallenden dritten Staffel aus. Auch wenn sich The X Files zumindest auf deren Niveau gehalten hat. Retrospektiv betrachtet hätte es vermutlich der Serie allgemein wie dieser und der letzten Staffel speziell nicht geschadet, wenn die Episodenzahl heruntergeschraubt worden wäre. Die Wahrheit auf diese These liegt jedoch wie das Meiste bei The X Files irgendwo da draußen.

7.5/10

12. September 2009

The X Files - Season Three

Maybe we bury the dead alive.

Dass eigentlich nicht die Landesregierung, sondern Geheimorganisationen (z.B. die Illuminaten oder Skull & Bones) die Geschicke dieser Welt leiten, kennt man aus etwaigen anderen Geschichten. In Chris Carters The X Files schreckt das antagonistische Syndikat nicht davor zurück, den Vater eines ermittelnden FBI-Agenten zu töten und auch diesem selbst nach dem Leben zu trachten. Es ist ein heißes Pflaster, auf welches sich Spezialagent Fox Mulder (David Duchovny) mit seiner neugierigen Nase für paranormale Fälle stets begibt. Anstelle Mulder von den X Akten abzuziehen und diese zu vernichten, stellte man ihm lieber eine skeptische Aufpasserin in der Person von Dr. Dana Scully (Gillian Anderson) an die Seite. Doch das Blatt wendete sich bekanntlich schnell. Zwar ist Scully auch nach über zweijähriger Partnerschaft weiterhin die vernünftige Seite des Ermittlergehirns, was ihre Loyalität zu Mulder und inzwischen auch zu ihrem Vorgesetzten, den stellvertretenden Direktor Walter Skinner (Mitch Pileggi), keineswegs mindert. An der Sitzplatzverteilung dieser FBI-Agenten hat sich auch in Carters dritten Staffel nichts verändert.

Als Anknüpfung zum Staffelfinale Anasazi komplettieren die beiden ersten Folgen The Blessing Way und Paper Clip die erste Episodentrilogie innerhalb der Seriengeschichte. Mulder hat natürlich die Explosion überlebt und wird – auf etwas kitschige Art und Weise – von einem amerikanischen Ureinwohner wieder gesund gepflegt. Es ist mit Paper Clip eine der vier gelungenen Folgen, in der Mulder erneuten Kontakt mit außerirdischen Hat. Jene Einstellung des sich über eine Lagerhalle erhebenden UFOs (s. Bild unten) hat sich sofort in die Bildergalerie der Seriengeschichte eingereiht. Passenderweise hat auch Scully direkten Kontakt zu Außerirdischen, was sie jedoch im Verlauf der Serie nicht dazu verleitet, an diese verstärkt zu glauben. Ähnlich wie bereits im Vorjahr stellen die Kanonfolgen zum Alien-Mythos die Ausnahme dar. Es ist kein halbes Dutzend an Episoden, dass sich Mulders Verwicklung in die Verschwörung des Zigarettenmannes (William B. Davis) widmet. Dass jene Folgen dennoch den Beginn, den Mittelteil und das Finale ausmachen, zeigt sehr deutlich, welchen Stellenwert die Mythologie innerhalb der Serie und auch für diese einnimmt.

Dabei findet sich kein richtiger roter Faden in den vierundzwanzig Folgen. Einen einzigen Zusammenhang stellen die Alien-Folgen dar, die allerdings inhaltlich nicht voneinander abhängig sind. Ansonsten kümmert sich jede der monster-of-the-week-Episoden um ihre eigene kleine Geschichte. Hierbei folgt die Serie, wie eingangs schon angesprochen, weiterhin dem Schema in Mulder den Leichgläubigen (der stets Recht behält) und Scully seinen zweifelnden Gegenpart zu präsentieren. Das charakterisiert natürlich auf gewisse Weise die synergetische Beziehung zwischen den Beiden, wirkt aber nach jetzt dreijähriger Partnerschaft etwas altbacken. In Folgen wie Quagmire oder Wetwired erhält man jedoch einen Einblick, inwiefern sich die Beziehung von Mulder und Scully bereits intensiviert hat. Von Scullys Eifersuchtsfall in War of the Coprophages gar nicht erst zu sprechen. Dagegen treten Figuren wie Skinner, die Einsamen Schützen oder auch Mr. X (Steven Williams) in den Hintergrund zurück und überlassen die Bühne in den meisten Fällen ganz und gar dem Agentenduo. Selbst vom Zigarettenmann sieht man in der dritten Staffel erstaunlich wenig.

