18. August 2008

Over the Hedge

The weed hacker, Verne. The weed hacker!

Da mir in den Foren von Kino.de vorgeworfen wurde, ich würde für Pixar arbeiten, da ich alles von DreamWorks Animation Pictures verfluche, soll diese Kritik zu einem meiner Lieblings-DreamWorks-Filme mich rehabilitieren. In der Tat habe ich Over the Hedge sogar zwei Mal im Kino gesehen, so sehr mochte ich ihn damals (und auch heute noch). Und das sogar beide Male in der deutschen Synchronisation, die im als Ausnahme der Regel sehr gut ausgefallen ist. Und nicht nur das, eigentlich gefällt mir Bernhard Hoëcker als Stimme von Verne fast besser als Gary Shandling im Original. Besonders sein „Kein In-ter-es-se“ ist ganz großes Tennis.

Exzellent unterstützt wird er von seinem Genial daneben-Kollegen Ralf Schmitz als Hammy, dessen Synchronisation sich vor der von Steve Carell nicht zu verstecken braucht. Auch wenn dadurch der Inside Gag verloren geht, dass Hammy vorschlägt, die neu entdeckte Hecke „Steve“ zu nennen - schließlich sei das so ein schöner Name (inkonsequenterweise heißt die Hecke im Deutschen aber nicht „Ralf“). Trotzdem ist die Synchronisation durchaus gelungen, lediglich Bruce Willis gefällt als RJ weitaus besser als Götz Otto. Schon alleine wie Willis im Original gezielt Worte betont und seine Sätze formuliert, bildet eine der eindringlichsten Sprechrollen.

In ihrem sechsten CGI-Film beeindrucken die Entwickler von DreamWorks mit einer exzellent pointierten und gelegentlich großartig gesellschaftskritischen Geschichte. Der Waschbär RJ (Bruce Willis) ist auf der Suche nach Futter und wird in der Höhle von Bär Vincent (Nick Nolte) fündig. Doch seine Habgier wird ihm zum Verderben und alle Lebensmittel werden zerstört. Vincent gibt RJ eine Woche Zeit, ihm all sein Futter wieder zu beschaffen. Da RJ das unmöglich alleine bewerkstelligen kann, manipuliert er die Sammler-Gemeinschaft rund um die Schildkröte Verne (Gary Shandling) und Eichhörnchen Hammy (Steve Carell), ihm zu helfen.

Verne ist zwar zuerst skeptisch, doch seine Familie betet den charmant-gewitzten Neuankömmling bereits nach kurzer Zeit an. Währendessen malträtiert RJ sein schlechtes Gewissen, beginnt er doch Sympathien für die kleine Gruppe zu entwickeln. Was man DreamWorks im Gegensatz zu Pixar zugestehen muss, sind die vielen pop-kulturellen Referenzen, die das Studio in seine Animationsfilme integriert. Diese finden sich nicht nur in Antz oder Shrek, sondern auch in Over the Hedge. Das fängt bereits bei RJ’s Imitation von Raiders of the Lost Ark an und geht dann von Citizen Kane über zu anderen Klassikern wie A Streetcar Named Desire.

Dazu preist sich Carell im Original nicht nur selbst, sondern auch Ozzy Osbourne wird durch William Shatners Opossum ein kleines Denkmal gesetzt. Weshalb der Film dennoch an den Kinokasse letztlich nur halb so viel einspielte, wie der grottige Shrek the Third dürfte wohl nur an dessen Franchise liegen. Allerdings ließen auch die grausigen Madagascar und Shark Tale die „Vorstadtviecher“ hinter sich. Zumindest vom Zeichenstil unterscheidet sich Over the Hedge nicht groß von anderen DreamWorks-Filmen, dafür in seiner Glossenhaftigkeit. So wie die Szene, in der RJ erklärt, worum sich das Leben der Menschen eigentlich dreht: Essen!

