8. August 2007

The Good German

Nobody's hands are clean.

Im Vorfeld des Filmes hatten die beiden Oscarpreisträger Regisseur Steven Soderbergh und Schauspieler George Clooney hervorgehoben, dass sie sich mitunter deswegen bereit erklärt hatten, ein weiteres Sequel zu ihrer Ocean's-Reihe (Ocean's 13, d. Red.) zu drehen, wenn sie dafür ihr "Herzprojekt" realisieren durften. Bei ebenjenem Herzprojekt handelt es sich um The Good German, ein Film im Berlin des Jahres 1945 angesiedelt. Soderbergh's Idee war es gewesen, für seinen Film nur die Mittel zu verwenden, die auch in den 40ern üblich gewesen sind, sodass die Anforderungen an The Good German die selben seien, wie für Filme der damaligen Zeit. Hierzu gehört natürlich die Tatsache, dass er in Schwarzweiß gedreht wurde, zudem erhielten die Schauspieler keine Mikrofone an ihrer Kleidung, sondern es wurde eine klassische Tonangel verwendet. Der einzige Unterschied zwischen The Good German und einem Film aus den 40ern ist die Darstellung von Sex und Gewalt im Film, sowie die Verwendung von Flucherei (alles drei jedoch vollkommen unnötig und überflüssig).

Die Handlung verläuft zur Zeit der Potsdamer Friedenskonferenz der Alliierten vom 17. Juni bis zum 2. August 1945. Der amerikanische Kriegskorrespondent Jake Geismar (George Clooney) kehrt nach Berlin - wo er vor dem Krieg gelebt hatte - zurück und bekommt den zwielichtigen Tully (Tobey Maguire) als Fahrer gestellt. Bald darauf findet Geismar heraus, dass Tully mit seiner Ex-Freundin Lena Brandt (Cate Blanchett) zusammen ist. Lena will wiederum Berlin verlassen, doch dieses Vorhaben wird durchkreuzt, als Tully plötzlich tot auftaucht. Geismar forscht dem Ganzen nach und stößt immer wieder auf Lena und auf ihren totgeglaubten Mann Emil, hinter dem alle drei Siegesmächte her sind. Ein dunkles Geheimnis umgibt nicht nur die Brandts, sondern auch die amerikanischen Vorgesetzten von Geismar, welcher immer tiefer in diesen korrupten Sog hineingezogen wird.

Während des Filmes schneidet Soderbergh immer wieder historisches Material von der zerstörten Stadt Berlin zwischen seine Handlungsstränge und auch die Potsdamer Konferenz führt vor Augen, dass der Krieg in Europa erst "frisch" vorbei ist, die Wunden noch nicht verheilt. Die Alliierten sind eifrig auf der Suche nach Nazis und bei den Siegesmächten bilden sich ebenfalls kleine Lager, was in einem Anfangsdialog zwischen Geismar und Tully sehr zum Vorschein kommt. Die Tatsache, dass man Deutscher ist, macht einen noch nicht zum Nazi, sagt Tully hier und steht damit Geismar Ansicht von der Mitwisserschaft des Volkes entgegen. Ob die Deutschen dachten, dass Elfen Millionen von Menschen entführt hätten, fragt Geismar zynisch und auch Geismar Ansprechpartner und Anwalt in den Nürnberger Prozessen Teitler sieht eine Kollektivschuld der Deutschen vorhanden. Sicherlich eine Streitfrage, welche nie wirklich beantwortet werden kann. Auch ich habe meine Großmutter schon des öfteren gefragt, ob es denn niemand aufgefallen sei, wenn in ihrer Stadt ständig jüdische Familien verschwunden sind und auch sie entbehrte sich jeglichen Verdachtes. Ist so etwas jedoch möglich? Nachdem der erklärte Führer jedem frisch angetrauten Ehepaar eine Kopie seines Buches Mein Kampf schenkte? Nach der Reichskristallnacht und Kaufverboten bei Juden?

