4. Juli 2010

Clerks II

You never go ass to mouth!

Man kann es drehen und wenden wie man will, aber dass sich Kevin Smith nach zwölf Jahren zurück zu seinen Wurzeln orientierte, hängt unweigerlich mit dem Kritiker-Fiasko zum Vorgängerfilm Jersey Girl zusammen. Während die Öffentlichkeit es so wahrnahm, dass Smith sich auf eine Geschichte besinnen wollte, die er tatsächlich im Stande war zu erzählen, erklärte der New Jerseyer, dass er statt mit Stars lieber wieder primär mit seinen Freunden arbeiten wollte. Die Aussage ist schon allein deswegen etwas in Zweifel zu ziehen, da Jersey Girl mit Ben Affleck und George Carlin ebenfalls Freunde des Regisseurs besetzte und sein Nachfolger Zack and Miri Make a Porno mit Seth Rogen und Elizabeth Banks kaum „persönlicher“ gewesen sein konnte, als hier nun Clerks II. Von Smiths erstem Studiofilm Cop Out (hier immerhin Jason Lee und Seann William Scott) ganz zu schweigen.

Die (unberechtigte) Kritik an Jersey Girl hatte dem dicklichen Auteur fraglos zugesetzt. Da traf es sich gut, dass er bereits im Abspann von Dogma angekündigt hatte, dass es eine Fortsetzung zu seinem Debütfilm Clerks. geben würde. Weg also von den teuren Produktionen voller Stars (Jay & Silent Bob Strike Back kostete 20, Jersey Girl 35 Millionen US-Dollar) und zurück zum Filmen vor Ort mit altbekannten Gesichtern. Dennoch lagen die Kosten für Clerks II bei einem Budget von fünf Millionen Dollar fast zweihundert Mal so hoch, wie zwölf Jahre zuvor für Smiths Debütfilm, was eine Nostalgiestimmung unwahrscheinlich gemacht haben dürfte. Um nicht in alte Muster zu fallen, lässt Smith zu Beginn des Filmes den Quick Stop abbrennen, weshalb sich ein Arbeitsplatz- und damit auch Umweltwechsel für die beiden Hauptprotagonisten anschickt.

Und was trifft sich da besser, als Mooby’s, die eigene fiktive Fast-Food-Kette des Askewniverse. Grundsätzlich geändert hat sich dennoch nicht viel. Randal (Jeff Anderson) ist immer noch der vorlaute, Kunden vergraulende Mitarbeiter der er immer war und vor dem Laden lungern weiterhin Jay (Jason Mewes) und Silent Bob (Kevin Smith) herum - wenn auch inzwischen clean. Die Parallelen ziehen sich auch in Dantes (Brian O’Halloran) Leben, der sich erneut zwischen zwei Frauen sieht, was neben dem Publikum auch Randal verwundert („You're the most hideous fucking chud I've ever met, and you always have a pair of girls fighting over you“). Immerhin variiert Smith das Szenario, indem er Dante sich diesmal gegen die aktuelle Freundin und für das frühere Sexabenteuer entscheiden lässt. Auch wenn seine Entscheidung erneut zugunsten der charakterlich positiveren Dame ausfällt.

Im Gegensatz zu Clerks. versucht sich die Fortsetzung nun darin, eine zusammenhängende Geschichte zu präsentieren, die nicht durch willkürliche Episoden ständig unterbrochen wird. Zwar müssen sich Dante und Randal (erneut) mit aufgeregten Kunden oder einem ehemaligen Klassenkameraden (Jason Lee) auseinandersetzen, doch grundsätzlich verfolgt der Film die Dreiecksbeziehung zwischen Dante, seiner Verlobten Emma (Jennifer Schwalbach-Smith) und seiner Vorgesetzen Becky (Rosario Dawson). Während Randal für diese Konstellation nur gelegentlich eine präsente Rolle spielt, platziert ihn Smith ansonsten neben seinen neuen „Sidekick“ Elias (Trevor Fehrman) - einen christlichen Nerd, extremsten Lord of the Rings-Fanatiker und weiteren Mitarbeiter (bzw. Mitarbeiter des Monats) in der Fast-Food-Restaurant-Kette von Mooby’s.

