17. Juli 2010

The X Files - Season Seven

Some truths are not for you.

David Duchovny. Das ist doch dieser „Fox Mulder“-Typ, werden die meisten Leute denken oder vor zehn Jahren noch gedacht haben. Inzwischen assoziiert ihn vermutlich der Großteil der jüngeren Menschen eher mit Californication. Was grundsätzlich wenig ändert. Duchovny ist ein Serienschauspieler. Über das Schicksal der Serienschauspieler wurde bereits in der Einleitung zur fünften Staffel von The X Files berichtet. Verständlich, dass Serienstars gerne zu Kinostars mutieren würden. Wie auch bei Duchovny der Fall. Nach sieben Jahren The X Files hatte er genug von Fox Mulder und dessen Versuch, die Existenz außerirdischen Lebens aufzudecken. Seinem Ausstieg zum Ende der siebten Staffel folgte eine neue Kinohauptrolle, zu welcher sich Duchovny äußerte: “I think that it's a transition that will take me away from the X Files towards other roles“. Hierbei handelte es sich um keine geringere Rolle, als die von Dr. Ira Kane. Einem Universitätsprofessor, der sich über Nacht mit einer Invasion außerirdischen Lebens auseinanderzusetzen hat.

Nicht gerade eine 180-Grad-Kehrtwende für Duchovny, der hier lediglich eine Mischung aus Fox Mulder und Will Smiths Agent J aus der MIB-Reihe gibt. Die Rolle löste ihn nicht von seinem X Files-Image, sie transzendierte dieses lediglich in eine andere Umgebung. Duchovnys Romanze Return to Me von 2000 avancierte ebenfalls nicht gerade zum Knüller, spielte aber in den USA immerhin ihre Kosten wieder ein. Was man von dem Flop Evolution - nur dank des internationalen Einspiels konnte ein Verlust verhindert werden - nicht gerade behaupten konnte. Anschließend wurde es still um Duchovny, der hier und da mal in Nebenrollen kleinerer Filme wie Trust the Man, Full Frontal oder Things We Lost In the Fire auftauchte. Ehe er mit der Figur des Hank Moody in Californication wieder mehr Aufmerksamkeit und mit dieser seinen zweiten Golden Globe erhielt. Sodass sich Gertrude Steins berühmtes Zitat wohl tatsächlich auch hier wiederfindet: Ein Serienschauspieler ist ein Serienschauspieler ist ein Serienschauspieler.

Eine große Frage für Chris Carter war nun im siebten Jahr, um was es in The X Files noch gehen soll. Das Syndikat wurde in der Vorjahresfolge One Son zerschlagen, welchen Antrieb hat Special Agent Fox Mulder (David Duchovny) nun noch? Umso erstaunlicher, dass C.G.B. Spender (William B. Davies) dennoch im Staffelauftakt nichts unversucht lässt, um weiterhin auf scheinbar eigene Rechnung die Staatsgeheimnisse zu hüten. Die Planlosigkeit von Carter und Co. macht sind nun speziell in der Serienmythologie bemerkbar. Erlitt Mulder im Vorjahresfinale Genesis noch irgendeine neurologische Krankheit - scheinbar außerirdischer Natur -, so wird diese wie zu erwarten war, zu Beginn der siebten Staffel wieder bei Seite gewischt. Wo The Sixth Exinction noch überzeugen kann, verkommt der Trilogie-Abschluss The Sixth Extinction II: Amor Fati neben der neunten Folge Signs and Wonders zu den schlechtesten Episoden der Seriengeschichte. Wie auch sonst alle Stärken des Vorjahres inzwischen zu Fehlen scheinen.

Wie Mulder überhaupt zu seiner extraterrestrischen neurologischen Anomalie kam, wird dabei genauso unter den Teppich gekehrt, wie seine scheinbare Heilung des schwarzen Öls aus der vierten Staffel. Besonders ironisch, wenn man bedenkt, welche Folgen das Öl auf andere Menschen in Staffel Sechs und im Kinofilm hatte. Dass die Macher in Amor Fati dann auch noch einen auf The Empire Strikes Back machen, indem sich der Raucher angeblich als Vater von Mulder outet, ist dabei nur der Gipfel der narrativen Fehlleitung. Ähnlich verhält es sich mit der mythologischen Mitte, die in der Form von Sein und Zeit sowie Closure die Frage nach Samantha Mulder beantwortet. Mulders kleiner Schwester, die angeblich als Kind von Außerirdischen entführt, anschließend mal für tot erklärt wurde und mal nicht, während Mulder sie kontinuierlich suchte. Da man nicht wusste, ob es zu einer achten Staffel kommen würde, wollten Carter und Co. zumindest diesen Handlungsstrang zu Ende führen. Mehr schlecht als recht.

Planlos überhastet stürzen sich die Autoren in die Doppelfolge, in der ein Kindesentführer mit dem Suizid von Mulders Mutter und der Auflösung zum Verschwinden seiner Schwester in einen Topf geschmissen wird. Was die Autoren dabei vergaßen: nach sieben Jahren ist einem das Schicksal von Samantha Mulder vollkommen egal geworden. Egal ob von Aliens entführt oder nicht, es war stets klar, dass es kein Happy End für Mulder und Samantha geben würde. Das Positive an Closure war zumindest, dass der Drops „Samantha“ nun endlich gelutscht war. Ansonsten merkte man wohl selbst, dass sich aus der Mythologie kaum noch Neues erzählen lässt, nun da es kein Syndikat mehr gibt. Dementsprechend halten sich auch Auftritte von Lauren Holdens Marita Covarrubias und Nicholas Leas Alex Krycek rar, die beide im dafür gefälligen Staffelfinale Requiem im Team auftreten dürfen. Die Reintegration der Beiden scheint jedoch genauso planlos, wie auch das Schicksal von Davies’ Figur und Mimi Rogers’ Gastrolle der Diana Fowley dieses Jahr verlief.

