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23. Januar 2016

Speed 2: Cruise Control

Let’s not split hairs.

Ist ein Film erfolgreich genug, entsteht schnell Druck, diesem eine Fortsetzung zu schenken. In der Regel machen es sich diese dann einfach, indem sie sich ziemlich stark an ihrem Vorgänger orientieren und von diesem viel kopieren (siehe Terminator 2: Judgment Day). Dass jemand wie Polizist John McClane immer wieder im Alleingang Terroristen bekämpfen muss, ist dabei ein kaum erwähnenswerter Umstand. Und auch als 1997 mit Speed 2: Cruise Control ein Sequel zu Jan de Bonts Überraschungshit Speed ins Kino kam, erwartete das Publikum ein weiteres Action-Fest mit Tempo. Allerdings war Cruise Control nicht der erwartete Film und wurde schnell abgestraft. Teilweise durchaus berechtigt, aber in der Summe doch zu harsch.

Zuvorderst ist Speed 2: Cruise Control eine Fortsetzung der anderen Art. Größer und spektakulärer will sie sein, aber auch weniger ernst und mehr verspielt. Und “Speed” trägt sie zwar noch im Namen, aber eher als Branding, denn als Inhaltsvorgabe. Dem Film geht es nicht darum, seine Figuren in ein Verkehrsvehikel zu platzieren, dass in steter Beschleunigung durch die Handlung braust. Was nicht bedeutet, dass im Film kein Tempo aufgenommen wird. Allein für seinen fünfminütigen klimatischen Schiffsunfall verwendete de Bont gut ein Viertel seines 110-Millionen-Dollar-Budgets, wenn der Luxusdampfer des Films in einen eigens gebauten Dock mit Gebäuden drum herum rast. Seinerzeit der teuerste Stunt aller Zeiten.

Zugleich die erinnerungswürdigste Action-Szene des Films, während der Rest weitestgehend in Vergessenheit gerät. Eben auch, weil er wenig inspiriert inszeniert wurde. Stieg Speed mit einer Geiselnahme unter Hochspannung ein, verfolgt die Polizistenfigur Alex (Jason Patric) hier nun einen Lieferwagen mit gestohlenen Computern. Erhielt der Zuschauer im Original eine Idee von seinem Protagonisten und der Art seines Handelns, dient die Action-Szene in der Fortsetzung eher einem humorvollen Charaktermoment. Denn ungeplant erfährt Alex’ Freundin Annie (Sandra Bullock) nunmehr, dass er einer Spezialeinheit angehört. Dabei war ihre Beziehung zu Keanu Reeves’ Jack gerade deswegen gescheitert, weil er sich immer in Gefahr begeben hat.

Wie sich zeigt, ist es jedoch Annie, die ein besonderes Faible für gefährlich Situationen hat. Wenn auch der Tatsache geschuldet, dass Reeves an der Fortsetzung kein Interesse hatte, ist der Umstand, Annie zur Hauptfigur zu machen, ein begrüßenswerter. Etwas irritierend – erneut nur dem Humor dienend – ist jedoch, wieso der Film sie eingangs zu einer inkompetenten Fahrerin macht, während sie ihren Führerschein wiederholt. Implizierte doch Speed lediglich, dass Annie gerne mal zu schnell fährt. Aus der Konfrontation der Figuren folgt das Überleiten zur neuen Prämisse: eine Schifffahrt in der Karibik. Auf dieser plant Alex, der wegen Annies Vergangenheit mit Jack wohlweislich seine Jobbeschreibung herunterspielte, einen Heiratsantrag.

Offen bleibt, wie Alex sich mit Polizistengehalt sowohl Verlobungsring als auch den Luxusurlaub leisten kann (er kauft Annie an Bord sogar ein neues Kleid). So wirken er und Annie etwas deplatziert auf dem Schiff, das kurz darauf zum Spielball gerät im Racheplan von Willem Dafoes John Geiger. Ähnlich wie Howard Payne ein verstörter Ex-Angestellter, der jedoch die Passagiere des Schiffs nicht als Geiseln nimmt, sondern es auf Schmuck an Bord abgesehen hat. In der Folge ist Speed 2: Cruise Control weniger ein temporeicher Action-Thriller, sondern mutiert zu einer Art Schiffsdisasterfilm, wie ihn die Zuschauer im Jahr 1997 ein halbes Jahr später in Form von James Camerons Titanic zum Kassenknüller avancieren lassen sollten.