Persönlich kann ich mir nicht vorstellen, dass man so etwas nicht merkt. Das macht einen jedoch nicht gleich zum Nazi, denn was soll man als Normalbürger dagegen unternehmen? Wer lehnt sich schon gegen die Nazis auf und riskiert sein eigenes Leben und das seiner Familie wegen einer jüdischen Familie, die man vielleicht nicht mal richtig kannte? Hätte ich selbst etwas dagegen getan, wenn jüdische Nachbarn von mir deportiert worden wären, hätte ich selbst meine eigene Deportation riskiert? Beispiele wie die Weiße Rose um die Geschwister Scholl sind natürlich immer schön, aber auch nur deswegen Beispiele, weil sie die Seltenheit waren und worin sie resultierten weiß jeder. Ist es also besser gar nichts zu tun, als sein Leben aufs Spiel zu setzen? Das ist dann meiner Meinung nach eine subjektive Frage, die jeder für sich selber beantworten muss und die nicht von einer Besatzungsmacht entschieden werden kann oder darf. Insofern hat Tully Recht, nicht jeder Deutsche ist ein Nazi, ebensowenig wie nicht jeder in der NSDAP automatisch ein Nazi war. Sonst hätten sich die Amerikaner auch nicht so schwer getan, ebenjene Nazis in den Nachkriegsprozessen an den Pranger zu stellen.

Hier findet sich auch das positive an Soderbergh's Film, die Kritik am eigenen Land, die Unterstellung, dass im aufblühenden Kampf gegen die Sowjets Nazis gewissermaßen "unterschlagen" und zum eigenen Vorteil emmigriert worden sind. Hier hat keiner eine weiße Weste und jeder spielt mit gezinkten Karten, denn jeder ist auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Geismar sieht sich auf sich alleine gestellt, Hilfe kann er weder von den Sowjets, noch von Lena erwarten - von seinen Landsmännern schon gar nicht. Der Untertitel des Filmes fragt: wenn der Krieg die Hölle ist, was kommt dann danach? Und in den Trümmern von Berlin findet sich darauf keine hilfreiche Antwort, immer noch herrscht Korruption, es geht um Macht und mit dem Nachgeschmack des letzten Krieges wird schon gegen den neues Feind, der gerade noch Partner war, gerüstet. Ein verlogenes System, bei dem, wie bei den einzelnen Charakteren, jeder eben auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und niemand ohne Schmutz unter den Fingernägeln davon kommt. Dies ist auch, was die meisten Gutgesinnten The Good German zu Gute halten, weswegen er womöglich von der Filmbewertungsstelle Wiesbaden das "Prädikat besonders wertvoll" verliehen bekommen hat. An sich ist es aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

In seinem Versuch eine Hommage an den Film der 40er Jahre abzugeben, scheitert Soderbergh meiner Ansicht nach grandios. Bei ihm gilt eindeutig style over substance, dass sieht man an der Farbe, dem Bild, der Einstellung den Schnitten (Kamera und Schnitt übernahm Mr. Soderbergh natürlich selbst). In dieser versuchten Perfektion vernachlässigt Soderbergh jedoch nicht nur die Figuren, sondern noch schlimmer, die Handlung. Wieso Emil Brandt so wichtig ist und was es eigentlich mit Lena auf sich hat, dass nimmt den Zuschauer nicht für sich ein, läuft an ihm vorbei und so wird Desinteresse erzeugt. Zudem verliert der Film sich mit der Geschichte um Geismar und Lena immer auf Nebenkriegsschauplätze, da wird eine Vorgeschichte erwähnt, auf die nicht genauer eingegangen wird. Da hat man Figuren wie Tully, die für den Verlauf der Handlung völlig belanglos sind. Es gibt hier eine Hommage an Casablanca (Flughafen und Zitat), da eine Hommage an Der Dritte Mann (Kanalisation), dann auch wieder eine Hommage an Eine Auswärtige Affäre, dazwischen dann immer historisches Archivmaterial - was am Ende dabei herauskommt ist allerdings nichts mehr wie ein wildes Potpourri, das als Ganzes gesehen keinen inneren Zusammenhang erkennen lässt.

