13. Juli 2008

The Chronicles of Narnia: The Lion, the Witch and the Wardrobe

You know that doesn't really rhyme.

Über die Magie von Kinderbüchern dürfte weitestgehend alles bekannt sein, der Schub den die Harry Potter-Reihe für das Genre gebracht hat, ist nicht hoch genug einzuschätzen. Die Verfilmung von dessen ersten Teil führte im Endeffekt dazu, dass auch The Lion, the Witch and the Wardrobe für die Kinoleinwand verfilmt wurde. Geschrieben wurde das Fantasy-Werk 1950 und stammt aus der Feder des nordirischen Autoren Clive Staples Lewis. Von 1950 bis 1957 verfasste C.S. Lewis seine etwa 1400 Seiten umfassende Fantasy-Reihe mit dem Titel The Chronicles of Narnia. Innerhalb der Geschichte umfassen die jährlich erschienenen sieben Bände mehrere tausend Jahre, wobei Lewis hier keine stringente Handlung in seinem Zyklus erzählt, sondern verschiedene Erzählungen unter das Fächer „Narnia“ treibt. Besonderes Merkmal seines Werkes ist der christliche Charakter seiner Geschichte. Dabei war Lewis selbst jahrelang Atheist, ehe er die Bekanntschaft von Autorenkollege J. R. R. Tolkien machte. In den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts begründete Lewis mit Tolkien und anderen die Inklings. Die Inklings waren ein literarischer Diskussionskreis von christlich geprägten Männern. Nach seiner Bekanntschaft mit Tolkien konvertierte Lewis zum Christentum und war anschließend außerordentlich aktiver Christ. Bereits 1967 kam es zu einer Verfilmung von The Lion, the Witch and the Wardrobe, zehn dreißigminütige Folgen wurden für das Fernsehen adaptiert. Zwölf Jahre später kam es schließlich zu einer anderthalbstündigen animierten Fernsehversion und 1988 sollte noch mal eine knapp dreistündige, in vier Teile aufgespaltete Verfilmung – diesmal wieder mit echten Darstellern – erscheinen. Alle drei bisherigen Verfilmungen jedoch wurden lediglich für das Fernsehen produziert, weshalb sich Kathleen Kennedy und Frank Marshall – bekannt durch ihre Zusammenarbeiten mit Steven Spielberg – Anfang der neunziger Jahre um eine Kinoadaption bemühten.

Da beide Mitte der Neunziger jedoch keine geeigneten Plätze in Großbritannien zum Drehen fanden, wollten sie die Handlung, die 1940 spielt, in die Gegenwart versetzen. Dagegen sträubte sich jedoch Douglas Gresham, Stiefsohn von Lewis und Mitproduzent des Filmes. Dank Harry Potter and the Philosopher’s Stone wurden die Produzenten in ihrer Hoffnung bekräftigt, dass sich Lewis’ Werk verfilmen ließe. Um die Jahrhundertwende wurden die Bestrebungen wieder aufgenommen und man trat an Guillermo del Toro als Regisseur heran. Der Mexikaner war aber mit den Vorbereitungen an seinem Meisterwerk El laberinto del fauno beschäftigt und sagte ab. Stattdessen wurde Andrew Adamson engagiert, der sich durch seine beiden Shrek-Filme des Studios DreamWorks auszeichnen konnte. Als Drehbuchautoren konnten die beiden Emmy-Preisträger Christopher Markus und Stephen McFreely (The Life and Death of Peter Sellers) an Bord geholt und für ein stattliches Budget von 180 Millionen Dollar begann man die Dreharbeiten in Neuseeland, dem Land der Lord of the Rings-Verfilmung. In die Kinos gebracht wurde Lion/Witch/Wardrobe in der Weihnachtszeit 2005, was dem Film ein beachtliches Einspielergebnis bescherte. Allein in den Vereinigten Staaten konnten fast dreihundert Millionen Dollar eingespielt werden, weltweit spielte Adamsons erster Live Action Film das Vierfache seiner Kosten wieder ein. Bei den anschließenden Academy Awards konnte daraufhin auch das Make-up ausgezeichnet werden und die Weichen für eine weitere Verfilmung waren gestellt. Im Juli 2008 startet nun die Fortsetzung und Verfilmung des zweiten Buches, Prince Caspian. Diese hat starke finanzielle Einbußen hinzunehmen, was sicherlich an ihrem Starttermin liegen dürfte, der nicht im Winter, sondern im Sommer angesetzt wurde. Dennoch soll der Verfilmung des dritten Buches, The Voyage of the Dawn Treader für 2010 nichts im Wege stehen, im Gegenteil wollte Adamson auch den vierten Band, The Silver Chair, gemeinsam mit diesem drehen.
 