In Szenen wie dieser rudert der Film bewusst in etwas bescheuertere Gewässer (wie zumindest Roger Ebert seinerzeit erkannte), wenn ein Polizist aus Los Angeles sich in der Karibik aufspielt. Hier merkt man dem Skript auch an, dass es ursprünglich für Die Hard With a Vengeance konzipiert wurde (der dann wiederum eine verworfene Lethal Weapon-Fortsetzungsidee übernahm). Derweil chargiert Dafoe mit aufgerissenen Augen seinen überdrehten Geiger, der zeitliche Computereingaben mit “now” eingibt und perfekt besetzt für diese Art von Widersacher ist. Und im Gegensatz zu Speed partizipieren hier mit dem Ersten Offizier Juliano (Temuera Morrison) und Fotograf Dante (Royale Watkins) Nebenfiguren stärker an der Handlung.

Die verfügt zwar über reichlich Actionszenen, wirklich berauschend geraten diese allerdings nicht. Die Rettungsboot-Evakuierung ist beispielsweise nur deswegen interessant, weil Komponist Mark Mancina sie kongenial musikalisch unterlegt. Auch hier gebührt Mancina Lob, dass er nicht einfach nur den Score zu Speed kopierte (wie bei Bad Boys), sondern weitestgehend etwas Neues schuf, das sich der Stimmung und Richtung der Fortsetzung anpasste. Speed 2: Cruise Control versucht viel richtig zu machen, reüssiert dabei jedoch zugegebenermaßen nur bedingt. Eines der Hauptprobleme ist dabei wohl mit auch die Tatsache, dass die Beteiligten nicht wirklich vollends bei der Sache gewesen waren. Und das nahezu durch die Bank hinweg.

So kam Sandra Bullock nur an Bord, weil 20th Century Fox ihr Folgeprojekt Hope Floats absegnete (ihre Gage von elf Millionen Dollar war sicher auch nicht zu verachten). Und Jan de Bont selbst war wenig überzeugt von einer Speed-Fortsetzung – jedoch vertraglich gebunden, eine solche zu inszenieren. Dass der Film in der Folge etwas humorvoller – man könnte auch sagen: trashiger – daherkam, mag dieser Tatsache geschuldet sein. “It should have been a much smaller concept”, blickte de Bont in einem Gespräch mit Hitfix auf das Sequel zurück. Denn in der Tat ist eines der Probleme der Fortsetzung, dass diese etwas außer Kontrolle und schlichtweg zu lang geriet. Genauso, wie sie tonlich nicht vollends harmonisch ausfiel.

Jan de Bont hat Recht, wenn er sagt, dass nicht jede Szene missraten ist. Manche Entscheidung in Speed 2: Cruise Control war begrüßenswert, viel allerdings nicht vollends durchdacht oder ausgereift. Und manches, wie die weitestgehend inhaltliche Abkehr gegenüber dem Vorgänger – auch Reeves verriet, dass ihn das Konzept einer Fortsetzung auf einem Kreuzfahrtschiff nicht überzeugte (siehe Hitfix-Artikel) –, war vielleicht schlicht zu mutig. So ist Speed 2 keineswegs ein würdiger Nachfolger für das Original, aber auch nicht das Desaster, zu dem er gerne gemacht wird. “Hey, it could be worse”, sagt Temuera Morrisons Figur Juliano da gegen Ende fast schon in einer Art Meta-Kommentar. “I’m not sure how exactly, but it could be worse.”

4/10

15. August 2010

The Losers

Am I the only one who sees the shirt?