Im Vergleich zu den vorangegangenen Staffeln wirken die meisten Fälle allerdings weit weniger interessant. Mal haben es Mulder und Scully mit einem menschlichen Blitzableiter zu tun, dann mit einer wahnhaften Fernsehfrequenz, einem Seemonster a la Nessie, Menschen, die trotz Behinderung (sei sie körperlich oder transzendental) oder auch mörderischen Kakerlaken oder Katzen sowie alten Eingeborenenflüchen. Das ist nicht immer fesselnd und meistens eher nur Durchschnitt. Eine doch bedauerliche Tendenz, welche die Serie in ihrem dritten Jahr eingeschlagen hat. Aus der Alien-Mythologie weiß nur Paper Clip zu überzeugen, des Weiteren setzen die Folgen Pusher und Hell Money Akzente. Die gelungenste Episode der dritten Staffel, War of the Coprophages, besticht durch ihre Selbstironie und ihren Humor. Die übrigen Geschichten dümpeln meist vor sich hin, scheitern an ihrer Zusammenhangslosigkeit oder den uninteressanten Fällen. Dabei entwickelt die Serie zu keinen Moment wenigstens einen Zug, der eine gewisse Qualität über mehrere Folgen konstant zu Tragen weiß.

Dafür nehmen die Gästerollen wieder zu und warten sogar mit vier Jungstars auf, die sich inzwischen einen Namen gemacht haben. Während in D.P.O. Giovanni Ribisi und Jack Black Seite an Seite etwas prominentere Rollen übernehmen, treten Ryan Reynolds (Syzygy) und Lucy Liu (Hell Money) in kleineren Nebenrollen auf. Zudem geben sich die Alteingesessenen J.T. Walsh, R. Lee Ermey und Peter Boyle, sowie auch B.D. Wong die Ehre. Den Regieposten teilten sich hier vormerklich – aber nicht ausschließlich – Rob Bowman und der inzwischen verstorbene Kim Manners. Weiterhin wurde die Tradition fortgesetzt, dass Carter und Duchovny sich als die Drehbuchautoren der Alien-Mythologie-Folgen auszeichnen. Zusammenfassend lässt sich also rekapitulieren, dass die dritte Staffel von The X Files im Vergleich zu den beiden sehr gefälligen Vorgängern ein wenig abbaut. Zwar hat die Serie immer noch einen hohen Unterhaltungswert, vermag jedoch nur vereinzelt – zum Beispiel durch den Auftritt von Nicholas Leas Krycek – tatsächlich mitreißend und einprägsam (Apocrypha) zu sein. Allerdings dürfte es sich hierbei lediglich um ein kurzes Tief handeln, dass bereits in der folgenden vierten Staffel wieder korrigiert werden sollte.

7.5/10

1. Oktober 2008

The X Files: I Want to Believe

Don’t give up.

Ein Kulturphänomen. Damit ließe sich die Mysterie-Serie The X Files aus den 1990er Jahren beschreiben, die es auf neun Staffeln und einen Kinofilm brachte. Jene X-Akten machten David Duchovny und Gillian Anderson bekannt, sodass die Serie 2002 schließlich eingestellt wurde, nachdem Duchovny nur noch sporadisch mit an Bord war. Schon 2001 hatte Serienerfinder Chris Carter die Idee gehabt, nach 1998 einen weiteren Kinofilm um die beiden Agenten Mulder und Scully zu initiieren. Aus einem Filmstart in 2002 nach Ende der neunten Staffel wurde 2003 und dann 2004. Immer wieder verschoben sich die Planungen für den nächsten X Files-Film, bis 2005 das Projekt dann ins Stocken geriet, da Carter sich vor Gericht mit dem Fox-Studio auseinandersetzen musste.

Doch was lange währt, wurde dieses Jahr endlich gut. Mit The X Files: I Want to Believe präsentierte Carter den Fans einen Kinofilm, der im Gegensatz zu The X Files: Fight the Future außerhalb des Serienmythos spielt. Stattdessen wird dem Publikum eine Geschichte präsentiert, die sich in Richtung der „monster of the week“-Episoden der Serie orientierte. Wie ein Ausblick in etwaige Filmforen zeigt ein unglücklicher Schachzug. Das Gejammer war groß, kaum einer, der nicht darüber quengelte, Carter hätte den Film in den Sand gesetzt. Dabei waren die Fans letztlich nur an ihrer eigenen Erwartungshaltung gescheitert. Denn der Großteil von ihnen assoziiert mit X Files eben Außerirdische und wenn im fertigen Film dann keine über die Leinwand huschen, ist der Zuschauer plötzlich enttäuscht.

