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12. Juli 2014

A League of Their Own

There’s no crying in baseball.

Im Mai dieses Jahres war es soweit. Kai Traemann, Sportchef von Bild.de, hat Frauen-Fußball geschaut – genauer: das Champions League-Finale, dass der VfL Wolfsburg gegen Tyresö gewann. „Aus Versehen“, schiebt er sogleich nach. Es kam nichts besseres im Fernsehen, auch nicht auf Eurosport, das beim Sportchef von Bild.de auf Programmplatz 51 landet. Für Traemann scheint Frauen-Fußball irgendwie ein Sport, aber halt kein richtiger. Eine Haltung, die über Fußball hinausgeht. Man jubelt, wenn die Lisicki ins Wimbledon-Finale kommt, aber dasselbe wie Djokovic gegen Nadal ist das nicht. Auf professionellen Frauen-Sport blickt man(n) seit jeher etwas herab. Mit langer Geschichte, wie Penny Marshalls A League of Their Own zeigt.

Ihren Spielfilm von 1992 basierte Marshall auf der All-American Girls Professional Baseball League, die von1943 bis 1954 in den USA bestand. Philip K. Wrigley, Kaugummi-Magnat und Besitzer der Chicago Cubs, hatte sie während des Zweiten Weltkriegs ins Leben gerufen, weil die männlichen Baseballspieler an der Front kämpften. “The show must go on“, dachte sich Wrigley, der zugleich das mögliche Aussterben der Sportart befürchtete. Rund 600 Spielerinnen waren in den nächsten elf Jahren aktiv, in einer der ersten Profi-Sportligen für Frauen, die eine Mischung aus Baseball und Softball praktizierte. Adrett in Röcken und mit Benimmkursen ausgestattet, trugen die Damen ihren Teil zur Bewältigung der Kriegsereignisse bei.

In A League of Their Own (in Deutschland heißt der Film Eine Klasse für sich) wird aus dem Kaugummi-Magnat Wrigley der Schoko-Millionär Harvey. Er beauftragt seinen Manager Ira Lowenstein (David Strathairn) mit der Gründung einer Frauen-Baseballliga. Für diese werden die Schwestern Dottie Hinson (Geena Davis) und Kit Keller (Lori Petty) ausgewählt. Gemeinsam mit anderen Frauen wie Mae Mordabito (Madonna) und Doris Murphy (Rosie O’Donnell) bilden sie das Team der Rockford Peaches. Trainieren soll sie Jimmy Dugan (Tom Hanks), ein versoffener Ex-Profi der Cubs, der aufgrund einer selbstverschuldeten Verletzung seine Karriere beenden musste. Dugan zeigt sich allerdings wenig begeistert von seiner neuen Aufgabe.

“Girls are what you sleep with after the game, not, not what you coach during the game“, bringt dieser seine Skepsis zum Ausdruck. Ähnlich wie Kai Traemann wird Jimmy Dugan eher widerwillig mit dem Frauensport konfrontiert. Und muss, wie auch die Zuschauer, erst dessen Vorzüge erkennen. Dies geschieht über die meiste Zeit des Films hinweg mittels der Figur von Dottie. Sie ist in doppelter Hinsicht ein echter “peach“ – ein richtiger Hingucker und obendrein noch die talentierteste Spielerin im Team. Dabei ist sie nur um ihrer Schwester willen in der Liga aktiv, erwartet eigentlich sehnsüchtig die Rückkehr ihres Mannes Bob (Bill Pullman) von der Front. Damit ist sie, wie sich zeigt, nicht die einzige Spielerin.

Die Frauen lernen, mit dem Sport nicht nur für die Bevölkerung da zu sein, sondern auch füreinander. Zu einer Gemeinschaft zu werden. A League of Their Own widmet sich solcher Momente immer hier und da am Rande, ignoriert sie nicht, verliert sich jedoch auch nicht in ihnen. Da wird nebenbei der Analphabetin Shirley Baker (Ann Cusack) von Mae auf einer Fahrt zum Auswärtsspiel das Lesen beigebracht. Und die jungenhafte Marla Hooch (Megan Cavanagh) darf sich ausgerechnet über einen „Männersport“ als Frau entdecken. Dass jenseits des Atlantik ein Krieg herrscht, wird ebenfalls nicht vergessen. Dottie erwähnt in einer Szene, dass ihr Bob seit Wochen nicht geschrieben hat. Und dann gibt es plötzlich ein Kriegstelegramm.