Wie bereits erwähnt spielt sich das beschriebene Geschehen im Jahre 1940, somit während des Zweiten Weltkrieges, ab. London wird von den deutschen Fliegern bombardiert und die vier Geschwister Pensieve müssen aufs Land fliehen. Dort kommen Peter (William Moseley), Susan (Anna Popplewell), Edmund (Skandar Keynes) und Lucy (Georgie Henley) beim verschrobenen Professor Kirke (Jim Broadbent) unter. Für die vier Trübsal blasenden Kinder heißt es in dessen Anwesen jedoch: nichts anfassen und nicht auffallen! Leichter gesagt als getan und aus Langeweile wird schließlich bald ein Abenteuer. Beim Versteckspielen stößt Lucy auf einen mysteriösen Wandschrank. Als sie sich in diesem versteckt, trifft sie jedoch nicht auf eine Rückwand, sondern einen schneebedeckten Wald. An einer Laterne im Nirgendwo trifft sie schließlich den Faun Tumnus (James McAvoy). Als Tumnus bemerkt, dass Lucy ein Mensch ist, lädt er sie zu sich nach Hause ein, mit bösen Hintergedanken. Doch Lucy kehrt nach Hause zurück, kann ihre Geschwister jedoch nicht von dem mysteriösen Land Narnia im Wandschrank vom Professor überzeugen. Als sie sich nachts noch mal nach Narnia schleicht, folgt ihr Edmund und löst damit eine unwiderrufliche Kette an Ereignissen aus. Die vier Geschwister sehen sich alsbald dem königlichen Löwen Aslan (Stimme: Liam Neeson), einem freundlichen Bieber (Stimme: Ray Winstone) und einer fiesen weißen Hexe (Tilda Swinton) gegenüber. Letztlich müssen die Kinder lernen, nicht an Narnia zu glauben, sondern an sich selbst und ihre eigenen Fähigkeiten, während beide feindlichen Lager ihre Armeen für die finale Schlacht zusammenstellen. Bereits vier Jahre vor der großen Wanderung von Tolkiens Gefährten dürfen die Pensieves in Lewis’ Werk ein geheimnisvolles Land durchschreiten und dabei mit allerlei sagenhaften Gestalten wie Greifen, Centauren oder Minotauren ein Abenteuer epischen Ausmaßes bestehen.