I Want to Believe hält keine Alien bereit, nichtmal richtige Monster wie die Wurmmenschen, Mutanten und Poltergeister aus der Serie. Die Inhaltsangabe des Films hätte darüber jedoch aufgeklärt. Als eine ihrer Agentinnen entführt wird, ermitteln die beiden FBI-Agenten ASAC Whitney (Amanda Peet) und Agent Drummy (Xzibit) unter Zuhilfenahme des pädophilen Priesters Father Joe (Billy Connolly) den Fall. Denn der Priester hat Visionen vom Opfer und den Tätern. Da Whitney mit paranormalen Fällen jedoch nicht vertraut ist, sucht sie die Hilfe von Ex-Spezialagent Fox Mulder (David Duchovny). Der ist nach seiner Anklage im Serienfinale nicht gerade der beste Freund des FBI und lebt mit seiner ehemaligen Partnerin Dana Scully (Gillian Anderson) zurückgezogen in einer Hütte.

Scully selbst arbeitet inzwischen ausschließlich als Ärztin in einem katholischen Krankenhaus und sieht sich mit einem hoffnungslosen Sandhoff-Krankheitsfall konfrontiert. Nun verspricht diese Inhaltsangabe keine hochdramatischen Entwicklungen. Scully überredet Mulder dazu, dem FBI zu helfen und beide werden anschließend in die Ermittlungen hineingezogen, bei denen ein psychisch begabter, sexuell vorbestrafter Priester auf der Suche nach einem verschwundenen Agent hilft. Doch hinter dem Fall verbirgt sich weit mehr als eine bloße Entführung, vielmehr ein dunkles Geheimnis. Keine Aliens. Keine Wurm- oder Bienenmänner. I Want to Believe ist ziemlich ruhig in seiner Erzählstruktur und geht damit eher in Richtung solcher Episoden wie The Jersey Devil oder Our Town.

Wer also keine Version von Independence Day mit Mulder und Scully an Stelle von Will Smith und Jeff Goldblum erwartet, kann durchaus Gefallen am neuen X Files-Film finden. Zwar dürfte der Film von Nichtkennern der Serie nicht uneingeschränkt verstanden werden, doch halten sich die Referenzen zu dieser in Grenzen. Ein bärtiger Mulder im Exil spricht zu Beginn kurz den Schauprozess gegen ihn an, motiviert wird er während seiner Involvierung zu einem Großteil vom Verlust seiner Schwester Samantha. Auch Mulder und Scullys Sohn William wird in einem Nebensatz erwähnt und dient der Erklärung für Scullys medizinische Skeptik. Die wiederum ist weitaus weniger störend, wie von manchem Rezensenten vorgeworfen, vielmehr ist sie eine logische Fortführung der Serienfigur.

Eine gläubige Frau, die im Feld der Medizin arbeitet, sieht sich mit einem kranken Kind konfrontiert, welches theoretisch vom Alter her auch ihr eigenes sein könnte. Irgendwo da draußen, da lauert nicht (nur) die Wahrheit, sondern da befindet sich auch William. In der Obhut fremder Menschen. Was wäre nun, wenn William im Krankenhaus wäre und sein Leben gerettet werden könnte? Sprengt das die Grenzen von Scullys Glauben und offenbart neue Methoden wie die Stammzellenforschung? Carter gelingt es, die Sandhoff-Thematik nicht zur bloßen Nebenhandlung verkommen zu lassen, sondern die Fäden am Ende geschickt zusammen zu führen. Dass Scully zweifelt, ist im Kontext ihres Charakters nur nachvollziehbar und ihr Verhalten im Film somit authentisch.

Auch die Beziehung zwischen Scully und Mulder wird in dieser Form sehr schön dargestellt, inklusive Kuss und allem drumherum. Besonders schön arbeitete Carter zudem heraus, wie Scully Mulder erst überzeugen muss, Whitney zu helfen, nur um mit anzusehen, wie dieser sich schon kurz darauf in deren Ermittlungen zu verlieren droht. “This isn’t my life anymore, Mulder. I’m done chasing monsters in the dark“, wirft sie ihm (und zugleich den Alien-fixierten Fans) in einem Moment an den Kopf und stellt ihn vor die Wahl. Entweder die X-Akte oder ich. Und Mulder bleibt sich treu, so wie er es immer getan hat. Er könne nicht ändern wer er sei, meint er, es liege in seinem Naturell. Agenten wie Drummy fehlt für solche Situationen die Geduld, die Toleranz und der Glaube an die Sache.