Soldaten dienen gemeinhin dazu, Befehle von Leuten auszuführen, die wissen, was sie tun. Bewaffnete Schachfiguren, die je nach Spielzug in Position gebracht und bisweilen, für ein höheres Ziel, auch geopfert werden. Problematisch beziehungsweise interessant wird es immer dann, wenn Soldaten plötzlich anfangen, (mit) zu denken. So weigerte sich Elias Koteas’ Captain Staros in The Thin Red Line den Hügel 210 zu stürmen, um das Leben seiner Männer zu wahren. Die Konsequenzen sind dabei meist dieselben: Das Ziel der Vorgesetzten wird erfüllt, die Leidtragenden sind die widerspenstigen Soldaten. Wo Terrence Malick der Staros-Episode nur begrenzt Raum einräumte, nahm der britische Comic-Autor Andy Diggle ein derartiges Szenario als Aufhänger für seine Comic-Serie The Losers. Unter dem Banner des DC-Imprints Vertigo erschien die Reihe um eine Gruppe tot geglaubter US-Militärs von 2003 bis 2006 und erhielt dieses Jahr, wie so viele andere Comics inzwischen, eine Kinoadaption.

Innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte hatte sich Vertigo zum lachenden Dritten neben Marvel und DC Comics entwickelt und mit Comic-Reihen wie The Sandman, Preacher oder 100 Bullets Duftmarken in der Szene setzen können. Wie in vielen Fällen (Neil Gaiman/The Sandman, Garth Ennis/Preacher, Alan Moore/Watchmen) zeichnet sich auch The Losers als „amerikanisches“ Werk aus britischer Federführung aus. Gemeinsam mit Zeichner Jock präsentierte Diggle seine Version einer A-Team-artigen Truppe von Freunden, die von der eigenen Regierung geopfert werden. Als Vertigo-Imprint hatte Diggle nun die Möglichkeit, diese Geschichte ohne Weichspülcharakter zu erzählen und so nutzte Jock die Chance, bisweilen grafisch explizit zu werden. Es ist aber vor allem der von Ausgabe zu Ausgabe variierender Zeichenstil, der störend gerät und den wechselnden Zeichnern geschuldet ist. Mehr Konstanz wie etwa bei Pia Guerra in Brian K. Vaughans Y: The Last Man wäre wünschenswert gewesen.

The Losers dreht sich um eine Gruppe US-Soldaten, genauer gesagt um ein Special Forces Team rund um Colonel Franklin Clay. Bei einer Markierungsmission für einen Raketenangriff stoßen die Losers auf die Involvierung von Kindern und wollen den Auftrag abbrechen. Als dies nicht möglich ist, werden sie selbst aktiv und schreiben damit ihr eigenes Todesurteil. Die Kinder werden zwar gerettet, doch der Helikopter, der die Losers abholen soll und mit ebenjenen Kindern beladen wird, explodiert kurz darauf. Nunmehr offiziell tot, setzen die Losers alles daran, ihren CIA-Kontaktmann „Max“ ausfindig zu machen und nicht nur für den Anschlag auf sie, sondern auch für den Tod der Kinder zur Verantwortung zu ziehen. Unterstützung erfahren sie dabei von der mysteriösen Aisha, die ihrer eigenen Agenda folgt. Um des Phantoms Max habhaft zu werden, müssen Aisha und die Losers zuerst eine Fährte seiner Spur aufnehmen, was sie nicht nur zurück in die USA bringt, sondern in den Rest der Welt.

Für eine Comic-Verfilmung eignen sich 32 Ausgaben in 6 Bänden erdenklich schlecht. Vor allem hinsichtlich des Handlungsverlaufs, den The Losers spätestens im finalen Band Endgame einschlägt. Was in den ersten Bänden Ante Up und Double Down noch als nettes und überschaubares domestic teasing beginnt, gerät unter Diggles Führung schließlich etwas größenwahnsinnig. Insofern war es also die richtige Entscheidung von Drehbuch-Mitautor und Produzent Peter Berg, sich in seiner Adaption primär auf die Goliath-Storyline aus den ersten beiden Bänden zu konzentrieren. Gewürzt mit dem Hintergrund der Losers aus der Ausgabe The Pass im dritten Band Trifecta, sowie einigen „romantischen“ Panels der Close Quarters-Ausgabe London Calling, gibt der von Sylvain White inszenierte The Losers schließlich ein überaus gelungenes Bild ab. Ein derart gutes, dass der Film ohne Frage als die beste (direkte) Comic-Verfilmung seit Guillermo del Toros Hellboy bezeichnet werden darf.

