22. April 2008

Iron Man

Let’s be honest, this isn’t the worst thing you’ve caught me doing.

Überraschen dürfte niemand, wenn er vom Interesse eines Nicolas Cage erfährt, ihn zu spielen: den Iron Man. Glücklicherweise wurde es dann aber weder Cage noch Tom Cruise, der sich ebenfalls für den Part begeistert hatte. Stattdessen besetzten die Produzenten relativ gegen den Strich und Robert Downey Jr. bekam den Zuschlag. Wie sich herausstellt, ist Downey Jr. ein riesiger Iron Man-Fan – wie eigentlich immer jeder Hauptdarsteller in einer Comicverfilmung ein riesiger Fan des betreffenden Comics ist. Da sehnt man sich so ehrliche Menschen wie Richard Harris zurück, der in den ersten beiden Harry Potter-Filmen den Professor Dumbledore gab, ohne je eine einzige Seite der Vorlage gelesen zu haben.

Und wenn es nach Downey Jr. geht, der für diesen Film mit 40 Jahren das Krafttraining anfing, kann es ruhig 15 Fortsetzungen geben. Man möchte hoffen, dass jemand in Hollywood Erbarmen mit den Zuschauern hat. Als Produzenten profilieren sich, wie bei Marvel-Verfilmungen üblich, die Gebrüder Arad. Für die Regie wurde am Ende weder Quentin Tarantino noch Joss Whedon oder Nick Cassavetes engagiert, sondern der eher unerfahrene Jon Favreau erhielt den Zuschlag. Eine Innovation markiert Iron Man am Ende dann doch, ist es schließlich der erste Spielfilm der Marvel Studios, die über zehn Projekte (darunter auch der kommende The Incredible Hulk) mehr Einfluss auf ihre Verfilmungen gewinnen wollen.

Iron Man ist quasi Marvels Batman: ein Superheld ohne Superkräfte. Beide sind schwerreiche Playboys, die in ihrer Freizeit inkognito das Verbrechen bekämpfen. Dabei finanzieren und entwickeln sie ihren hilfreichen Schnickschnack selbst, auch wenn Tony Stark gegenüber Bruce Wayne diesbezüglich die Nase vorn haben dürfte, dank seines fliegenden Stahlanzuges. Ein weiterer Hintersinn der Marvel Studios ist der Wunsch nach Authentizität gegenüber der Comicvorlage. Verwunderlich, da die Iron Man-Verfilmung nicht wirklich authentisch gegenüber dieser ist. Abgesehen von der Tatsache, dass Obadiah Stane (Jeff Bridges) einen Vollbart hat, wird sich nur an die Origin Story von Iron Man gehalten.

Er gerät in die Hände amerikanischer Feinde (aus Kommunisten werden Islamisten), und wird zum Waffenbau genötigt. Gemeinsam mit Professor Yinsen (Shaun Toub) entwickelt er stattdessen den Iron Man-Prototyp und entkommt. Auf seiner Flucht lernt er dann aber nicht Perry Rhodes (Terrence Howard) kennen, denn mit ihm ist er bereits seit Jahren dicke. Und Obadiah Stane versucht auch nicht, als Konkurrent Stark Industries zu übernehmen, sondern ist Tonys Ziehvater. Schon zu Beginn zeigt sich, dass es den Machern eher um vermehrte Einnahmen ging, denn um die authentische Erzählung ihres Stoffes. Stan Lee wird das wenig gestört haben, er erhält seinen üblichen Cameo in Marvel-Filmen seiner Werke.

Marvel-Helden zeichnen sich eigentlich dadurch aus, dass sie menschlich und nicht perfekt sind, außer Acht gelassen. Zumindest die ersten beiden Punkte treffen auch auf Tony Stark zu, einen Bilderbuch-Narzissten, der sich gern selbst inszeniert und wenig um seine Mitmenschen schert. Bis er seine Katharsis erlebt, das Leid der Menschen mit eigenen Augen sieht respektive nicht sieht und am eigenen Leib erfährt. ”The first and most important rule of gun-running is: Never get shot with your own merchandise”, hat Yuri Orlov dem Publikum in Andrew Niccols Lord of War eingetrichert, einem Film, der in jeder Sekunde gelungener die Kritik an der US-Waffenindustrie rüber brachte, als es Iron Man versucht.