Penny Marshall gelang mit A League of Their Own ein erfrischend „altbackener“ Film in bester Hinsicht. Heutzutage würde Hollywood Dottie wohl in ein Liebesdreieck mit Jimmy und Bob drängen, hier beschränkt sich die Beziehung von Coach und Spielerin jedoch auf gegenseitige Bewunderung. Der Fokus liegt dabei sicher auf Dottie und ihr Verhältnis zu Kit, die sie stets in den Schatten drängt. Nicht alle Peaches treten in den Vordergrund, selbst Madonna wird eher spärlich eingesetzt. Dennoch fühlt sich der Film nicht wie eine One-Woman-Show von Geena Davis an, gerade der Konflikt mit Lori Pettys Figur wirkt glaubwürdig und spannend. Im Grunde hätte man ihn sogar noch mehr in den Mittelpunkt rücken können.

Eigentlicher Star des Films – und das ist fast das Zynische – ist jedoch Tom Hanks als versiffter Verlierer, der um keinen dummen Spruch verlegen ist und am Ende wieder zu dem Mann wird, der er irgendwann mal war. Hanks zeigt seine komödiantische Klasse, die ihn in den 80ern zum Star hat werden lassen. Auch Jon Lovitz bereitet in einer Nebenrolle als sarkastischer Scout jede Menge Spaß, abseits vom Humor überzeugt A League of Their Own jedoch aufgrund seiner Emotionen. Ergreifend gerät da der Schluss, wenn die Gruppe greiser Frauen die alte Hymne ihrer Liga anstimmt, umgeben von einander und von Erinnerungsstücken, die selbst den kleinen Stilwell (Mark Holton) beim Anblick eines Fotos seiner verstorben Mutter berühren.

Wenn Jimmy Ende des zweiten Akts Dottie vom Baseball überzeugen will, ließe sich dies im Grunde auch auf das Leben an sich münzen: “It’s supposed to be hard. If it wasn’t hard, everyone would do it. The hard... is what makes it great.“ Ein Satz, der selbst auf die Qualität des Films zutrifft, auch wenn seine Umsetzung und Inszenierung vermutlich nicht allzu schwer war (selbst wenn die divenhafte Madonna seinerzeit anders darüber dachte). A League of Their Own ist eine “old school“ Sportkomödie, die unterhält und berührt. Nicht, weil ihre Figuren Frauen sind, sondern Menschen. Und wenn sich diese Sichtweise verstärkt durchsetzt, schalten Machos vielleicht irgendwann auch nicht mehr nur „aus Versehen“ Frauen-Sport-Übertragungen ein.

7.5/10

17. Juli 2010

The X Files - Season Seven

Some truths are not for you.

David Duchovny. Das ist doch dieser „Fox Mulder“-Typ, werden die meisten Leute denken oder vor zehn Jahren noch gedacht haben. Inzwischen assoziiert ihn vermutlich der Großteil der jüngeren Menschen eher mit Californication. Was grundsätzlich wenig ändert. Duchovny ist ein Serienschauspieler. Über das Schicksal der Serienschauspieler wurde bereits in der Einleitung zur fünften Staffel von The X Files berichtet. Verständlich, dass Serienstars gerne zu Kinostars mutieren würden. Wie auch bei Duchovny der Fall. Nach sieben Jahren The X Files hatte er genug von Fox Mulder und dessen Versuch, die Existenz außerirdischen Lebens aufzudecken. Seinem Ausstieg zum Ende der siebten Staffel folgte eine neue Kinohauptrolle, zu welcher sich Duchovny äußerte: “I think that it's a transition that will take me away from the X Files towards other roles“. Hierbei handelte es sich um keine geringere Rolle, als die von Dr. Ira Kane. Einem Universitätsprofessor, der sich über Nacht mit einer Invasion außerirdischen Lebens auseinanderzusetzen hat.

Nicht gerade eine 180-Grad-Kehrtwende für Duchovny, der hier lediglich eine Mischung aus Fox Mulder und Will Smiths Agent J aus der MIB-Reihe gibt. Die Rolle löste ihn nicht von seinem X Files-Image, sie transzendierte dieses lediglich in eine andere Umgebung. Duchovnys Romanze Return to Me von 2000 avancierte ebenfalls nicht gerade zum Knüller, spielte aber in den USA immerhin ihre Kosten wieder ein. Was man von dem Flop Evolution - nur dank des internationalen Einspiels konnte ein Verlust verhindert werden - nicht gerade behaupten konnte. Anschließend wurde es still um Duchovny, der hier und da mal in Nebenrollen kleinerer Filme wie Trust the Man, Full Frontal oder Things We Lost In the Fire auftauchte. Ehe er mit der Figur des Hank Moody in Californication wieder mehr Aufmerksamkeit und mit dieser seinen zweiten Golden Globe erhielt. Sodass sich Gertrude Steins berühmtes Zitat wohl tatsächlich auch hier wiederfindet: Ein Serienschauspieler ist ein Serienschauspieler ist ein Serienschauspieler.