Der unchronologischen Ereigniskette des Comics wird von White erstmal ein Riegel vorgeschoben. Entsprechend beginnt The Losers mit der Adaption von The Pass, wenn auch dessen Geschehnisse dann aus unerfindlichen Gründen vom Mittleren Osten nach Bolivien verlegt werden. Unter den Klängen von Ram Jams „Black Betty“ donnern die Losers nach kurzer graphischer Einführung durch den Dschungel und veranschaulichen, wofür der folgenden Film in den nächsten 90 Minuten stehen wird. Die Farben sind satt und kräftig, derart prägnant, dass der Charakter einer Comic-Verfilmung evident ist. Mit Ram Jam hat White bereits eine exzellente Eröffnung gestartet und greift damit seiner überaus gelungenen musikalischen Untermalung voraus. Als entscheidendes Merkmal zeigt sich jedoch, dass das Casting gelungen ist. Nicht nur aus optischer Hinsicht, sondern auch im Zusammenspiel der Darsteller, kauft man bereits zu diesem frühen Zeitpunkt ab, dass die Losers Freunde repräsentieren.

Im Folgenden nehmen nun die Ereignisse aus The Pass ihren Lauf. Die Kinder werden gerettet, der Helikopter in die Luft gejagt, die Losers sind offiziell verstorben. Fortan hadert Clay (Jeffrey Dean Morgan) mit seinem Schicksal, ein Militärmann zu sein, ohne zum Militär zu gehören. Er will Rache an der Stimme, die den Abschuss angeordert hat, während das übrige Team nur sein Leben zurückhaben will. “You want your life back? You’re gonna have to steal it”, gibt Clay später die Prämisse des Films wieder und greift in gewissem Sinne dem Ende voraus. Es folgt der Auftritt von Aisha (Zoe Saldanha), welche die Losers mit einer Suizidmission ködert, um sie auf den kleinsten gemeinsamen Nenner Max zu bringen. Ebenjener Max (Jason Patric) versucht sich derweil am Kauf von terroristischen Sonarwaffen aus indischer Hand, die es letztlich für die Losers gelten wird, auszuschalten. Um jedoch der Spur von Max habhaft zu werden, müssen sie zuerst einmal einen Anhaltspunkt haben.

Der Film hakt nun diese Stationen ab und zieht die Schlinge um Max enger, während er das Band der Freundschaft bei den Losers etwas aufzulösen beginnt. Speziell die Beziehung zwischen Clay und seiner rechten Hand, Roque (Idris Elba), ist angesichts des sakrosankten Umgangs mit Aisha mehr als angespannt. Es sind daher diese vier Figuren, die im Grunde die zentrale Achse des Filmes darstellen, auch wenn es Chris Evans’ Jensen schafft, bisweilen in die Spitzengruppe vorzudringen (primär dank seiner eigene Szene des Goliath-Einbruchs). Dem Comic über weite Teile entsprechend sind es also Pooch (Columbus Short) und Cougar (Óscar Jaenada), die etwas zurückfallen, aber dennoch in den Momenten, in denen sie gefordert sind, den Anforderungen gerecht werden (was jedoch auch der Integration von Evans in diesen Szenen geschuldet ist). Und das ist in einem Film wie The Losers essentiell, funktionieren Vehikel wie diese oder The A-Team weniger aufgrund ihrer Geschichte, denn ihrer Figuren.

Dabei ist ein Vertigo-Comic nicht gleich ein Vertigo-Film. Um dem PG-13-Rating gerecht zu werden und auch die Sympathien der Zuschauer zu gewinnen, werden charakterliche Abstriche gemacht. So kommt Saldanhas Aisha weitaus freundlicher daher als die bitchige Amazone von Diggle, die erst schlägt und dann Fragen stellt. Auch Roque wurde aufgewärmt im Vergleich zu seinem pragmatischen Comic-Pendant. Ähnlich verhält es sich mit Max, der hier weniger die düstere Schimäre ist als vielmehr ein rassistischer Kotzbrocken, der mit knackigen Einzeilern (“Who wants to be a billionaire?”) durchaus gelungen ein paar Lacher aus dem Publikum herausquetscht. Aber auch mit den Light-Versionen der etwas unterkühlten Figuren bleibt White der Vorlage nicht nur in charakterlicher Hinsicht treu. Unabhängig vom Ton des Films und der Treue gegenüber der Handlung ist es gerade die audio-visuelle Verpackung, die The Losers schlussendlich seinen gewissen einnehmend-unwiderstehlichen Charme verleiht.