Für seine Geschichte wurde Lewis seit jeher kritisiert, unter anderem von seinem Freund und Weggefährten Tolkien. Viel zu naiv gehe Lewis mit den Religionen um, befand Tolkien. In der Tat mischt Lewis alles Spirituelle zu einem bunten Kuddelmuddel in seiner Geschichte zusammen. Angefangen damit, dass in Narnia nicht nur Englisch gesprochen wird (das selbst wäre ja noch verzeihbar), sondern Staatsreligion scheinbar auch das Christentum ist. Denn immerhin feiert man in Narnia Weihnachten, was das unorthodoxe Auftreten des Weihnachtsmannes beweist. Dieses insbesondere stellte nicht nur für Tolkien ein Hauptmanko des Filmes dar, höchst streitwürdig ist die Tatsache – ganz davon abgesehen, dass die Szene absolut lächerlich ist –, dass der Weihnachtsmann den Geschwistern bei ihrem Treffen Waffen als Geschenke überreicht („they’re tools, not toys“). Da kann man sich nur an den Kopf fassen, epische Schlacht um das Schicksal einer Welt hin oder her. Allgemein ist Lewis Werk ausgesprochen Gewalt verherrlichend, was auch eine Szene bezeugt, in der Peter von Aslan ermutigt wird, seinen Gegenüber Maugrim (Stimme: Michael Madsen) zu töten. Neben dem Christentum finden sich aber auch andere Elemente in Narnia wieder, zum Beispiel der Islam, verkörpert durch den Löwen Aslan (türkischer Name für „Löwe“). Lewis selbst war nach einem Besuch im Osmanischen Reich damals so angetan, dass er seinen König von Narnia nach der Garde des Sultans benannte. Noch bizarrer wird das ganze, wenn Lewis Aslan zu seiner Messiasfigur innerhalb der narnischen Chroniken erhebt. Noch herrlicher wird das Gesamtbild dann, wenn ein tierischer Messias mit islamischen Namen Seite an Seite mit Fabelwesen aus der nordischen wie griechischen Mythologie kämpft. Was sich Lewis hier gedacht hat, kann man sich wohl nicht erklären, Tolkien selbst und zahlreiche andere Kritiker warfen Lewis seine Charaktergestaltung jedenfalls seit jeher vor. Auch andere, obschon spätere, Entwicklungen wurde von Fantasyautoren wie Philip Pullman (His Dark Materials) oder Neil Gaiman (Stardust) stark kritisiert.
  Die Handlung seines Lion/Witch/Wardrobe ergibt größtenteils wenig bis gar keinen Sinn, in seinem Finale offenbart Lewis, dass die vorgespiegelte Spannung gänzlich hinfällig ist. Ein säuerlicher Aslan latscht betrübt des Nachts zu seiner Hinrichtung, nur um nach seiner Auferstehung zu offenbaren, dass er wusste, was passieren würde. Da fragt man sich doch, warum das arme Viech fast geheult hat, wenn er doch wusste, dass ihm nichts passiert. Dass die Pseudo-Hexe, die immerhin seit gut einem Jahrhundert herrscht, ihre eigenen Künste nicht checkt, spricht da für sich. Anschließend sprintet Super-Löwe Aslan in den Palast der Hexe und befreit mit bloßem Atemhauch alle vermeintlich Toten, die dieser zur Last gefallen waren. Dann geht’s ab zum Schlachtfeld, ein gekonnter Sprung, ein Biss und alle sind glücklich bis an ihr Lebensende. Wer sich hier nicht veräppelt vorkommt, ist eine glückliche Seele. Penetrant klatscht einem Lewis die ach so wichtige Prophezeiung um die Ohren, von vier Menschenkindern, die bla bla bla. Und am Ende erledigt Aslan den gesamten Konflikt innerhalb eines Vormittags. Wieso hat er das nicht einen Tag, einen Monat oder ein Jahr vor der Ankunft der Pevensies gemacht? Ein Logikloch in dem selbst sein schwarzes Pendant locker Platz finden dürfte. Am Ende der großen Schlacht sind alle vermeintlich Toten wieder lebendig, der Löwe haucht hier, der Löwe haucht da. Zudem stößt die ganze christliche Thematik von Verrat, Vergebung, Tod, Auferstehung und Erlösung extrem sauer auf. Besonders ironisch, dass Edmund seinen Verrat wegen türkischem Honig begeht und anschließend von dem „türkischen“ Aslan Vergebung erfährt. Waffenmogul Nikolaus ist dabei nur das Tüpfelchen auf dem I, die Story ist jedenfalls unterirdisch.