Eine große Frage für Chris Carter war nun im siebten Jahr, um was es in The X Files noch gehen soll. Das Syndikat wurde in der Vorjahresfolge One Son zerschlagen, welchen Antrieb hat Special Agent Fox Mulder (David Duchovny) nun noch? Umso erstaunlicher, dass C.G.B. Spender (William B. Davies) dennoch im Staffelauftakt nichts unversucht lässt, um weiterhin auf scheinbar eigene Rechnung die Staatsgeheimnisse zu hüten. Die Planlosigkeit von Carter und Co. macht sind nun speziell in der Serienmythologie bemerkbar. Erlitt Mulder im Vorjahresfinale Genesis noch irgendeine neurologische Krankheit - scheinbar außerirdischer Natur -, so wird diese wie zu erwarten war, zu Beginn der siebten Staffel wieder bei Seite gewischt. Wo The Sixth Exinction noch überzeugen kann, verkommt der Trilogie-Abschluss The Sixth Extinction II: Amor Fati neben der neunten Folge Signs and Wonders zu den schlechtesten Episoden der Seriengeschichte. Wie auch sonst alle Stärken des Vorjahres inzwischen zu Fehlen scheinen.

Wie Mulder überhaupt zu seiner extraterrestrischen neurologischen Anomalie kam, wird dabei genauso unter den Teppich gekehrt, wie seine scheinbare Heilung des schwarzen Öls aus der vierten Staffel. Besonders ironisch, wenn man bedenkt, welche Folgen das Öl auf andere Menschen in Staffel Sechs und im Kinofilm hatte. Dass die Macher in Amor Fati dann auch noch einen auf The Empire Strikes Back machen, indem sich der Raucher angeblich als Vater von Mulder outet, ist dabei nur der Gipfel der narrativen Fehlleitung. Ähnlich verhält es sich mit der mythologischen Mitte, die in der Form von Sein und Zeit sowie Closure die Frage nach Samantha Mulder beantwortet. Mulders kleiner Schwester, die angeblich als Kind von Außerirdischen entführt, anschließend mal für tot erklärt wurde und mal nicht, während Mulder sie kontinuierlich suchte. Da man nicht wusste, ob es zu einer achten Staffel kommen würde, wollten Carter und Co. zumindest diesen Handlungsstrang zu Ende führen. Mehr schlecht als recht.

Planlos überhastet stürzen sich die Autoren in die Doppelfolge, in der ein Kindesentführer mit dem Suizid von Mulders Mutter und der Auflösung zum Verschwinden seiner Schwester in einen Topf geschmissen wird. Was die Autoren dabei vergaßen: nach sieben Jahren ist einem das Schicksal von Samantha Mulder vollkommen egal geworden. Egal ob von Aliens entführt oder nicht, es war stets klar, dass es kein Happy End für Mulder und Samantha geben würde. Das Positive an Closure war zumindest, dass der Drops „Samantha“ nun endlich gelutscht war. Ansonsten merkte man wohl selbst, dass sich aus der Mythologie kaum noch Neues erzählen lässt, nun da es kein Syndikat mehr gibt. Dementsprechend halten sich auch Auftritte von Lauren Holdens Marita Covarrubias und Nicholas Leas Alex Krycek rar, die beide im dafür gefälligen Staffelfinale Requiem im Team auftreten dürfen. Die Reintegration der Beiden scheint jedoch genauso planlos, wie auch das Schicksal von Davies’ Figur und Mimi Rogers’ Gastrolle der Diana Fowley dieses Jahr verlief.