Selbiges passiert jedenfalls Stark, was wiederum zu seiner Katharsis führt, die hier bereits nach fünf Minuten eintritt und den kommenden Filmverlauf einleitet. Was anschließend folgt, ist dann die Weiterentwicklung des Ganzen, Starks Rehabilitation und Innovation des Anzugs. Dafür verwendet Favreau gut eine Stunde, die gemächlich vor sich hin dümpelt, ohne irgendeinen rechten Unterhaltungswert zu besitzen und lediglich hin und wieder von (der recht hübsch anzuschauenden) Gwyneth Paltrow als Starks Assistentin „Pepper“ unterbrochen wird. Die absolut unnötige Intention des Ganzen (unnötig, weil wie sich später herausstellte, sie von vorneherein etabliert war): Die finale Klimax des Films aufbauen.

Iron Man versucht sich als Mainstream-Actioner, der seine humoristischen Momente hat, wenn Stark tadelnd mit seinen KI-Greifarmen spricht, und etwas Satire sein möchte, wenn er Stark zum Opfer seiner eigenen Produkte werden lässt. Dies alles verkommt zur öden Nummernrevue von Robert Downey Jr., der nicht unbedingt schlecht spielt, aber einfach fehlbesetzt als Tony Stark ist. Von Terrence Howard ganz zu schweigen, dessen unnützer Perry Rhodes abseits seines comic relief-Dienstes so überflüssig ist, dass es weh tut. Jeff Bridges als vollbärtiger und glatzköpfiger Bösewicht wirkt im Gegensatz dazu die meiste Zeit unterfordert. So sehr sogar, dass sein Spiel etwas Hölzernes hat.

Doch einen Film wie diesen zeichnen natürlich nicht seine Darsteller, sondern seine imposante Action aus. Diese kommt wiederum spärlich daher, etwas portioniert zu Beginn und anschließend als kleine Appetithäppchen zwischendurch, ehe dann das große, typische Hollywood-Finale aufwartet. Das wirkt passend wie eine Kombination aus dem neuen Hulk-Teaser und Michael Bays Transformers, ist somit gänzlich frei von kreativen Eigenideen und in seiner Auflösung so profan wie einschläfernd. Lediglich ein kleiner Ausflug von Iron Man nach Afghanistan als persönliche Racheaktion weiß von seiner Inszenierung her zu gefallen, verkommt am Ende jedoch zu nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Das Problem ist, dass sich die Autoren Mark Fergus und Hawk Ostby nichts Eigenständiges haben einfallen lassen. Für ihre Adaption von Children of Men mit einer Oscarnominierung bedacht, bedienen sie sich hier bei Genrekollegen wie Hulk oder Spider-Man 2, von Transformers ganz zu schweigen. Der auf cool getrimmte Soundtrack kann auch nichts retten, obschon Ramin Djawadis Titeltheme nett anklingt. Gemeinsam mit Leslie Bibb bildet es traurigerweise eines der wenigen Highlights eines insgesamt enttäuschenden Films. Das mit steigenden Produktionskosten (hier 186 Millionen Dollar ohne Marketingkosten) nicht ein guter Film einhergeht, dürfte den Machern selbst nicht unbedingt bewusst gewesen sein.

Der Cast harmoniert zwar besser als die Fantastic Four und auch die Effekte geraten überzeugender, dennoch bietet sich der Vergleich mit den Marvel-Kollegen am ehesten an. Denn beide Filme funktionieren nicht wirklich und bleiben weit hinter ihren Erwartungen zurück. Ein psychologisch-tiefes Stück wie Ang Lees Hulk bildet immer noch den Maßstab. Im direkten Vergleich mit seinem DC-Pendant sieht man, wie man es zumindest hätte besser machen können. Christopher Nolan stattete seinen Bruce Wayne mit ausreichend Tiefe aus, stellte die Action in den Hintergrund und ließ den Protagonisten zum Helden werden. Da wird Favreau auch in seinem Sequel nicht mehr viel retten können.

4.5/10

12 Kommentare:

  1. Och nööööööö

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  2. ach nöööö
    ich freu mich auf Robert und vor allem Gwyneth!

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  3. Wortvogel begs to differ.

    (hatte ich just im Tab vorher gelesen, musste verlinkt werden)

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  4. @probek: Da sieht man mal unterschiedliche Geschmäcker, ich stimme im Grunde in jedem Punkt nicht mit Wortvogel überein.

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  5. Der Trailer macht schon Appetit, aber das ist ja auch sein Job;) Ich lasse mich dann wohl mal etwas später auf DVD überraschen oder auch nicht.