An den pädophilen Vater Joe geht Mulder im Gegensatz zu Scully mit einer gehörigen Portion schwarzem Humor heran. Als sie dessen Wohnheim besuchen, rät Mulder grinsend davon ab, den Aktivitätenraum zu betreten. Es ist der alte Mulder, wie man ihn aus der ersten und zweiten Staffel kennt. Dass Father Joe ein Schwindler ist, glaubt Mulder zu keinem Zeitpunkt. Vielmehr ist er kurz darauf der einzige, der weiterhin am kastrierten Straftäter festhält. Bezüglich dessen Persönlichkeit muss sich Carter dann allerdings doch den Vorwurf gefallen lassen, etwas schwach gearbeitet zu haben. Man erfährt wenig bis gar nichts über Father Joe, seine Motivation und seinen Kummer. Lediglich gegenüber Scully öffnet er sich in ein, zwei Szenen, während er Mulder wenig offen begegnet.

Ähnlich eindimensional geraten die Agenten Whitney und Drummy, Letzterer mit Rapper Xzibit zudem absolut fehlbesetzt. Nur weil man eine Show auf MTV moderiert, hat man noch lange nicht das Talent zum Schauspieler. Hier hätte man durchaus auf andere Darsteller (z.B. Richard T. Jones oder Malcolm Jamall-Warner) zurückgreifen können. Zudem ist Drummy eine überflüssige Figur, nur am Nörgeln und Meckern, kulminierend in einer Szene, die seine ganze Inkompetenz offenbart. Vermutlich fungiert er lediglich als Yang zu Whitneys Yin. Doch auch die bleibt blass, setzt sich oftmals obschon Leiterin des Teams nicht wirklich gegen Drummy durch und konterkariert im Film selbst die Emanzipation der Frau, die Scully in den vorangegangen neun Jahren repräsentierte.

Immerhin ist Whitney keine so undankbare Figur wie Monica Reyes und Peet vermag sie problemlos mit etwas Leben zu füllen. Nur spielen die eigentlichen FBI-Agenten gar keine Rolle, verkommen lediglich zum Anstoß des Steines. Es ermittelt Mulder, gerne auch mal mit Scullys Unterstützung. Die interessante Konstellation dabei ist, dass sie nun keine Agenten mehr sind. So gewinnt auch das Filmfinale allein dadurch viel Spannung, dass Mulder ohne Dienstwaffe agieren muss. Und auch sonst lebt I Want to Believe von seinem Spiel gegen die Zeit. Dass hier einige Logiklöcher auftreten, nimmt man Carter nicht wirklich übel, da sie für das große Ganze des Films eine untergeordnete Rolle spielen. Vordergründig geht es in dieser X-Akte um eine Entführung mit übernatürlicher Note.

Mit I Want to Believe ist Carter ein kleiner, stiller Thriller gelungen, der in seinem Finale in Sachen X Files richtig aufdreht, zuvor aber nicht minder funktioniert. Zwar sind sechs Jahre vergangen und die Figuren etwas reifer und eingerostet, wenn Mulders Appetit jedoch erstmal geweckt ist, beginnt der Film ab dem zweiten Akt enorm Spaß zu machen. Wie eine überzeugende Serien-Doppelfolge eben. Mark Snows Musikuntermalung ist dabei erstaunlich zurückhaltend und auch die Selbstironie steht diesmal nicht im Vordergrund. Was verwundert und zugleich erfreut: Der Film erzählt eine Geschichte über Scully, obschon die meiste Zeit Mulder zu sehen ist. Dessen Wandlungen waren jedoch stets minimal, immer war es die Skeptikerin Scully, die im Konflikt – meist mit sich selbst – war.