Ganz im Gegensatz zur Handlung kann sich hingegen der Rest sehen lassen. Vielleicht abgesehen von den jugendlichen Darstellern, die allesamt nicht sonderlich ansehnlich sind. Und da sie auch nicht überzeugend spielen können, haben sie im Grunde gar keinen Zweck, es bleibt lediglich zu hoffen, dass sie ihre Leistung (vergleichbar mit derjenigen der Harry Potter-Darsteller) in der Fortsetzung zu steigern wissen. Aber zurück zu den positiven Aspekten, zu denen die Ausstattung, die Effekte, die Kostüme, das Make-up und mit Abstrichen die Musik gehören. Der gesamte technische Aspekt des Filmes ist durchaus gelungen, selbst wenn man in vielen Szenen den Green Screen praktisch sehen kann. Dennoch ist besonders Aslan selbst glaubwürdig animiert und fügt sich mit den Biebern, Centauren und anderen Tieren beziehungsweise Tiermenschen sehr gut in das Ambiente ein. Das musikalische Thema kann sich auch durchaus sehen lassen, selbst wenn es das eine oder andere Mal etwas zu großzügig eingesetzt wurde. Das Make-up wiederum geht mit der Ausstattung Hand in Hand mit den visuellen Effekten, sodass sich Lion/Witch/Wardrobe vor einem Lord of the Rings nur minimal verstecken muss. Nimmt man das technische und das inhaltliche bei Adamsons Film zusammen, ergibt sich ein recht durchschnittliches Werk, welches im Gegensatz zu Peter Jacksons Charaktervergewaltigung zumindest seinen Figuren gegenüber treu bleibt, wie Adamson allgemein sehr sorgsam Lewis’ Vorlage folgt. Abzüglich der extrem positiv dargestellten Gewalt und seinen sehr arschkriechenden christlichen Symbolik ist die erste Verfilmung der narnischen Chroniken äußerst solide und in einer Zeit von Bridge to Terabithia und Co mischt dieses „Braveheart-mit-Tieren“-Vehikel sicherlich noch halbwegs verdient oben mit. Gehört dennoch in die Kategorie: kann man mal gesehen haben, muss man jedoch nicht. Ob wirklich alle sieben Teile verfilmt werden, bleibt aber noch abzuwarten und ist als eher unwahrscheinlich anzusehen. 

5/10

11 Kommentare:

  1. Der war wirklich ein wenig lächerlich. Wie groß ist Narnia eigentlich, eben noch auf einem Tempel, 10 Minuten (Filmzeit) schon auf dem Schlachfeld. Irgendwie war alles gleich um die Ecke. Persönliches Highlight: das Mädchen ruft zur Schlacht und zückt eine Nagelfeile, vielleicht war es auch ein sehr kleiner Dolch.

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  2. Ich kann der Kritik eigentlich nur zustimmen. Viel zu naiv und eben einem wirklichen Kinderbuch entsprungen, aber dennoch kann ich dem Film einiges abgewinnen - zumindest zur Weihnachtszeit. Da passt der Film sehr schön rein und wenn man die Analogien zum Christentum außer acht lässt bleibt ein sehr netter Fantasyfilm.

    Auf den zweiten Teil bin ich insofern auch schon recht gespannt, wenngleich ich kein neues Highlight des Genres erwarte.

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  3. Zur Weihnachtszeit passt da natürlich die penetrante religiöse Konnotation. Das ging mir damals doppelt auf die Nerven.

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  4. Danke Rudie. Du hast all meine Vorurteile bestätigt, da kann ich jetzt beruhigt den zweiten Teil auch verpassen;)

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  5. @tumulder: Der ist aber etwas besser als der erste ;)

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  6. Stimme deiner Review vom Inhalt her fast in Gänze zu. Wobei man sich natürlich fragen muss, ob die Probleme, die du thematisiert hast, für das anvisierte Publikum wirklich von Relevanz sind, wenigstens die Jüngeren werden von diesem Film ansprechend unterhalten werden.

    Das die Älteren eher gelangweilt sind (zumidnest ich war es), und sich bei Bedarf auch noch an den von dir skizzierten kruden Aspekten der Handlung stoßen können, steht natürlich außer Frage.

    Ich glaub ich habe ihn nach meiner ersten Sichtung auch so im Bereich von 4-5 Punkten bewertet.

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  7. @rudie
    Etwas besser kann ja viel bedeuten.

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  8. @tumulder: Obschon es nicht mein Name ist, lautet der Nick immer noch "Rudi" ohne "e" :P. Und inwieweit besser siehst du dann in 1-2 Wochen ;)

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  9. 5 Punkte sind 5 Punkte zu viel für diesen Propaganda-Mist der Kirche.

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  10. @MVV: Fass dir erstmal an die eigene Nase, du hast ihm schließlich 2/10 gegeben :P

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