Wir fahren Autos, weil wir zu faul zum Laufen sind, schauen im Fernsehen Essen an, benutzen Telefone, um Essen zu bestellen. Manche beten vor dem Essen, andere nehmen Tabletten, wenn sie zu viel gegessen haben oder trainieren ihren Körper, damit sie weiter essen können. Dennoch isst die Fressmaschine Mensch nicht alles, sondern schmeißt fast genauso viel weg. Eine löbliche Kritik an der verfressenen Gesellschaft und vielleicht ein Grund, weshalb der Film im fettesten Land der Welt nicht so gut ankam. Over the Hedge trifft aber nicht nur hier exakt ins Schwarze. Auch die Kritik an der die Natur und ihre Bewohner beschneidenden Suburbia trifft.

DreamWorks überrascht mit vielen originell-komischen  Einfällen wie der Anspielung auf Pringles (“Once you pop, the fun don’t stop“) oder RJ’s schlechtes Gewissen, das sich im Fernsehprogramm niederschlägt. Die pop-kulturellen Referenzen gehen Hand in Hand mit einer gewissen Sozialkritik, die sich den Kleinen aber kaum erschließen dürfte. Vielmehr ist sie an die erwachsenen Zuschauer gerichtet und das muss man DreamWorks zugestehen, ihre Filme funktionieren meist auf zwei Ebenen. Die Moralgeschichte für die Kinder und die aus dem Leben gegriffenen Anspielungen für die Erwachsenen. Ein Spaß für die ganze Familie.

Was es bedeutet, sich in einer Familie aufeinander zu verlassen, dass erfährt Einzelgänger RJ schon ziemlich bald. Die Gruppe agiert auch sehr offen, wendet sich bereitwillig vom verklemmten Verne zum extrovertierten RJ. Der mysteriöse Vertreter aus der Großstadt, der den Kleinstädtern mit Visionen und Ideen kommt, die für sie wie Heilsbotschaften klingen müssen. Ähnliches bot bereits die Simpsons-Folge Marge vs. The Monorail und auch Verne reagiert schützend, wird jedoch von den übrigen nicht ernst genommen. Die Auswirkungen personifizieren sich dann in dem Verminator Dwayne (Thomas Haden Church).

Dieser versucht mit illegalen Apparaturen (natürlich nur in Texas zugelassen) unseren Helden an den Kragen zu gehen. Ein ganz großer Pluspunkt neben der Sozialkritik ist auch die Musik von Rupert Gregson-Williams und Ben Folds. Die Zeiten, in denen die Figuren selbst gesungen haben, sind inzwischen vorbei. Denselben Zweck erfüllen hier die Songtexte von Folds, die das Geschehen in Lyrics fassen und dabei sehr harmonisch in die Handlung eingewoben werden. Der Film hat jedoch so manche Ruhephase und bei mehrmaligem Sehen verlieren Szenen wie Hammy’s schwache Blase nach dem Winterschlaf etwas ihren Witz.

Hier büßt der Film etwas ein, wie auch die beiden Opossums und die Stachelschweine (ihre Kinder ausgenommen) mitunter nerven. Bedenklich gerät zudem die Darstellung der Perserkatze, die sich von dem weiblichen, emanzipierten, amerikanischen Stinktier die Leviten lesen lassen muss. Die versteckte Botschaft hier - man mag von ihr halten was man will - ist wegen ihrer Islamkritik kritisch zu sehen und hat in einem solchen Film nicht unbedingt etwas verloren. Ansonsten ist Over the Hedge jedoch ein herrlicher Spaß für Groß und Klein und einer der besten Filme aus der DreamWorks Animations-Schmiede sowie des Kinojahres 2006.

7.5/10

4 Kommentare:

  1. Exakt meine Meinung. Für mich die berühmte Ausnahme unter den Nicht-Pixar-3D-Animationsstreifen. Immer wieder gerne gesehen.

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  2. Besonders sein „Kein In-ter-es-se“ ist ganz großes Kino, ich bepiss mich jedes Mal schier gar vor Lachen. Kongenial unterstützt wird er bei seiner Arbeit von seinem Genial daneben-Kollegen Ralf Schmitz als Hammy. Dessen Synchronisation braucht sich vor der von Steve Carell nicht zu verstecken.

    Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist...

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  3. Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist...

    Roger.

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  4. looooooooooooooooooooool, das könnte 'n Klassiker werden, Euer Spiel, Rudi und Rajko ... (in 20 Jahren dann à la DINNER FOR ONE:)

    Rudi: "(...)"

    Rajko: "Roger."

    Und natürlich vice versa ... *g*

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