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  6. So, mußte mir gestern Abend mit meinem 14jährigen Cousin diesen durchschnittlichen Quark anschauen. Das Ganze ist ja so etwas von unausgegoren und fehlbesetzt. Wieso der Film durchweg überdurchschnittlich gute Kritiken und Bewertungen einheimst ist mir ein Rätsel. Da werden ja alle Probleme viel zu undramatisch gelöst. Der ganze Film wirkt steril und lustlos, Kino ist für mich etwas ganz anderes.

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  7. Kino ist für mich etwas ganz anderes.

    Sehe ich genauso ;)

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  8. Das die Story und der Aufbau des Films an sich weder innovativ, geschweigedenn etwas eigenständiges sind, kann man zu Recht kritisieren. D'Accord.

    Allerdings bin ich auch der Meinung, dass deine apodiktische Aussage, dass Robert Downey Jr. eine "Fehlbesetzung" gewesen sei, nicht zutrifft - Zumal sie ohne jede Begründung daherkommt.

    In meinen Augen ist er eine sehr gute Wahl für die Rolle des Stark gewesen, und somit einer der entscheidenden Gründe, warum ich persönlich den Film letzlich ziemlich stark bewertet habe.

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  9. In meinen Augen ist er eine sehr gute Wahl für die Rolle des Stark gewesen, und somit einer der entscheidenden Gründe, warum ich persönlich den Film letzlich ziemlich stark bewertet habe.

    Lies dir doch durch, was du schreibst. Du bewertest den Film stark, weil DIR Downey Jr. gefiel. Ich fand ihn fehlbesetzt (bewerte den Film aber nicht nur deswegen, bzw. sogar kaum schwach). Du wie ich verwerten ihn subjektiv in unserer Bewertung. Mir war Stark viel zu cool und "hey, ho, ich bin Tony Stark", da ist mir auch bumms, ob der echte Tony erst im 2. Teil gezeigt werden soll (Selbstzweifel, Alkoholiker). IRON MAN hat mich einfach nicht umgehauen.

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  10. Ich pflege mir immer durchzulesen was ich sage. ;-)

    Das unsere Meinungen über den Film subjektiver Natur sind, liegt quasi in der Natur einer Rezension, und ist somit ein Fakt, der wohl kaum diskutiert werden muss. Wenn dem nicht so wäre, könnten wir allesamt unsere Blogs schließen. ;-)

    Im übrigen habe ich „Iron Man“ genauso wenig ausschließlich wegen Downey Jr. stark gesehen, wie du ihn ausschließlich wegen des Schauspielers schlecht gesehen hast (wenn auch Downey Jr. bei mir, wie ich bereits geschrieben habe, ein gewichtiger Grund war, aber eben nicht der Einzige)

    Aber das ist nicht der Punkt: Es ging mir nicht darum, dass du den Film schlecht rezensiert hast. Was mich in deiner Rezension gestört hat, war diese eine völlig unbegründete Aussage, die man meiner Meinung nach nicht so stehen lassen kann. Hättest du die 1, 2 Sätze nachgeschoben, die du jetzt in deinem Kommentar noch erwähnt hast, hätte ich wahrscheinlich gar nichts gesagt.

    Wobei: In deiner Begründung in deinem Kommentar sagst du, dass dir Stark „viel zu cool gewesen sei.“ Warum du Downey Jr. als Fehlbesetzung siehst, wird daraus immer noch nicht klar.

    Denn mit dieser Aussage kritisierst du entweder das seichte Drehbuch, welches den Charakter so angelegt hat (Dann kann der Schauspieler nichts dafür), oder aber du kritisiert Downey Jr. als „zu cool“ (Und damit das Schauspiel). Im letzteren Fall könnte man es in der Tat als Fehlbesetzung Downeys interpretieren – Dieser Lesart steht aber deine Aussage im Weg, „dass Downey Jr. gar nicht mal schlecht spielt“.

    (Sehr) lange Rede, kurzer Sinn: Warum du Downey Jr. als Fehlbesetzung siehst, ist mir immer noch nicht ersichtlich... ;-)

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  11. Touché. Downey verkörpert für mich einfach nicht das, was ich selbst von Stark erwarte, da spielt es keine Rolle, dass er ein guter Schauspieler ist. Ich stimme dir jedoch zu, dass es eher am Drehbuch, als an ihm liegt. Wobei auch in dem Falle jeder andere Schauspieler (Owen, Norton) das sicher ebenso "lässig" rübergebracht hätte.

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