Nicht nur Mulders Beteiligung an der X-Akte, sondern auch der Sandhoff-Fall belastet sie. Die Verbindung beider Punkte gibt dann den Ausschlag. “Don’t give up“, erklärt er Father Joe zu einem Zeitpunkt im Film, dessen Beititel auch primär Scullys Konflikt anspricht. Sicherlich begeht Carter mit I Want to Believe keinen Quantensprung, aber das Schneesetting erzeugt eine passende wie gelungene Atmosphäre und die Rückkehr von Scully und Mulder weckt Nostalgie. Letztlich ist der neue X Files-Film zwar nicht außerordentlich spannend, aber bemerkenswert konsequent inszeniert. Wo X Files draufsteht ist unterm Strich auch X Files drin. Außer man erwartet kleine grüne Männchen. In dem Fall scheitert nicht der Film, sondern der Zuschauer an seinen Erwartungen.

7/10 - in anderer Form erschienen bei Wicked-Vision

14. September 2008

The X Files - Season Two

Gentlemen, that was the phone call I never wanted to get.

Was war in der ersten Staffel von The X Files nicht alles passiert: FBI-Talent Fox Mulder (David Duchovny) erhält mir der skeptischen Dana Scully (Gillian Anderson) eine neue Partnerin, deren Aufgabe es war für die Oberen die Arbeit von Mulder zu protokollieren. Bereits hier drückte sich aus, dass man Mulder innerhalb des FBI als eine Bedrohung ansah, weshalb genau war zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. Die so genannten X-Akten behandelten paranormale Fälle, zumindest nach Mulders Auffassung. Für Scully hingegen schien es immer mehr darum zu gehen, das Paranormale an diesen Fällen zu widerlegen. Ironischerweise trat dann auch meist der Fall ein, dass Scully einen Schritt zu spät kam und im Gegensatz zu Mulder und dem Publikum nie wirklich die jeweiligen Aktivitäten sah. Umso erstaunlicher ist daher ihre intensive Loyalität, die sie begann gegenüber Mulder zu empfinden. Zudem präsentierte die erste Staffel sogleich das Schema der von Chris Carter entwickelten Serie: den Alien-Kanon und die „monster of the week“-Episoden. Letztere nehmen klar die Mehrheit für sich ein, während die Alien-Folgen durch die Staffeln hindurch verstreut sind. In den 25 Folgen der zweiten Staffel finden sich insgesamt sechs Folgen, die direkt mit der Invasion der Außerirdischen zu haben. Bezeichnend ist die Tatsache, dass oft dann, wenn eine kanonische Folge ausgestrahlt wird (Colony, Anasazi) neben Carter auch Hauptdarsteller Duchovny als Autor geführt wird. Dies ist insbesondere deswegen amüsant, da Duchovny selbst, im Gegensatz zu Kollegin Anderson, nicht an außerirdisches Leben glaubt.

Neben Scully als loyaler Partnerin machte Mulder zuvor auch die Bekanntschaft seines Regierungsinformanten Deep Throat. Eine zwiespältige Figur, die im Finale der ersten Staffel ihr Leben lassen musste. Die Auswirkungen von The Erlenmeyer Flask spiegeln sich sofort in Little Green Men wieder. Die X-Akten wurden geschlossen, Mulder und Scully somit getrennt. Doch Mulder lässt sich nicht unterkriegen und forscht auf eigene Kosten weiter. Sein Ausflug nach Südamerika wird nicht der einzige außerirdische Kontakt werden, den er in dieser Staffel hat. Als Frischfleisch für den Kanon werden auch drei neue Figuren eingeführt, allen voran wohl die wichtigste: der mysteriöse Mr. X (Steven Williams). Er dient quasi als Ersatz für Deep Throat, nur wirkt er noch bedrohlicher als dieser, noch mehr in seine eigene Agenda verwickelt. In der vierten Folge Sleepless wird Mulder ein neuer Partner zur Seite gestellt, eine essentielle Figur innerhalb von The X Files: Alex Krycek (Nicholas Lea). Wie sich bald herausstellt, ist Krycek der Informant des Syndikats und dient als dessen Allzweckwaffe, der sich auch nicht zu schade ist im Staffelfinale Anasazi Mulders Vater umzubringen. Die letzte bedeutsame Figur ist der außerirdische Kopfgeldjäger (Brian Thompson), der für das Interessenfeld der Aliens auftritt. Welche Ausmaße deren Auftreten auf der Erde hat, wird speziell in den Folgen Colony, End Game und Anasazi thematisiert. Gerade in letzterer stellt sich der Zusammenhang zwischen den Regierungen dieser Erde und den Außerirdischen erst einigermaßen heraus. Wobei hier eher noch vom Syndikat, als von den jeweiligen Regierungen zu sprechen wäre.

