Alter, ich will doch kein Nashorn operieren!
Man könnte fast meinen, es herrscht eine neue deutsche Welle in unserer Filmlandschaft. Dort ist es inzwischen zur Mode verkommen, seine Filme unabhängig zu produzieren, sodass man keinerlei kreative Eingriffe zu befürchten hat. Daher verzichtete Regisseur und Co-Autor Oliver Rihs auf Fördermittel für seinen Film und im Gegenzug dazu arbeiteten die Schauspieler/innen – darunter namhafte Vertreter wie Robert Stadlober, Tom Schilling und Marc Hosemann – auch ohne Bezahlung an Schwarze Schafe. Gemeinsam mit fünf Kollegen, darunter Kameramann Olivier Kolb, schrieb Rihs dieses kleine Potpourri fünf verschiedener Episoden, welche sich um finanzschwache Berliner Randgruppen drehen.
Boris (Marc Hosemann) ist ehemaliges Handmodel, tut aber so als wäre er reich und erschleicht sich einen One-Night-Stand mit einer Vogue-Redakteurin. Dummerweise verliebt er sich in diese und will sich daraufhin seiner Hand entledigen, da diese schließlich versichert ist. Breslin (Robert Stadlober) und Julian (Tom Schilling) bauen ihr Hasch öffentlich an und wollen eine Ökokommune dazu ausnutzen, ihre Wohnung zu renovieren. Da sich Breslin jedoch in einen der Kunden verschaut, werden die beiden selber rekrutiert. Charlotte (Jule Böwe) arbeitet auf einem Touristikboot, wo sie ihre ehemalige und inzwischen verheiratete Studienkommilitonin wiedertrifft. Da Charlotte ihr alkoholkranker Pennerfreund (Milan Peschel) peinlich ist, versucht sie sich in netten Gesprächen und Champagnerschlürfen. Ganz andere Probleme haben sowohl die Türkengang um Birol (Oktay Özdemir) als auch die beiden Punker Arnold (Daniel Zillmann) und Fred: beide Gruppen brauchen eine Frau. Während Fred ein satanistisches Ritual mit Arnolds Großmutter durchziehen will, müssen Birol und seine Kumpels den Freier einer Prostituierten bezahlen.
Dass Oliver Rihs gelernter Grafikdesigner ist, merkt man der Optik des Filmes an. Diese ist hauptsächlich Schwarz-Weiß, schwankt jedoch hin und wieder in ausgeblichene oder szenisch eingesetzte kräftige Farben. Die internationale Presse am Filmfestival von Edinburgh war scheinbar begeistert, gelobt wurde hier – wie mitunter an anderer Stelle kritisiert – die Verwendung verschiedener Körperflüssigkeiten durch den Film hinweg. Und in Schwarze Schafe gibt es ohne Frage alles zu sehen, von Erbrochenem über Kot bis hin zu erregierten Gliedern. Wer den Film jedoch darauf beschränkt tut ihm sicherlich unrecht. Selbstverständlich inszenatorisch unnötig sorg(t)en die Einbindung dieser Bilder für Lacher im Publikum und wird von den Machern wohl unter ihre anarchisch-schwarzhumorige Flagge gekehrt. Andere Kritiker hielten dem Film inhaltliche Schwächen vor und diese sind mitunter auch berechtigt, obschon seiner geringen Lauflänge kommt Schwarze Schafe auf der Leinwand wie ein Epos daher und zieht sich mitunter extrem.
Der Titel des Films ist dabei die bildende Maxime, hier ist jeder ein schwarzes Schaf, von Handmodel Boris über Birol, zu Arnold und Charlottes Freund Peter. Die schwarzen Schafe der Gesellschaft leiden unter Finanznöten und Liebeskummer, denn jede der Figuren zieht es zur Liebe – auf die eine oder andere Weise – hin. Und auch Regisseur Rihs und Kameramann Kolb sind schwarze Schafe mit diesem kleinen Werk, dass trotzdem Laune macht und in manchen Szenen zu gefallen weiß. Nimmt man das Gegenbeispiel Video Kings zur Hand, welches ebenfalls mit namenhaften Darstellern und ohne Fördermittel gedreht wurde, sieht man, wie man es richtig macht, bzw. machen kann. Fraglos kein Meisterwerk und äußerst kurzweilig ist es für seine Verhältnisse betrachtet dennoch ein respektables Stück Film.
7/10
Schöne Besprechung! Ein Freund von mir hat ebenfalls von dem Film geschwärmt. Werde ihn mir anschauen, sobald er auf DVD zu haben ist...
AntwortenLöschenSchöne Besprechung
AntwortenLöschenNaja, relativ kurz geraten, aber trotzdem danke ;)
Getretner Quark wird breit nicht stark! :-)
AntwortenLöschenWas ich noch vergaß: Wie ist denn Oktay Özdemir? Hört sich ja an, als spiele er wieder die gleiche Rolle wie in "Wut" und "Knallhart"...
Hatte selbst schon befürchtet, dass er immer den obligatorischen Gewalt-Türken mimmt, aber bereits in EIN FREUND VON MIR (wenn auch nur kurz) hat er eine andere Rolle übernommen und in SCHAFE kann man die Türken auch gegen Jugendliche jeder Nation austauschen, bei denen gibt es zwar das übliche verbale Geplänkel dieser Generation, aber ansonsten dreht es sich um Sex und nicht um Gewalt.
AntwortenLöschenWill sagen: Özdemir spielt die Rolle ganz passabel, sie ist aber nicht aggressiv ausgelegt.