27. Juli 2008

Ferris Bueller’s Day Off

Life moves pretty fast. If you don’t stop and look around once in a while, you could miss it.

Schule schwänzen, blau machen. Die meisten werden es zumindest ein Mal in ihrem Leben gemacht haben, manche oft, andere selten. Gelegentlich hatte man einfach keine Lust sich morgens aufzuraffen, um sechs Stunden lang leerem Inhalt zuzuhören. Sehr oft hing es jedoch mit Klassenarbeiten, einem Test oder anderen Prüfungen zusammen. An vielen Tagen ist man aber auch einfach zu faul, zur Schule zu gehen, nur um wegen einer Doppelstunde dieses oder jenes Fach zu besuchen. Es gibt jedoch auch Mitschüler, die eigentlich nie fehlen (höchstens krankheitsbedingt), und die es folglich wenig bis gar nicht gutheißen wollen und können, dass andere so oft schwänzen und dafür im Grunde nie bestraft werden.

Ein kulturelles Phänomen, in der Realität verankert und Teil der Pubertät und Jugend. Kaum ein Regisseur bannte dies in seiner Karriere so glaubhaft und dennoch amüsant auf die Leinwand wie John Hughes. Seine Komödien Sixteen Candles, The Breakfast Club und Ferris Bueller’s Day Off sind Kult, wurden und werden von so berühmten Persönlichkeiten wie Kurt Cobain und George W. Bush gesehen und geliebt. Acht Filme hat der Kultregisseur von 1984 bis 1991 gedreht, seine letzte Arbeit markiert dabei Curly Sue. Anschließend zog sich Hughes aus dem Regiegeschäft zurück, arbeitete jedoch weiterhin als Autor und förderte hierbei die Home Alone-Trilogie, wie auch zuletzt Judd Apatows Komödie Drillbit Taylor.

Schule schwänzen, blau machen. Das ist die Handlung von Hughes’ Komödie Ferris Bueller’s Day Off. Hauptmerkmal des Filmes ist das Durchbrechen der vierten Wand. Dies geschieht ausschließlich durch die Figur von Ferris Bueller (Matthew Broderick), erst zum Schluss wird sich auch Schulrektor Ed Rooney (Jeffrey Jones) des Publikums bewusst. Ferris spricht besonders zu Beginn die Zuschauer vermehrt an, eröffnet ihnen seinen Plan, die Schule zu schwänzen und erklärt die Wege, wie sie dies selbst auch am besten bewerkstelligen können. Bereits zu Beginn wird die Figur von Broderick offenbart, der sich gegen namhafte Konkurrenten durchsetzte und den einzigartigen Charme des Charakters erschuf.

Auch Ferris’ zweiter „Antagonist“ wird bereits zu Beginn eingeführt: seine Schwester Jeanie (Jennifer Grey), die ebenjene Menschen verkörpert, die den Blaumachern ihr Glück nicht gönnen. Die kultige Szene gegen Ende mit einem phantastischen Charlie Sheen wird offenbaren, dass Jeanies Problem nicht in Ferris’ Blaumachen zu finden ist, sondern in der Tatsache, dass er nicht erwischt wird. Hauptantagonist bleibt aber Schulrektor Rooney, der seinen Tag damit verbringt, Ferris’ nachzuspionieren, um ihn auf frischer Tat zu ertappen. sollte ihm dies gelingen, müsste Ferris’ das Schuljahr wiederholen. Der Film selbst und Rooneys Jagd auf Ferris haben es sogar in die Simpsons-Episode Bart Simpson’s Day Off geschafft.

In lediglich sechs Tagen schrieb Hughes 1985 das Drehbuch, da ein Autorenstreik im Anmarsch war und er das Projekt unter Dach und Fach bringen wollte. Der Film bedient sich oft verschieder Improvisationen seiner Schauspieler und erhöht dadurch nochmals seine Klasse. Auch wenn es die meiste Zeit nicht den Anschein hat, so dreht es sich bei Ferris’ freiem Tag viel weniger um Ferris, als um seinen besten Freund Cameron (Alan Ruck). Die Rolle, vom damals 29-jährigen Ruck verkörpert, ist im Grunde das genaue Gegenteil von Bueller selbst. Ein verschlossener, jungfräulicher Knabe, der unter der kaputten Beziehung seiner Eltern leidet und sich, wie Ferris es sagt, „nur wohl fühlt, wenn er krank ist“.

Der freie Tag wird zur Emanzipationsaufgabe für Cameron, der sich von seiner Nervosität befreien muss. Es gilt das Leben zu leben, denn dieses verrinnt viel zu schnell, wie Ferris mehrfach bemerken wird. Später gesteht er ein, dass es nicht er war, der einen freien Tag gebraucht hat, sondern Cameron. Die Zukunft der Freunde ist ungewiss, Ferienjobs und das Studentenleben werden beide wohl voneinander entfremden, daher ist dieser Tag für Ferris umso wichtiger. Und obwohl oder weil das worst case scenario eintritt, die Verschrottung des Ferrari, gelingt es Cameron endlich loszulassen von seinen Ängsten. Am Ende ist er ein befreiter, lebendiger Charakter und kann nun guten Gewissens in seine Zukunft sehen.