Im Gegensatz zu den beiden letzten Staffeln wollen aber auch die monster-of-the-week-Episoden nicht vollends überzeugen. Im siebten Jahr erwarten Mulder und seine Kollegin Special Agent Dana Scully (Gillian Anderson) in Millennium Zombies, in Orison die Rückkehr von Donald Pfaster - seine Rückkehr nach Irresistible aus der zweiten Staffel und insgesamt die dritte Rückkehr eines Antagonisten innerhalb der Serie -, in Signs and Wonders eine Gruppe ophiophiler Sektierer oder in X-Cops eine sich bei Vollmond manifestierende Angst. Das ist nie wirklich enttäuschend, aber auch selten richtig gut. Folgen wie Hungry, Rush oder Chimera bewegen sich irgendwo zwischen Durchschnitt und Gut, während es dieses Mal keine besonders herausragenden Episoden für die Fans gibt. Lediglich First Person Shooter, die zweite von William Gibson geschriebene Folge, und Fight Club wollen zwischen den übrigen zwanzig Episoden herausragen. Weil sie Einiges besser machen, wo manch andere Folge nicht konsequent genug ist.

Zwar gibt es erneut einige stark humoristische Fälle, doch wollen nicht alle von ihnen so überzeugen wie Fight Club. Auch The Goldberg Variation oder Hollywood A.D. und Je Sonhaite haben ihre Momente, glänzen jedoch nur bedingt. Es darf also konstatiert werden, dass sich nach sieben Jahren X-Akten allmählich Müdigkeit einstellt. Bedauerlich, dass in einem derartigen Fall dann eine Folge wie Hollywood A.D., in der ein Film über Mulder und Scully entsteht - Letztere wird ironischerweise von Duchovnys Frau, Téa Leoni, dargestellt -, nicht ihr Potential ausschöpfen kann, sondern sich in einigen oberflächlichen Anspielungen verliert. Die von Duchovny geschriebene und inszenierte Folge ist somit nicht wirklich wie sein erster Ausflug, The Unnatural, gelungen. Auch Gillian Andersons Drehbuch- und Regiedebüt all things gefällt nur bedingt, weiß aber immerhin mit einem lesbischen Pärchen auf dem Fernsehsender Fox aufzuwarten. Interessant auch: erneut nötigt Mulder seine Partnerin in all things an einem Samstag ins Büro.

Ähnlich wie der Humor und narrative Stärken nehmen auch die Anspielungen auf romantische Gefühle zwischen Mulder und Scully ab, was umso unverständlicher ist, bedenkt man Scullys Geständnis ihrer Schwangerschaft in Requiem. Abgesehen von interpretierbaren Anmerkungen („You are my constant“, The Sixth Extinction II: Amor Fati), sowie ein paar Anspielungen (all things) wartet nur Requiem mit etwas körperlicher Nähe und Millennium mit einem Kuss in der Silvesternacht auf. Dabei war vielen Fans - wenn nicht den Meisten - ohnehin klar, wie die beiden FBI-Agenten inzwischen zueinander stehen, weshalb das um den heißen Brei reden allmählich leicht kindische Züge erhält. Bei den Gaststars gibt es auch nur wenige große Namen zu verzeichnen. Neben Rückkehrer Nick Chinlund präsentieren sich auch Tobin Bell, Krista Allen, Lance Henriksen, Mark Pellegrino und Gary Shandling neben der bereits erwähnten Téa Leoni, die aufgrund von Deep Impact damals wohl den bekanntesten Namen darstellte.

Betrachtet man The X Files als Ganzes und die siebte Staffel im Speziellen, war es vermutlich nur konsequent, dass Mulder in Requiem nun endlich selbst von Außerirdischen entführt wird. Schließlich sind diese inzwischen das Einzige, was Carters Serie in mythologischer Hinsicht noch zu erzählen hat. Im Gegensatz zu Wein, der mit den Jahren reift, bekommt es der Entwicklung von Serienfiguren nicht, Jahr aus Jahr ein in dasselbe monotone Schicksal gezwängt zu werden, welches das Publikum von ihnen erwartet. Auch in Serien wie Scrubs oder Dawson’s Creek scheinen die Charaktere zu einem gewissen Zeitpunkt ihrer Umgebung entwachsen zu sein. Ähnlich in The X Files, wo der Raucher schon lange keine wirkliche Bedrohung mehr darstellen will oder kann und die Integration von Covarrubias und Krycek immer gezwungener erscheint. Die Serie verliert also nach den aufsteigenden Staffeln Fünf und Sechs an Kraft und bricht leider wieder auf das Niveau des dritten Jahres ein. Inzwischen beginnt eine würdevolle Verabschiedung.

7.5/10

1 Kommentar:

  1. "First Person Shooter" - für mich nicht grade eine herausragende Folge dieser Staffel, welche du mit 7,5 Punkten in meinen Augen insgesamt zu hoch bewertest, ist es doch die für mich schwächste Staffel von allen - zusammen mit Season 9.

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