Abgeschlossen wird dies alles dann von einem grausamen Cast, angefangen mit einem völlig fehlbesetzten Tobey Maguire, der zudem auch kaum zu sehen ist und für mich unverständlich und wohl nur wegen seinem Namen auf dem Kinoplakat gelandet ist, bis hin zum Schönling Clooney, dessen erste Szene bereits erkennen lässt, was für ein Desaster seine Anstellung war. Überzeugen konnte er mich in keiner Einstellung und am grauenvollsten war sein Deutsch. Dass es auch Oscarpreisträger gibt, die mit Hilfe eines Sprachlehrers im Stande sind wenige Sätze Deutsch auch vortragen zu können, zeigt Cate Blanchett, die der einzige Lichtblick ist. Nicht nur wirkt ihr Deutsch nahezu perfekt, auch spricht sie den ganzen Film (aufgrund ihres deutschen Charakters verständlich) über mit einem deutschen Akzent. Weswegen man aber nicht einfach eine deutsche Schauspielerin gecastet hat (Martina Gedeck, z.B.) bleibt mir ein Rätsel, schließlich hat man dies bei Christian Oliver auch getan - und besser gelassen, denn er komplettiert einen völlig fehlbesetzten Cast). Da verwundert es auch nicht, dass die Dialoge absolut künstlich klingen. Die Wertung stellt sich folglich so zusammen: einen Punkt für Nazi-Alliierten-Subthematik, einen Punkt für die gelungene Optik, eineinhalb Punkte für die Deutschkenntnisse der Blanchett und einen letzten Punkt für die Musik von Thomas Newman, welche völlig zurecht für den Oscar nominiert worden ist.

4.5/10

6 Kommentare:

  1. Der liegt schon eine ganze Zeit bei mir ungesehen rum. Mit deiner Besprechung hast du mich aber nun nicht gerade davon überzeugt, ihn schleunigst zu gucken ;-)

    Warum Cate Blanchett und nicht Martina Gedeck? Prinzipiell eine berechtigte Frage, aber es ist wohl davon auszugehen, dass die gute Blanchett international dann doch mehr Leute ins Kino zieht als Frau Gedeck :-)

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  2. Das ist mir auch klar, Jochen ;)
    Aber sich die Mühe zu machen eine australische Schauspielerin eine deutsche Jüdin spielen zu lassen, mit deutschem Akzent und Szenen in deutscher Sprache, da hätte man auch gleich eine deutsche Schauspielerin nehmen können, vor allem wenn man den Film ja aus Prestigegründen dreht, so wie Soderbergh. Der sollte ja keine Millionen einspielen, sondern Oscars gewinnen (hat man zumindest das Gefühl).

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  3. Verstehen tue ich es auch nicht. Hab mich schon beim Trailer darüber gewundert. Ich glaube aber schon, dass hier die finanziellen Interessen im Vordergrund standen. Zudem ist Cate Blanchett eine "Oscarschauspielerin" (was nicht viel zu sagen hat, wenn man an Mrs Roberts denkt, ich geb's zu!). Das unterstreicht den von dir ins Feld geführten Prestigeanspruch doch noch...

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  4. Also die Blanchett jetzt mit dem Frettchen Roberts zu vergleichen finde ich schon ganz schön hart *g*

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  5. Also wegen der Blanchett werd ich mir den Film auf jedenfall noch anschauen, trotz deiner negativen Bewertung.

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  6. Schrieb ja, dass die Blanchett noch das beste ist. Aber beschwer dich hinter her nicht ;)

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