Suspect: I don’t answer any questions until I talked to my lawyer.
Mulder: Who’s your lawyer?
Suspect: I represent myself.

Die technische Seite der zweiten Staffel kommt nun weitaus glatter und sauberer daher, als dies noch bei der ersten Staffel der Fall gewesen war. Die Bilder wirken insgesamt professioneller da klarer. Obwohl es bereits das zweite Jahr der Serie ist, trifft Skinners (Mitch Pileggi) Aussage in einer der späteren Folgen durchaus zu: „This is just the beginning“. In der Tat beginnt The X Files erst jetzt richtig, vor allem hinsichtlich der kommenden Entwicklungen. Scullys Obduktion der Außerirdischen in Ascension, ihre Rückkehr und komatöser Zustand in One Breath, all das wird anschließend nicht mehr thematisiert, gar unter den Teppich gekehrt, in den späteren Staffeln jedoch wieder aufgegriffen. Auch Krycek wird sich als hartnäckiger Antagonist für Mulder immer wieder beweisen dürfen. Fehlen dürfen in diesem Zusammenhang auch nicht die Lone Gunmen, die Mulder hin und wieder mit ihrem Wissen auf die Sprünge zu helfen wissen. Dagegen halten sich die Gastauftritte dieses Mal eher bedeckt, neben Vincent Schiavelli (Better Off Dead…) und Nick Chinlund (Con Air) sind am namhaftesten wohl die beiden heutigen Serienstars und Emmy-Preisträger Tony Shalhoub (Monk) in Soft Light, sowie Terry O’Quinn (Lost) in Aubrey. Ironischerweise taucht O’Quinn innerhalb des X Files-Universum drei Mal auf, zwei Mal in der Serie und ein Mal im Kinofilm. Jedes Mal spielte er dabei eine andere Figur.

Auch in der zweiten Staffel kommen die humoristischen Aspekte nicht zu kurz (s. Dialog), gerade Mulder weiß mit einer gewissen Selbstironie aufzutreten. Jedoch zeichnet sich die Staffel auch durch Ernsthaftigkeit und Intensität aus. Skinner schlägt Mr. X, Mulder schlägt Skinner und Scully schießt auf Mulder – man erinnere sich: „This is just the beginning“. Neben den Gaststars gibt es wieder den einen oder anderen filmischen Verweis, beispielsweise auf The Omen oder in der Folge Fearful Symmetry zu Michael Crichtons Congo. Neben den Alien-Folgen sind es wieder die „monster of the week“-Episoden, die besonders gelungen sind. Mulder und Scully bekommen es nun mit Vampiren, Kannibalen, Satanisten, Wurmlöchern, Voodoo und bösen Zwillingen zu tun. Dabei sind die meisten Folgen durchweg überdurchschnittlich spannend und interessant aufgebaut, wohingegen Firewalker negativ heraus sticht. Die gesamte Folge ist im Grunde ein Abklatsch von Ice, nur dass sich die Handlung diesmal in einem Vulkangebiet abspielt. So dicht auf die erste Staffel folgend ist dass recht einfallslos. Als gelungenste Folgen betrachte ich selbst 3 und Død Kalm, gerade letztere zeichnet sich durch eine meisterliche Arbeit der Maskenbildner aus. Aber auch einige andere Folgen wie Colony, Humbug oder The Calusari sind nahezu perfekt. Es gelingt der zweiten Staffel somit inhaltlich gut an den Vorgänger anzuknüpfen. Die Charakterentwicklungen wissen dabei ebenso zu gefallen, wie allgemein die konstant gute Qualität der Folgen, die sich nur sehr selten ins Mittelmaß herablassen. Auch hier verspricht der cliffhanger des Staffelfinales wieder Lust auf die kommende Staffel.

8.5/10

8. Juli 2008

The X Files

Trust no one.

Wenn Serien erfolgreich laufen, können sie auch schon mal im Kino landen. Der richtige Zeitpunkt macht sich zum Beispiel in durchschnittlich zwanzig Millionen Amerikanern bemerkbar, die regelmäßig einschalten. Wie in der vierten und fünften Staffel von The X Files der Fall gewesen. Vier Jahre lang lief die Serie rund um die X-Akten und Verschwörungen der amerikanischen Regierung in Verbindung mit einem ominösen Syndikat in Bezug auf eine Invasion Außerirdischer 1997 im Fernsehen. Zu jenem Zeitpunkt hatte die Serie ihren Höhepunkt erreicht - was Serienschöpfer Chris Carter jedoch damals nicht ahnen konnte. Für sechzig Millionen Dollar Produktionskosten - sowie weiteren sechzig Millionen Dollar Marketingkosten - entstand mit The X Files, welcher zur Identifikation den Untertitel Fight the Future trägt, der erste Kinofilm der Kultserie. Gedreht wurde der fast zweistündige Film in der Drehpause zwischen den Staffeln vier und fünf, angesiedelt ist die Handlung jedoch an das Ende der fünften Staffel.