An Bord ist auch Ferris’ Freundin Sloane (Mia Sara), die als bindendes Glied des Trios fungiert. Sloane spielt Ferris’ Spielchen bereitwillig mit, ist aber dennoch sehr geerdet. Wenn Ferris ihr einen sporadischen Heiratsantrag macht und sie diesen quasi in ihrer letzten Szene annimmt, kann man sich die Zukunft der beiden Figuren vor dem inneren Auge vorstellen. Ferris Bueller’s Day Off transferiert sehr gelungen die Tatsache, dass eigentlich jeder gelegentlich mal einen Tag braucht, um loszulassen. Sich einfach einmal losgelöst amüsieren, dabei wie Ferris auch zum Narren machen und sich deswegen nicht zu schämen. Denn das Leben ist zu kurz, um mit einem Stock im Arsch durch die Gegend zu spazieren. 

Der Film selbst hat viele Leben beeinflusst, so half er den Karrieren von Broderick, Ruck und Grey einen Schub zu verleihen, allen voran dabei Ben Stein. Hughes forderte den Wirtschaftswissenschaftler Stein dazu auf, einen Wirtschaftslehrer zu spielen und einen Text zu improvisieren (die Folge war Steins Kultzitat: „Bueller…Bueller…Bueller“). Doch seine Szene zu Beginn ist nur einer von etlichen Kult-Momenten, die dem Film gehören. Zu diesen zählt auch die Polizeirevierszene mit Charlie Sheen, der einen drogensüchtigen Teenager darstellt. Sein Dialog mit Jennifer Grey ist dabei ebenso großartig, wie Ferris’ Versuch vor seinen Eltern zu Hause zu sein (ein Weg, der ihn durch die Gärten der gesamten Nachbarschaft bringt).

Regisseur Hughes spickte seinen Film zudem mit einigen Selbstreferenzen (zum Beispiel hängt in Ferris’ Zimmer ein Poster der Simple Minds). The Breakfast Club wird im Folgenden auch noch durch Jeanies Nummernschild oder Ferris’ Schulhalle gehuldigt. Ferris Bueller’s Day Off erwies sich im Übrigen auch als großer kommerzieller Erfolg. Bei einem Budget von sechs Millionen Dollar spielte der Film alleine in den Vereinigten Staaten siebzig Millionen Dollar ein und lockte in Deutschland über eine Million Besucher an. Betrachtet man die Zahl der Komödien aus den achtziger Jahren, fällt einem auf, welche großartigen Filme dieses Jahrzehnt hervor gebracht hat (darunter unter anderem auch Rob Reiner’s The Sure Thing).

Wie viele dieser Filme verdient auch Ferris Bueller’s Day Off seinen Kultstatus und markiert eine Komödie, die auch beim wiederholten Sehen nicht an Charme und Witz verliert. Dunkel erinnere ich mich auch noch an die kurzlebige Fernsehserie, in welcher zum Beispiel Jennifer Aniston auftrat. Unbestreitbar ist auch der Einfluss auf die Kultserie Parker Lewis (die es inzwischen auch auf DVD zu erstehen gibt). Der medienkulturelle Beitrag von Hughes Film(en) ist dabei nicht hoch genug einzuschätzen, umso bedauerlicher, dass der Mann sich zurückgezogen hat. Ferris Bueller’s Day Off ist eine Hommage an die Schulzeit und all die geschwänzten Schultage, die jeder einmal durchgezogen hat.

9/10

10 Kommentare:

  1. Achja, Ferris Bueller. Habe ich auch schon ewig nicht mehr gesehen und das obwohl der Film lange Zeit unter meinen Lieblingen war. Wohl die Schulzeitkomödie überhaupt.

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  2. Ach Rudi, Bruder im Geiste:D

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  3. Zeitloser Film, obwohl mir Ferris mit seiner altklugen Art heute ein bisschen unsympathisch geworden ist. Alexander Payne hat Matthew Broderick ja genial in Election besetzt und ihn eine Art Gegenentwurf zu Ferris Bueller spielen lassen. Habe ich die Wahl, zieh ich eher Election aus dem DVD-Regal als Ferris Bueller's Day Off :-)

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  4. Schöner Film, aber den Hype habe ich nie verstanden. John Hughes hat viel bessere Sachen gemacht.

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  5. Kann mich MVV da nur anschließen. Ansonsten muss ich sagen, dass ich den auch ganz gerne sehe. Mehr aber auch nicht.

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  6. @MVV: Naja, ich versteh den Hype um TDK auch nicht. Die einen mögen dies, die anderen das. Wobei ich nicht mal wüsste, was man bei FERRIS hypen sollte.

    @kaiser: Siehe meinen Comment bei dir ;)

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  7. @mvv
    John Hughes hat viel bessere Sachen gemacht.

    Was denn z.B.? LISA Der helle Wahnsinn?

    Nee, nee. Ferris und Breakfast Club sind schon Hughes Höhepunkte;)

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  8. Ja eben, BREAKFAST CLUB zum Beispiel, oder auch SIXTEEN CANDLES und den schönen PRETTY IN PINK oder gar wunderbaren SOME KIND OF WONDERFUL...

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  9. Inspiriert durch deinen Beitrag hab ich mir vorhin FERRIS BUELLER´S... angesehen.

    Lange nicht mehr gesichtet, und jetzt ist mir zum ersten Mal so wirklich aufgefallen, was für ein kleines Arschloch Ferris eigentlich ist: arrogant, großspurig und egoistisch. Würg. Den hätte Hughes gerne ein wenig sympathischer zeichnen können.

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  10. und jetzt ist mir zum ersten Mal so wirklich aufgefallen, was für ein kleines Arschloch Ferris eigentlich ist: arrogant, großspurig und egoistisch.

    Das ging mir ganz genau so! Das hat man als jüngerer Zuschauer wahrscheinlich nur nicht wahrgenommen.

    Im Übrigen stimme ich MVV zu: Sixteen Candles und The Breakfast Club halte ich für Hughes' beste Filme.

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