Im Gegensatz zu den beiden letzten Staffeln wollen aber auch die monster-of-the-week-Episoden nicht vollends überzeugen. Im siebten Jahr erwarten Mulder und seine Kollegin Special Agent Dana Scully (Gillian Anderson) in Millennium Zombies, in Orison die Rückkehr von Donald Pfaster - seine Rückkehr nach Irresistible aus der zweiten Staffel und insgesamt die dritte Rückkehr eines Antagonisten innerhalb der Serie -, in Signs and Wonders eine Gruppe ophiophiler Sektierer oder in X-Cops eine sich bei Vollmond manifestierende Angst. Das ist nie wirklich enttäuschend, aber auch selten richtig gut. Folgen wie Hungry, Rush oder Chimera bewegen sich irgendwo zwischen Durchschnitt und Gut, während es dieses Mal keine besonders herausragenden Episoden für die Fans gibt. Lediglich First Person Shooter, die zweite von William Gibson geschriebene Folge, und Fight Club wollen zwischen den übrigen zwanzig Episoden herausragen. Weil sie Einiges besser machen, wo manch andere Folge nicht konsequent genug ist.

Zwar gibt es erneut einige stark humoristische Fälle, doch wollen nicht alle von ihnen so überzeugen wie Fight Club. Auch The Goldberg Variation oder Hollywood A.D. und Je Sonhaite haben ihre Momente, glänzen jedoch nur bedingt. Es darf also konstatiert werden, dass sich nach sieben Jahren X-Akten allmählich Müdigkeit einstellt. Bedauerlich, dass in einem derartigen Fall dann eine Folge wie Hollywood A.D., in der ein Film über Mulder und Scully entsteht - Letztere wird ironischerweise von Duchovnys Frau, Téa Leoni, dargestellt -, nicht ihr Potential ausschöpfen kann, sondern sich in einigen oberflächlichen Anspielungen verliert. Die von Duchovny geschriebene und inszenierte Folge ist somit nicht wirklich wie sein erster Ausflug, The Unnatural, gelungen. Auch Gillian Andersons Drehbuch- und Regiedebüt all things gefällt nur bedingt, weiß aber immerhin mit einem lesbischen Pärchen auf dem Fernsehsender Fox aufzuwarten. Interessant auch: erneut nötigt Mulder seine Partnerin in all things an einem Samstag ins Büro.

Ähnlich wie der Humor und narrative Stärken nehmen auch die Anspielungen auf romantische Gefühle zwischen Mulder und Scully ab, was umso unverständlicher ist, bedenkt man Scullys Geständnis ihrer Schwangerschaft in Requiem. Abgesehen von interpretierbaren Anmerkungen („You are my constant“, The Sixth Extinction II: Amor Fati), sowie ein paar Anspielungen (all things) wartet nur Requiem mit etwas körperlicher Nähe und Millennium mit einem Kuss in der Silvesternacht auf. Dabei war vielen Fans - wenn nicht den Meisten - ohnehin klar, wie die beiden FBI-Agenten inzwischen zueinander stehen, weshalb das um den heißen Brei reden allmählich leicht kindische Züge erhält. Bei den Gaststars gibt es auch nur wenige große Namen zu verzeichnen. Neben Rückkehrer Nick Chinlund präsentieren sich auch Tobin Bell, Krista Allen, Lance Henriksen, Mark Pellegrino und Gary Shandling neben der bereits erwähnten Téa Leoni, die aufgrund von Deep Impact damals wohl den bekanntesten Namen darstellte.

Betrachtet man The X Files als Ganzes und die siebte Staffel im Speziellen, war es vermutlich nur konsequent, dass Mulder in Requiem nun endlich selbst von Außerirdischen entführt wird. Schließlich sind diese inzwischen das Einzige, was Carters Serie in mythologischer Hinsicht noch zu erzählen hat. Im Gegensatz zu Wein, der mit den Jahren reift, bekommt es der Entwicklung von Serienfiguren nicht, Jahr aus Jahr ein in dasselbe monotone Schicksal gezwängt zu werden, welches das Publikum von ihnen erwartet. Auch in Serien wie Scrubs oder Dawson’s Creek scheinen die Charaktere zu einem gewissen Zeitpunkt ihrer Umgebung entwachsen zu sein. Ähnlich in The X Files, wo der Raucher schon lange keine wirkliche Bedrohung mehr darstellen will oder kann und die Integration von Covarrubias und Krycek immer gezwungener erscheint. Die Serie verliert also nach den aufsteigenden Staffeln Fünf und Sechs an Kraft und bricht leider wieder auf das Niveau des dritten Jahres ein. Inzwischen beginnt eine würdevolle Verabschiedung.

7.5/10

3. Februar 2010

Deep Impact

Graphics. I need graphics!