Grundsätzlich arbeitet White viel mit Videoclip-Ästhetik, sprich Slow-Motion und Jump Cuts, was dem Flair, ein bewegtes Comic zu sein, nur zuarbeitet. So gibt es Ende des zweiten Akts eine Schießerei, in der Aisha einen an der Decke angebrachten Spiegel zerschießt. White nutzt nun die herabfallenden Scherben exzellent, um einen Blickwechsel zu inszenieren. Auch die Einblendungsidee der Ortsangaben passt sich dem Comic-Flair exzellent an und gefällt allein durch ihre kreative Aufbereitung. Nicht minder lobenswert ist der Soundtrack, der auf stimmige Weise Stücke wie „Sweet Misery“ von Amel Larrieux oder „U.R.A. Fever“ von The Kills mit der Handlung verbindet. Höhepunkt des Filmes ist jedoch der Goliath-Einbruch von Jensen in der Mitte des Filmes. Nicht nur aufgrund seiner Vorlagentreue und der exzellenten Darstellung von Evans selbst weiß diese Szene zu unterhalten, sondern speziell durch die Integration von Journeys Klassiker „Don’t Stop Believing“, das den Film am Ende auch ausleitet.

Nun wartet The Losers nicht mit dem üblichen Brimborium anderer Comic-Verfilmungen auf, schon alleine, weil sich das Ganze eher als Action-Komödie versteht. Diesbezüglich dürfte der Film für diejenigen, die mit der Comic-Serie nicht vertraut sind, eher unspannend sein, da die Geschichte des Films - die in ziemlich offensichtlicher Weise auf mehrere Filme verteilt werden müsste - so manches Erzählelement wie Aishas Agenda erst mal hinten anstellt. Als direkte Verfilmung eines Comic-Bandes ist White jedoch ein verhältnismäßig großer Griff gelungen. Ob der Treue gegenüber der Vorlage was Handlung, Charaktere und Stimmung angeht, kann sich ein Christopher Nolan noch eine Scheibe abschneiden. Aufgrund seiner kompakten Zusammenfassung ist der Trailer von The Losers zwar fast der bessere Film, dennoch ist auch dieser ein netter Spaß für zwischendurch. Vermutlich kein Klassiker oder Kultfilm, aber dennoch ein rühmlicher Vertreter seines Genres. Es gibt sie also noch, die guten Comic-Filme.

8/10

12. Februar 2008

In the Valley of Elah

And Saul and the men of Israel were gathered together,
and pitched by the valley of Elah,
and set the battle in array against the Philistines.

(1. Samuel 17,2)

Zwei große Volksstämme versammeln sich im Jahr 1000 vor Christi am Tal von Elah. Auf der einen Seite die Philister, auf der anderen die Israeliten um ihren König Saul. Unter den Philistern forderte ein Krieger namens Goliat aus Got, etwa 2,78 Meter groß, fortan 40 Tage lang einen der israeliten zum Zweikampf heraus. Der Gewinner würde den Krieg der zwei Parteien entscheiden – kein unüblicher Usus in der Antike. Eines Tages bot sich der Knecht David, von Gott zum König auserkoren, aufgrund der blasphemischen Äußerungen Goliats Saul als ebendieser Kämpfer an. Ohne Rüstung und lediglich mit fünf Steinen bewaffnet schritt der Knabe David hinunter in das Tal von Elah und bezwang den Philister Goliat mit einem Schleuderwurf in die Stirn. Im Namen seines Gottes war David ausgezogen, um einen scheinbar aussichtslosen Kampf gegen einen übermächtigen Gegner auszufechten.