Der Film fungiert dabei als Bindeglied zwischen den Staffeln Fünf und Sechs, wobei diese auch ohne die Kenntnis des Filmes beziehungsweise vice versa geschaut werden können. Es verwundert nicht, dass auch im Film viele Figuren aus dem Kanon der Serie auftauchen, wenn auch nur kurz und sicherlich nicht immer für den Laien nachvollziehbar. Hier sei an den Auftritt der Einsamen Schützen gedacht. Aber auch der Raucher (William B. Davis) oder der Mann mit Maniküre spielen eine essentielle Rolle im Kinofilm, der von Rob Bowman, wiederholter Regisseur der Serie, inszeniert wurde. In einer weiteren Nebenrolle lässt sich Armin Müller-Stahl bewundern, aber auch Kino- beziehungsweise Fernsehfreunde dürfen sich auf das eine oder andere bekannte Gesicht freuen. So sind beispielsweise Terry O’Quinn (Lost) und Lucas Black (Jarhead) in Kurzauftritten zu erhaschen. Auch Assistant Director Walter Skinner (Mitch Pileggi) taucht auf, spielt für den Fortgang der Handlung aber eine untergeordnete - wenn überhaupt - eine Rolle.

Die X-Akten wurden am Ende der fünften Staffel geschlossen, die Bundesagenten Fox Mulder (David Duchovny) und Dana Scully (Gillian Anderson) nunmehr für reguläre Ermittlungen eingesetzt. Zu Beginn des Filmes trifft man sie in Dallas, Texas auf einem Hochhaus wieder. Es existiert eine Bombendrohung, doch Mulder und Scully befinden sich nicht in dem Gebäude, an welches die Drohung gerichtet ist. Bereits hier findet sich ein Punkt, der dem Laien nicht sonderlich verständlich erscheinen dürfte. Warum ist dieser Agent nicht in dem Gebäude mit der Bombendrohung? Dass Mulder ein Intuitionsmensch ist, wissen zwar die Fans und sie kennen auch die Auswirkungen, die Mulders Intuitionen meist nach sich ziehen. Später wird sich ein ähnlicher Moment einstellen, wenn es darum geht, ob Mulder oder Scully einer Straßenkreuzung nach links oder rechts folgen sollen. Erfreulich an dieser frühen Szene ist der lockere Umgang der beiden Partner miteinander, ein inzwischen sehr vertrauter und subtil romantischer Umgang.

Umso unverständlicher, dass Scully nach der Explosion der Bombe und der folgenden Verhörung durch ihre Vorgesetzten eine Versetzung anstrebt. Das dynamische Duo wird durch diesen Terroranschlag, den Mulder nicht verhindern konnte, gesprengt. Allerdings nicht für lange, denn nunmehr tritt ein V-Mann an Mulder heran. Ein gewisser Dr. Kurtzweil (Martin Landau), der Mulder mit Informationen versieht und ein ehemaliger Freund seines Vaters ist. Ein Schema, welches aus der Serie bereits bekannt ist. Die Annäherung an Mulder sorgt für die Verbindung mit der eigentlichen Thematik des Filmes, mit welcher der Kinofilm eingeleitet wurde. Vor 35.000 Jahren trafen zwei Neandertaler auf eine außerirdische Lebensform. An demselben Ort verunglückt in der Gegenwart - 1998 - ein Junge bei Grabungen. Die außerirdische Lebensform ergreift Besitz von seinem Körper und missbraucht diesen als Wirt. Ein dunkles Geheimnis der Regierung und des Syndikats droht aufzufliegen. Ebenjenes Geheimnis, dem Mulder seit Jahren hinterher rennt.