In Otto - Der Außerfriesische gibt es eine Szene, in der Otto Waalkes ein Firmengebäude betritt und darin eine Plakette mit der Aufschrift „Die Erde ist uns nur geliehen, aber von zurückgeben hat niemand etwas gesagt“ entdeckt. Eine ähnliche Umschreibung findet sich in dem Sprichwort „Nach uns die Sintflut“ und beide Ausdrücke veranschaulichen die Haltung der Menschheit gegenüber der Umwelt beziehungsweise der Erde. So schlecht die Menschheit ihre Erde auch behandelt, ist sie letztlich doch von dieser abhängig und in dieser Konsequenz auch um sie besorgt. Und was einem am Herzen liegt, das befürchtet man, entrissen zu bekommen. Im letzten Jahr beschworen Roland Emmerich und Alex Proyas mit ihren Filmen 2012 und Knowing solche Szenarien herauf. Proyas’ Werk war dabei eines der wenigen im Genre, die in ihrer Bedrohung schließlich konsequent blieben. Auch Rudolph Maté mit When Worlds Collide (1951) und James Cameron mit The Abyss (1989) rückten bereits die Erde an ihren Abgrund.

Vor zwölf Jahren geschah dies gleich in doppelter Form, entstanden doch - nicht untypisch für Hollywood - zeitgleich zwei Filme zur selben Thematik. Hierbei geben bereits die Paarungen von Regisseur und Produzent die jeweiligen Richtungen vor, wenn auf der einen Seite Steven Spielberg und Mimi Leder und ihnen gegenüber letztlich Jerry Bruckheimer und Michael Bay stehen. Deep Impact, der zuerst in Produktion ging und zwei Monate vor Armageddon in den Kinos starten würde, sollte dabei im Nachhinein den Sieg für sich beanspruchen dürfen. Auch wenn es für einen Effektfilm im Grunde ein Schlag ins Gesicht ist, wenn man für die technische Umsetzung im Gegensatz zu seinem Konkurrenten keine Oscarnominierung erhält. Und sieht man einmal von einer durchaus ansehnlichen Riesenwelle ab - wie man sie fast zehn Jahre zuvor in The Abyss und zehn Jahre später in 2012 auf technisch beinahe identischem Niveau entdecken kann -, kann sich Deep Impact nicht wirklich als gelungener Effektfilm auszeichnen.

Wo sich Michael Bay ausschließlich der rettenden Mission in einer Art Science-Fiction-Komödie annähert, teilt Mimi Leder ihre Handlung in drei verschiedene Stränge auf. Den größten Fokus legt sie dabei auf die Mitteilung der anbahnenden Tragödie an sich, in Form der medialen Berichterstattung durch die Journalistin Jenny Lerner (Téa Leoni). Grundsätzlich ist Deep Impact jedoch ein Film über Familien, finden sich diese doch in allen drei Episoden wieder. Wo Lerner sich neben ihrer journalistischen Verpflichtung auch der entfremdeten Beziehung zu ihrem Vater (Maximilian Schell) stellen muss, gilt es im zweitwichtigsten Handlungsstrang für die Jugendlichen Leo Beiderman (Elijah Wood) und Sarah (Leelee Sobieski), ihre Familien und ihre Liebe zueinander zu retten. Passend dazu nimmt die eigentliche Weltraummission rund um den erfahrenen Astronauten Spurgeon Tanner (Robert Duvall) den wenigsten Raum ein, doch versäumt es Leder nicht, auch den Astronauten Momente mit ihren Familien zu schenken.

Was Deep Impact nun auszeichnet, ist die Tatsache, dass Leder durchgehend sehr nah an ihren Figuren bleibt. Die nie nur typisiert werden, wie im Fall von Armageddon, sondern die Gefühle haben und Ängste verspüren. Da schluckt Leoni merklich, als sie die Beschränkungen der Lotterie vorliest, die 800.000 Glückliche in die rettenden Bunker verfrachtet, jeden Bundesbürger über fünfzig Jahren - und somit auch Lerners Eltern - allerdings von dieser Lotterie ausschließt. Speziell die Lerner-Episode ragt aus dem Film hervor, weist diese im Vergleich zu den anderen beiden Erzählsträngen mehr Facetten auf. Hier kommt es dem Geschehen auch zugute, dass es sich weitestgehend in Washington D.C. abspielt, wodurch es sich in seiner Komprimierung glaubwürdiger und stimmiger anfühlt als die verbliebenen Episoden, die narrativ relativ unkompliziert, dafür jedoch komplex ausgefallen sind.