Mochte man beim Vorgänger noch kritisieren, dass er eine wilde Ansammlung von kleinen, zusammenhangslosen Szenen darstellte, fällt die Kritik zur Fortsetzung nun dahingehend aus, dass versucht wird eine stringente Geschichte zu erzählen. In Verbindung mit dem Geist des Vorgängers gelingt dies nur mittelprächtig. Schon allein die Einführung von Jay und Silent Bob will nicht so recht gefallen und mit seiner Tanzeinlage hat sich Smith alles andere als einen Gefallen getan. Vieles wirkt wenig stimmig, sei es die plötzliche Butch Cassidy & the Sundance Kid-Hommage oder die Übernahme von Smiths Lord of the Rings-Anekdote aus An Evening With Kevin Smith 2: Evening Harder. Was man an inhaltlichen oder inszenatorischen Schwächen seinem Debütfilm noch verzieh, will man nun, zwölf Jahre später, nicht mehr gelten lassen.

Löblich, wenn Smith versucht sich selbst zu zitieren, doch wenn er seinen beiden nutzlosen Szenen wie den Ausflügen außerhalb des Ladens (einmal im Auto/Go-Kart, einmal aufs Dach) ein Echo schenkt, macht er letztlich nur erneut denselben Fehler. Viele der Spiegelungen sind weniger gelungen, zum Beispiel die direkte Filmreferenz (The Empire Strikes Back vs. The Return of the Jedi/Lord of the Rings vs. Star Wars) oder die Probleme Dantes mit seiner Freundin. Dafür versucht Clerks II zu sehr auf der einen Seite nicht so zu sein, wie Clerks. und auf der anderen Seite den Vorgänger unentwegt zu zitieren. Analog kann man hierzu Jay und Silent Bob lesen, die zwar zugleich das repräsentieren wollen, was sie früher waren, ohne aber identisch mit ihren vergangenen Persönlichkeiten sein zu wollen. Abgesehen von ihrer The Silence of the Lambs-Hommage tragen sie auch nicht sonderlich viel zum Film bei (im Vergleich zu den anderen Askewniverse Filmen seit Clerks.).

Dennoch weiß Smith auch hier mit einigen brillanten Einfällen aufzuwarten. Sei es zum einen Randals gesamter „porch monkey“-Plot („It’s cool, I'm taking it back“) oder aber insbesondere die Pussy-Troll-Szene zwischen Randal und Elias. Somit ist wie schon im ersten Teil Randal die Figur, die den Film zusammenhält. Allerdings sind jedoch die schauspielerischen Leistungen weitaus gefälliger als vor zwölf Jahren. Anderson und O’Halloran können nun ihre Dialoge in einem ruhigeren Tempo führen und Ergänzungen wie Fehrman und Dawson machen sich sowohl inhaltlich als auch schauspielerisch bezahlbar. Enttäuschend ist aufgrund seiner debilen Grimassen eigentlich nur Smith selbst, was sogar seine Frau - die er scheinbar nun in jedem seiner Filme besetzen muss - erträglich macht.

Im Nachhinein ist Clerks II daher eine kleine Enttäuschung, kann der Film doch weder als eigenständiger Film noch als Fortsetzung zum Vorgänger überzeugen. Dass Smith gerade noch so die Kurve kriegt verdankt er auch seinem Ende, dass zum ersten Mal wirklich Nostalgie zu erzeugen vermag, wenn Randal und Dante wieder im Quick Stop stehen, die Farbe ins Schwarz-Weiß übergeht, Walter Flanagan Zigaretten kauft und Smiths Mutter vor dem Kühlregal kniet, um das Haltbarkeitsdatum der Milchgallonen zu überprüfen. Nett war es, mal wieder vorbeigeschaut zu haben. Auch wenn das meiste nicht so war, wie man es in Erinnerung hatte. Immerhin schien es sich Smith mit Clerks II nun wieder bewiesen zu haben - wenn auch nur sich selbst gegenüber.

5.5/10

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