Kriegsveteran Hank Deerfield (Tommy Lee Jones) erhält einen morgendlichen Anruf, der sich nach dem Aufenthaltsort seines Sohnes Mike, ebenfalls Soldat, erkundigt. Mike sei zurück in den Staaten, aber unauffindbar. Hank begibt sich nunmehr selbst auf die Suche nach seinem Sohn und verabschiedet sich von Gattin Joan (Susan Sarandon). In Mikes Militärstation findet er dessen Mobiltelefon und auf diesem einige Videodateien aus dem Irakkrieg. Um die Militärpolizei zu umgehen, nimmt Hank die Hilfe der örtlichen Ermittlerin Emily Sanders (Charlize Theron) in Anspruch. Da finden sich verbrannte Körperteile an einer Straßenkreuzung und es stellt sich heraus, dass es sich dabei um Mikes Überreste handelt. Doch Hank gibt nicht auf und will herausfinden, wer seinen Sohn umgebracht hat und wieso. Armee Lieutenant Kirklander (Jason Patric) tut dabei alles um die Arbeit von Emily zu sabotieren, während Hank auf ein Geheimnis um seinen Sohn stößt.

Vor zwei Jahren erhielt Paul Haggis bei den Academy Awards für sein Regiedebüt Crash die Auszeichnung als Bester Film und für das Beste Originaldrehbuch. In seinem zweiten Film wird sich der Kanadier keineswegs untreu, inszeniert vielmehr mit einem noch bescheideneren Budget von lediglich fünf Millionen Dollar. Darsteller Tommy Lee Jones sieht sich dank In the Valley of Elah nun seiner dritten Nominierung gegenüber, obwohl Haggis ursprünglich seinen Freund Clint Eastwood vorgesehen hatte. Der half Haggis wiederum, das Projekt ins Rollen zu bringen, da es sonst wohl wegen seines brisanten Themas keinen Produktionsstart erhalten hätte. Dies scheint sich gelohnt zu haben, denn es gelang dem Film allein in Amerika seine Kosten wieder einzuspielen, im Ausland brachte er bisher sogar das Doppelte ein, während In the Valley of Elah in Deutschland am 6. März starten wird.

Inspiriert wurde Haggis zu seinem Film von dem Playboy-Artikel Death and Dishonor, im Jahr 2004 geschrieben von Journalist Mark Boal. Er erzählt darin die wahre Geschichte des US-Soldaten Richard Davies, der 2003 aus dem Irakkrieg heimkehrte und umgebracht wurde. Sein Vater, der Kriegsveteran Lanny Davies, begann eigene Ermittlungen und bildete somit die Schablone für den von Haggis dargestellten Hank Deerfield. Haggis verband diese Geschichte mit einer weiteren und erschuf die Grundlage für sein Drama In the Valley of Elah, das man wohl als Antikriegsfilm bezeichnen könnte, ohne dem Film seinen Pathos und Patriotismus absprechen zu wollen. Denn Hank ist Patriot durch und durch und hält sogar auf seinem Weg zu seinem Sohn an der örtlichen Schule, weil dort der Hausmeister aus El Salvador versehentlich das Star Spangled Banner kopfüber gehisst hat.

Zudem ist Hank Militär durch und durch, was seine sporadische Bekleidung aus weißem Hemd über weißem T-Shirt beweist, ebenso wie sein pedantisches Bettbezug- und Schuhputzritual. Auch Hanks Söhne sind (oder waren) Militärs, was innerhalb der Familie – sprich: seiner Frau Joan – für Missstimmung sorgt. Denn nun ist nicht nur ihr ältester Sohn David verstorben, sondern auch ihr jüngster Sohn und letztgebliebenes Kind. Die Schuld daran gibt sie ihrem Mann, der seine Gattin in seine Ermittlungen und Informationen nicht einbezieht, diese ihr sogar vorenthält und praktisch als kurz vor der Pension stehendes Ein-Mann-Kommando fungiert. Dies muss auch die ermittelnde Polizistin Emily erfahren, die es in ihrer Behörde durch sexistische Anfeindungen der Kollegen eigentlich schon schwer genug hat, aber als Mutter um die Ängste über die eigenen Kinder weiß.