Vermutlich dürfte der Film für Nichtkenner der Serie gelegentlich etwas schwer verständlich sein. Auch wenn Carter am Ende des ersten Aktes Duchovny einen überaus amüsanten und die vorherigen Staffeln rekapitulierenden Monolog sprechen lässt. „I’m the key figure in an on-going government charade, the plot to conceal the truth about the existence of extraterrestrials. It’s a global conspiracy, actually, with key players in the highest levels of power. And it reaches down into the lives of every man, woman and child on this planet”, erklärt Mulder einer Barkeeperin im angetrunkenen Zustand. Was die X-Akten eigentlich sind und welche Bedeutung es hat, wenn dass diese geschlossen wurden beziehungsweise am Ende des Filmes wieder geöffnet werden, ist wahrscheinlich nicht wirklich nachvollziehbar. Somit lässt sich sagen, dass The X Files hauptsächlich an die Fans gerichtet ist, was sich bei einem US-Einspiel von rund 84 Millionen Dollar auch belegen lässt (wobei nicht jeder der zwanzig Millionen TV-Zuschauer im Kino gewesen sein dürfte).

Die Figuren sind nach fünf Jahren merklich gewachsen. Gillian Anderson wird wie ein guter Wein nicht nur mit jedem Jahr besser, sondern erstaunlicherweise auch attraktiver. Auch Duchovny hat nichts von der Kraft seiner Darstellung verloren, beide spielen ebenso überzeugend wie zu Beginn der Serie. Neben den kleinen Anspielungen und romantischen Momenten, wissen insbesondere die Musik von Mark Snow und seine Abwandlungen des Serienthemas zu gefallen. Auch die Erzählstruktur ist im Film sehr viel ruhiger, als in der Serie, was sicherlich daran liegt, dass man auf der Leinwand mehr Zeit hat, eine Szene vorzubereiten und dem Publikum zu präsentieren. Auch von der Ausstattung und den Effekten her setzt der Film im Gegensatz zur Serie (neue) Maßstäbe. Szenen in der Wüste werden abgelöst von riesigen Kornfeldern, der Antarktis und der Sprengung eines Bundesgebäudes. Dieses Schema des „Höher, Schneller, Weiter“ eröffneten einen ganz neuen Spielraum für das Seriengeschehen und beeindruckt ohne Zweifel.

Gerade die erste Hälfte des Filmes ist ziemlich stark und sehr an der Serie orientiert. Die Chemie zwischen Mulder und Scully stimmt, viele Aspekte wie das gegenseitige Beschaffen eines Alibis werden aus der Serie aufgegriffen. Die zweite Hälfte dagegen schwächelt doch sehr, was hauptsächlich an der etwas amateurhaft integrierten Wendung liegen dürfte. Die Tatsache, dass sich eine der Honigbienen aus dem Dom im Kornfeld rund zehn Stunden lang und über mehrere Bundesländer hinweg unter Scullys Hemdkragen versteckt, nur um sie anschließend kurz vor einem Kuss mit Mulder in den Nacken zu stechen, ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Hier hätte Carter problemlos in der Wirkung des Stiches variieren können, sodass der Virus erst nach ein paar Stunden bemerkbar wird. Auch Mulders relativ leichte Identifikation von Scullys Aufenthalt im Inneren des Raumschiffes sowie ihre spektakuläre Flucht - man bedenke, dass Mulders Schneemobil kein Benzin mehr hatte bei seiner Ankunft - sind etwas schludrige Drehbuchausführungen. .

Aber auch diese Momente verzeiht man dem Film. Schließlich ist The X Files nicht wegen seines enormen Authentizitätsfaktors berühmt geworden. Viel wichtiger ist, dass die Handlung stringent ist und zügig vorangetrieben wird, dabei jedoch nicht - zumindest in der ersten Hälfte - überhastet erzählt wird. Es gibt ein Wiedersehen mit altbekannten Gesichtern, die allesamt ein wenig zur Handlung beitragen dürfen. Hinzu kommen nette Anspielungen wie Mulders Urinieren an ein Filmplakat von Roland Emmerichs Independence Day (ein Film, der sich mit der Invasion von Außerirdischen beschäftigt) oder das altbekannte Serienklischee, dass Scully im Finale natürlich nicht das übergroße UFO sieht, welches gen Himmel verschwindet. Für Fans der Serie ist der Film fraglos ein Muss und darf auch als mehr als gelungen betrachtet werden. Die Anknüpfung an den Kanon der Serie lässt den Fan über kleinere Drehbuchschnitzer hinwegsehen. Insofern sollte The X Files in jeder Hinsicht, nie wieder so groß sein, wie im Sommer 1998.

8.5/10