Obwohl Leder den Film jedoch im wahrsten Sinne des Wortes sehr geerdet hält, gelingt es ihr dabei allerdings nicht, auch unter die Oberfläche vorzudringen. So fällt nicht eine Dialogzeile ob der Perversität der Regierungsaktion. Wie makaber ist es denn, mittels einer Lotterie die nicht mal 0,5 Prozent der damaligen US-Bevölkerung auswählen zu lassen, die gerettet werden? Oder - wie es auch in Emmerichs 2012 geschah - Platz, der Menschen zufallen könnte, mit Kunstwerken aus Museen vollzustopfen? Ähnlich verhält es sich mit den negativen Szenarien, wie Aufständen und Tumulten, denen sich Leder in einer Montage in zwei kurzen, jedoch unkommentierten, Einstellungen widmet und dies auch eher nebenbei geschieht. In seinem Versuch, sich ausschließlich auf jene drei Episoden zu fokussieren, blockt Deep Impact alles, was abseits dieser Episoden geschieht, bedauerlicherweise komplett aus. Aspekte, die man weit weniger zu verzeihen bereit ist, wie Unstimmigkeiten in den Beiderman- und Tanner-Handlungssträngen.

Die Handlung scheint ob der vielen Figuren und Dreifachteilung ein wenig überlastet, sodass einige Ausarbeitungen aus Zeitgründen unausgewogen und vernachlässigt erscheinen. Zudem wollen für einen Effektfilm ebenjene Effekte, speziell die Szenen auf dem Kometen, nicht sonderlich überzeugen. Dafür strahlt Deep Impact durch einige gefällige schauspielerischen Leistungen seines namhaften Ensembles, wobei auch hier primär die Lerner-Episode mit Leoni, Schell und Vanessa Redgrave hervorsticht. Im Nachhinein ist es amüsant, wie sich Deep Impact und seine Schwesterproduktion Armageddon ähneln. In beiden Filmen obsiegt am Ende die junge Liebe, gibt es Verabschiedungen mittels Satellitenverbindung und Bildschirmgetatsche sowie den Heldentod der Astronautenfigur. Unterm Strich betrachtet gibt sich Leders Film dabei einerseits zwar sehr viel seriöser, vermisst dabei allerdings den Unterhaltungswert, den Bays Weltraumspektakel mit sich bringt.

5/10

24. Januar 2009

Ghost Town

Haley Joel Osment äußerte den berühmten Satz: "Ich sehe tote Menschen". Auch Ricky Gervais sieht tote Menschen in dieser Komödie von David Koepp. Der Plot der untoten Seelen, die noch etwas zu erledigen haben, ist nicht allzu neu, dafür überzeugt der Film durch Gervais' Witz. Meine Besprechung zu Ghost Town findet sich beim MANIFEST.

6.5/10

21. März 2008

Kurz & Knackig: Welcome to Bayhem

Bad Boys – mit diesem Film begann damals alles, der große Auftakt für Michael Bay in Hollywood. Auch Will Smith verdankt dem Film seinen filmischen Durchbruch, der in nach Independence Day in die Superliga katapultieren würde. Dabei hätte es den Film in der Form fast nie gegeben, da das Produzenten-Duo Bruckheimer/Simpson ursprünglich Dana Carvey und Jon Lovitz in den Hauptrollen vorgesehen hatte. Zum Brüllen. Überraschend auch dass der Film bei Rotten Tomatoes nur 44% inne hat. Natürlich ist die Story – wie immer bei Bay – extrem schwach, was mitunter daran gelegen haben mag, dass sich der Regisseur wenig ans Drehbuch hielt und seine Darsteller improvisieren ließ. In Miami müssen die beiden Cops Mike Lowry (Will Smith) und Marcus Burnett (Martin Lawrence) innerhalb von vier Tagen versuchen das konfiszierte und wieder gestohlene Dope der Polizei zu besorgen. Immer im Schlepptau die einzige Zeugin des Täters (Teá Leoni). Ironischerweise besteht das 2003er Sequel fast zur Hälfte aus demselben Inhalt nur um sehr viel schlechter zu sein. Man sollte sich jedoch nichts vormachen, Bad Boys steht exemplarisch für das Actionkino der 90er Jahre, das von Simpson/Bruckheimer geprägt wurde. In der Hinsicht ist der Film nicht schlechter als ein Beverly Hills Cop oder Lethal Weapon, daher, wenn auch mit gehörig Nostalgiebonus, bekommen die Bad Boys von mir 6.5/10.

