Everybody in this family gets away with everything but me.
Das neue Serienphänomen dürfte im Grunde jedem bekannt sein, der sich etwas mit dem amerikanischen Serienmarkt auseinandersetzt. Hier gibt es im Grunde mehr Angebot, als es die eigene Nachfrage decken könnte und gestandene SchauspielerInnen und Regisseure sind sich nicht mehr zu schade, fürs Fernsehen zu arbeiten. Ganz im Gegenteil eigentlich. Hierbei sind dennoch wichtige Regeln einzuhalten, das ungeschriebene Gesetz des amerikanischen Fernsehens sieht zum einen vor, dass es der Mehrzahl der Serienstars nicht gelingt sich im Kino durchzusetzen (Ausnahme: George Clooney) und dass diese Serienstars meist wieder in anderen Serien landen. Prominente Beispiele sind Courtney Cox (Friends/Dirt), Matthew Fox (Party of Five/Lost) oder Calista Flockheart (Ally McBeal/Brothers & Sisters). Aber man sollte auch nicht einfach einen Kinostar in das Fernsehgeschäft werfen, da auch dies meist scheitert und deswegen durch die berühmten Cameos umgangen wird. Fernsehen und Kino sind somit zwei Medien, die sich gegenseitig bedienen, aber dennoch ein eigenes Leben, unabhängig voneinander führen. Daher agieren Regisseure meist auch nur als Paten, anstatt eine Serie ganz und vollständig zu begleiten, wie es früher bei Joe Dante (Eerie, Indiana) zum Beispiel, der Fall war. Ein Jack Bender (Lost, Alias) ist eine gestandene Seriengröße, der auf der Kinoleinwand bisher nicht in Erscheinung trat. Bryan Singer hingegen stand bereits Pate für den Ärzte-Hit House M.D. und fungiert auch bei Dirty Sexy Money als Produzent. Der Schöpfer der Serie ist jedoch Craig Wright, der sich zuvor bereits durch seine Mitarbeit an Six Feet Under, Lost oder Brothers & Sisters auszeichnen konnte. Wright erschuf eine spritzige, mitunter zynische Serie rund um die Serienetablierten Peter Krause und Samaire Armstrong, gewürzt mit ehemaligen Kinogrößen wie Donald Sutherland und William Baldwin.
Der New Yorker Anwalt Nick George (Peter Krause) lebt zufrieden mit seiner Frau und Tochter, ist sozial engagiert und im Grunde wunschlos glücklich. Da erreicht ihn die Mitteilung dass sein Vater Dutch, mit dem Nick vor einigen Jahren gebrochen hatte, bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Bei der Beerdigung trifft Nick auf die Familie Darling, eine von New Yorks reichsten Familien. Dutch arbeitete für die Darlings als Familienanwalt, was seine gesamte Zeit beansprucht und zur Vernachlässigung von Nick geführt hatte. Nun ist Dutch tot und Familienoberhaupt Tripp (Donald Sutherland) bemüht sich darum, Nick als Anwalt zu gewinnen. Dieser lehnt aus einem ersten Impuls heraus ab, hat er doch an seinem eigenen Vater gesehen, wie sich die Arbeit für die Darlings auf das eigene Familienleben auswirkt. Schließlich folgt er aber der Verlockung des Geldes, denn Tripp sichert Nick zehn Millionen Dollar zu, die dieser karitativen Zwecken spenden kann – eine Chance, die dieser nicht ablehnen kann und will. Ehe er sich versieht, ist er mitten drin im Alltagswahnsinn einer Upper-Class-Familie und muss sich schneller als ihm lieb ist Tag aus Tag ein um die kleinen und großen Wünsche der fünf Darling-Sprößlinge kümmern. Neben den Partywünschen und finanziellen Super-GAUs der Society-Zwillinge Jeremy und Juliet (Samaire Armstrong) darf sich Nick noch um die Affäre des Ältesten und Senators Patrick (William Baldwin) mit einem Transvestiten und das uneheliche Kind von Pfarrer Brian kümmern. Und schließlich ist da noch Karen (Natalie Zea), ehemalige Liebe von Nick, die diesem immer noch hinterher trauert und für Spannungen zwischen diesem und seiner Frau führt. Für Nick primär wichtig ist jedoch herauszufinden, wie sein Vater gestorben ist und wer hinter seinem Tod steckt – ist es Tripp gewesen, ein anderes Familienmitglied oder der ominöse Milliardär Simon Elder (Blair Underwood)?