Während seiner Ermittlungen muss Hank dabei nicht nur feststellen, dass er seinen Sohn nicht so gut gekannt hat, wie er immer dachte und dessen Geheimnisse, zusammen mit denen der amerikanischen Regierung, wie die Verschwörung um Mikes Tod führen zu einer Erschütterung von Hanks Wertesystem. Die allein erziehende Emily, von ihrem Job genervt, merkt durch Hanks Pedanterie was es heißt zu ermitteln und erhält gegen Ende des Filmes noch mal eine eindringliche Lektion erteilt, ebenso wie ihre ganze Behörde. Der Titel von Haggis’ Werk ist dabei nicht ohne Hintersinn gewählt, denn auch in seinem Film wird ein Kampf thematisiert, den zu gewinnen eigentlich unmöglich ist. Die US-Soldaten stellen hierbei ebenjene unerfahrenen jungen Kämpfer dar, die sich gegen einen übermächtigen Gegner stellen müssen, in einem Krieg, der im Namen Gottes geführt wird.

Doch die Soldaten sehen sich nicht nur dem Schlachtfeld im Irak gegenüber, sondern auch einem zweiten und emotionalen Schlachtfeld, welches in ihren Köpfen beheimatet ist und in dem sie ganz alleine kämpfen müssen. Dass man erwartet, diese jungen Männer und Frauen, die sich im Irak im Prinzip für nichts wirklich verantworten müssen, anschließend wieder problemlos in die amerikanische Gesellschaft einzugliedern, ist ein utopischer Gedanke der Regierung. Denn was am Ende in der Nacht als Mike ermordet wird geschah, hängt mit dem Krieg zusammen und ist sowohl eine etwas profane Lösung und dann doch auch wieder irgendwie nicht. Zumindest ist es eine solche und Haggis lässt das Publikum lange um Unklaren, ob es nun tatsächlich eine Auflösung des Mordfalles oder ein Filmende a la Michael Hanekes Caché gibt. Sprich: Ein Ende, das einerseits viel zeigt und letztlich doch nichts ausdrückt.

Was etwas bitter aufstößt, ist eine Tatsache, die ironischer oder vielleicht auch gewollter Weise von einer der Figuren selbst angesprochen wird: Es handelt sich um Hanks ermittlerisches Gespür, ehemaliger Militärpolizist hin oder her. Wenn Hanks nachts im Dunkeln zum Tatort fährt und innerhalb von zwei Minuten das Mordszenario entwirft, das der Polizei entgangen war, dann denkt man sich nur das, was ihm Emily später vorwirft: Dass es schade ist, dass Hank die letzten 30 Jahre nicht zig Mordfälle gelöst hat. Hank hangelt sich in bester Columbo-Manier von einem Hinweis zum nächsten. Eine nächtliche Fast-Food-Rechnung wird subtrahiert und auf drei Verdächtige umgemünzt, auch mit Farben scheint die Polizei in New Mexico ihre Probleme zu haben. Dies wirkt unglaubwürdig, überhastet, zu sehr gewollt, neben Hank haben alle anderen Figuren keinen Platz und wirken inkompetent.

Die schauspielerischen Leistungen der Beteiligten sind dabei über allen Zweifel erhaben, besonders Jason Patric weiß zu gefallen. Man fragt sich jedoch, ob ein James Franco oder Josh Brolin in ihren kurzen Auftritten nicht etwas verschenkt sind, ebenso Susan Sarandon. Eingefangen und untermalt werden Haggis ruhige Bilder einer Suche nach seinem Sohn von Roger Deakins und Mark Isham und das es sich letzten Endes doch um einen Antikriegsfilm handelt, zeigt Haggis’ letzte und sehr schön geratene, wenn auch pathetische, Einstellung. Wie zuvor in Crash kratzt Haggis jedoch leider nur an der Oberfläche und opfert eine interessante Thematik seiner Familientragödie und wiederum diese entsprechend stark zu thematisieren. Betrachtet man aber seinen Rahmen, ist In the Valley of Elah ein durchaus gelungener Film mit einer der besten Finaleinstellungen der letzten Jahre.

7.5/10