The Rock – Der zweite Spielfilm vom Master of Desaster ist bis dato sein bester, zumindest laut Rotten Tomatoes. Dort hält der Film starke 62%, was fast der dreifachen Bewertung von Bad Boys II entspricht. Wer weiß, vielleicht liegt dies ja an Quentin Tarantino, der am Drehbuch mitgeschrieben hat, auch wenn ihm kein Kredit zufiel. Die Handlung lässt sich dabei wie immer bei Bay auf ein Staubkorn pressen. Der durchgeknallte Ed Harris ist stinkig weil tote Soldaten nicht gewürdigt wurden und droht damit San Francisco mit Nervengas zu beschissen. Dabei wird schon zu Beginn erwähnt, dass seine Figur ein Mann der Ehre ist und jetzt dürfte auch dem letzten klar sein, dass er die Teile nicht auf die Bevölkerung loslassen wird. Aber weil das keinen Spaß macht, dürfen Nicky Cage und Sir Sean Connery durch Alcatraz kraxeln und Stück für Stück die Bomben entschärfen. Die Logik hinterlässt man an der Abendkasse, auch Bay-typisch. Die aufdringlichste Frage, weshalb Hummel nicht alle seine Männer einfach zu den Bomben abzieht, wird nicht mal diskutiert. Holla die Waldfee, eine Videospielverfilmung zu einem Videospiel das es nie gab. Besonders hinten raus ist das Teil eine absolute Schlaftablette die in den letzten fünfzehn Minuten niemanden mehr zu fesseln weiß. Weshalb die Subplots mit Claire Forlani und dem Photofilm eingeführt wurden, frag ich mich bis heute, insbesondere wie es Cage möglich ist auf einem einzelnen Photo zu erkennen wer Kennedy erschossen hat (entweder Nixon himself oder die Täter trugen CIA T-Shirts). Die Action ist so lala, damals (1996) vielleicht noch akzeptabel wirkt sie heute wie aus der Konserve. Für die erste Hälfte des Filmes bekommt der Streifen dann doch ein paar Pluspunkte, die er jedoch einzig und allein John C. McGinley und Michael Biehn zu verdanken hat, für den Rest gibt es 5.5/10.

Armageddon – Roger Ebert (mit dem ich zuletzt bei Totoro und Gattaca fast 1:1 übereinstimmte) beschrieb den dritten Bay unter anderem als einen „Angriff auf Augen, Ohren und Gehirn“. Endlich mal wieder ein Film, bei dem ich nicht mit Ebert übereinstimme – und im übrigen scheinbar nicht mal mit überhaupt jemanden (nicht mal mit dem Kleriker, von ich die DVD, wie alle anderen Bays [als ob ich welche auf DVD hätte] entliehen habe). Ein Asteroid fliegt auf die Erde zu und die NASA schickt Bruce Willis und Konsorten aus um unseren Planeten zu retten. Im Grund ist der Film eine Version des Dreckigen Dutzends im All, macht aber gerade jetzt noch mehr Spaß wie früher – hier sieht man eigentlich jeden, den es zu sehen gibt. Nebst Willis tummeln sich Billy Bob Thornton, Will Patton, Steve Buscemi, Peter Stormare, Michael Clarke Duncan, Liv Tyler, Ben Affleck, Owen Wilson und William „The Boss“ Fichtner. Scheiße, was will man eigentlich mehr als Billy Fichtner in einem Film zu haben, selbst Mr. Bay gibt sich in einem Cameo die Ehre. Die Story könnte natürlich dümmer nicht sein, nicht einmal ein Heroinjunkie würde solche zehn Versager ins Weltall schicken, aber gerade das ist der Charme des Filmes. Zu verdanken hat er dies fraglos seinen sechs (!) Drehbuchautoren, darunter die damals relativ unbekannten J.J. Abrams und Tony Gilroy. Bei Armageddon darf man sich einfach nichts vormachen, der Film ist so herzhaft selbstironisch und eine Trashkomödie vom allerfeinsten, dass er exakt das darstellt, was ich mir unter Popcorn-Kino vorstelle. Allein Steve Buscemi und seine One-Liner sind jedes Mal den Blick in den Film wert und mit einem vom Herzen kommenden „Your mama is“ in Richtung Mr. Ebert vergebe ich meinem Lieblings-Bay unterhaltsame 8/10.