Es erschließt sich dem Zuschauer bereits in der Pilotfolge von selbst, dass die Darlings ein Abziehbild der US-Milliardärsfamilie Hilton sind, allen voran natürlich Juliet Darling, Party-Blondchen mit Hündchen im Schlepptau. Der Humor der Serie findet sich im Zusammenspiel des rationalen und bodenständigen Nick mit den oberflächlichen und naiven Darlings, running gag hierbei die Einspeicherung verschiedener Klingeltöne für die eigenen Darlings von Nicks Sekretärin (z.B. Hochzeitsmusik bei Karen). Durch die erste Staffel hindurch ziehen sich die kleinen Familiengeheimnisse, jeder der Darlings hat das eine oder andere zu verbergen und Nick wie sein Vater Dutch spielen hierbei eine größere Rolle, wie zu Beginn der Serie offenbart wird. Die Hauptprämisse der Serie war ursprünglich die Aufklärung von Dutchs Tod durch Nicks Arbeit bei den Darlings, doch bereits in der Mitte der ersten Staffel scheint dieses Thema vorerst abgehakt und sich dem Zwist von Tripp und Simon Elder zuzuwenden. Es wird natürlich impliziert, dass beide Themen zusammenhängen, auch wenn sich das zu diesem Zeitpunkt noch nicht genau erschließt. Den hervorragenden Eindruck zu Beginn konnte die Serie dann nicht durchweg bestätigen, problematisch hier wahrscheinlich, dass die ursprünglichen zweiundzwanzig Episoden durch den Autorenstreik unterbrochen wurden, weshalb die erste Staffel nunmehr lediglich aus zehn Episoden ohne rechten Klimax besteht.
Als Dramaserie getarnt hält sich das Drama im Grunde in Grenzen, doch auch als Comedyserie lässt sich DSM schwerlich beschreiben, eher schon als Mischung aus beiden, doch vordergründig ein herzliches semi-sozialkritisches Bild einer superreichen Familie. Gerade die Zwillinge offenbaren immer wieder ihre Realitätsferne, wissen überhaupt nicht mit Geld umzugehen und sich unter normalen Menschen „normal“ zu verhalten. In den letzten fünf Episoden kochen die Emotionen zwischen allen Figuren allmählich hoch und die berüchtigte Figur des Simon Elder erhält mit Underwood ein erstaunlich charismatisches Gesicht. Wright beweist auch mit DSM sein Talent für unterschwelligen Humor, der sich nicht offen anbiedert, den er schon in Six Feet Under und Brothers & Sisters einbringen konnte. Krause spielt die Rolle des Familienvaters und Anwaltes überzeugend, ohne sich großartig auszuzeichnen. Die Figuren verlieren sich etwas in ihrer eigenen Oberflächlichkeit, absorbieren das Spiel ihrer Darsteller, sodass allein Armstrong und Sutherland durch ihr Schauspiel insofern herausragen. Nichtsdestotrotz überzeugen auch alle anderen Schauspieler in ihren Rollen, die einzelnen Episoden sind nicht unbedingt spannend, aber in den meisten Fällen durchaus unterhaltsam, auch wenn sie hin und wieder etwas redundant wirken. Der Charme der Serie liegt wohl wirklich in der liebevollen Anbiederung eines High Society Familie wie es die Hiltons sind, mit all ihren Fehlern und Makeln. Diese Welt sieht der Zuschauer aus den Augen der einzigen Figur, mit der er sich identifizieren kann: Nick. Dessen Verhalten erschließt sich einem nicht immer, besonders das Verhältnis zu seinem Vater Dutch wurde bisher unzureichend dargestellt, was die beiden Männer auseinander trieb bedarf noch etwas mehr Tiefgründigkeit – Raum für die 2. Staffel ist vorhanden.
7/10