Pearl Harbor – bis heute der erfolgreichste Film aller Zeiten….NOT! Wäre er wohl gerne geworden, das merkt man ihm schon allein an seinem Titanic-Touch an. Jahrelang hab ich dieses Vehikel gegenüber einem Kumpel als Titanic überlegen verteidigt – eigentlich nur um diesen zu ärgern, da er so ein Cameron-Fan ist. Aber Hand auf die Brust: das ist wohl eine Katastrophe sondergleichen und ich zitiere nichts lieber als T.E.A.M. America: "I miss you more like Michael Bay missed the point when he made Pearl Harbor". Amerikanische Tragödie und Liebesgeschichte gleich eine Milliarde Dollar, so lautete wohl die Prämisse von Bruckheimer. Dumm nur beides hier nicht funktionieren will, Bay tut sich sichtlich schwer mit den emotionalen Momenten der Romantik. Besser wäre es gewesen entweder die Dreiecksgeschichte rund um Rafe (Ben Affleck), Danny (Josh Hartnett) und Kate Beckinsale zu erzählen oder eben den Angriff auf Pearl Harbor – beides zusammen ist dann jedoch zuviel des guten. Dazu kommt dann noch die wahrhaft unnütze Nebenhandlung um Cuba Gooding Jr., sowie die Szenen mit Jon Voight und Dan Aykroyd – die führen zu absolut gar nichts und sind so interessant wie die Frühpension des Osterhasen. Problematisch auch die Charaktereinstellungen, während die Amis (zumindest Aykroyd) wussten, dass ein Angriff auf Pearl Harbor folgt, schwant dem japanischen Admiral kurz nach dem Angriff bereits übles – ja heide bimm bamm, hätt halt einer was gesagt. Dazu übertreffen sich Affleck, Hartnett du Beckinsale an Steifheit, sodass Gooding Jr. praktisch im Schlaf aus der Riege herausragt wie Goliath aus einer Kindergartenklasse. Zudem ist die Geschichte fast eine Stunde zu lang, gerade das Ende mit der Vergeltung ruft praktisch zum Einschlafen auf, ohne Frage ist dies ein Desaster für sich und gemeinsam mit Bad Boys II Michael Bays schlechtester Film (abgesehen von Transformers), daher katastrophale 3.5/10.

Con Air – ein gefühlter Michael Bay, seit Jahren mach ich immer wieder den Fehler und attributiere dieses Action-Vehikel dem werten Mr. Bay zu. Aber wer kann es mir übel nehmen? Der Film bietet Steve Buscemi, Nicolas Cage, Hubschrauber und eine total abstruse Geschichte – eigentlich schreit Con Air „Michael Bay!“. Gewisse nostalgische Elemente trägt auch dieser Film, da ich mich damals mit einem Kumpel als 14-jähriger in diesen Film ab 16 „geschlichen“ habe (auch wenn die DVD inzwischen seltsamerweise ab 18 ist) – was ein Abenteuer! Die Handlung passt wieder auf einen Bierdeckel: Cameron Poe (Nic Cage) wird nach acht Jahren Knast in die Heimat geschickt. Dumm nur dass Massenmörder und Vergewaltiger (u.a. John Malkovich) die Kontrolle über das Flugzeug an sich reißen. Und ich gebe ehrlich zu, dass mir der Film gefällt, was eigentlich hauptsächlich an Cyrus the Virus liegt und dessen markigen Sprüchen. Aber das Intro schon, wenn Cage drei Besoffene aufmischt und einen von ihnen in Selbstverteidigung tötet, dann aber doch acht Jahre absitzen muss (schreiende Ungerechtigkeit!) ist ansehnlich. Dazu kommt dann das Ende, wenn die aufgesplittete Familie zu LeAnn Rimes „How Do I Live“ sich erstmals begegnet – wie geil ist das denn, bitte schön? Ich beantrage Freilassung auf dem Beweisgrund der Unzurechnungsfähigkeit, meine Damen und Herren, der Film ist herrlich doof und nimmt sich dabei selbst nicht allzu ernst. John Cusacks Figur ist dabei erstaunlicherweise so nutzlos wie eine Badehose an Weihnachten, den hätte man auch getrost draußen lassen können. Ach ja, Regie führte Simon West, dessen Namen man sich nicht merken muss, seine Karriere geht auch wieder bergab, zuletzt brachte er When a Stranger Calls in die Kinos (gähn). Con Air, der inoffizielle „Michael Bay“ (ich will ihn mal so nennen) bekommt von mir unterhaltsame 7/10.